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Berichte aus den Regionen

Berlin-­Bran­den­burg: Beteiligung im „Bündnis für soziale Sicherheit – #noASOG“

Schon im Koalitionsvertrag kündigte die CDU/SPD-Landesregierung für Berlin eine Wende in der Innenpolitik an. Vorbei war der liberale Kurs der vorherigen aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke bestehenden Regierung.

Vor wenigen Wochen legte die CDU/SPD-Regierung einen Gesetzesvorschlag für eine Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG, dem Berliner Polizeigesetz) vor. Für nächstes Jahr plant die Regierung weitere Änderungen im ASOG.

Gegen diese Pläne schlossen sich mehrere Initiativen, Vereine und Einzelpersonen in dem „Bündnis für soziale Sicherheit – #noASOG“ zusammen. Die HU Berlin-Brandenburg ist Mitglied im Bündnis.

In seinem Gründungsaufruf steht:

Nein zu Den Asog-Verschärfungen!

Soziale Lösungen statt Law & Order!

Wir protestieren gegen den (erweiterten) Einsatz von Bodycams, Tasern und Videoüberwachung, die Verlängerung des präventiven Unterbindungsgewahrsams von 48h auf 5 bis 7 Tage, sowie die Festschreibung des sogenannten “finalen Rettungsschuss” – all diese Verschärfungen hat die GroKo mit der ASOG-Novelle geplant.

Als zivilgesellschaftliches Bündnis #noASOG stellen wir uns gegen den Ausbau polizeilicher Überwachungsstrukturen und das Untergraben demokratischer Grundrechte.

Auch wir sehen soziale Missstände in unseren Nachbarschaften. Aber wir wissen: Um einen sicheren Alltag für alle Menschen zu schaffen, braucht es soziale Lösungen für soziale Probleme: Wohnraum und Bleiberecht für alle, konstruktive Drogenpolitik und gut finanzierte soziale Strukturen.

Die GroKo will stattdessen Gelder in allen sozialen Bereichen kürzen und den Überwachungs- und Polizeistaat auszubauen – ein beängstigender Rechtsruck gegen soziale und Freiheitsrechte.

Wir fordern nachhaltige Sicherheit, die sich an den Bedürfnissen, dem Wohlbefinden und Zusammenleben aller orientiert. Eine Politik, die kein Geld für soziale Hilfsprogramme ausgeben will, aber Drogenkonsum und Obdachlosigkeit kriminalisiert, handelt zynisch.

Wir kritisieren die von CDU und SPD konstruierten Angst- und Gewaltszenarien, die nur zu mehr Ausgrenzung und sozialem Gegeneinander führen.

Neben uns sind (Stand: Ende November 2023) der Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Berlin, Bizim Kiez, Cilip/Bürgerrechte & Polizei, Digitale Freiheit, Ihr seid keine Sicherheit, Interventionistische Linke, Perspektive Selbstverwaltung, Rote Hilfe e.V., Seminar für angewandte Unsicherheit und Wrangelkiez United! Dabei. Weitere Mitglieder sind willkommen.

Aktuelle Informationen dazu es auf der Bündnis-Homepage: https://buendnis-soziale-sicherheit.de/

Als HU-Landesverband organisierten wir zu diesem Thema am 30. November eine „Vesper – Menschenrechte aktuell“ mit Hartmut Aden (Professor für Öffentliches Recht, Europarecht, Politik- und Verwaltungswissenschaft, HWR Berlin, Forschungsinstitut für Öffentliche und Private Sicherheit [FÖPS Berlin]), David Kiefer (Wrangelkiez United!, Bündnis für soziale Sicherheit – #noASOG), Ali Mehrens (Bündnis für soziale Sicherheit – #noASOG) und Niklas Schrader (Die Linke, Mitglied des Abgeordnetenhauses, Sprecher für Innenpolitik und Drogenpolitik).

Zu dem Gesetz fand am 13. November 2023 im Abgeordnetenhaus eine Anhörung statt. Die anwesenden Experten, u. a. Hartmut Aden, kritisierten den Gesetzesentwurf heftig. Ob das zu Änderungen im Gesetzesentwurf führt, ist noch unklar.

Der Gesetzesentwurf „Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD: Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Drucksache 19/1232 vom 11. Oktober 2023)“ kann hier nachgelesen werden:

https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-1232.pdf

Das Protokoll der Anhörung vom 13. November 2023 kann hier nachgelesen werden:

https://www.parlament-berlin.de/ados/19/InnSichO/protokoll/iso19-025-wp.pdf

Axel Bussmer

Marburg: Groß Geburtstag gefeiert: Delegation der HU Marburg in Hanau

Ihren dritten Geburtstag hat die Bildungsinitiative Ferhat Unvar am 24. November 2023 in Hanau gefeiert. Unter den knapp 200 geladenen Gästen waren auch sechs Aktive der Humanistischen Union (HU) aus Marburg und der Jury des Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte.

Nach zahlreichen Grußworten offizieller Vertreterinnen der Bundesregierung und offizieller Stellen sowie einer Ansprache des Hanauer Oberbürgermeisters Klaus Kaminski, bewegten vor Allem die Grußworte von Müttern, deren Kinder Opfer rassistischer Gewalt oder Opfer terroristischer Anschläge geworden sind. Die internationale Vernetzung mit Ini-tiativen von Angehörigen der Opfer rassistischer Gewalt, von Terrorakten oder auch von Polizeigewalt ist ein neues Betätigungsfeld der Bildungsinitiative. Zum Geburtstag ihres – bei dem rassistischen Terroranschlag am 19. Februar 2020 ermordeten – Sohns Ferhat hatte Serpil Unvar die Initiative im November 2020 gegründet, um das Herzensanliegen ihres ermordeten Sprösslings nach einem Bildungssystem ohne Rassismus weiter-zutragen.

Inzwischen gehen die jungen Leute aus dem Team der Bildungsinitiative an Schulen und Jugendzentren, zu Vereinen und mehr und mehr auch in Firmen. Jugendliche werden zu Teamerinnen und Teamern ausgebildet, die ihre Erfahrungen mit alltäglichem Rassismus kompetent und einfühlsam an Gleichaltrige vermitteln. Bei der Geburts-tagsfeier beeindruckten diese jungen Leute zwischen 15 und 29 Jahren durch ihre unglaubliche Energie, ihre rhetorische Überzeugungskraft und auch ihre technischen Fertigkeiten.

Künftig möchte sich die Bildungsinitiative auch Kindern im Grundschulalter zuwenden, da sie „die Jugendlichen von morgen“ sind. Aufklärung über Rassismus betreffe auch schon Kinder im Vorschulalter, berichtete der Comedian Khalid Bounouar, der den Abend moderierte, mit einem Augen-zwinkern von eigenen Erlebnissen in einer Kita. Humor und Tränen trafen an diesem Abend mit berührender Wucht eindringlich aufeinander.

Im wahrsten Sinne bewegend war die Kraft, die all diese jungen Leute ausstrahlten. „Du hast Hass in Liebe verwandelt und daraus Energie gewonnen für das Engagement für eine bessere Welt“, lautete der Tenor vieler Reden, die damit der Initiativengründerin Serpil Unvar dankten. Im Sommer hatten die HU Marburg und die Stadt Marburg die Hanauerin mit dem „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ ausgezeichnet.

Eine weitergehende Zusammenarbeit zwischen der Bildungsinitiative und der Bürgerrechtsorganisation sind derzeit in Planung. Gerade die Energie der – mittlerweile gut 60 – Aktiven aus der Bildungsinitiative sowie ihre überzeugende Haltung gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenverachtung beeindruckte Jury-Sprecher Egon Vaupel und den Marburger HU-Regionalvorsitzenden Franz-Josef Hanke sowie die anderen angereisten Mitglieder der Jury sehr stark. So viel Professionalität und Überzeugungskraft hatten sie von jungen Menschen, die vom Bildungssystem wegen ihres familiären Hintergrunds oft frühzeitig ausgegrenzt werden, vorher eher nicht erwartet. Für die Förderung dieser Talente und ihres wichtigen Anliegens zur Stärkung der Demokratie möchte sich die HU Marburg deswegen nach Kräften einsetzen.

Franz-Josef Hanke

 

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