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Von der „Saube­ren-Lein­wand"-Front

vorgängevorgänge 7-196501/1970Seite 316-318

Aus: vorgänge Heft 7/1965, S. 316-318

(vg) Der Gesetzentwurf des CDU-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Adolf Süsterhenn (s. vg 6/65, 245 f, 259 ff), mit dem Wissenschaft, Forschung, Lehre und Kunst an die „allgemeine sittliche Ordnung“ gebunden werden sollen, ist zwar in diesem Bundestag nicht mehr behandelt worden, aber die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion billigte am 29. Juni mit großer Mehrheit eine Erklärung des Fraktionsvorstandes, in der die Entschlossenheit der Fraktion bekräftigt wird, im nächsten Bundestag „die Prüfung und Beratung aller Aspekte dieses Problems“ fortzusetzen und eine erneute Vorlage einzubringen. Es sei lediglich angesichts der Zeitnot des Bundestags eine ordnungsgemäße Behandlung dieser „ernsten, unser Volk bewegenden Fragen“ nicht mehr möglich gewesen.

Inzwischen aber haben sich, vor allem auf evangelischer Seite, die Distanzierungen von Süsterhenns Initiative gemehrt. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Scharf, wandte sich in seiner Berliner Pfingstpredigt zwar erneut gegen eine „Verwilderung der Sitten“. In Erläuterung des in der evangelischen Kirche selbst sehr umstrittenen Wortes zum Buß- und Bettag 1964, das der Rat der EKD herausgegeben hatte und das mit seiner Formulierung: „Die Zeichen moralischer Entartung in unserem öffentlichen und privaten Leben mehren sich in erschreckender Weise… Wir sind in der Gefahr, unter die Diktatur der Unanständigkeit zu geraten“ Süsterhenn ein wesentliches Begründungsmotiv für seinen Gesetzesantrag geliefert hatte, führte Scharf aus, die Kirche wünsche auch keine „Diktatur der Anständigkeit“. Das, was sie als gut bezeichne, wolle sie weder mit Gewalt noch mit den Mitteln staatlicher Gesetzgebung durchsetzen.

Sie müsse lediglich „Sünde präzise als Sünde bezeichnen“: Vierzehn Tage später, am 20. Juni, stellte der gesamte Rat der EKD unter Leitung von Scharf auf einer Sitzung in Berlin fest, er wünsche keine den freiheitlichen Grundsätzen der Verfassung widersprechende Einschränkung der Meinungsäußerung und des Kunstschaffens. Der Rat räumt jedoch ein, das Vorhaben der Abgeordneten, durch eine Änderung des Grundgesetzes die sittliche Bindung des Kunstschaffens zu unterstreichen, sei Ausdruck einer notwendigen Verantwortungsbereitschaft. Anerkennung zollt der Rat der EKD auch den Aktionen „Saubere Leinwand“ und „Sorge um Deutschland“ zur Bekämpfung sittlicher Verfallserscheinungen. Mit Vertretern der Aktionen will der Rat „klärende Gespräche“ führen.

Im Gegensatz zu dieser Erklärung des Rats der EKD distanziert sich die evangelische Publizistik allerdings immer deutlicher von diesen Aktionen. Entgegen Meldungen, er begrüße diese Aktionen, stellte Oberkirchenrat Dr. Hermann Gerber, der Filmbeauftragte der EKD, inzwischen richtig, er habe zwar in einem Vortrag in Fulda unterstrichen, daß es jedem Bundesbürger freistehe, gegen kulturpolitische Entwicklungen und Erscheinungen, die er für unerfreulich halte, öffentlich zu protestieren, er habe aber ernste Bedenken gegen die Methoden und die plakative Ausdrucksweise der genannten Aktionen erhoben.

Mit der evangelischen Sonderaktion „Sorge um Deutschland“, die von der evangelischen Marienschwesternschaft Darmstadt ausgeht und die Sympathie einer Reihe evangelischer Bischöfe und Präsides gefunden hat, befaßt sich speziell das Sonntagsblatt, das von Landesbischof Lilje herausgegeben wird, unter dem Titel „Sorge um die Besorgten“. Diese Darmstädter Aktion hatte in ihrem Aufruf folgende Sorgen formuliert:

„Wir alle sind heute von Gewalten bedroht, deren Gefährlichkeit nur schwer zu durchschauen ist. Eine Flut dämonischer Kräfte überschwemmt unser Volk. Unzählige werden zum hemmungslosen Lebensgenuß und Ausleben ihrer Triebe verlockt. (Es folgt der Hinweis auf Filme usw.) Damit werden verderbliche Leitbilder für Millionen von Menschen geformt. Bis in unsere christlichen Familien und Gemeinden hinein ist bereits die Orientierung verlorengegangen. Durch Mißachtung des Willens Gottes stehen wir heute mitten in der Auflösung aller sittlichen Ordnungen. So wird der Mensch, das Ebenbild Gottes, in seiner Persönlichkeit zerrüttet; eine tödliche Gefahr für den Fortbestand unseres Volkes ist die Folge. Gott hat dem Ungehorsam, der Ihn verhöhnt, Sein Gericht angedroht. Wir aber haben die Katastrophe von 1945 praktisch schon vergessen. Auch damals waren Gottes Gebote mißachtet worden.“

Diesem erschreckend archaisierenden Text hält das Sonntagsblatt entgegen, „blinder moralischer Geist“ sei für den Fortbestand des Volkes „gefährlicher als Crime und Sex“. Die gegenwärtige moralische Situation der Gesellschaft werde von den Unterhaltungschaffenden nicht erzeugt, sondern lediglich widergespiegelt. Die Aktion, die „rückwärtsgewandt, aus der Sehnsucht nach einer früheren Gesellschaft“ urteile, übersehe dabei, daß auch das Ethos sich geschichtlich wandeln könne. Christus komme in diesem „scheinchristlichen Aufruf“ nur als der Anlasser für den moralischen Motor vor. „Aber ist Christus für die Moral gestorben? Galt sein Gericht nur der sexuellen Unmoral und nicht ebensosehr der Lüge und der Lieblosigkeit?“ Den Initiatoren der Aktion, die unter anderem von Präses Scharf, Bischof Dietzfelbinger und Präses Wilm unterstützt wird, solle besonders der Umstand zu denken geben, „daß ihre Beurteilung von Crime und Sex in der Unterhaltung von den Nationalsozialisten volle Zustimmung erhalten hätte“. Auch das von Bischof Dibelius herausgegebene Berliner „Sonntagsblatt — Die Kirche“ hat inzwischen in einem Artikel „Nein zur Aktion Saubere Leinwand“ gesagt. Diese Aktionen, die sich als „Bürgeraktionen“ ausgäben, wurzelten vornehmlich in süddeutschen Kleinstädten. Es sei auch offensichtlich, daß ein gewisser Zusammenhang zu den CDU-Abgeordneten um Prof. Süsterhenn bestehe, die durch eine Grundgesetzänderung die Freiheit der Kunst durch eine Bindung an das Sittengesetz einzuschränken trachteten.

Für die Bindung des Staates an das „christliche Ethos« hat sich allerdings auf einer Juristentagung des Evangelischen Dekanats München in der Evangelischen Akademie Tutzing der konservative evangelische Theologe, Prof. Dr. Walther Künneth, Erlangen, ausgesprochen. Künneth meinte, der Begriff der „Guten Sitten“, der nicht nur im Strafrecht, sondern auch in der Verfassung der Bundesrepublik und des Freistaates Bayern eine hochbedeutsame Rolle spiele, verliere heute mehr und mehr seinen einstigen, vom christlichen Ethos getragenen Sinngehalt. Wenn der in der Präambel des Grundgesetzes und der Verfassung Bayerns genannte Name Gottes nicht zu einer „Phrase oder zu einer nichtssagenden Etikette“ werden solle, müsse der Staat dafür Sorge tragen, daß das christliche Ethos die Grundlage der Auffassungen von „guten Sitten“ bleibe. Es gebe Grenzen für die religiöse Neutralität des Staates, wenn er seine Präambel zur Verfassung ernst nehmen wolle, meinte Künneth; dabei gehe es nicht um eine konfessionelle Sondermoral, sondern um die Fundamente menschlicher Existenz und des Zusammenlebens in der Gesellschaft schlechthin.

In München ist die Aktion „Saubere Leinwand« Anfang Juni mit sehr großem Einsatz gestartet worden, ohne daß sie allerdings bisher einen nennenswerten großen Unterschriftenerfolg melden konnte. Sie wird unterstützt von der katholischen Kirche, evangelischen Stellen und der CSU. In der Erklärung des Komitees heißt es u. a.: „Die Kunst sollte nicht durch Mißbrauch ihrer Freiheit das Gemeinwohl in Frage stellen. Gesetzgebung und Kontrollorgane haben diese Entwicklung bisher nicht verhindert. Verantwortungsbewußte Staatsbürger wehren sich gegen den zersetzenden Einfluß solcher Filme. Sie lassen sich nicht mehr mit dem Hinweis auf den geänderten Zeitgeschmack belügen. Stattdessen wünschen sie als freie Bürger in Verantwortung gegenüber der Gesellschaft saubere Filme, die informieren, unterhalten und zur Besinnung anregen…“ Der Sprecher des Komitees, ein Rechtsanwalt Carlheinz Zimmer-mann, verstieg sich in seiner öffentlichen Erklärung der Münchener Aktion zu folgenden Feststellungen: „Nicht nur am Illustriertenmarkt, auch am Filmmarkt sind die Tendenzen zur Zerstörung, Leugnung, Verantwortungslosigkeit und Perversion unverkennbar in den letzten Jahren in einem Ausmaß gewachsen, deren Grund im Nihilismus und deren Absicht in der Befreiung von jedem Wert schließlich liegt. Dagegen wendet sich die Bevölkerung, weil der Frontalangriff gegen die Gesellschaft und ihre Jugend die Selbsterhaltungskräfte mobilisiert, auch wenn einzelne Persönlichkeiten oder Gruppen dieser Gesellschaft existentielle Gefahren bewußt oder unbewußt ignorieren … Wer nein zur Bürgeraktion sagt, unterstützt damit jene, welchen entweder ihr Tanz um das goldene Kalb oder ihre pseudoavantgardistische Führerschaft oder gar ihre Wühlarbeit zugunsten des Kommunismus mehr gilt als Verantwortung für unser Volk und dessen Jugend.“

Der Bayerische Jugendring, in dem alle Jugendorganisationen vereinigt sind, nahm die Münchener Erklärung Zimmermanns zum Anlaß, von der Aktion „Saubere Leinwand“ abzuraten. Die bisherige Zurückhaltung des Jugendringes beruhe auf der Überlegung, es sei wirkungsvoller, „durch Jugendfilmveranstaltungen sowie durch die Verwendung von Filmen als Arbeitsmittel planmäßige Jugendfilmerziehung zu betreiben, als nach staatlichen Verboten zu rufen“. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen reichten für einen wirkungsvollen Schutz vor schlechten Filmen aus. „Der Bayerische Jugendring konnte deshalb den Kreisjugendringen und Jugendverbänden nicht empfehlen, sich an solchen Aktionen zu beteiligen, die auf eine Einschränkung unserer freiheitlichen Grundordnung hinauslaufen.“ Auch seien die Akzente der Aktion nicht richtig gesetzt. Man wende sich vordergründig gegen den Sexfilm, während Streifen, die den Krieg und die rohe Gewaltanwendung verherrlichten, eine weit größere Jugendgefährdung darstellen könnten. Mit Genugtuung habe darum der Jugendring davon Kenntnis genommen, daß auch „zahlreiche verantwortungsbewußte Filmpädagogen Bedenken sowohl gegen die ganze Protestaktion als auch gegen bestimmte Formulierungen in den Aufrufen angemeldet haben“.

Bei der Pressekonferenz der Humanistischen Union, bei der sie ihre Öffentliche Warnung vor der Aktion Saubere Leinwand (s. vg 6/65, 245) der Öffentlichkeit übergab, legte der Geschäftsführer der HU, Rainer Haun, Informationen vor über die einschüchternden Auswirkungen der „Aktion Saubere Leinwand“ auf die Spielpläne der Filmtheater in Süddeutschland. Als Maßstab treten dabei überall die Bewertungsurteile der Katholischen Filmkommission für Filme auf, die von der Freiwilligen Selbstkontrolle, teils mit Schnittauflagen, freigegeben wurden. Aufgrund der Beeinflussung durch die Aktion können danach in mehr als 150 Orten Süddeutschlands Filme nicht mehr vorgeführt werden, die von der Katholischen Filmkommission mit der Note 4 (Abzulehnen) versehen worden sind (z. B.: Immer wenn das Licht ausgeht, Das Lächeln einer Sommernacht, De L’amour, Die Bienenkönigin, Erstens, zweitens, drittens, Mutter Johanna von den Engeln, Außer Atem, Die Liebenden). In 44 Orten können darüberhinaus auch keine Filme mehr aufgeführt werden, die die Note 3 (Abzuraten) erhalten haben (z. B.: Der Diener, Tagebuch einer Kammerzofe, Die Tote von Beverly Hills, Das Mädchen Irma la Douce, Schloß Gripsholm, Die Geschichte der Nana S., Jules und Jizn, u. a.). Zu den Orten, in denen die Filmtheater nicht mehr frei über ihr Filmprogramm disponieren können, zählen u. a.: Regensburg, Amberg, Ingolstadt, Freising, Füssen, Kaufbeuren, Straubing, Eichstätt, Kronach, Dillingen, Donauwörth, Rottenburg, Altötting, Leutkirch, Markt Schwaben, Rott am Inn, Saulgau, Plattling, Berchtesgaden, Bad Wiessee, Vilsbiburg usw.

In Memmingen hat die Stadtpolizei die Aktion „Saubere Leinwand“ damit „unterstützt“, daß sie an alle Filmtheaterbesitzer ohne sonstigen Anlaß die Abschrift eines Urteils des Bayerischen Obersten Landesgerichts geschickt hat mit dem Begleitschreiben: „Anbei übersende ich Ihnen zu Ihrer Information eine Abschrift des Urteils des Bayerischen Obersten Landesgerichts, unterzeichnet Müller, Polizeiamtmann, Leiter der Stadtpolizei Memmingen.“ Das Urteil erging gegen eine Münchener Filmtheaterbesitzerin, die ein (1) von der FSK nicht freigegebenes Foto ausgehängt hatte, deshalb gegen das GjS verstieß und zu 100 Mark Geldstrafe, ersatzweise 20 Tage Gefängnis, verurteilt wurde. Die Memminger Filmtheaterbesitzer haben auf diese polizeiliche Einschüchterung hin den Verleihfirmen mitgeteilt, sie könnten Filme, die die kirchliche Note 4 erhalten haben, nicht mehr zum Einsatz bringen.

Die Bundesrepublik ist das Land mit den meisten Jugendschutzgrenzen und der strengsten Filmkontrolle. Die Information der HU legte einen Vergleich zwischen der Bundesrepublik, Frankreich und England vor. Danach sind in der Bundesrepublik freigegeben ab 6 Jahren 12,1 %, ab 12 Jahren 31,8 %, ab 16 Jahren 32,2 % und ab 18 Jahren 23,8 % der Filme. In Frankreich sind 55 % der Filme uneingeschränkt frei ab 3 Jahren, für Jugendliche unter 18 Jahren sind 6 % verboten, nur für Erwachsene geeignet, aber für Jugendliche nicht verboten sind 35 % der Filme. In England sind freigegeben ab 0 Jahren 40 %, für Jugendliche in Begleitung Erziehungsberechtigter 36 %, für Erwachsene ab 16 Jahren die restlichen 24 % der Filme. Von der FSK verboten wurden wurden seit ihrem Bestehen insgesamt 63 Spielfilme. Eine Gesamtzahl der Filme, die nur mit Schnittauflagen freigegeben wurden, liegt nicht vor, es gibt erst Zahlen für 1963 und 1964. 1963 sind von 417 geprüften Filmen 109, 1964 von 424 geprüften Filmen 131 Filme nur mit Schnittauflagen freigegeben worden. Unter den beschnittenen Filmen waren 1963 42 und 1964 46 Filme, die ohnehin nur für Erwachsene ab 18 Jahren freigegeben wurden. Obwohl die Bundesrepublik ein ausgebautes System von Jugendschutzgrenzen hat (6 Jahre, 12 Jahre, 16 Jahre, 18 Jahre), will die Aktion „Saubere Leinwand“ noch eine fünfte Grenze, die von 21 Jahren einführen.

Die einzige Stellungnahme einer katholischen Stelle gegen die „Aktion Saubere Leinwand“ vermeldeten inzwischen die Aachener Nachrichten vom 25. Juni aus dem Kreis Schleiden in der Eifel. Dort hat der katholische Pfarrer der Gemeinde Marmagen, Froitzheim, in einem offenen Brief an den Landrat des Kreises und die Initiatoren der Aktion mitgeteilt, er könne die Aktion nicht nur nicht unterstützen, sondern sehe sich verpflichtet, ihr leidenschaftlich Widerstand entgegenzusetzen. Pfarrer Froitzheim erklärt, die Aktion „Saubere Leinwand“ bausche den Sachverhalt ungebührlich auf und mache damit die Lage des Films noch schwieriger, indem sie dem Bürger das Kino gänzlich verleide. Unmoral sei von eh und je eine Begleiterscheinung der Wohlstandsgesellschaft gewesen und nicht allein der Film, sondern auch andere Wirtschaftszweige verdienten an ihr. Die „Aktion Saubere Leinwand“ laste allein dem Film an, was  Schuld der ganzen Gesellschaft sei, sie vernebele die Situation und leiste Heuchlern und Pharisäern Vorschub. Die Ablehnungen der Katholischen Filmkommission seien nicht nur aus moralischen, sondern auch aus politischen und weltanschaulichen Gründen erfolgt. Er könne nicht feststellen, daß die Filmwirtschaft auffallend häufiger, als immer schon üblich, Filme minderen moralischen Gehalts anbiete. Die Initiatoren der Aktion seien weithin unbekannt, bekannt seien aber die Methoden, die weithin angewandt würden. Der Pfarrer verweist auf das oben zitierte Beispiel aus München und stellt dazu fest, dieser Ton sei zu bekannt, als daß er gefördert werden dürfe. Der deutsche Film habe sich in der FSK ein Organ geschaffen, das vor Auswüchsen im Filmangebot schützen solle. Man könne über manche Freigabebescheide zwar anderer Meinung sein, sicher aber sei, daß hier mit großer Verantwortung um jede Entscheidung gerungen werde. Die „Aktion Saubere Leinwand“ aber fege diese zwanzigjährige Arbeit einfach vom Tisch und trete mit dem Anspruch auf, die erste Hüterin der Moral zu sein. Damit betreibe sie Ehrabschneiderei und Hochstapelei. Pfarrer Froitzheim fährt fort, die Aktion habe zum Ziel, den Bundestag zu einem Gesetz gegen die Unmoral im Film zu bewegen. Es sei aber auch unter katholischen Gesellschaftswissenschaftlern umstritten, ob ein solches Gesetz nützen könne. Die Freiheit sei ein sehr diffiziles Gut, ihre Verteidigung erfordere strenge Selbstdisziplin. Das geringste Zuviel an praktischer Sorge verkehre sie im Nu in Unfreiheit. Es sei unverantwortlich, an der Aufgabe, das rechte Maß zwischen Freiheit und Gesetz zu finden, einen anonymen Volksaufstand zu beteiligen. Der Pfarrer schließt mit der Feststellung: Wer dem Kino wieder solidere Qualität geben wolle, und dies sei das einzige und entscheidende Problem, der müsse ihm das entsprechende Publikum wieder zuführen. Der kranke Film werde nicht gesund durch Proteste, sondern nur durch volle Häuser. Darum rufe er die Veranstalter der „Aktion Saubere Leinwand“ auf, diese sofort abzubrechen und dem Film durch regelmäßigen Besuch zu helfen. Nur dieses Beispiel könne heilend wirken.

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