Themen / Bioethik / Selbstbestimmtes Sterben

Ein Jahr Sterbehilfe in den Nieder­landen

20. Juni 2002

Tobias Baur

Mitteilungen Nr. 178, S.32

Presseerklärung vom 09.04.2002

HUMANISTISCHE UNION fordert Straffreiheit der aktiven Sterbehilfe auch in Deutschland.
Durch Beschluss des niederländischen Senats vom 10. April 2001 ist dort die jahrelange stillschweigende Duldungspraxis der aktiven Sterbehilfe legalisiert worden. Ein Jahr danach gilt es, auch in Deutschland die Diskussion wieder aufzunehmen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass auch vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg die Britin Diane Pretty um ihr Recht auf einen selbstbestimmten Tod kämpft. (Inzwischen verstorben. Anm. d. Red.)
Die älteste deutsche Bürgerrechtsorganisation, die HU, stützt sich, bei ihrer Forderung nach Straffreiheit für aktive Sterbehilfe, auf eine Stellungnahme des Rechtsphilosophen und ehemaligen hamburgischen Justizsenators Prof. Dr. Ulrich Klug, die dieser bereits 1985 bei einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Bundestages abgegeben hatte. An der Spitze unserer Verfassung steht die Würde der freien, sich selbst bestimmenden Person als höchster Rechtswert gemäß Artikel 1 Grundgesetz. Zu dieser Selbstbestimmtheit des
Menschen gehört von Verfassung wegen auch das Recht auf einen selbstbestimmten Tod, auf ein Sterben in Würde. Deshalb
ist der Selbstmord straffrei und ebenso die Beihilfe dazu. Kann aber jemand, der z.B. gelähmt ist, keinen Selbstmord begehen, dann muss der Arzt oder enge Angehörige ihm beim Sterben helfen dürfen. Damit wird der Wille des Sterbewilligen respektiert – und dies hat nichts mit der nationalsozialistischen Euthanasie zu tun, die gegen den Willen des Betroffenen erfolgte.
Während nach § 216 Strafgesetzbuch die Tötung auf Verlangen
gegenwärtig strafbar ist, soll dieser Paragraph durch einen dritten Absatz ergänzt werden: „Der Täter handelt dann nicht rechtswidrig, wenn er die Tat begangen hat, um einen menschenwürdigen Tod herbeizuführen.“

                                                                                          Tobias Baur

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