Themen / Bioethik

F. Schluß­fol­ge­rungen

02. Juli 1993

aus: Ulrich Vultejus & Ursula Neumann, Im Namen des Volkes. Unfreundliche Bemerkungen zum § 218-Urteil von Karlsruhe. HU-Schriften Nr. 19, München 1993

Für das neu vom Parlament zu verabschiedende Gesetz ergeben sich aus dem Urteil des BVerfG folgende Überlegungen:

1. Die Strafbestimmungen der § § 218, 218 a StGB müssen neu formuliert werden:
In § 218 StGB ist der Schwangerschaftsabbruch dann unter Strafe zu stellen, wenn er
– nicht von einem Arzt vorgenommen wird oder
– nach der zwölften Schwangerschaftswoche vorgenommen wird.

In § 218 a StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch ohne Beratung mit einer Geldstrafe zu bedrohen.
Eine solche gesetzestechnische Lösung würde auch die Formulierung des § 5 Abs. I Nr. 9 StGB bedenken und sichert, daß ein Abbruch der Schwangerschaft im Ausland, wie im Inland, nur ohne Einverständnis der Frau oder bei einer Schwangerschaft nach der 12. Schwangerschaftswoche strafbar ist. Ein Abbruch im Ausland ohne Beratung, die dort nach deutschem Recht überhaupt nicht möglich ist, wäre nach deutschem Recht nicht strafbar.

II. Alle Ärzte für Allgemeinmedizin und alle Gynäkologen müssen auf ihren Antrag als „Beratungsstellen“ anerkannt werden.

III. Es muß in einem Gesetz deutlich zum Ausdruck gebracht werden, daß die Frau bei der Beratung keinerlei Angaben zu dem Schwangerschaftskonflikt zu machen braucht. Dies entspricht auch der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichtes, das lediglich eine entsprechende “ Erwartung“, aber keine Verpflichtung ausgesprochen hat. Alle Berater müssen verpflichtet werden, die Frau vor der Beratung darüber zu belehren, daß sie keine Angaben zu machen braucht.

IV. Die Frau muß berechtigt sein, sich von einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin begleiten zu lassen. Deren Tätigkeit muß im Beratungshilfegesetz abgesichert werden.

V. Im neuen Recht ist entsprechend den Vorgaben des Europarechts klarzustellen, daß deutsche und ausländische Privatkrankenversicherungen in Deutschland Verträge anbieten können, die den Schwangerschaftsabbruch einschließen. Ebenso ist sicherzustellen, daß die Träger der Sozialversicherung nicht nur nach den Vorgaben des Europarechts Schwangerschaftsabbrüche im Ausland, sondern auch im Inland finanzieren dürfen. Eine Unterscheidung zwischen dem Ausland nach Europarecht und dem Inland würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.

VI. Bei der Finanzierung des Abbruchs durch die Sozialhilfe müssen die Einkommensgrenzen kräftig angehoben werden, so daß keine Frau Anlaß hat, aus finanziellen Gründen den Abbruch nicht von einem Arzt vornehmen zu lassen.

VII. Die Frau muß das Recht erhalten, den Erzeuger des Embryos zu den Kosten des Abbruchs heranzuziehen.

VIII. Der Datenschutz für die Schwangere ist effektiv auszubauen. Insbesondere sind die Beratungsstellen und ihre Berater gegeneinander wirksam abzuschotten.

nach oben