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Freiheits­feind­liche Politik. Stellung­nahme zum G 8 Gipfel in Genua und der EU-Kon­fe­renz in Göteborg

22. Juli 2001

Humanistische Union fordert menschenrechtliche Politik ein

Am 20. Juli ist ein Teilnehmer an den Demonstrationen in Genua von der italienischen Polizei erschossen und dann von einem ihrer Panzerwagen überfahren worden. Er wurde zum Menschenopfer auf dem Altar der Sicherheit machtbalzender Gerne-Großpolitiker. Die italienische Polizei liess es damit aber noch nicht genug sein: Bei einer überfallartigen Hausdurchsuchung verwüstete sie das Büro für Soziale Gerechtigkeit in Genua.

Zum Abschluss des G8-Gipfels fragen die bundesdeutschen Bürgerrechtsorganisationen: werden aus diesem Tod und werden aus den zahlreichen Verletzungen vieler Menschen, darunter auch PolizistInnen, seit Seattle irgendwelche menschenrechtlich angemessenen Konsequenzen gezogen? Es ginge darum, die Verfahren der europäischen und der Weltmächte transparent zu machen und nicht nur einseitige Interessen zu Wort kommen zu lassen?

Doch statt politisch – und damit demokratisch und menschenrechtlich – verantwortlich zu reagieren, schlagen auch die bundesdeutschen Spitzenpolitiker, der Kanzler und der Innenminister an erster Stelle, nur in die Kerbe von vorurteilshafter und physischer Gewalt; sie sorgen zugleich dafür, dass zentrale Grundrechte ausgehebelt werden: pauschal werden die Kritiker dieser Art nur den privilegierten kapitalistischen Interessen primär dienender Globalisierung als Toren, als „Globalisierungsgegner“ verhöhnt; pauschal werden die Kritiker eines demokratisch menschenrechtlich strukturell defizitären Europas von vornherein als Gewalttäter diffamiert, sie werden informationell und physisch festgenommen; statt dafür zu sorgen, dass wenigstens innerhalb der EU-Länder, die sich gerade eine höchst unverbindliche Menschenrechtscharta verpasst haben, das Recht auf Freizügigkeit – der Anfang aller Freiheit – und das Recht auf Demonstration samt seines entsprechenden Schutzes geschaffen und strikt gewahrt werden, reagieren die Spitzenpolitiker unverantwortlich. Sie präsentieren sich populistisch als europäische Hau-Draufs. Und sie fangen schon innerstaatlich an, von den Ländervertretern unterstützt, die Grundrechte auf Freizügigkeit und Demonstration massiv zu unterwandern.

Es geht nicht an, dass die Bundesregierung und die Länderregierungen mit ihren Polizeien neuerdings beliebig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern gegenüber eine auch Asylsuchenden gegenüber menschenrechtlich unmögliche Residenzpflicht praktizieren. Bürgerinnen und Bürger, die aus irgendwelchen Gründen als missliebig aufgefallen sind, werden zur Polizei bestellt; sie werden am Ort festgehalten; sie dürfen nicht dorthin reisen, wo sie wollen und sich als politische Bürger grundrechtskonform verhalten. Das ist ein Skandal. Dagegen werden die bundesdeutschen Bürgerrechtsorganisationen ankämpfen.

Wäre es da nicht besser, die Spitzenpolitiker, deren Reisetätigkeit ihre auffälligste Praxis darstellt, blieben zuhause und brächten ihr Haus in Ordnung? Residenzpflicht! Wäre es stattdessen nicht angemessener, Bürgerinnen und Bürger in Europa und anderwärts kämen zusammen. Nur mit mehr gelebter Demokratie werden die europäischen und die weltweiten Probleme allein und besser zu lösen sein. Transparenz und nachvollziehbare Willensbildung und Entscheidungsfindung auf europäischer und globaler Ebene stehen als Nummer 1 auf der Tagesordnung.

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