Positionen im Gesetzgebungsentwurf von MdB Wolfgang Bosbach u.a.
Am 21. Oktober 2008 hat Wolfgang Bosbach zusammen mit Abgeordneten von Bündnis 90/ Die Grünen sowie dem SPD-Abgeordneten René Röspel (Fürsprecher einer Reichweitenbegrenzung) einen Gegenentwurf zum sog. Stünker-Entwurf zur Regelung von Patientenverfügungen vorgestellt.
Der Bosbach-Entwurf (BT-Drs. 16/11360) begrenzt nicht einfach die Reichweite von Patientenverfügungen, d.h. die Verfügung wirkt nur, wenn eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit vorliegt. Der Vorschlag führt vielmehr Patientenverfügungen erster und zweiter Klasse ein.
Reichweite und Gültigkeit von Patientenverfügungen
Patientenverfügungen ohne Reichweitenbegrenzung
Der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung (ohne Begrenzung der Reichweite) soll möglich sein, wenn der Patientenverfügung eine umfassende ärztliche und rechtliche Beratung vorausgegangen ist, diese dokumentiert wurde und von einem Notar beurkundet wurde. Die Beurkundung der Patientenverfügung darf jedoch nicht länger als fünf Jahre zurückliegen (dies gilt wahrscheinlich für nahezu allen derzeit abgeschlossenen Patientenverfügungen) und muss im gegebenen Fall mit einer neuen ärztlichen Beratung bestätigt werden.
Patientenverfügungen mit Reichweitenbegrenzung
Liegt der Patientenverfügung keine ärztliche Beratung zugrunde, die notariell beurkundet wurde oder liegt dies länger als fünf Jahre zurück, so soll die Reichweite für Patientenverfügungen auf zwei Fälle beschränkt werden:
- Wenn der Betroffene an einer unheilbaren Krankheit leidet, die tödlich verlaufen wird.
- Wenn eine Situation vorliegt, in der der Patient ohne Bewusstsein ist und nach ärztlicher Überzeugung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten das Bewusstsein niemals wiedererlangen wird (z.B. langfristig stabiles Wachkoma).
Bei heilbaren Erkrankungen zwingt eine ohne ärztliche Beratung erstellte Patientenverfügung den Arzt also nicht, entgegen dem Patientenwohl eine Rettung abzubrechen. Andere Inhalte als ein Behandlungsabbruch sind auch in der einfachen Patientenverfügung ohne Reichweitenbegrenzung verbindlich.
Genehmigungspflicht
Nach dem Entwurf ist in Fällen, in denen eine lebenserhaltene Behandlung bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten beendet werden, ein beratendes Konzil heranzuziehen. Dieses soll sich aus Arzt, Betreuer, Pflegepersonal, den nächsten Angehörigen und vom Betroffenen schriftlich benannten nahestehenden Personen zusammensetzen. Das Konzil soll dann klären, ob der Behandlungsabbruch wirklich dem Willen des Betroffenen entspricht und dafür alle Voraussetzungen vorliegen.
Sollte nach der Beratung im Konzil zwischen Arzt und Betreuer weiterhin Unstimmigkeit über das Vorliegen aller Voraussetzungen bestehen, so soll das Vormundschaftsgericht entscheiden.
Der Entwurf hält fest, dass das Vormundschaftsgereicht immer in den Fällen entscheiden soll, in denen eine lebenserhaltene Maßnahme bei endgültigen Bewussteinsverlust (d.h. stabiles Wachkomma, schwerste Demenz) aufgrund einer Patientenverfügung abgebrochen werden soll.
Unstimmigkeiten bei den Verfassern des Bosbach-Entwurfs
Gemeinsam mit dem Entwurf stellten die Verfasser des Entwurfs einen Änderungsantrag vor. In diesem Antrag fordern sie, dass die Patientenverfügung zweiter Klasse nicht für die zweite Alternative – das sogenannte Wachkoma – gelten soll.
Gesetzesentwurf von MdB Wolfgang Bosbach u.a. (BT-Drs. 16/11360)