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Prozess gegen Konkor­dats­lehr­stühle am Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt angekommen

Mitteilungen Nr. 215/216 (Heft 1/2012), S. 19

Über den Prozess gegen die Besetzung eines Konkordatslehrstuhls für Philosophie in Erlangen ist in den HU-Mitteilungen schon früher berichtet worden. Hier zunächst in Kürze der Stand des Verfahrens:

Das Verwaltungsgericht Ansbach hatte mit Beschluss vom 13.12.2010 einem Eilantrag von Frau Professor Ulla Wessels auf Stopp des Berufungsverfahrens stattgegeben und dessen Aussetzung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren angeordnet. (Die einschlägigen Entscheidungen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen  sowie ein Teil der Schriftsätze zu diesem Verfahren sind auf der Website www.konkordatslehrstuhlklage.de unter „Chronologie“ einzusehen.) In diesem Beschluss hatte das Gericht zu erkennen gegeben, dass es den Art. 33 III Grundgesetz (Zugang zu öffentlichen Ämtern ohne Ansehen der Religion eines Bewerbers) schon für das Berufungsverfahren selbst für entscheidend hält. Des weiteren hatte das Gericht ausgeführt: „Die von der Antragstellerseite aufgeworfene grundsätzliche Rechtsfrage, ob Art. 3 § 5 des Konkordats mit höherrangigem Recht, insbesondere Verfassungsrecht vereinbar ist, sieht das Gericht gegenwärtig als offen an, eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Problematik muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.“ In dem erwähnten Art. 3 § 5 des Konkordats ist das Vetorecht des Bischofs bei der Ernennung eines Kandidaten für einen Konkordatslehrstuhl festgeschrieben.

Nun ist es aber zu einem Hauptsacheverfahren deshalb nicht gekommen, weil die Bewerberin, die als Zweit- und Letztplatzierte den Ruf erhalten hatte, an ihrer Heimatuniversität mit Erfolg rückverhandelt und daraufhin den Erlanger Ruf abgelehnt hatte. Damit war das universitäre Berufungsverfahren ohne eine Ernennung beendet, und die Universität wollte das Gerichtsverfahren für erledigt erklären. Dem hat sich aber die Klägerin aus guten Gründen nicht angeschlossen und ihre Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt mit dem Ziel, ihre Nicht-Berücksichtigung in dem bisherigen Verfahren für rechtswidrig erklären zu lassen. Eine derartige Klage ist dann zulässig, wenn es ein berechtigtes Interesse der klagenden Partei an der Feststellung der Rechtswidrigkeit gibt, und ein derartiges Interesse ist dann zu bejahen, wenn etwa eine Wiederholung der gerügten Rechtswidrigkeit zu befürchten ist. Im vorliegenden Fall hätte dann wohl auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieses kirchlichen Privilegs geprüft werden müssen.

Erstaunlicherweise hat nun aber das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 28.7.2011 diese Klage abgewiesen, weil es ein berechtigtes Interesse der Klägerin als nicht gegeben ansah. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, bei einer Neuausschreibung der Stelle, die von der Universität angekündigt wurde, ergäbe sich für die dann bei einer erneuten Bewerbung der Klägerin mögliche Konkurrentenklage eine neue Situation mit geändertem Bewerberfeld und einer (teilweise) neu zusammengesetzten Berufungskommission. Dass auch dieses Berufungsverfahren unter dem Vorbehalt einer Zustimmung des Bischofs stehen würde, schien dem Gericht nicht von Belang.

Gegen dieses Urteil ist fristgerecht Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) eingelegt worden. Das Gericht hat mit Datum vom 23.2.2012 diesen Antrag verworfen. Obwohl die Konkordatsbestimmungen in der mittlerweile neu gestarteten Stellenausschreibung (auf die sich Frau Wessels wieder beworben hat) erneut benannt werden, sahen die Richter keinen Bedarf, die Frage der Konkordatsbindung  grundsätzlich zu klären. Die Anwälte haben deshalb am 3. April 2012 erklärt, dass sie gegen die Entscheidung des BayVGH eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe reinreichen. Die ablehnende Entscheidung des BayVGH – so wenig nachvollziehbar sie in der Sache ist – hat damit einen schnellen Zugang zum Bundesverfassungsgericht eröffnet. Zugleich teilten die Anwälte mit, dass sie im Namen eines Bewerbers im neu gestarteten Ausschreibungsverfahren wieder Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingelegt haben.

In den verschiedenen Instanzen waren inzwischen fast 20.000 Euro für Anwalts- und Gerichtskosten fällig. Diese Mittel wurden so gut wie ausschließlich durch Spenden bei den unterstützenden Organisationen (neben der HU noch der Bund für Geistesfreiheit Bayern und die Giordano-Bruno-Stiftung) bestritten. Die für den Prozess zur Verfügung stehenden Geldmittel sind deshalb zusammengeschmolzen. Überdies hat das Gericht den Streitwert inzwischen auf 20.000 Euro erhöht (bislang 5.000 Euro), was sich im wesentlichen auf die Höhe der Gerichtskosten auswirkt Daher wende ich mich heute noch einmal mit einer eine Bitte um eine Spende für dieses Verfahren an die Mitglieder der Humanistischen Union. Sie können Ihre Spende (Online-Spendenformular hier) überweisen auf das Konto der Humanistischen Union:

Nummer 30 74 200
Bank für Sozialwirtschaft Berlin (BLZ 100 205 00)
Stichwort: Konkordatslehrstuhlklage.

All denen, die dieses Verfahren bisher schon durch ihre Spende unterstützt haben, sage ich, auch im Namen von Frau Professor Wessels, ein ganz herzliches Dankeschön. Über den Fortgang des Prozesses werden die HU-Mitteilungen berichten.

Prof. Dr. Theodor Ebert, Erlangen

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