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HU-In­i­tia­tive gegen die Verab­schie­dung des Nieder­säch­si­schen Verfas­sungs­schutz-­Ge­setzes

aus: vorgänge Nr. 19 (Heft 1/1976), S. 115-118

(vg) Die Humanistische Union hat im Lande Niedersachsen eine Initiative gestartet, durch die Gefahren für fundamentale Prinzipien des Rechtsstaates abgewendet werden sollen, die – ziemlich versteckt – in einem dem Landtag vorliegenden und in Erster Lesung bereits behandelten Gesetzentwurf über den Verfassungsschutz im Lande Niedersachsen (LT-Drucksache 8/922) enthalten sind.

Im Januar 1976 ist die Kampagne der HU angelaufen, durch die niedersächsische Bürger aufgefordert werden, einen Appell an die Abgeordneten des Landtags zu unterzeichnen. Gleichzeitig hat die HU ein Memorandum zu dem Gesetzentwurf vorgelegt.

Ähnlich einschneidende Verfassungsschutzgesetze, die das Länderrecht vereinheitlichen, zugleich aber klammheimlich die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden ausweiten sollen, wurden fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit bereits in 4 Bundesländern verabschiedet; zu dem bayerischen Gesetz siehe Sieghart Ort in Vorgänge 11 (5/1974), Seite ll: „Der Große Bruder sieht Dich an.“

Appell an die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages zum
Gesetzentwurf über den Verfassungsschutz im Lande Niedersachsen

Wir wenden uns an alle Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages mit der Bitte, eingehend zu prüfen, ob sie es nach den Erfahrungen mit einer dunklen Phase der deutschen Geschichte verantworten können, durch das geplante „Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Niedersachsen“ der Verfassungsschutzbehörde Machtbefugnisse einzuräumen, die diese zu einem Staat im Staate und zu einer das politische Klima vergiftenden Gesinnungsüberprüfungs-Instanz machen könnte.

Aus gutem Grund wurde im „Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes“ von 1950 in bewußter Abgrenzung von der Vergangenheit festgelegt: „Polizeiliche Befugnisse und Kontrollbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu.“ Die jetzt im Gesetzentwurf des Landes vorgesehenen Rechte über die uneingeschränkte und nicht einmal parlamentarisch kontrollierte Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel, die vorgesehenen Mitwirkungs- und Informationsbefugnisse der Verfassungsschutzbehörde und die Pflicht aller im öffentlichen Dienst stehenden Personen, Zulieferungsdienste für den Verfassungsschutz leisten zu müssen, schaffen die Gefahr, daß durch die aufgrund dieses Gesetzes mögliche Praxis fundamentale Prinzipien des Rechtsstaates verletzt werden.

Der Gesetzgeber läuft im Augenblick Gefahr, im Übereifer statt Sicherungen Sprengsätze in unsere staatliche Ordnung einzubauen. Die Geschichte zeigt, daß bei einer wirklichen Gefährdung der Demokratie nicht kompetenzbeladene Behördenapparate, sondern nur politisch bewußte Bürger die Demokratie schützen können. Dieser Bürger sollte nicht durch Gesetz eingeschüchtert werden, sonst bedroht ein solches Gesetz jene Verfassung, der es dienen soll.

Wir bitten daher dringend, bei der Beratung des Gesetzentwurfes Überlegungen zu berücksichtigen wie sie in dem Memorandum der Humanistischen Union vorgelegt worden sind.

Hannover, im Januar 1976

Zu den Erstunterzeichnern gehören:
Hermann Bergengrün (Studentenpfarrer); Prof Kurt Beutler; Prof Renate Damus; Prof Reinhard Dross; Dieter Gallas (Landesvors der GEW); RA Walter Heine-mann; RA Werner Holtfort; Prof Wolfgang Kaupen; Prof Horst Kern; Prof Christian Graf von Krockow; Prof A. H. Noll; MinRat Klaus Rauschert; Prof Johann Jürgen Rohde; Prof Jürgen Seifert; Prof Dieter Sterzel; Werner Vitt (stellv Vors der IG Chemie); Prof Irmgard Wilharm – (alle Hannover, Braunschweig, Göttingen, Oldenburg, Osnabrück), ua.

Memorandum der Humanis­ti­schen Union zum Entwurf eines Gesetzes über den Verfas­sungs­schutz im Lande Nieder­sachsen

Mitwirkung des Verfassungsschutzes bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst

Der Gesetzentwurf sieht eine „Mitwirkung“ der Verfassungsschutzbehörde vor „bei der Überprüfung von Personen, die sich um die Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben“ (§ 3 Abs 2 Nr 4).

Damit soll ein Verfahren legalisiert werden, das in der Öffentlichkeit zu schwerwiegenden Bedenken geführt hat. Auf diese Bedenken wird ebensowenig eingegangen wie auf die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 aufgeworfenen Verfahrensfragen.

Unabhängig von der prinzipiellen Frage, ob es richtig ist, dem Verfassungsschutz bei jeder Einstellung in den öffentlichen Dienst eine „Mitwirkung“ einzuräumen, ist darauf hinzuweisen, daß die vorgesehene Globalermächtigung zwingende rechtsstaatliche Grundsätze außer acht läßt. Es fehlt die Festlegung,

– daß die Verfassungsschutzbehörde nur „gerichtsverwertbare Tatsachen“ vorbringen darf;

– daß die Verfassungsschutzbehörde auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 gehalten ist, nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu verfahren, und deshalb bestimmte Tatsachen nicht vorbringen darf (beispielsweise aus der Studienzeit);

-daß die Verfassungsschutzbehörde bei ihrem Vorbringen (soweit es sich nicht um Personen handelt, die besonderen Anforderungen hinsichtlich der Geheimhaltung oder der Sicherheit unterliegen) zumindest gehalten sein muß, die in § 78 ff StGB festgelegten Verjährungsfristen entsprechend zu respektieren;

– daß die Verfassungsschutzbehörde – insbesondere bei Jugendlichen, aber nicht nur bei ihnen – einen spezifischen Verjährungsschutz hinsichtlich der Verwendung sogenannter Erkenntnisse unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf politischen Irrtum zu berücksichtigen hat, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind;

– daß die Verfassungsschutzbehörde (entsprechend § 160 StPO) durch Gesetz dazu angehalten wird, nicht nur belastende, sondern – wenn solche ermittelt werden – auch entlastende Umstände vorzulegen;

– daß für alles Vorbringen der Verfassungsschutzbehörde keine Sonderrechte gelten, daß die Stellungnahmen der Verfassungsschutzbehörde den Regeln des Beamtenrechts unterliegen, die insbesondere die Einsicht in die vollständigen Personalakten gestatten, und daß das Recht auf Akteneinsicht durch einen Rechtsvertreter nicht beschnitten werden darf.

Die Befugnis, nachrich­ten­dienst­liche Mittel anzuwenden

Der Gesetzentwurf schafft für die Verfassungsschutzbehörde die Kompetenz, bei der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden“ (§ 4 Abs 1). Nachrichtendienstliche Mittel werden in der Begründung definiert als ,Mittel und Methoden, die der geheimen, dh dem Betroffenen oder Außenstehenden nicht wahrnehmbaren Nachrichtenbeschaffung dienen“.

Dazu gehören nach der bisherigen Praxis der Verfassungsschutzbehörden bezahlte und unbezahlte Informanten. Als Richtschnur für Mitarbeiter und als Sicherung gegen Mißbrauch ist es geboten, gesetzlich festzulegen, daß Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde und alle Informanten verpflichtet sind, den durch Rechtsvorschriften gesetzten Rahmen zu wahren, dh daß sie nicht außerhalb der Legalität oder gar als ,agent provocateur‘ tätig werden dürfen.

Zu den „Mitteln“ gehören beispielsweise Überwachungsmaßnahmen wie sie im Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vom 13.8. 1968 (BGBI I, S 949) enthalten sind. Die Tatsache, daß ohne Hinweis auf die im Gesetz von 1968 vorgesehenen Befugnisse von „nachrichtendienstlichen Mitteln“ die Rede ist, deutet darauf hin, daß auch die Anwendung „anderer“ technischer Überwachungsinstrumente („Wanzen“, Richtmikrophone oder andere Geräte, die von außerhalb Gespräche in einer Wohnung aufnehmen) durch den Gesetzentwurf legalisiert werden. Die Notwendigkeit, über die Beschränkung des Brief-, Post-und Fernmeldegeheimnisses hinaus nachrichtendienstliche Mittel zu verwenden, wird im Gesetzentwurf nicht begründet. Deshalb ist eine Fassung geboten, die jede Ausweitung auf solche nachrichtendienstliche Mittel ausschließt, die in die durch Art 1 und 2 des Grundgesetzes geschützte Intimsphäre eindringen.

Wenn die Kompetenz der Verfassungsschutzbehörde jedoch hinsichtlich der Mittel erweitert werden soll, dann muß eine SPD/FDP-Landesregierung daran erinnert werden, daß sie hinsichtlich der
– Voraussetzungen für die Verwendung solcher nachrichtendienstlicher Mittel und hinsichtlich der
– Durchführung und hinsichtlich der
– Kontrolle
an die Maßstäbe gebunden sein sollte, die in dem von der Bundesregierung noch als revisionsbedürftig angesehenen Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses aufgestellt worden sind (vgl dort § 2 u§§ 5 bis 9; zur geplanten Novellierung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, vgl Bundestagsdrucksache 7/2507).

Gegen­sei­tige Amtshilfe zwischen Gerichten und Verfas­sungs­schutz

In dem Gesetzentwurf wird unter anderem festgelegt, daß auch „Gerichte des Landes und die Verfassungsschutzbehörde“ sich „gegenseitig Rechts- und Amtshilfe“ leisten sollen (§ 5 Abs 1). In der Begründung wird dazu ausgeführt, damit solle die aus Art 35 Abs 1 GG folgende Pflicht zur Rechts- und Amtshilfe „bekräftigt“ werden.

Eine Bekräftigung eines allgemein anerkannten Rechtsgrundsatzes ist überflüssig. Die besondere Erwähnung einer „gegenseitigen (!) Rechts- und Amtshilfe“ zwischen Gerichten und der Verfassungsschutzbehörde birgt daher die Gefahr in sich, daß damit Informationen vom Verfassungsschutz an ein Gericht außerhalb der Hauptverhandlung gerechtfertigt werden. Der Gesetzestext darf daher nicht so gefaßt werden, daß aufgrund einer unklaren Formulierung gegen ein fundamentales Gebot der Rechtsstaatlichkeit verstoßen werden kann.

Die Verpflich­tung aller im öffent­li­chen Dienst stehenden Personen, dem Verfas­sungs­schutz unauf­ge­for­dert Material zu liefern

Alle Behörden des Landes, die Gemeinden, die Landkreise, alle öffentlich-rechtlichen Institutionen und die Gerichte sind nach dem Entwurf nicht nur gehalten, der Verfassungsschutzbehörde „alle Tatsachen und Unterlagen“ über sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten, sondern auch über Bestrebungen und Tätigkeiten, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe zum Ziele haben oder auswärtige Belange gefährden, „unaufgefordert zu übermitteln“ (§ 5 Abs 3). Eine solche gesetzliche Regelung würde in letzter Konsequenz bedeuten, daß jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes seinem Vorgesetzten Berichte und Material zur Weitergabe an die Verfassungsschutzbehörde vorzulegen hätte. Lehrer und Hochschullehrer könnten sich ebensowenig wie Sozialarbeiter auf spezielle pädagogische Konstellationen berufen, die gebieten, solche Berichte nicht anzufertigen. Hier kollidiert das Interesse der Verfassungsschutzbehörde an Informationen einerseits mit dein Interesse jedes Beamten und Angestellten, in der Öffentlichkeit nicht als potentieller Spitzel betrachtet zu werden, und den besonderen Aufgaben der pädagogischen und sozialpädagogischen Berufe andererseits. Dieser Interessenkonflikt wird durch die vorgesehene gesetzliche Regelung einseitig zugunsten der Verfassungsschutzbehörde entschieden. Eine solche Vorschrift ist auch deshalb problematisch, weil jeder Verstoß gegen eine solche Verpflichtung als Dienstpflichtverletzung ausgelegt werden kann. Da aber primär die Verfassungsschutzbehörde nachweisen kann, ob ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes seinen Verpflichtungen entsprochen hat, die ihm nach diesem Gesetz obliegen, kann der Verfassungsschutz dadurch in die Rolle einer Superbehörde kommen.

Weitergabe von „Erkennt­nissen“ an nicht-­staat­liche Stellen

Durch das Gesetz soll die Verfassungsschutzbehörde die Befugnis erhalten, „ihre Erkenntnisse auch an andere als staatliche Stellen“ weiterzugeben, „soweit dies dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist“ (§ 6).

Verfassungsschutzbehörden haben auch ohne eine solche Vorschrift das Recht, beispielsweise Agenten in Parteien oder Gewerkschaften zu enttarnen. Daher geht es bei dieser Bestimmung in erster Linie darum, daß die Verfassungsschutzbehörde Partei- oder Gewerkschaftsinstanzen darüber unterrichten kann, welche Mitglieder mit Organisationen zusammenarbeiten, die nach Ansicht des Verfassungsschutzes verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.

Zugleich birgt eine solche Vorschrift die Gefahr in sich, daß damit eine Praxis des Verfassungsschutzes legalisiert werden soll, die bei der Verfolgung der illegalen KPD beobachtet werden konnte: Eine völlig unkontrollierbare Information von Privatbetrieben über angebliche oder tatsächliche Aktivitäten eines Mitarbeiters, die vom Verfassungsschutz für verfassungsfeindlich gehalten werden. Da sich gegen die aufgrund dieser Bestimmung möglichen einseitigen oder unrichtigen Darstellungen niemand schützen kann, würde durch diese vorgesehene Befugnis der Verfassungsschutzbehörde ein fundamentales Persönlichkeitsrecht verletzt.

Fehlende parla­men­ta­ri­sche Kontrolle

Der Gesetzentwurf gestattet vielfältige Eingriffsmöglichkeiten in den durch das Grundgesetz geschützten persönlichen Freiheitsbereich des Bürgers. Bei einer Institution wie dem Verfassungsschutz, dessen Tätigkeit sich im geheimen abspielt, ist die Gefahr des Mißbrauchs besonders groß. Es ist daher zwingend erforderlich, eine parlamentarische Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde im Gesetz zu verankern. Hierbei wäre festzulegen, daß sich auch der einzelne Bürger – ähnlich wie im § 9 Abs 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vorgesehen – unmittelbar an das parlamentarische Kontrollorgan wenden kann.

Der Bundesvorstand der Humanistischen Union:
Charlotte Maack, Ossip K. Flechtheim, Heide Hering, Gerd Hirschauer, Volker Hummel, Jürgen Seifert, Klaus Waterstradt.

Entwurf des Gesetzes über den Verfas­sungs­schutz im Lande Nieder­sachsen

§ 1 Zweck des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.

§ 2 Zuständigkeit
(1) Für die Aufgaben des Verfassungsschutzes ist ausschließlich die Verfassungsschutzbehörde zuständig. Verfassungsschutzbehörde ist der Minister des Innern.
(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Minister des Innern tätig werden.

§ 3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde
(1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben,
2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (Bundesgesetzbl. S 682), geändert durch Gesetz vom 7. August 1972 (Bundesgesetzbl. 1 S 1382), für eine fremde Macht,
3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit
1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte,
4. bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben.

§ 4 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde
(1) Bestehen Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs 1, so ist die Verfassungsschutzbehörde befugt, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden.
(2) Der Verfassungsschutzbehörde stehen polizeiliche Befugnisse nicht zu.

§ 5 Amtshilfe und Auskunftserteilung
(1) Die Behörden des Landes, die Gemeinden, die Landkreise, die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Gerichte des Landes und die Verfassungsschutzbehörde leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) Die Verfassungsschutzbehörde kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist, von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.
(3) Darüber hinaus haben die in Absatz 1 genannten Stellen der Verfassungsschutzbehörde alle Tatsachen und Unterlagen über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs 1 unaufgefordert zu übermitteln.

§ 6 Weitergabe von Erkenntnissen an Dritte
Die Verfassungsschutzbehörde kann ihre Erkenntnisse auch an andere als staatliche Stellen weitergeben, soweit dies dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist.

§ 7 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

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