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HU-Er­klä­rung: Liga für Menschen­rechte - ein neuer Volks­wart­bund

vorgänge 9/1969, S. 318-319

Mit Befremden hat die Humanistische Union von der Forderung der Liga für Menschenrechte Kenntnis genommen, sogenannte Sexualvergehen von Staats wegen stärker zu ahnden. Mit großer Mühe konnte eine relative und keineswegs ausreichende Liberalisierung des Sexualstrafrechts durchgesetzt werden: Extrem konservative und reaktionäre Kräfte empfinden das als Niederlage.
Genau zu diesem Zeitpunkt beklagt die Liga für Menschenrechte, deren Name einen großen Anspruch darstellt, im Rückgriff auf reaktionäre Ideologie „sexuelle Ausschweifungen”. Diese hätten angeblich, so wird jedem Fachurteil widersprechend behauptet, „depressive Folgen für die Allgemeinheit”. Die Liga für Menschenrechte maßt sich an, zu entscheiden, was „pervertierte Anomalien außerhalb des Tragbaren” seien und bezeichnet Gruppensex als „psychopathische Form der Geschlechtstriebe”. Solche allgemeinen Plattheiten werden von dem besonderen und durchaus diskutablen Anlaß dieser Erklärung (dem sexuellen Mißbrauch Jugendlicher) in keiner Weise mehr gedeckt.

Die Humanistische Union sieht sich gezwungen, festzustellen:

1. Es besteht keinerlei Anlaß, nach einem stärkeren Eingreifen des Staates in das Sexualleben seiner Bürger zu rufen. Der Staat tut in dieser Beziehung auch heute noch eher zuviel als zuwenig und mißbraucht dabei sogar die berechtigten Interessen des Jugendschutzes zur Bevormundung und Reglementierung Erwachsener.

2. Es besteht keinerlei Anlaß, zwischen Freiheit in Anführungsstrichen und „echter Freiheit” zu unterscheiden, wie es die Liga tut, und die Nichteinhaltung einer bestimmten Sexualmoral als Mißbrauch der Freiheit zu verketzern.

3. Die Liga für Menschenrechte spricht in ihrer Erklärung die Sprache rechtsradikaler Pamphlete und leistet damit der äußersten Rechten im Wahlkampf Schützenhilfe.

Nachbemerkung: In einem telefonischen Interview mit der Münchner Zeitung tz soll Frank Arnau, Präsident der Liga für Menschenrechte, zur Erläuterung der Erklärung u. a. gesagt haben, „daß die Polizei gegen jeden anomal Veranlagten vorgehen sollte!” Herr Arnau bestreitet das. Die tz beruft sich auf ihr Gesprächsprotokoll. Dieser Satz wäre auch aus dem Munde eines NPD-Politikers bodenlos dumm, sollte er im Namen einer Organisation wie der Liga gefallen sein, kann er nur als verantwortungslos und skandalös bezeichnet werden.

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