Anti-Terror-Gesetze müssen abgeschafft werden!
Offener Brief der Humanistischen Union an die Bundesregierung und die Fraktionen des Bundestags. Aus: Mitteilungen Nr. 88 (Heft 3/ Oktober 1979), S. 1
Der Bundesvorstand hat Anfang September – gemäß dem Beschluß der Delegiertenkonferenz – die Bundesregierung und die Fraktionen des Bundestags aufgefordert , die zur Bekämpfung des Terrorismus verabschiedeten Gesetze auf dem Gebiet des Straf- und Strafverfahrensrechts zu revidieren. Nach den seit Jahren gemachten Erfahrungen mit der Verschärfung von Gesetzen muß nun der Gesetzgeber sein bisheriges Konzept überdenken.
Wegen beabsichtigter Gespräche mit den Fraktionsführungen der SPD und FDP, bei denen die HU ihre Thesen und Forderungen weiter vertiefen und belegen wird, ist die Veröffentlichung ihres Briefes vorerst zurückgestellt worden. Hier ein Auszug aus den Forderungen:
- Rücknahme des Kontaktsperre-, des Razziengesetzes und der Verschärfung des Strafprozeßrechtes seit 1975;
- Herstellung der Freiheit der Advokatur; geistige Auseinandersetzung über die richtige Anwaltsrolle in einer offenen Gesellschaft, keine Stigmatisierung von „Terroristenverteidigern“;
- Beseitigung der Straftatbestände über politische Meinungsäußerungen; die Unterdrückung kritischer Gedanken aus Angst vor Anwendung derartiger Straftatbestände ist ein größeres Unglück für eine Demokratie als Kritik in unbotmäßiger oder schlimmer Form;
- Beendigung der Überprüfung politischer Meinungsäußerungen in der Ausbildungs- und Studienzeit vor Einstellung in den öffentlichen Dienst;
- die Tätigkeit der Verfassungsschutzämter muß auf ihre gesetzlichen Aufgaben beschränkt werden;
- übermäßige Erfassung von persönlichen Daten der Bürger in staatlichen Dateien muß verhindert werden;
- im Rechtsstaat stehen auch die wegen terroristischen Gewalttaten Verurteilten unter dem Gesetz, daß Resozialisierung das einzige Vollzugsziel ist; deshalb Ende der Sonderbehandlung von Terroristen und Eingliederung in den normalen Vollzug;
- ein deutliches Zeichen des Staates, daß mit polizeilichen und justiziellen Mitteln keine Feinde bekämpft, sondern lediglich Kriminalität unterbunden werden soll;
- Aufgabe der Theorie, der dem einzelnen zur Seite stehende Strafbefreiungstatbestand des § 34 StGB sei eine Ermächtigungsnorm für überverfassungsrechtlichen staatlichen Eingriff.