Brief an Gerhard Schröder zum Lauschangriff
Herrn Ministerpräsidenten
Gerhard Schröder
Staatskanzlei
Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz
30159 Hannover
Sehr geehrter Herr Schröder,
die HUMANISTISCHE UNION gratuliert Ihnen zu Ihrem zu Ihrem großartigen Erfolg in der Landtagswahl sowie zu Ihrer fast einstimmigen Nominierung zum Kanzlerkandidaten der SPD. Wir freuen uns, daß hoffentlich ab Herbst dieses Jahres ein HU-Mitglied erstmals Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sein wird! Wir hoffen, daß dann neben dem objektiv wichtigsten Thema dieser Republik – der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – auch die Anliegen der ältesten Bürgerrechtsorganisation Deutschlands in der politischen Führung dieses Staates wieder mehr Gehör finden als bisher: Der Kampf für den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat, für die Grund- und Bürgerrechte. Dabei verhehlen wir nicht, daß Ihre Position zum Großen Lauschangriff unserer festen Überzeugung nach falsch ist.
Wir können uns gar nicht vorstellen, daß ein ehemaliger Rechtsanwalt und Mitstreiter von Werner Holtfort den Großen Lauschangriff für ein vertretbares und auch nur erfolgreiches Instrument der Kriminalitätsbekämpfung halten kann. Wir gehen davon aus, daß Sie diese Thesen nur aus wahltaktischen und strategischen Überlegungen (die wir obendrein für verfehlt halten) vertreten, und hoffen, daß Sie im Anschluß an das Wahlkampfjahr 1998 und von Ihrer dann hoffentlich errungenen Position des Bundeskanzlers aus wieder zurückfinden zur
Verteidigung der Bürgerfreiheiten. (…)
Mit freundlichen Grüßen, und allen guten Wünschen für den 27. September dieses Jahres,
Dr. Till Müller-Heidelberg
– Bundesvorsitzender –