Themen / Informationsfreiheit

Das neue Landes­in­for­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz Baden-Würt­tem­berg*

15. August 2016

in: vorgänge Nr. 214 (Heft 2/2016), S. 143-158

Am 30. Dezember 2015 trat in Baden-Württemberg das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG BW) in Kraft. Bis auf Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen verfügt damit die große Mehrheit der Bundesländer über einen gesetzlich geregelten Zugang zu den Akten der öffentlichen Verwaltung. Prof. Dr. Friedrich Schoch zeichnet den Weg des Gesetzgebungsverfahrens nach und bewertet die Möglichkeiten und Einschränkungen des Informationszugangs im „Ländle“ anhand der Gesetze und Erfahrungen im Bund und in den anderen Ländern.

I. Der lange Weg zum LIFG BW

1. Koalitionsvertrag 2011

In ihrem Koalitionsvertrag von 2011 („Der Wechsel beginnt“) hatte die vormalige (und in diesen Tagen gerade noch amtierende) Koalition von „GRÜN/ROT“ unter dem Stichwort „Transparenz“ angekündigt (S. 78):

Wir stehen für eine offene Gesellschaft und eine transparente Verwaltung. […] In einem umfassenden Informationsfreiheitsgesetz werden wir gesetzliche Regelungen treffen, damit Bürgerinnen und Bürger unter Beachtung des Datenschutzes grundsätzlich freien Zugang zu den bei öffentlichen Verwaltungen vorhandenen Informationen haben.“

Dieser Ankündigung sind politische Taten zunächst nicht gefolgt. Soweit von außen erkennbar, ist erst im Januar 2014 vom Innenministerium BW ein „Eckpunktepapier“ für ein LIFG BW erstellt worden. Dieses Papier, das im Juli 2014 (durch eine Indiskretion?) publik wurde, war durch eine restriktive Grundorientierung zum Thema „Transparenz“ geprägt (z. B. beim Anwendungsbereich des Gesetzes, bei den Ausnahmetatbeständen und bei der Kostenregelung). Die Kritik an jenem „Eckpunktepapier“ ließ nicht lange auf sich warten. Die – seinerzeitigen – Regierungsfraktionen reagierten auf die Kritik mit einem eigenen „Eckpunktepapier“ vom 25. November 2014 („Informationsfreiheit für Baden-Württemberg“) und kündigten an, ein LIFG BW auf den Weg zu bringen, das sich an der Struktur des Bundes-IFG orientiere und die dazu gewonnenen Vollzugserfahrungen berücksichtigen werde.

2. Kabinettsbeschluss vom 28. Juli 2015

Nach dieser parlamentarischen Initiative waren weitere Aktivitäten in Sachen „Informationsfreiheit“ zunächst nicht zu beobachten. Am 28. Juli 2015 hat das Landeskabinett einen zwischenzeitlich erarbeiteten Gesetzentwurf für ein LIFG BW zur Anhörung freigegeben, um in diesem Punkt die eingangs erwähnte Koalitionsvereinbarung von „GRÜN/ROT“ umzusetzen. Der Ministerpräsident und der Innenminister des Landes erklärten öffentlich (Pressemitteilung vom 28. Juli 2015):

 

„Damit wird die Transparenz staatlichen Handelns als wesentliches Element der demokratischen Meinungs- und Willensbildung gestärkt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist letztlich, dass die Bürgerinnen und Bürger auch die notwendigen Informationen haben, um sich fundiert einbringen zu können. Nur gut informierte Bürgerinnen und Bürger sind auch in der Lage, engagiert und kompetent mitzugestalten.“

In der Sache hat der Anhörungsentwurf der Landesregierung zum LIFG BW Fachleute des Informationsfreiheitsrechts nur mäßig überzeugt. Nach wie vor kennzeichneten zu viele Restriktionen das Konzept der Informationsfreiheit im öffentlichen Sektor. So erklärte die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland in einer Stellungnahme vom 18. September 2015 zum Anhörungsentwurf, Erfahrungen zum IFG des Bundes scheine der Landesgesetzgeber vor allem dann aufzugreifen, wenn es um die Beschränkung des Informationszugangs gehe; Vorschläge zur Fortentwicklung und Verbesserung des IFG hätten dagegen kaum Berücksichtigung gefunden. Diese Einschätzung ist, wie zu zeigen sein wird, zutreffend.

3. Gesetzgebungsverfahren und Verabschiedung des LIFG BW

Das parlamentarische Verfahren für das „Gesetz zur Einführung der Informationsfreiheit“ in Baden-Württemberg basiert auf einem Gesetzentwurf der Landesregierung vom 17. November 2015 (LT-Drs. 15/7720). Als Zielsetzung formuliert der Entwurf, durch Gesetz sollten ein grundsätzlicher Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Zugang zu den bei den öffentlichen Verwaltungen vorhandenen Informationen sowie Pflichten zur Veröffentlichung dieser Informationen geschaffen werden. Das Gesetz ist im Landtag am 17. Dezember 2015 einstimmig beschlossen worden. Am 29. Dezember 2015 wurde es im Gesetzblatt veröffentlicht; am 30. Dezember 2015 traten die meisten Vorschriften in Kraft, die Veröffentlichungspflichten der Behörden (z. B. der Ministerien) wurden allerdings erst zum 30. März 2016 in Kraft gesetzt.

Das – wenig transparente – Gesetzgebungsverfahren zum LIFG BW hat kaum eine öffentliche (mediale) Aufmerksamkeit gefunden. Das mag – auch oder sogar vor allem – dem Umstand geschuldet sein, dass die wesentlichen Akte zur Gesetzgebung in der zweiten Dezemberhälfte 2015 stattgefunden haben. Transparency International Deutschland hat den Vorgang so kommentiert: Mit dem LIFG habe „die grün-rote Regierung weitgehend unbemerkt ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, das immer wieder öffentlich angemahnt, von ihr selbst aber lange hinausgezögert worden war“ (NETZPOLITIK.ORG, Gastbeitrag von Heike Mayer, Transparency International/ Deutschland).

II. Grund­an­nahmen und Prinzipien des Infor­ma­ti­ons­frei­heits­rechts

Die einleitende Skizze zur Entwicklungsgeschichte des LIFG BW vermittelt einen ersten Eindruck zu der zögerlichen Herangehensweise und der skeptischen Grundhaltung politisch Verantwortlicher bei der Schaffung eines modernen Informationsfreiheitsrechts in Baden-Württemberg. Dieser Hintergrund markiert ein Erklärungsmuster dafür, dass das Land die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Transparenzgesetzgebung, wie sie z. B. in Rheinland-Pfalz zum 1. Januar 2016 umgesetzt worden ist, nicht ausgeschöpft hat und bei zentralen gesetzlichen Standards hinter der Normgebung etlicher anderer Länder zurückbleibt.

Bevor die wesentlichen Inhalte des neuen Gesetzes vorgestellt werden, ist ein kurzer Blick auf einige Grundlagen vonnöten. Herauszustellen sind die gesetzlichen Ziele des LIFG BW (1.), in das Bewusstsein zu heben ist der mit dem neuen Recht verbundene Paradigmenwechsel beim Zugang zu amtlichen Informationen (2.), und anzumahnen ist ein Wandel der Verwaltungskultur, um das neue Recht real wirksam werden zu lassen (3.).

1. Ziele des LIFG BW: freier Informationszugang und Transparenz der Verwaltung

Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/7720, S. 13) soll das LIFG BW „ein umfassendes Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens gewähren“; damit steht das Gesetz zugleich im Dienste „der Vergrößerung der Transparenz als Voraussetzung für eine demokratische Meinungs- und Willensbildung“. Die Stärkung der individuellen Informationszugangsfreiheit und die – auch – von Amts wegen erfolgende Erhöhung der Transparenz von Behörden sind demnach die zentralen Ziele des Gesetzes.

Seinen Niederschlag hat der gesetzgeberische Wille in § 1 Abs. 1 LIFG BW gefunden:

„Zweck dieses Gesetzes ist es, unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten und sonstiger berechtigter Interessen durch ein umfassendes Informationsrecht den freien Zugang zu amtlichen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten, um die Transparenz der Verwaltung zu vergrößern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern.“

Das sind klare Zielsetzungen. Hieran muss sich die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes messen lassen.

2. Paradigmenwechsel: Ablösung des Prinzips der beschränkten Aktenöffentlichkeit

Das neue Recht zur Informationsfreiheit im öffentlichen Sektor bedeutet auf der Normgeltungsebene nicht weniger als einen Paradigmenwechsel. Für die öffentliche Verwaltung in Baden-Württemberg galt früher das Prinzip der beschränkten Aktenöffentlichkeit. Voraussetzungen für ein Akteneinsichtsrecht waren die Beteiligung des Antragstellers in einem laufenden Verwaltungsverfahren und die Notwendigkeit des Informationszugangs zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen (§ 29 LVwVfG); Auskunftsansprüche setzten grundsätzlich die eigene Betroffenheit voraus (z. B. § 21 LDSG). Die Gesetzesbegründung weist zutreffend darauf hin, dass die vormaligen (beschränkten) Informationsmöglichkeiten gegenüber der öffentlichen Verwaltung den Interessen der Bürgerinnen und Bürger in einer modernen Informationsgesellschaft nicht mehr genügen (LT-Drs. 15/7720, S. 13).

Der gesetzlich vollzogene Paradigmenwechsel hat fassbare praktische Konsequenzen. Um ein konkretes Beispiel zu geben: Ein Antragsteller muss nicht (mehr) darlegen, warum er Zugang zu bestimmten amtlichen Informationen begehrt; vielmehr muss die Behörde vortragen und begründen, warum ausnahmsweise ein Ausschlusstatbestand (z. B. Schutz vertraulicher Beratungen oder Schutz personenbezogener Daten) vorliegt, der die Informationsverweigerung rechtfertigt. Dadurch kommt zugleich das neue Regel-Ausnahme-Verhältnis zum Ausdruck: Grundsatz ist der freie Zugang zu amtlichen Informationen, Ausnahme ist die – zu begründende – Informationsverweigerung.

3. Wandel der Verwaltungskultur

Der erwähnte Paradigmenwechsel führt(e), wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, in manchen Behörden zu einer Art „Kulturschock“. Individuelle Informationszugangsfreiheit und Transparenz der Verwaltung waren im öffentlichen Sektor bislang keine rechtlich relevanten Kategorien; nun handelt es sich um gesetzlich verbindliche Zielsetzungen. Das stellt nicht wenige Behördenmitarbeiter vor ungeahnte mentale Herausforderungen. Fragen nach dem Grund eines beantragten Informationszugangs, nach den Zielen der Informationserlangung oder nach der Verwendungsabsicht im Falle der Informationspreisgabe sind nun rechtlich unzulässig. Die Abkehr vom überkommenen „Aktengeheimnis“ will in den Behörden erst einmal verinnerlicht und akzeptiert werden, soll das neue Recht reale Geltung erlangen.

Die an die öffentliche Verwaltung adressierten „Zumutungen“ gehen noch wesentlich weiter. Drei Aspekte, die später zu vertiefen sind, seien erwähnt:

  • Die Behörde kann gehalten sein, einen Antragsteller bei der Formulierung (Präzisierung) seines Antrags auf Informationszugang zu unterstützen (§ 7 Abs. 2 S. 2 LIFG BW).
  • Können dritte Personen durch einen begehrten Informationszugang betroffen sein (z. B. im Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder im Urheberrecht), muss die Behörde diese Personen schon im Verfahren schützen (§ 8 LIFG BW).
  • Droht der Informationszugang Kosten von mehr als 200 Euro zu verursachen, sind der Behörde Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Antragsteller auferlegt (§ 10 Abs. 2 LIFG BW).

Diese Beispiele zeigen, dass das Informationsfreiheitsrecht neue Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung schafft, die nicht nur administrativ, sondern auch unter rechtskulturellen Vorzeichen bewältigt werden wollen. Ein probates Mittel hierfür sind Fortbildungsveranstaltungen für Behördenmitarbeiter.

III. Inhaltliche Voraus­set­zungen und Grenzen des Infor­ma­ti­ons­zu­gangs

1. Anspruchsvoraussetzungen

a) Anwendungsbereich des LIFG BW
Der praktische Wert des LIFG BW hängt maßgeblich von seinem Anwendungsbereich ab. Damit wird die Frage beantwortet, welche öffentlichen Stellen nach dem Gesetz überhaupt informationspflichtig sind. Die hierzu getroffenen Regelungen sind juristisch kompliziert und werfen vielerlei Abgrenzungsfragen auf. Im Kern kann wie folgt unterschieden werden:

  • Nach der Grundregel gilt das Gesetz für die Stellen (Behörden) des Landes und der Gemeinden/Gemeindeverbände, ferner für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§ 2 Abs. 1 LIFG BW).
  • Auf den Landtag, die Gerichte, die Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden ist das Gesetz nur anwendbar, soweit Verwaltungstätigkeiten ausgeübt werden; dasselbe gilt für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, wobei die Anwendung des Gesetzes zusätzlich staatsvertraglich geregelt sein muss (§ 2 Abs. 2 LIFG BW).
  • Für zahlreiche öffentliche Stellen gilt das Gesetz von vornherein nicht (§ 2 Abs. 3 LIFG BW); erwähnt seien das Landesamt für Verfassungsschutz, Hochschulen und Schulen, soweit Forschung, Kunst, Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen betroffen sind, die Landesbank Baden-Württemberg sowie die Sparkassen und deren Verbände, ferner Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie Landesfinanzbehörden in Verfahren in Steuersachen.

Die Ausnahmen vom Anwendungsbereich des LIFG BW überzeugen nur begrenzt. Die Freistellung der Sparkassen wird mit deren Wettbewerbssituation gegenüber konkurrierenden genossenschaftlichen Kreditinstituten und privaten Banken begründet (LT-Drs. 15/7720 S. 62). Das IFG NRW kennt eine solche Restriktion nicht. Deshalb konnte z. B. die Offenlegung der Empfehlungen des Sparkassen- und Giroverbandes NRW zur Vergütung der Vorstände kommunaler Sparkassen gerichtlich durchgesetzt werden (VG Düsseldorf, NVwZ 2013, 452); nach dem LIFG BW wäre dies nicht möglich. Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk (konkret: SWR) kann nur gehofft werden, dass die im Gesetz angesprochene staatsvertragliche Regelung (mit Rheinland-Pfalz) geschaffen wird. Ein praktisches Beispiel zum WDR indiziert den Regelungsbedarf: Ein Journalist konnte auf Grund des IFG NRW aufdecken, dass die Vergabe von Aufträgen zur Gebäudereinigung seitens des WDR an solche Firmen erfolgte, die in Beziehungen zu Mitgliedern des WDR-Rundfunkrates standen (OVG NRW, NVwZ 2012, 902; bestätigt durch BVerwG, ZD 2014, 98). Sollte die Transparenz in derartigen Angelegenheiten in Baden-Württemberg eine unerfüllte Hoffnung bleiben?

b) Vorrang spezieller Informationszugangsregelungen
Nur kurz sei darauf hingewiesen, dass das LIFG BW nicht anwendbar ist, soweit für bestimmte Bereiche Spezialregelungen bestehen. Wichtige Beispiele hierfür sind das Umweltinformationsrecht und das Verbraucherinformationsrecht. Gesetzlich ist bestimmt, dass der Zugang zu amtlichen Informationen nach derartigen abschließenden Rechtsvorschriften Vorrang gegenüber dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht genießt (§ 1 Abs. 3 LIFG BW). Ist die Abgrenzung zwischen den Rechtsregimen unklar, kann ein Antragsteller in die missliche Lage geraten, nach mehreren Gesetzen vorgehen zu müssen. Das anwendbare Gesetz kann entscheidend dafür sein, ob im Konfliktfall der Antrag Erfolg hat oder nicht. So ist etwa das Umweltinformationsrecht des Landes (§§ 22ff. UmwVwG BW) auf Grund europarechtlicher Vorgaben (RL 2003/4/EG) in wesentlichen Punkten weniger restriktiv als das LIFG BW; das betrifft etwa die breiter angelegte Anspruchsberechtgung und das Fehlen absolut wirkender Ausnahmetatbestände. c) Anspruchsgegenstand: amtliche Informationen
Das neue Informationsfreiheitsrecht normiert einen „Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“ (§ 1 Abs. 2 LIFG BW). Darunter versteht das Gesetz „jede bei einer informationspflichtigen Stelle bereits vorhandene, amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, außer Entwürfen und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen“ (§ 3 Nr. 3 LIFG BW). Auf den Urheber (d. h. die Herkunft) der Information kommt es nicht an. Entscheidend ist die amtliche Zweckbestimmung, die sich nach den Regeln ordnungsgemäßer Aktenführung bestimmt. Nur „vorhandene“ Aufzeichnungen sind relevant; einen Informationsbeschaffungsanspruch normiert das neue Recht folglich nicht.

d) Anspruchsberechtigung
Der erwähnte Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen ist „Antragsberechtigten“ zugeordnet (§ 1 Abs. 2 LIFG BW). Das sind „alle natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts sowie deren Zusammenschlüsse, soweit diese organisatorisch hinreichend verfestigt sind“ (§ 3 Nr. 1 LIFG BW). Auf die Staatsangehörigkeit einer Person oder ihren (Wohn-)Sitz kommt es nicht an. Auch z. B. Bürgerinitiativen sind antragsberechtigt. In der Sache – und das ist von zentraler Bedeutung – muss ein Antragsteller (anders als nach dem früheren Recht) kein berechtigtes Interesse am Informationszugang geltend machen. Der Anspruch ist (materiellrechtlich) voraussetzungslos. Dies erklärt, warum – wie erwähnt – grundsätzlich keine Begründung zum Antrag vonnöten ist.

Keine Antragsberechtigung wird juristischen Personen des öffentlichen Rechts eingeräumt; die Gesetzesbegründung verweist unter anderem darauf, Friktionen mit Amtshilfevorschriften müssten vermieden werden (LT-Drs. 15/7720 S. 63). Das ist in der Sache schon deshalb wenig überzeugend, weil das Amtshilferecht (§§ 4 ff. LVwVfG) und das Informationsfreiheitsrecht qualitativ, inhaltlich und strukturell unterschiedliche Kategorien darstellen; zu „Friktionen“ kann es nicht kommen. Einen Bruch, den der Landesgesetzgeber allerdings nicht erwähnt, gibt es jedoch zum Umweltinformationsrecht. Danach hat „Jede Person“ (und eben nicht nur eine Person des Privatrechts) einen Anspruch auf freien Informationszugang (§ 24 Abs. 1 S. 1 UmwVwG BW). Zur Parallelvorschrift im Bundesrecht (§ 3 Abs. 1 S. 1 UIG) hat das Bundesverwaltungsgericht erkannt, auch Kommunen und Kirchengemeinden seien, sofern sie sich in einer privaten Antragstellern vergleichbaren Lage befänden, antragsberechtigt (BVerwGE 130, 223 = NVwZ 2008, 791). Konsequenterweise gilt dies für staatliche Hochschulen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, soweit sie als Grundrechtsträger agieren. Es ist nicht erkennbar, warum derartigen Einrichtungen die Anspruchsberechtigung nach dem LIFG BW vorenthalten wird.

2. Anspruchsgrenzen (Ausnahmetatbestände)

a) Notwendigkeit von Ausschlusstatbeständen
Einen unbeschränkten Informationszugang kann es im Rechtsstaat nicht geben. Die „gläserne Verwaltung“ ist kein vernünftiges gesetzgeberisches Ziel. Der verfassungsrechtliche Schutz der vollziehenden Gewalt (Art. 25 Abs. 3 S. 3, Art. 45 Abs. 1, Art. 69, 71 LV BW) verlangt Grenzziehungen bei der Herstellung von Verwaltungstransparenz im öffentlichen Interesse; private Interessen Dritter sind gegenüber dem Informationszugang grundrechtlich geschützt (vgl. Art. 2 Abs. 1 LV BW); das gilt etwa für personenbezogene Daten (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG), für das geistige Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Art. 12 Abs. 1, ggf. Art. 14 Abs. 1 GG).

Die rechtliche Einhegung der Informationsfreiheit ist angesichts der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen dem Grunde nach folglich keinem ernsthaften Zweifel unterworfen; Ausschlusstatbestände sind in jedem IFG unverzichtbar. Nicht das „Ob“ ist diskussionswürdig, sondern das „Wie“. Im Informationsfreiheitsrecht des Bundes und der Länder hat sich zu den gesetzlich anerkannten Informationsverweigerungsgründen eine systematische Zweiteilung etabliert. Auf der einen Seite gibt es den Schutz von besonderen öffentlichen Belangen, die dem Informationszugang entgegenstehen (können); auf der anderen Seite werden private Interessen Dritter für schutzwürdig erklärt und dem Anspruch auf Informationszugang entgegengesetzt. Differenziert ausgestaltet sind die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen sich entweder die Informationsfreiheit oder die Informationsverweigerung durchsetzt. Zu den hochkomplexen und zum Teil sehr komplizierten Regelungen sei folgender Überblick geboten.

b) Schutz besonderer öffentlicher Belange
Zum Schutz des Staates werden bestimmte Interessen gesetzlich zu „besonderen öffentlichen Belangen“ erklärt, erreichen dadurch die rechtliche Qualität eines Schutzguts und sind demnach potentielle Informationsverweigerungsgründe. Dem Schutztatbestand (§ 4 Abs. 1 LIFG BW) unterfallen
1. die internationalen und die supranationalen Beziehungen sowie die Beziehungen des Landes zum Bund oder zu einem anderen Land;

2. die Belange der äußeren Sicherheit und der öffentlichen Sicherheit;

3. die Kontroll-, Vollzugs- und Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Regulierungs-, Sparkassen-, Versicherungs- sowie Wettbewerbsaufsichtsbehörden;

4. die Angelegenheiten der unabhängigen Finanzkontrolle;
5. der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Strafvollstreckungsverfahrens und der Verfahrensablauf eines Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- oder Disziplinarverfahrens;

6. die Vertraulichkeit von Beratungen und Entscheidungsprozessen (mit Ausnahme von Gutachten und Stellungnahmen Dritter sowie der Ergebnisse einer Beweiserhebung);

7. die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Landesregierung;

8. die Vertraulichkeit des Austausches zwischen Landtag und Landesregierung;

9. die Interessen der informationspflichtigen Stellen im Wirtschaftsverkehr;

10. der Schutz von Informanten;

11. die Vertraulichkeit von leistungsbezogenen Daten einzelner öffentlicher Stellen (womit Schulen gemeint sind).

Liegt im konkreten Fall einer der genannten Belange vor, führt dies nicht etwa automatisch zum Ausschluss des beantragten Informationszugangs. Das Gesetz verlangt zusätzlich, dass dem Schutzgut eine „Gefahr“ droht; danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nur dann nicht, „soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen haben kann“ auf eines der genannten Schutzgüter. Demzufolge darf der Informationszugang im konkreten Fall nur insoweit versagt werden, wie es für den Schutz eines bestimmten öffentlichen Belangs erforderlich ist; dafür trägt die informationspflichtige Stelle die Darlegungslast (LT-Drs. 15/7720 S. 64).

Als besondere öffentliche Belange separat geschützt werden im Bundesrecht angeordnete Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten, Berufsgeheimnisse und besondere Amtsgeheimnisse sowie weitere durch Rechtsvorschriften vorgesehene Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten (§ 4 Abs. 2 LIFG BW).

c) Schutz privater Interessen
Amtliche Dokumente (Behördenakten) enthalten unzählige Informationen zu privaten Dritten. Das LIFG BW erklärt insoweit personenbezogene Daten, das geistige Eigentum sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für rechtlich relevant und formt entsprechende Ausschlusstatbestände als Informationsverweigerungsgründe aus. Die Schutzstandards fallen – überraschenderweise – unterschiedlich aus.

aa) Schutz personenbezogener Daten
Das Spannungsverhältnis zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz ist in einem ausgeklügelten System austariert. Für einige Konstellationen gilt der absolute Vorrang des Datenschutzes, in anderen Fallgestaltungen räumt das Gesetz der Informationsfreiheit einen relativen Vorrang ein, für nicht spezifisch geregelte Fälle gilt der relative Vorrang des Datenschutzes. Das gesetzliche Konzept präsentiert sich wie folgt:

  • Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit, eine Behinderung oder das Sexualleben hervorgehen, dürfen nur offenbart werden, wenn der Betroffene ausdrücklich eingewilligt hat (§ 5 Abs. 2 LIFG BW). Hintergrund dieser Bestimmung sind die Datenschutz-Richtlinie der Europäischen Union (Art. 8 RL 95/46/EG) und die UN-Behindertenrechtskonvention (Art. 22 Abs. 2).
  • Dem Informationszugang entzogen sind sodann personenbezogene Daten aus Unterlagen, soweit diese mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat Betroffener in Zusammenhang stehen (§ 5 Abs. 3 LIFG BW).
  • Demgegenüber ordnet das Gesetz dem Informationszugangsrecht in der Regel einen Vorrang zu, wenn sich die erbetenen Angaben auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Bürotelekommunikationsnummer beschränkt und Betroffene als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben haben; das Gleiche gilt für die entsprechenden Daten von Amtsträgern, soweit diese in amtlicher Funktion an einem solchen Vorgang mitgewirkt haben (§ 5 Abs. 4 LIFG BW).
  • In allen anderen Fällen ist der Zugang zu personenbezogenen Daten nur zu gewähren, soweit und solange ein Betroffener eingewilligt hat oder das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt (§ 5 Abs. 1 LIFG BW).

Die Praxis zur Parallelregelung des Bundes (§ 5 IFG) zeigt, dass das differenzierende System den konfligierenden Interessen Rechnung zu tragen vermag. Zur allgemeinen Abwägungsklausel nach § 5 Abs. 1 LIFG BW nennt die Gesetzesbegründung Beispiele für das ausnahmsweise Überwiegen des Informationsinteresses: Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder sonstiger schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte Einzelner (LT-Drs. 15/7720 S. 70).

Die praktische Bedeutung der Abwägungsklausel kann an einem Fallbeispiel zum Bundes-IFG aufgezeigt werden: Aus Anlass des 60. Geburtstags des – damaligen – Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG hatte die Bundeskanzlerin etwa 30 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Unterhaltung und Sport zu einem Abendessen in das Bundeskanzleramt eingeladen. Ein Antragsteller begehrte unter anderem Informationen zu den eingeladenen Gästen, die über ihre dienstlichen bzw. beruflichen Anschriften eingeladen worden waren. Soweit die Einwilligung der Betroffenen in die Offenbarung personenbezogener Daten verweigert wurde, lehnte das Bundeskanzleramt den Antrag aus Gründen des Datenschutzes ab. Die anschließende Klage war erfolgreich. Die Gerichte urteilten, im konkreten Fall überwiege das öffentliche Interesse am Informationszugang das private Interesse am Schutz der personenbezogenen Daten. Denn der Zweck des IFG (Herstellung von Transparenz im demokratischen Gemeinwesen) verlange z. B. die Offenlegung der Verflechtungen von Politik und Wirtschaft; demgegenüber seien die freiwillig anwesenden und in dienstlicher bzw. beruflicher Funktion eingeladenen Gäste nicht in der besonders geschützten Privat- oder Intimsphäre betroffen, sondern lediglich in der weniger geschützten Sozialsphäre (VG Berlin, ZD 2011, 94; bestätigt durch OVG Bln-Bbg, NVwZ 2012, 1196).

bb) Schutz des geistigen Eigentums
Zum Schutz des geistigen Eigentums mag ein knapper Hinweis genügen. Nach der Gesetzeslage besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit und solange der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht (§ 6 Satz 1 LIFG BW). Die Parallelbestimmung im Bundesrecht (§ 6 Satz 1 IFG) hat einen identischen Normgehalt. Dazu kann berichtet werden, dass es in der Praxis kaum Anwendungsfälle gibt. Ähnlich wird es sich vermutlich mit der landesgesetzlichen Regelung verhalten.

cc) Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
Zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist – in Anlehnung an das Bundesrecht (§ 6 Satz 2 IFG) – bestimmt, dass Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden darf, soweit und solange die betroffene Person eingewilligt hat (§ 6 Satz 2 LIFG BW). Juristisch bedeutet dies einen absoluten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im allgemeinen Informationsfreiheitsrecht des Landes. Der betroffenen Person wird gesetzlich eine Art Vetoposition eingeräumt.
Vom fachlichen Standpunkt aus betrachtet verdient die getroffene Regelung aus mehreren Gründen Kritik und Ablehnung. Die Praxis lehrt, dass betroffene Unternehmen geradezu reflexartig den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geltend machen, wenn sie seitens der informationspflichtigen Stelle mit der Frage nach der Einwilligung in den Informationszugang konfrontiert sind. Der Begriff „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ umfasst alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (BVerfGE 115, 205/230). Dabei sind Betriebsgeheimnisse dem technischen Bereich eines Unternehmens zuzuordnen, Geschäftsgeheimnisse betreffen den kaufmännischen Bereich.

Nach der erwähnten Begriffsbestimmung können auch Informationen zu rechtswidrigen Vorgängen im „Betrieb“ bzw. „Geschäft“ als Geheimnis geschützt sein (z. B. verbotene Kartellabsprachen, Bestechung, Steuerhinterziehung, Verstöße gegen Arbeitsschutz-, Gesundheits- oder Umweltvorschriften, Patentverletzungen, kriminelle Geschäftsmodelle). Moderne Informationsfreiheitsgesetze anderer Länder (Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein) ermöglichen den Informationszugang bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – abgesehen von der Einwilligung der betroffenen Person – auch dann, wenn das öffentliche Interesse an der Offenbarung der betreffenden Information überwiegt. Der Landesgesetzgeber hat die Forderung nach der Verankerung einer solchen Abwägungsklausel im Gesetz ausdrücklich abgelehnt und erklärt, das Kriterium des berechtigten Geheimhaltungsinteresses könne für angezeigte Korrekturen herangezogen werden; eine noch weitergehende Berücksichtigung des Informationsinteresses könne sich „negativ auf den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg auswirken“ (LT-Drs. 15/7720, S. 72).

Mit dieser Rhetorik bedient(e) sich die grün-rote Koalition eines Vokabulars, das Mitte der 1990er Jahre zur Legitimierung sog. Beschleunigungsgesetze vor allem im Umweltrecht bemüht worden ist, um „lästige“ Verfahrensrechte der Bürger in Genehmigungs- und Planungsverfahren abzubauen (z. B. BT-Drs. 13/3995 und BT-Drs. 13/3996). In der Sache ist bislang nicht bekannt geworden, dass die Aufdeckung illegaler Praktiken in Unternehmen mit Hilfe des Informationsfreiheitsrechts einem „Wirtschaftsstandort“ irgendwo in Deutschland geschadet hat. Im Umweltinformationsrecht bestimmt das Landesrecht, dem EU-Recht gehorchend, dass Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden dürfen, wenn Betroffene zugestimmt haben oder wenn das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 29 Abs. 1 S. 1 UmwVwG). Der Abwägungsvorbehalt ist dem Landesrecht also durchaus vertraut. Die praktische Bedeutung einer Abwägungsklausel kann anhand eines Beispielfalles aus dem Bundesrecht aufgezeigt werden: Die Herausgabe von Informationen zu Produktionsmethoden eines Betriebs hatte die in Anspruch genommene Aufsichtsbehörde unter Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens abgelehnt; das Bundesverwaltungsgericht erkannte, dass das Unternehmen viele Jahre lang ein unerlaubtes Produktionsverfahren eingesetzt hatte, so dass ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an uneingeschränkter Aktenkenntnis und der Aufdeckung etwaiger behördlicher Versäumnisse bestehe, mithin das öffentliche (und zugleich private) Interesse an der Information das Geheimhaltungsinteresse überwiege (BVerwG, NVwZ 2009, 1114). Unabhängig davon bietet das neue Recht einen merkwürdigen Wertungswiderspruch: Unternehmensgeheimnisse werden gesetzlich stärker geschützt als personenbezogene Daten; denn beim Datenschutz ist ein Abwägungsvorbehalt vorgesehen (§ 5 Abs. 1 LIFG BW).

3. Inhalt des Anspruchs

Liegen die Voraussetzungen des Anspruchs auf Zugang zu amtlichen Informationen vor und greift kein Ausschlusstatbestand (ganz oder teilweise, vgl. § 7 Abs. 4 LIFG BW) ein, kann die informationspflichtige Stelle Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen (§ 7 Abs. 5 S. 1 LIFG BW). Der Antragsteller hat ein Wahlrecht zur Art des Informationszugangs; davon darf nur aus wichtigem Grund abgewichen werden (§ 7 Abs. 5 S. 2 LIFG BW). Als wichtiger Grund gilt nach dem Gesetz insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand (§ 7 Abs. 5 S. 3 LIFG); zu denken ist etwa an den bürokratischen Aufwand für die Schwärzung oder sonstige Unkenntlichmachung schützenswerter Informationen. Anerkannt ist z. B., dass eine Behörde statt der Gewährung von Akteneinsicht Auskunft erteilen kann, wenn (nur) auf diese Weise der unabdingbare Schutz öffentlicher Belange oder privater Interessen Dritter gewährleistet werden kann.

IV. Verfahren des Infor­ma­ti­ons­zu­gangs

Der verfahrensrechtliche Teil des LIFG BW bietet Stoff für einen eigenen Vortrag. Dabei geht es mitunter um juristische Detailprobleme, die nur einem Fachpublikum zugemutet werden sollten. In diesem Rahmen ist auf drei Aspekte kurz hinzuweisen; sie betreffen ganz praktische Fragestellungen.

1. Verwaltungsverfahren (Antragsverfahren)

Abgesehen von einigen Veröffentlichungspflichten, denen von Amts wegen nachzukommen ist (§ 11 LIFG BW), erfolgt der Zugang zu amtlichen Informationen auf Antrag. Der Antrag muss erkennen lassen, zu welchen Informationen der Zugang gewünscht wird (§ 7 Abs. 2 S. 1 LIFG BW). Ist der Antrag zu unbestimmt, teilt die informationspflichtige Stelle dies mit und gibt Gelegenheit zur Präzisierung des Antrags (§ 7 Abs. 2 S. 2 LIFG BW). Wird der Aufforderung zur Präzisierung des Antrags Folge geleistet, beginnt der Lauf der Frist zur Beantwortung des Antrags erneut (§ 7 Abs. 2 S. 3 LIFG BW).

Der Antrag bedarf – wie bereits erwähnt – grundsätzlich keiner Begründung; berührt der Antrag jedoch Interessen Dritter (personenbezogene Daten, geistiges Eigentum, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse), soll er begründet werden und für die Anhörung des Dritten die Erklärung enthalten, inwieweit die Daten des Antragstellers an den Dritten weitergegeben werden dürfen (§ 7 Abs. 1 S. 3 LIFG); diese Informationen können für den Dritten bei seinen Überlegungen zur Erteilung (oder Versagung) der Einwilligung wichtig sein. Besteht das Recht auf Informationszugang, ist die begehrte Information unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Antragstellung, zugänglich zu machen (§ 7 Abs. 7 S. 1 LIFG). Für besonders gelagerte Fallgestaltungen ist die Möglichkeit der Fristverlängerung vorgesehen (§ 7 Abs. 7 S. 2 und 3 LIFG). Bei Ablehnung des Antrags ist mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist (§ 9 Abs. 2 LIFG BW).

2. Drittbeteiligung im Verwaltungsverfahren

Kann ein Drittbetroffener ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben, ist dem Dritten grundsätzlich (Ausnahme: § 8 Abs. 1 S. 3 LIFG BW) Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Erteilung der Einwilligung zu geben; es gilt eine Monatsfrist (§ 8 Abs. 1 S. 1 LIFG BW). Reagiert der Dritte nicht, gilt die Einwilligung als verweigert; die informationspflichtige Stelle hat zu entscheiden, ob das öffentliche Interesse an der Preisgabe der Information (ausnahmsweise) überwiegt (§ 8 Abs. 1 S. 2 LIFG BW).

Die Entscheidung über den Informationszugang ist dem betroffenen Dritten bekannt zu geben (§ 8 Abs. 2 S. 1 LIFG BW). Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung entweder unanfechtbar ist oder wenn bei sofortiger Vollziehung zwei Wochen verstrichen sind (§ 8 Abs. 2 S. 2 LIFG BW). Diese Frist gibt dem betroffenen Dritten die Möglichkeit, um Rechtsschutz nachzusuchen.

3. Kosten des Informationszugangs

Der Informationszugang ist nach keinem Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland prinzipiell kostenfrei. Vorgesehen ist die Erhebung von Gebühren und Auslagen. Kostenfragen berühren mitunter besonders sensible Punkte, und zwar auf beiden Seiten, also bei Behörden und bei Antragstellern. Dazu zwei Beispiele aus der Praxis:

  • Im Verbraucherinformationsrecht hat der SWR bei einer niedersächsischen Behörde einen Verwaltungsaufwand von über 50.000 Euro ausgelöst (Böhm/Lingenfelder/Voit, Endbericht „Anwendungserfahrungen mit dem Verbraucherinformationsrecht“, Mai 2010, S. 285). Im Verbraucherinformationsrecht sind „Globalanträge“, die erhebliche Verwaltungskosten verursachen, nicht selten. Inzwischen hat der Bundesgesetzgeber reagiert und angeordnet, dass grundsätzlich kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben werden; bis zu einem Verwaltungsaufwand von 250 Euro besteht allerdings Kostenfreiheit, bei der Aufdeckung von Rechtsverstößen sogar bis 1000 Euro (§ 7 Abs. 1 S. 1 und 2 VIG).
  • Im Geltungsbereich des Bundes-IFG hatten zwei Journalisten beim Bundesministerium des Innern (BMI) Informationen zur Sportförderung in Deutschland begehrt. Das BMI hat eine Aufspaltung des Antrags auf die bestehenden 66 Sportfachverbände vorgenommen und mit diesem „Trick“ Kosten i. H. v. etwa 14.000 Euro in Rechnung gestellt. Die Klage der beiden Journalisten war in erster und zweiter Instanz erfolgreich (VG Berlin, BeckRS 2014, 55386; OVG Bln-Bbg, BeckRS 2015, 43951). Hintergrund ist eine Bestimmung, nach der Gebühren auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands so zu bemessen sind, dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann (§ 10 Abs. 2 IFG).

In einer solchen Regelung kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass im Informationsfreiheitsrecht die abschreckende Wirkung von Kosten zu vermeiden ist. Die Behörden sollen das Sachrecht nicht durch die Erhebung horrender Kosten aushebeln können. Im Bundesrecht ist durch Verordnung sogar eine Kostendeckelung bei 500 Euro vorgenommen worden (§ 1 Abs. 1 IFGGebV i. V. m. Anlage Teil A).

Baden-Württemberg geht einen anderen Weg. Nach der maßgeblichen Grundnorm (§ 10 Abs. 1 LIFG BW) können Gebühren und Auslagen nach allgemeinem Gebührenrecht erhoben werden. Nach der Gesetzesbegründung geht es darum, „betriebswirtschaftliche Grundsätze verstärkt zur Geltung zu bringen“ (LT-Drs. 15/7720 S. 77). Davon gibt es eine inhaltliche Ausnahme und eine verfahrensrechtliche Einschränkung:

  • Informationspflichtige Stellen des Landes (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 LIFG BW) dürfen für den Informationszugang in einfachen Fällen keine Kosten erheben (§ 10 Abs. 3 S. 1 LIFG BW). Bei der Gebührenbemessung ist eine abschreckende Wirkung zu vermeiden (§ 10 Abs. 3 S. 2 LIFG BW). Außerdem sind Höchstsätze vorzusehen (§ 10 Abs. 3 S. 3 LIFG BW). Die Gesetzesbegründung weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Regelungen für die obersten Landesbehörden (z. B. Ministerien) und die Regierungspräsidien gelten, nicht aber für die unteren Verwaltungsbehörden in den Landkreisen (Landratsämter) und in den Stadtkreisen (LT-Drs. 15/7720, S. 79).
  • Für alle informationspflichtigen Stellen gilt eine Unterrichtungspflicht bei zu erwartenden Kosten von über 200 Euro; zu fragen ist auch nach der Weiterverfolgung des Antrags (§ 10 Abs. 2 S. 1 LIFG BW). Bei Schweigen des Antragstellers gilt der Antrag als zurückgenommen (§ 10 Abs. 2 S. 2 LIFG BW). Ohne vorherige Information darf die Kostenfestsetzung 200 Euro nicht übersteigen; unabhängig davon darf die Höhe der geschätzten und dem Antragsteller mitgeteilten Kosten bei der Kostenerhebung nicht überschritten werden (§ 10 Abs. 2 S. 4 LIFG BW).

Die Praxis in Ländern mit einem IFG zeigt, dass die meisten Anträge auf Informationszugang an Kommunen adressiert sind. Diesen wird in Baden-Württemberg nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers „die Möglichkeit zur vollen Kostendeckung für die Gewährung des Informationszugangs durch die Erhebung von Gebühren und Auslagen eingeräumt“ (LT-Drs. 15/7720, S. 78). Dass das Informationsfreiheitsrecht dadurch nicht gefördert wird, spielte bei der Gesetzgebung keine Rolle. Unter allen Umständen sollte vermieden werden, dass das Land den Kommunen einen Mehrbelastungsausgleich (Art. 71 Abs. 3 LV BW) zu gewähren hat (LT-Drs. 15/7720, S. 78). Ob es ggf. überhaupt um eine nennenswerte Summe ginge, ist nicht geklärt worden. Für Antragsteller bleibt zum eigenen Schutz der Weg, die informationspflichtige Stelle um eine Kostenschätzung zu bitten. Dann kann – ohne böse Überraschung am Ende des Verfahrens – geklärt werden, ob der Antrag auf Informationszugang trotz der in Aussicht stehenden Kosten weiterverfolgt wird oder nicht.

V. Schlussbemerkung

Informationsfreiheitsgesetze gibt es in Deutschland seit 1998. Die meisten dieser Gesetze sind evaluiert worden, und auch sonst sind reichhaltige Erfahrungen zum Gesetzesvollzug dokumentiert. Baden-Württemberg musste demnach im Informationsfreiheitsrecht das „Rad nicht neu erfinden“. Dass es endlich ein Landesgesetz gibt, ist zu begrüßen. In der Sache sind etliche restriktive Ausgestaltungen zu kritisieren, zumal die Gesetzesbegründung insoweit kaum überzeugt. Das betrifft etwa den eingeschränkten Anwendungsbereich des Gesetzes, die (abweichend vom Umweltinformationsrecht) zurückgenommene Antragsberechtigung, den absoluten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (ebenfalls in Divergenz zum Umweltinformationsrecht) und das nur begrenzt bürgerfreundlich geregelte Kostenrecht; auch zum Verfahrensrecht gibt es andernorts Bestimmungen im Interesse der Antragsteller (z. B. behördliche Beratungs- und Unterstützungspflichten), auf die in Baden-Württemberg verzichtet wird.

Fortan geht es zunächst darum, Erfahrungen mit dem Gesetzesvollzug zu gewinnen. Es gibt nun eine(n) Landesbeauftragte(n) für die Informationsfreiheit (§ 12 LIFG BW), der/die von Antragsberechtigten, betroffenen Dritten und informationspflichtigen Stellen angerufen werden kann; dadurch kann wichtiges Erfahrungswissen gesammelt werden. Nach einem Erfahrungszeitraum von fünf Jahren werden die Auswirkungen des Gesetzes ohnehin überprüft (Art. 3 des Gesetzes zur Einführung der Informationsfreiheit). Vielleicht gibt es danach die Chance, dass auch Baden-Württemberg ein modernes Transparenzgesetz erhält.

PROF. DR. FRIEDRICH SCHOCH   Jahrgang 1952, studierte Rechtswissenschaften in Mainz. Nach dem 2. Jurist. Staatsexamen (1976) promovierte er 1981     in Kiel mit einer Arbeit über „Das kommunale Vertretungsverbot“, die Habilitation zum Thema „Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht“ folgte 1987. 1988 wurde Schoch auf eine Professur an der Universität Münster berufen, seit 1992 hat er eine Professur für Öffentliches Recht an der Universität Freiburg inne. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen u.a. Verfassungsrecht, Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht sowie die Europäisierung des nationalen Rechts. Seit 1998 ist er Richter im Nebenamt beim VGH Baden-Württemberg und seit 2000 Mitglied im Forschungsverbund zur Erarbeitung eines Informationsgesetzbuchs.

* Vortrag am 28. April 2016 im Rahmen der Vortragsreihe TACHELES der Humanistischen Union Baden-Württemberg und des Instituts für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht, Freiburg, in Kooperation mit dem AkJ Freiburg.

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