„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Wie der Staat geläuterte Haftentlassene behandelt
Mitteilung Nr. 174, S. 53
Der Pakistani Waseem M. wurde wegen eines Drogendeliktes zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. 4 Jahre hatte er in der JVA Tegel Zeit, um nach- und umzudenken. Sein Sozialarbeiter unterstützte ihn wo immer er nur konnte und erreichte, dass nach 4 Jahren eine Verlegung in den Offenen Vollzug der JVA Düppel realisiert werden konnte. Auch dort fiel er durch sein Bemühen auf, nach der Haft straffrei leben zu wollen, auch dort half ihm seine Sozialarbeiterin sehr. Über 1 ½ Jahre arbeitete er als Koch und sparte ca. 8.000,- DM für einen Neuanfang, den er möglichst mit seiner deutschen Verlobten beginnen wollte.
Nach 6 Jahren Haft kam Waseem M. vorzeitig frei. Dass er laut Gesetz mit Abschiebung rechnen musste, wusste er. Bis zu dem Termin hoffte er, in Freiheit zu sein.
Am Tag der Entlassung stand die Ausländerbehörde vor der Anstalt und brachte ihn in den Abschiebe“gewahrsam“ nach Grünau. 8 Menschen aller Nationalitäten in einem Raum, Toilette auch in diesem Raum. Kein Kugelschreiber, keine Nagelschere erlaubt, die Rasierklinge sofort nach dem Gebrauch abgegeben, Armbanduhr verboten – auf dem Flur konnte man ja die Zeit ablesen. Von seinem gesparten Geld wurden täglich 100,- DM für Unterkunft und Verpflegung abgezogen…
Als ich ihn besuchte, konnten wir uns nicht berühren – Glasscheibe wie im Hochsicherheitstrakt. Alles schlimmer als Gefängnis.
Von 6 Jahren Haft zermürbt, stimmte Waseem M. der sofortigen Abschiebung zu, wohl auch, um ein bisschen von dem hart ersparten Geld zu retten. Am 29.11.2000, dem Tag der Abschiebung, erhielt er 1.200,- DM, das ist die gesetzlich auszuhändigende Rücklage aus der Haftzeit – der Rest wurde „verwahrt“ ohne Begründung. Ein Anruf bei der Ausländerbehörde ergab, sein Rechtsanwalt solle sich mit dieser in Verbindung setzten.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir sind ein ausländer-freundliches Land. Helga Engel