Themen / Informationsfreiheit

Infor­ma­ti­ons­frei­heit statt Amtsge­heim­nis. Verwal­tungs­mo­der­ni­sie­rung darf sich nicht auf den Einsatz von Computern beschränken

17. Juni 2003

Im Koalitionsvertrag für die letzte Legislaturperiode und im aktuellen Koalitionsvertrag versprechen die Regierungsparteien die Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesebene. Die HUMANISTISCHE UNION fordert die Bundesregierung auf, ihr Versprechen endlich einzulösen.

Resolution der Humanistischen Union vom 17.06.2003.

Im Koalitionsvertrag für die letzte Legislaturperiode und im aktuellen Koalitionsvertrag versprechen die Regierungsparteien die Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesebene. Die HUMANISTISCHE UNION fordert die Bundesregierung auf, ihr Versprechen endlich einzulösen.

Die Bundesregierung darf sich jedoch nicht mit der Verabschiedung eines symbolischen Informationsfreiheitsgesetzes aus der Verantwortung stehlen. Der vorliegende Gesetzesentwurf bedarf dazu gründlicher Überarbeitung, weil er international etablierte Standards für Informationsfreiheitsgesetze nicht erfüllt. Exemplarisch verweist die HUMANISTISCHE UNION auf die gröbsten Mängel dieses Entwurfes:

  • Es fehlen Fristen für die Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht. Informationen werden oft kurzfristig benötigt. Der Gesetzgeber sollte die betroffenen Stellen durch entsprechend kurze Fristsetzungen zur zügigen Bearbeitung der Anträge verpflichten.
  • Die Ausnahmetatbestände sind zu weit formuliert. Informationsverweigerungen müssen auf Fälle beschränkst bleiben, in welchen durch die Herausgabe von Informationen ein klar benennbarer Schaden entsteht. Zur Begründung einer endgültigen Informationsverweigerung muss der antizipierte Schaden gegen das öffentliche Interesse an der Zugänglichkeit der umstrittenen Information abgewogen werden
  • Insbesondere beim Schutz eines Beratungsgeheimnisses (Ermöglichung offener interner Diskussion) gilt es enge Grenzen zu ziehen. Der Anspruch auf solch eine Vertraulichkeit steht in direktem Spannungsverhältnis zum grundsätzlichen Anliegen von Informationsfreiheitsgesetzen, Verwaltungshandeln und die ihm zugrunde liegenden Entscheidungsprozesse sichtbar zu machen.
  • IFG müssen bürgerfreundlich sein. Das schließt ein, dass Anträge, die an die „falsche“ Stelle gerichtet werden, von dieser zügig an die richtige weitergeleitet werden. Dieser „Service“ sollte auch gesetzlich garantiert werden.
  • Die Kosten für die Antragsteller müssen so gering wie möglich gehalten werden. Die vorgeschlagene Übernahme der für das Umweltinformationsgesetz geltenden Gebührenordnung wird diesem Anliegen nicht gerecht.

Bei der Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz geht es nicht nur um eine Beschränkung des vielgescholtenen Amtsgeheimnisses und der mit ihm verbundenen Kultur intransparenten Verwaltungshandels. Es geht auch um die Eigentumsrechte an den Informationen im Besitz öffentlicher oder öffentlich kontrollierter Stellen. Die Bürger eines Staates dürfen nicht dazu gezwungen werden, die Informationen im Besitz öffentlicher Stellen ein zweites Mal bezahlen zu müssen, weil diese Informationen kommerzialisiert werden sollen. Diese Kommerzialisierung darf nur unter dem Vorbehalt möglich sein, dass diese Informationen weiterhin über Informationsfreiheitsgesetz zugänglich gemacht – besser elektronisch publiziert werden, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt. Publikationspflichten, die dies sicher stellen, fehlen im vorliegenden Entwurf.Die Erfahrungen in den Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetzen haben gezeigt, dass Bedenken bezüglich hoher Antragszahlen und damit einhergehender Kostenbelastung für die Verwaltung unbegründet waren. Das räumt das Bundesinnenministerium selbst ein.Ein Blick ins Ausland zeigt: Deutschland hinkt beim Thema Informationsfreiheit der demokratischen Entwicklung weit hinterher. Innerhalb der EU teilt sich Deutschland mit Luxemburg die Ehre, kein Informationsfreiheitsgesetz auf nationaler Ebene zu haben. Alle anderen Industriestaaten verfügen über entsprechende Gesetze. Weltweit nimmt die Anzahl der Staaten ohne Informationsfreiheitsgesetz stetig ab. Das Fehlen solch eines Gesetzes in Deutschland wird damit immer unerklärlicher.Rückfragen zu diesem Thema beantwortet:Dr. Christoph Bruch, Tel. (030) 32 10 32 82, bruch@humanistische-union.de

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