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Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz: Schritt zu mehr Transparenz war überfällig

03. Juni 2005

Aktionsbündnis begrüßt neues Recht auf Akteneinsicht. Gemeinsame Pressemitteilung von Netzwerk Recherche, Deutscher Journalisten-Verband (DJV), Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju), Humanistische Union und Transparency Deutschland

Der heutige Beschluss des Deutschen Bundestages, ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene einzuführen, wird von einem Bündnis von Journalisten- und Bürgerrechtsgruppen begrüßt. Die Journalistenorganisationen Netzwerk Recherche, Deutscher Journalisten-Verband (DJV) und Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju), die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Deutschland sowie die Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union bezeichneten diese Entscheidung als notwendig und überfällig. „Als einer der letzten Staaten in der Europäischen Union hat Deutschland endlich diese Reform gewagt und damit den obrigkeitsstaatlichen Zopf des Amtsgeheimnisses abgeschnitten“, kommentierte der DJV-Vorsitzende Michael Konken die Entscheidung. „Wir sind erleichtert, dass dieses wichtige Transparenzgesetz noch in der verkürzten Legislaturperiode verabschiedet worden ist.“

Das IFG führt für die öffentlichen Stellen des Bundes ein allgemeines Informationszugangsrecht ein. Jeder Bürger kann danach Einsicht in Verwaltungsakten nehmen oder Kopien dieser Unterlagen beantragen. Eine persönliche Betroffenheit oder eine Antragsbegründung sind nicht erforderlich. Vielmehr ist die Behörde in der Begründungspflicht, falls sie glaubt, die begehrten Informationen aufgrund von Ausnahmeklauseln (z.B. Datenschutz oder Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) nicht freigeben zu können.

„Wir begrüßen dieses neue Bürgerrecht, das auch die journalistische Recherche erleichtert. Es ist ein Demokratie-Gewinn für die Bürger und bringt einen Einfluss-Verlust für die Bürokraten in den Verwaltungen. Allerdings hätten wir uns ein mutigeres Gesetz gewünscht“, bewertete Dr. Manfred Redelfs vom Netzwerk Recherche die Reform. „Die vielen Ausnahmeregeln zeigen, wie erbittert der Widerstand aus der Verwaltung gewesen ist.“ Auf Druck der Ministerialbürokratie sind zum Schutz öffentlicher Belange etliche Klauseln in das Gesetz aufgenommen worden, die eine Informationsverweigerung zulassen, etwa bei fiskalischen Belangen oder zum Schutz der öffentlichen Sicherheit. Zuletzt war das IFG Mitte Mai kurzfristig auf Druck der Krankenkassen wieder von der Tagesordnung des Bundestages heruntergenommen worden. Die neue Vorlage wurde im Sinne der Kassen geändert.

Als wichtiges Instrument der Korruptionsprävention lobte Transparency Deutschland das neue Gesetz: „Wer mit öffentlicher Kontrolle rechnen muss, wird vor Machtmissbrauch eher zurückschrecken. Es ist deshalb wichtig, das Gesetz jetzt bekannt zu machen und für seine Nutzung zu werben“, so Dr. Hansjörg Elshorst, Vorsitzender der deutschen Sektion von Transparency International.

„Das Informationsfreiheitsgesetz schafft endlich die Voraussetzungen dafür, dass die Bürger der Verwaltung auf gleicher Augenhöhe begegnen können“, so das Fazit von Dr. Christoph Bruch von der Humanistischen Union. Kritisch bewertete er allerdings die Gestaltung der Antwortfristen: „Mit der Einführung einer „Soll-Bestimmung“ statt verbindlicher Fristen besteht die Gefahr, dass eine kooperationsunwillige Verwaltung die Antwort auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt.“ Bruch verwies darauf, dass die Informationsfreiheit in vielen anderen Ländern sogar Verfassungsrang hat, während Deutschland sich selbst mit einer einfachgesetzlichen Regelung schwer getan habe.

Frühere Versuche, ein IFG einzuführen, waren stets am Widerstand der Verwaltung gescheitert, obwohl das Reformprojekt 1998 und erneut 2002 in die Koalitionsvereinbarungen aufgenommen worden war. Daraufhin hatte das Aktionsbündnis aus Netzwerk Recherche, DJV, dju, Transparency International und Humanistischer Union im April 2004 einen eigenen Gesetzentwurf an Bundestagspräsident Thierse übergeben und an alle Abgeordneten verschickt. „Offenbar war es nötig, den Gesetzgebungsprozess durch Druck aus der Zivilgesellschaft zu befördern“, so Ulrike Maercks-Franzen, Geschäftsführerin der dju.

Das Informationsfreiheitsgesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Da die FDP signalisiert hat, sich der Stimme zu enthalten, ist derzeit davon auszugehen, dass der Bundesrat auch keinen Widerspruch gegen das Gesetz einlegen wird.

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