Innenpolitiker der Länder lehnen Task Force zur Kontrolle ihrer Inlandsgeheimdienste ab
Abgeordnete der Innenausschüsse und Innenminister der Länder reagieren auf Briefe von Mitgliedern der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union / Mehrzahl lehnt umfassende Prüfungen der Personendaten in den Landesämtern für Verfassungsschutz ab
Abgeordnete der Innenausschüsse und Innenminister der Länder haben in elf Bundesländern auf Briefe von Mitgliedern der Humanistischen Union reagiert. Die Bürgerrechtler forderten die Innenpolitiker dazu auf, unabhängige Kommissionen mit der Prüfung der Personendaten in den Landesämtern für Verfassungsschutz zu betrauen. Darüber hinaus sollte eine regelmäßige, unabhängige und externe Kontrolle der beim Verfassungsschutz gespeicherten Daten gewährleistet sein. Hintergrund der Forderungen sind die Ergebnisse einer „Task Force“ in Niedersachsen. Sie fand beim niedersächsischen Geheimdienst rund 3.500 illegal gespeicherte Personendaten.
Die meisten Entscheidungsträger weisen die Notwendigkeit einer Task Force in ihrem Bundesland von sich. In Bayern, Rheinland-Pfalz (RLP), Nordrhein-Westfalen (NRW), Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Hamburg sei nach der Aussage von Innenministerien oder Innenpolitikern die Kontrolle durch eine unabhängige Kommission nicht nötig. Als Gründe werden eine klare Gesetzeslage und eine funktionierende Kontrolle genannt. Damit erfüllen sie die Forderung der Bürgerrechtler nach einer regelmäßigen unabhängigen und externen Datenkontrolle sowie nach einer Darstellung der Ergebnisse in öffentlichen Berichten nicht.
„Das ist eine Bankrotterklärung der Innenpolitiker und eine Verweigerung ihrer parlamentarischen und verwaltungsmäßigen Kontrollpflicht,“ empört sich der frühere Bundesvorsitzende der Humanistischen Union, Rechtsanwalt Dr. Till Müller-Heidelberg. „Denn selbstverständlich gab es auch in Niedersachsen eine klare Gesetzeslage und eine vermeintlich funktionierende Kontrolle. Nur zum Entsetzen auch des bis dahin gutgläubigen niedersächsischen Innenministers zeigte sich, dass die ‚klare Gesetzeslage und funktionierende Kontrolle‘ eben nicht verhindert hatten, dass 40 Prozent der gespeicherten Personendatensätze illegal gespeichert waren.“
Eine Task Force zur umfassenden Prüfung aller personenbezogenen Daten beim Landesamt für Verfassungsschutz können sich Innenpolitiker der LINKEN in Sachsen (Rico Gebhardt) und Mecklenburg-Vorpommern (Peter Ritter) sowie der SPD in Sachsen (Sabine Friedel) vorstellen. Der bayerische SPD-Abgeordnete Prof. Dr. Peter Paul Gantzer „hätte im Sinne der Transparenz nichts dagegen, wenn auch in Bayern eine Task Force tätig werden würde.“
Die Innenministerien von Brandenburg und Sachsen-Anhalt legen den Bürgern nahe, eine unabhängige Kontrolle selbst wahrzunehmen, indem sie Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten verlangen. Abgeordnete der Grünen in NRW wären über Hinweise zu illegal gespeicherten Fällen dankbar. Astrid Goltz meint dazu: „Hier tritt der Staat seine Pflicht zum Datenschutz und zur Kontrolle der Geheimdienste an die Bürger ab. Aber wenn die Kontrolleure zum Jagen getragen werden wollen, werden wir eben nachhelfen: Ab jetzt werden wir aktuelle Fälle widerrechtlicher Speicherungen sammeln und sie den Kontrollgremien vorlegen. Außerdem werden wir der Aufforderung der Innenministerien folgen und bei den Geheimdiensten nachfragen, ob sie unsere Daten gespeichert haben.“
Brief an die Innenpolitiker: http://www.verfassung-schuetzen.de/aktiv-werden/briefaktion/
Antworten: http://www.verfassung-schuetzen.de/geheimdienstkontrolle-nicht-notig-bayern-nrw-und-berlin-antworten-auf-unsere-briefe/, [2. Blogeintrag]
Pressekontakt:
Astrid Goltz, Campaignerin Humanistische Union, kampagne@humanistische-union.de, Tel.: 030-20450256, mobil: 0152-56111704