NGOs stellen eigenen Gesetzentwurf zur Informationsfreiheit vor
Gemeinsame Pressemitteilung von Humanistischer Union, Deutscher Journalisten-Verband, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Netzwerk Recherche und Transparency International
„Mit der Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes würde Deutschland den Anschluss an die demokratische Entwicklung innerhalb der EU endlich wieder herstellen.“ So erläuterte Dr. Christoph Bruch von der Humanistischen Union die Bedeutung eines Gesetzentwurfs, der am heutigen Freitag vor dem Reichstagsgebäude in Berlin von Vertretern der Humanistischen Union, Transparency International (Deutsches Chapter), netzwerk recherche, des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) und der Deutschen Journalisten-Union (dju) in ver.di an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übergeben wurde. Die fünf Organisationen hatten sich im vergangenen Jahr zusammengetan und den Gesetzentwurf ausgearbeitet, der eine Informationspflicht staatlicher Stellen einführt.
„In Deutschland gibt es zwar eine Auskunftspflicht der Behörden gegenüber den Medien. Doch aus der Pflicht ist längst eine Ausnahme geworden“, beschrieb Dr. Thomas Leif, Vorsitzender von netzwerk recherche, die bisherige Situation. „Was Behörden und Ministerien nicht passt, bleibt Amtsgeheimnis. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz werden die Blockaden der Bürokratie gelockert.“
Der Anspruch auf Zugang zu Informationen steht nun nach dem Gesetzentwurf jeder Person als so genanntes subjektives Recht zu und wird damit viel weiter gefasst, als dies bisher der Fall war. Insbesondere sind der Nachweis eines Interesses oder eine sonstige Begründung, die bisher für spezielle Informationsansprüche notwendig waren, nicht mehr erforderlich. Nach dem Entwurf der fünf Organisationen müssen staatliche Stellen vielmehr begründen, warum sie den Zugang zu Informationen verweigern. „Die Beweislast würde also zugunsten der Bürger und der Medien umgekehrt. Die Demokratie wird durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten gestärkt“, erläuterte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken den positiven Effekt des Informationsfreiheitsgesetzes. „Ein solches Gesetz ist ein wichtiges Anliegen des DJV, denn es schafft eine Transparenz im häufig undurchsichtigen staatlichen Bereich, die den Journalisten die Erfüllung ihres Informationsauftrags erleichtert und in manchen Fällen, zum Beispiel durch legale Akteneinsicht, sogar erst ermöglicht.“
Ausnahmen von dieser weit reichenden Informationspflicht finden sich im Gesetzentwurf hinsichtlich besonderer öffentlicher Interessen wie dem Schutz polizeilicher Ermittlungen und schützenswerter privater Rechte, insbesondere personenbezogener Daten. Die Ausnahmen sind allerdings eng begrenzt und genau bestimmt. Und selbst wenn Informationen teilweise unzugänglich sein sollten, müssen Restinformationen stets zugänglich bleiben.
„Demokratie, die auf Bürgerbeteiligung basiert, erfordert eine umfassende Information der Öffentlichkeit“, so Helmut Platow, Leiter der Rechtspolitischen Grundsatzabteilung beim ver.di-Bundesvorstand. „Das Gesetz würde Rechtssicherheit herstellen, der Interessenkonflikt zwischen Informationspflicht und Amtsgeheimnis würde zugunsten der Informationsfreiheit entschieden und die demokratische Willensbildung gefördert.“
Hansjörg Elshorst, Vorsitzender von Transparency International, ergänzte: „Eine Ausweitung der Informationsfreiheit wird auch dazu beitragen, dass Korruption und Ämterpatronage leichter aufgedeckt oder von vornherein verhindert werden können. Es ist wünschenswert, dass die Vorschläge zugunsten einer größeren Transparenz des staatlichen Geschehens so schnell wie möglich umgesetzt werden. Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber den Bürgern werden gesteigert, Korruption wird schon im Ansatz verhindert. Deshalb hoffen wir, dass der Deutsche Bundestag so bald wie möglich ein modernes und weit reichendes Informationsfreiheitsgesetz beschließt.“
weiterführende Informationen:
Gesetzentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz (PDF-Ausgabe)