Beitragsbild Niedersachsen: Reformationstag denkbar ungeeignet für religionsübergreifenden Feiertag
Themen / Rechtspolitik / Rechtspolitische Gutachten

Nieder­sach­sen: Refor­ma­ti­onstag denkbar ungeeignet für religi­ons­über­grei­fenden Feiertag

24. März 2018

Auf Vorschlag der SPD/CDU-Landesregierung soll der Reformationstag (31. Oktober) in Niedersachsen ein neuer Feiertag werden. Einen entsprechenden Referentenentwurf zur Änderung des Landes-Feiertagsgesetzes legte das Innenministerium Anfang März vor. Für die Humanistische Union nahm Johann-Albrecht Haupt am 24. März 2018 dazu Stellung. Er begründet, warum der Reformationstag weder aus Sicht der Religionsfreien noch aus Sicht der meisten religiösen Menschen ein geeigneter Feiertag sei, um den interreligiösen Dialog zu befördern.

Niedersachsen: Reformationstag denkbar ungeeignet für religionsübergreifenden Feiertag

Die HU kritisiert, dass sich die Landesregierung vorschnell und ohne Berücksichtigung der Interessen anderer Religionsgruppen bzw. der religionsfreien Bevölkerung auf den Reformationstag festgelegt habe. Sowohl das Verfahren wie der Inhalt des Vorschlags verstoßen gegen die gebotene staatliche Neutralität in Religionsfragen.

Die Begründung, warum ausgerechnet der Reformationstag als neuer gesetzlicher Feiertag ausgewählt wurde, sei zudem nicht überzeugend: Angesichts des abnehmenden Anteils protestantischer Einwohner/innen (aktuell: ca. 45%) könne nicht mehr von einer protestantischen Prägung des Landes gesprochen werden. Zudem sind von den neun bisher bestehenden Feiertagen bereits sechs christlicher Prägung. Warum ausgerechnet ein weiterer, siebenter christlicher Feiertag das Bewusstsein für die christliche Prägung des Landes im Allgemeinen und die Bedeutung der Reformation im Besonderen verstärken soll, ist deshalb wenig plausibel: „Nach unseren Beobachtungen ist der spezifische Charakter dieser religiösen Feiertage im überwiegenden Teil Bevölkerung häufig nicht bekannt, jedenfalls aber kaum verhaltensbestimmend.“ (S. 2)

Hinzu komme, dass der Reformationstag gerade nicht jenen religionsübergreifenden Charakter besitze, den der Gesetzentwurf behaupte. Er sei deshalb für einen interreligiösen Dialog denkbar ungeeignet: „Beim Reformationstag handelt es sich um einen eminent evangelisch-lutherischen Feiertag: um das Ereignis der konfessionellen Spaltung des Christentums, um den Tag, an welchem seitdem symbolhaft das protestantische Kampflied „Ein feste Burg ist unser Gott“ gegen die andersgläubigen „Papisten“ seinen festen Platz hatte und noch immer hat.“ (S. 3)

Die Stellungnahme benennt schließlich auch den weiteren Reformbedarf im Feiertagsgesetz: Das Gesetz schreibt nämlich für religiös bestimmte Feiertage Verhaltensregeln (wie z.B. Tanzverbote) vor, die weder der weltanschaulichen Heterogenität der Gesellschaft noch der Lebenswirklichkeit entsprechen. „Es ist den nicht-religiösen, vermutlich auch vielen religionsangehörigen Bürgerinnen und Bürgern auch nicht vermittelbar, warum selbst Veranstaltungen und öffentliche Versammlungen, welche Gottesdienste und religiöse Feiern nicht stören, an Sonntagen und anderen gesetzlichen religiösen Feiertagen zwischen 7 und 11 Uhr verboten oder zulassungspflichtig sind, wie dies § 5 Abs. 1 Buchst. a) und b) des Gesetzes vorsieht.“ (S. 4)

Johann-Albrecht Haupt: Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Niedersächsischen Feiertagsgesetzes v. 24.3.2018

Dateien

nach oben