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Schilys Vorschlag zum Versamm­lungs­recht weist in die falsche Richtung

15. Februar 2005

Bürgerrechtsgruppen in Deutschland zeigen sich besorgt über den leichtfertigen Umgang mit elementaren Grundrechten. Gemeinsame Presseerklärung der Humanistischen Union und der Gustav Heinemann-Initiative

Der Entwurf zur Verschärfung des Versammlungs- und des Strafrechts, der jetzt in einem hektischen Schnellverfahren durchgezogen werden soll, geht nach Ansicht der Humanistischen Union und der Gustav Heinemann-Initiative in die falsche Richtung. Der Eingriff in das elementare Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist nicht zu rechtfertigen. Eine Demokratie muss lernen, sich mit unappetitlichen und empörenden Äußerungen politisch auseinander zu setzen. Für die Aktivitäten der Neonazis genügen die bestehenden Bestimmungen im Versammlungs- und Strafrecht.

Die stellvertretende Vorsitzende der Humanistischen Union, Prof. Dr. Rosemarie Will, befürchtet: „Sollte das Gesetz in Karlsruhe überprüft werden – und davon gehe ich aus – werden die Neonazis wieder etwas zu feiern haben. Ich glaube, dass sie wegen der geplanten Änderung im Versammlungsrecht einen guten Grund finden werden, unserem Innenminister nach seinem Reinfall mit dem NPD-Verbot erneut auf der Nase herumzutanzen. Bei Rechtsänderungen, die so elementare Grundrechte wie das der Demonstrationsfreiheit betreffen, ist höchste Vorsicht angezeigt. Mit gutem Grund hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Brokdorf- Urteil die Versammlungsfreiheit auf eine Stufe mit der Meinungsfreiheit gestellt, die es zu den unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens zählt. Karlsruhe stellt besonders hohe Anforderungen, wenn es um die Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen in die Versammlungs- und Meinungsfreiheit geht.“

Neben dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, Eckart Hien, hat auch der Innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, seine Bedenken gegen den Vorschlag von Bundesinnenminister Schily und Bundesjustizministerin Zypries geäußert. Die Humanistische Union und die Gustav Heinemann-Initiative schließen sich diesen Bedenken an.

Der Beauftragte der Gustav Heinemann-Initiative, Sebastian Müller, stellt daher ebenfalls fest: „Eine Demonstration vorbei am Holocaust-Mahnmal am 60. Jahrestag zur Befreiung vom Nationalsozialismus durch Neonazis erfüllt schon jetzt den Tatbestand der Volksverhetzung und könnte daher auch ohne ein neues Gesetz verboten werden. Die Bundesregierung sollte ihr Hauptaugenmerk auf die politische Bekämpfung des Rechtsradikalismus durch Aufklärung und Prävention vor allem in den Schulen legen und nicht durch eine Gesetzesverschärfung Aktionismus vortäuschen.“

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