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Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­netz wird Fahndungs­netz. Verbin­dungs­daten im Visier der Ermittler

07. Dezember 2001

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag im Schlepptau der „Sicherheitspakete“ ein Gesetz mit dem harmlosen Titel „Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung“ beschlossen.

In dem Gesetz geht es um Auskünfte über Telekommunikations (TK)-Verbindungsdaten an Strafverfolgungsbehörden. Rechtsgrundlage war bisher § 12 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (FAG) aus dem Jahre 1928. Damals gab es weder Mobilfunk noch ein digitalisiertes TK-Netz, das erst die Speicherung von Verbindungsdaten ermöglicht.

Durch das neue Gesetz werden eine Reihe von rechtlich höchst umstrittenen Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis legalisiert, so zum Beispiel: Zielwahlsuche. Bei der sogenannten Zielwahlsuche werden die Verbindungsdaten (zum Beispiel Rufnummern) der ankommenden Gespräche, Telefaxe, E-mails, und so weiter für den TK-Anschluss eines Verdächtigen erfasst. Diese Verbindungsdaten werden von den TK-Anbietern (Telekom, Arcor etc.) nicht gespeichert, weil sie zum Beispiel für die Entgeltberechnung oder für einen Einzelverbindungs-nachweis gar nicht erforderlich sind. Sie müssen aufgrund richterlicher oder staatsanwaltschaftlicher Anordnung in einem zeitaufwendigen Suchverfahren aus circa 450 Mio. Datensätzen herausgefiltert werden.

Betroffen sind alle Anrufer eines „verdächtigen“ Anschlusses. Es geraten daher auch völlig Unverdächtige in eine Art Rasterfahndung. Die Identifizierung des Anschlussinhabers anhand der erfassten Verbindungsdaten ist aufgrund von weiteren Bestimmungen im Telekommunikationsgesetz (TKG) ohne weiteres möglich.

Funkzellenabfrage

Bei der sogenannten Funkzellenabfrage werden die Verbindungsdaten der gesamten Telekommunikation innerhalb eines „räumlich und zeitlich hinreichend bestimmten“ Gebiets erfasst. Der Kreis der Unverdächtigen ist bei dieser Ermittlungsmethode noch weit größer: Praktisch wird die gesamte telefonierende Bevölkerung eines im Gesetz nur vage bestimmten Gebiets zeitweilig unter Generalverdacht gestellt und einer Rasterfahndung ausgesetzt.

In einer ausführlichen Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf erinnert die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) daran, dass das TK-Netz der vertraulichen, durch das Grundgesetz geschützten Übermittlung von Gesprächen, Texten und Daten dient. „Es ist kein Fahndungsnetz der Sicherheitsbehörden“, heißt es in der HU-Stellungnahme.

Die HU beanstandet ferner, dass in dem Gesetz keinerlei Regelungen zur Erfolgskontrolle der angeordneten Maßnahmen enthalten sind. Über den Umfang der Auskunftserteilung über Verbindungsdaten gibt es bisher – anders als bei der Telefonüberwachung – nicht einmal statistische Zahlen.

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