Anmerkungen
aus: ders., Zur religiösen Legitimation der Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1991, S. 49-61
- Diese Stelle ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil sie zeigt, wie wenig Tertullian die Wiederkunft des Auferstandenen herbeiwünscht. Die eschatologische Endzeit wird eher gefürchtet denn erhofft.
- Unter vielen anderen Stellen: Von weltlicher Obrigkeit, 1523: WA XI, 257; Der 82. Psalm, ausgelegt 1530: WA XXXI 1, 192; Magnificat 1521, WA VII, 603: Wider die räuberischen…. Rotten der Bauern 1525: WA XVIII, 360.
- Der 82. Psalm: WA XXXI 1, 196, 16; selbst beim (erlaubten) Widerstand gegen den (gottlosen) Tyrannen muss die Befehlsgewalt der Obrigkeit als solche anerkannt werden: Zahllose Nachweise bei: J. Heckel, 1973, 241; Wider Hans Worst 1541: WA LI, 557).
- WA Ti IV Nr. 4342; WA XXXIX 2, 77,3.
- Dementsprechend schreibt Kardinal Ottaviani (von 1965 – 1968 Chef der obersten Glaubensbehörde der römischen Kirche): „Du sagst vielleicht, die katholische Kirche messe mit zweierlei Maß und Gewicht. Denn wo sie herrscht, will sie die Rechte der Andersgläubigen einschränken, wo sie aber in der Minderheit ist, will sie die gleichen Rechte haben wie die anderen. Darauf ist zu antworten: In der Tat, mit zweierlei Maß und Gewicht ist zu messen, das eine für die Wahrheit, das andere für den Irrtum.“ (Institutiones iuris publici ecclesiastici II: Ecclesia et status Rom 41960, 72f.. Vgl. zum Ganzen: Neumann, 1987, 71-83).
- „Diese neuen staatlichen Maßnahmen… treffen in vielen
Punkten mit den kirchlichen Vorschriften und Bestrebungen zusammen dass es der katholische Klerus als seine Berufs- und Gewissenspflicht ansieht, mitzuarbeiten, damit das große Werk mit Gottes Hilfe gelinge.“ (484). Damit wird bestätigt, dass nationalsozialistische und katholischkirchliche Ideologie miteinander nicht nur korrespondieren, sondern kongenial sind: Beide sind totalitär (nicht nur autoritär) und um ihrer Dogmen willen menschenverachtend. So schrieb E.R. v. Kienitz (1937, 27): „Durch die Beschlüsse des Trienter Konzils wurde der kirchliche Führergedanke für alle Stufen der Hierarchie wieder ganz stark betont.“ - Als Kardinal Faulhaber bereits kurz nach Abschluss des Reichskonkordats erkennen musste, dass die Nationalsozialisten die katholischen Positionen konsequent angriffen, hielt er seine „theologischen Adventspredigten über das Alte und Neue Testament“ (vgl. Anm. 12). Von diesen Adventspredigten konnten trotz staatlicher Pressionen weit mehr als 150 000 Exemplare verkauft werden. Wenn in dieser Situation die deutschen evangelischen wie katholischen Kirchenführer und der Vatikan mit einer Stimme der Menschlichkeit gesprochen hätten, wäre vielleicht eine „Wende“ noch möglich gewesen. Doch dem Kardinal ging es gar nicht wie Himmlers Sicherheitssamt fälschlich annahm – um einen „grundsätzlichen oppositionellen Kurs… “ (Scholder 1977, 661). Scholder verweist in diesem Zusammenhang auf das unwürdige Lavieren des heiligen Stuhles wie der deutschen Bischöfe und stellt dazu fest: „Diese Politik war ein Irrtum. Aber sie war nicht ein Irrtum des heiligen Stuhles. Sie war der Irrtum Europas“, er geht damit an dem Kern des Problems vorbei: Das Dilemma – auch der evangelischen Christen – war selbstgemacht: hätte man nicht anfangs die „Bewahrer deutscher Sitte“ und die sinnverwandten Hüter des positiven Christentums hofiert, hätte man nicht vom Herbst 1933 an zu lamentieren brauchen (1977, 662).
- E.R. v. Kienitz (33) nennt nicht nur die „ständische Gliederung“ ein „fundamentales Verfassungsprinzip der katholischen
Kirche“. „Nach göttlichem Recht sind Klerus und Laien scharf voneinander geschieden als Stand der Führung…. und Stand der Gefolgschaft.“ Die katholische Kirche ist also die Kirche des „besonderen Priestertums“ und muss, „da ihr das ständefeindliche Prinzip der liberalen Demokratien durchaus fremd ist, als eine ‚ungleiche Gemeinschaft‘ bezeichnet werden… Diese Ordnungen sind derartig voneinander getrennt, dass allein die Hierarchie das Recht und die Vollmacht hat…“ – „die Pflicht der Menge aber ist es, sich regieren zu lassen und der Führung der Leiter gehorsam zu folgen (Pius X., Enzyklika ‚vehementer‘ vom 11.2.190G)“. Kienitz gibt auch ohne jeden Anflug von Scham zu, dass „das Schwert der deutschen Markgrafen und Deutschordensritter… der Kirche den Weg in den deutschen Osten gebahnt“ habe; “ Das Schwert der Konquistadoren hat schließlich Lateinamerika… der katholischen Kirche unterworfen“.
„Aus der Eigenart dieser kirchlichen Liebesgesinnung löst sich das scheinbare Paradox, dass die Kirche große Inquisitoren, einen heiligen Petrus Martyr, Pedro Arbues, Papst Pius V. zur Ehre der Altäre erhoben hat und damit Lehramtlich festgestellt, dass diesen Männern nicht nur eine vorbildliche Glaubensfestigkeit, sondern auch eine heldenmütige Liebe eigen war“ . Diese „heldenmütige Liebe“ hat Hunderttausenden von Menschen Qual und Tod, ihren Familien Verbannung, Leid und Armut gebracht. Eine Organisation, die Massenmörder als Heilige verehrt und als Vorbilder hinstellt, wird man mit Fug und Recht als eine kriminelle Organisation bezeichnen dürfen.
wenn die antijüdische Hetze direkt oder indirekt gegen katholische Geistliche gerichtet war oder – allerdings minder heftig – wenn getaufte Juden davon betroffen waren (l,
321-332). Viele der pauschalen Worte des Protestes bei Neuhäusler stammen übrigens aus der Zeit nach dem Ende des Krieges und behaupten einen Widerstand, der in dieser grundsätzlichen Weise nicht stattgefunden hat (u.a. 375f.).
– Die von H. Prolingheuer (1903) vorgestellte Zusammenarbeit der evangelischen Kirchen mit dem NS-System gegen die eigenen „nicht arischen“ Pfarrer und „Marxisten“, die für diese tödlich war, ist systembedingt und nicht „menschliches Versagen“ einiger Kirchenbeamten.
der christliche Antijudaismus und Antisemitismus von Bedeutung für die Machtübernahme durch die Nazis gewesen sei (11F.), Auch Leonore Siegele-Wenschkewitz (1960, 25f.) zeigt anhand der diesbezüglichen Tragödie des evangelischen Exegeten Gerhard Kittel, wie sehr die nationalsozialistische Judenpolitik von christlichen Gesichtspunkten mitbestimmt gewesen ist. Bereits am 20. Oktober 1933 hatte das Evangelische Konsistorium der Rheinprovinz den Geistlichen Ernst Flatow für den Kirchendienst nicht geeignet befunden, „weil er nicht arischer Abstammung ist. Aber auch eine Beschäftigung als Hilfsgeistlicher kommt nicht mehr in Frage, wie er selbst einsieht. Flatow hat in seinem Äußeren und in seinem Wesen so in die Augen springend diejenigen Merkmale an sich, die von dem Volke als der jüdischen Rasse eigen angesehen werden, dass eine Beschäftigung in der Gemeinde unmöglich ist.“ (Prolingheuer, 1983, 182). Ausführlich auch: E. Röhm-J. Thierfelder, 1990.
1. Der Brückenschlag zwischen katholischen und evangelischen Christen (Union);
2. Das Bemühen um die Integration unterschiedlicher sozialer Schichten und politischer Ausgangspositionen (Volkspartei);
3. Der Wille zur Gestaltung eines neuen Deutschland (Programm- und Mehrheitspartei).
Die unterschiedlichen Motive der Gründer wurden überwölbt von der gemeinsamen Überzeugung, dem deutschen Volk in den christlichen Grundsätzen der Staats- und Gesellschaftsordnung geistig moralische Orientierung für den Neuaufbau geben zu können und zu sollen. Die Programm- und Grundsatzdiskussion besonders in der britischen Zone seit 1946 Führten vom christlichen Sozialismus des Ahlener Programms von 1947 zu den Düsseldorfer Leitsätzen von 1949 mit der Bejahung der sozialen Marktwirtschaft (zum Ganzen: Gotto, 1985, 1116).
Kriegsdienstes nur als Ausdruck eines irrigen Gewissens möglich, wurde im Verlauf der Einführung der bürgerlichen Wehrpflicht die Kriegsdienstverweigerung dem Einzelnen für den äußersten Gewissensnotfall zugestanden. So etwa selbst der fortschrittliche Moraltheologe B.
Häring (Das Gesetz Christi, Freiburg 1956. 975 und 981). Der Jesuit Prof. J. Hirschmann erklärte in dem gleichen Jahr: „Dass jede Anwendung der Atomwaffe in sich unsittlich ist, ist nicht bewiesen und unbeweisbar… die Unvermeidlichkeit des Übergangs jedes kommenden Verteidigungskrieges in einen totalen Vernichtungskrieg ist eine unbewiesene, gefährliche und verhängnisvolle Behauptung, die dem Einfluss der menschlichen Freiheit in der Durchführung“ (müsste wohl heißen: ‚bei der‘) „jeden Krieges nicht gerecht wird.“ Der tiefste Grund des Verteidigungsrechtes des Staates ist für Hirschmann mit der zum Wesen des Menschen gehörigen „Erzwingbarkeit des Rechts“ gegeben. Alles andere sei mit dem Naturrecht nicht vereinbar. Wenn der Staat also die allgemeine Wehrpflicht einführt, bedeutet sie für alle Bürger eine Gewissenspflicht. Der Kriegsdienstverweigerer handelt gegebenenfalls aufgrund eines irrigen Gewissensurteils. Doch auch ein solches müsse vom Staat respektiert werden. Das bedeutet jedoch, dass sich die Kriegsverweigerer nicht in der gleichen Rechtslage wie Wehrdienstwillige befinden: Die Verhaltensweise der letzteren steht in Übereinstimmung mit dem objektiven Grundsatz, mit der sittlichen Ordnung.“ (Zitiert nach: Herder-Korrespondenz 10, 1955/56, 577). – Das waren keine einzelnen wilden Patrioten; sie gaben vielmehr nur – reichlich unreflektiert zwar – die katholische Lehre wider. So konnte auch der gutmeinende Pastoraltheologe Fleckenstein sagen: … eine absolute Kriegsdienstverweigerung ist mit der Lehre der Kirche nicht vereinbar“ (S. 5). Es sei kontrovers, ob „es gegen die Kriegslehre der Kirche für den Katholiken ein gutgläubiges irrendes Gewissen geben kann.“ (S. 6) (!!) Von der „zeichenhaften“ Gewaltlosigkeit kommt er dann sogar zu einem gewissermaßen charismatischen Argument für die Befreiung der Kleriker und Ordensleute vom Militärdienst Sie
– verweigern gleichsam „für die anderen“ den Kriegsdienst (Sonderbeilage der Zeitschrift Pax Christi Nr. 3/1956).
Die evangelischen Kirchen kamen in ihren Organen (Rat der EKD) damals zu keinen eindeutigen Ergebnissen. Weil bei ihnen dem individuellen Gewissen traditionell ein höherer Stellenwert zukommt, gelangten sie bald zu einer seelsorglichen Praxis, die die Gewissensentscheidung der Wehrdienstverweigerer grundsätzlich zu reflektieren suchte. Die Erklärung des Rates der EKD von 1956 sagte, es gäbe keine eindeutige und klare Lehre zur Frage des Krieges. Gleichwohl hatten die Vertreter der Militärseelsorge noch im Jahr 1969 am Plan einer etatistischen Verschärfung der Regelung der Kriegsdienstverweigerung mitgewirkt und dadurch ihre geistliche Eigenständigkeit diskreditiert (Müller-Kent, 269ff.). Zu den oben genannten Äußerungen von P. Hirschmann muss man wissen, dass die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bereits am 21.6.1955 die strategischen Pläne der us-amerikanischen Militärs publiziert hatte, die vorsahen ganz Deutschland vom ersten Augenblick an zum Kriegsschauplatz und zum Einsatzgebiet der Atomwaffen zu machen. – Die Kirchenführer haben angesichts der Tatsache, dass durch die nukleare Waffentechnik die Völker ganzer Länder vernichtet werden können, keine eindeutig verurteilende Stellungnahme bezogen. Erst im Kontext der weltweiten Friedensbewegung der 80er Jahre, die in Amerika von einigen Jesuitenpatres wesentlich initiiert worden war, verfasste Erzbischof Hunthausen am 12.6.1981 einen Hirtenbrief gegen die nukleare Bewaffnung. Zwei Jahre später legte die Deutsche Bischofskonferenz (am 18.4.1983) unter dem Titel „Gerechtigkeit schafft Frieden“ eine beachtliche Stellungnahme vor, die auch das Verhältnis zu den C-Parteien hätte neu bestimmen können. Vor allem aber hat die nordamerikanische Bischofskonferenz am 3.5.1’J83 als Ergebnis eines mehrstufigen Meinungsbildungsprozesses einen Hirtenbrief zum Thema „Herausforderung zum Frieden“ veröffentlicht. Darin erklären die us-amerikanischen Bischöfe nicht nur die Anwendung, sondern bereits den Besitz atomarer Waffen für moralisch verwerflich. Zum Ganzen vgl.: K. Weber 1982, 27-30; 1983, 112.
Eine wirklich stimmige Tradition. (Müller-Y.enL, 46 Anm.45).