Deutsche Sicherheitsbehörden kooperieren mit Folterregimen
Aus: Mitteilungen Nr. 202, S. 29
Das Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung gilt in Deutschland ausnahmslos – sollte man meinen. Dennoch kooperieren deutsche Sicherheitsbehörden mit 109 Staaten, die Menschen foltern und misshandeln lassen. „72 dieser Länder begehen systematische Folter, 85 systematische Misshandlungen und 85 Gewalt gegen Frauen“, erklärt Dieter Schenk, ehemaliger Kriminaldirektor des Bundeskriminalamtes (BKA), in seinem neuen Buch „BKA – Polizeihilfe für Folterregime“. Das Buch wurde am 7. Oktober auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern der Humanistischen Union, Amnesty International und dem Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin vorgestellt.
In dem Buch schildert Schenk, wie internationale Verbindungsbeamte des BKA mit folternden und korrupten Sicherheitsbehörden zusammenarbeiteten. „Das BKA ist an Folter und Misshandlungen nicht beteiligt, aber es kooperiert und fördert diese Staaten. So besteht eine stille Komplizenschaft“ kritisiert der Autor. Die Einhaltung menschenrechtlicher Standards spiele bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Polizeientwicklung keine Rolle. Obwohl das BKA teilweise Verbrechen und gravierende Menschenrechtsverletzungen vieler Interpol-Partnerstaaten vor Ort mitbekäme, würde die Kooperation nicht beendet. „Es kommt primär darauf an, dass die Zusammenarbeit klappt“, so Schenk. Eine Demokratisierung in den Ländern sei nicht zu erwarten.
Deutsche Sicherheitsbehörden würden auch Menschenrechtsverletzungen billigen, indem sie die Ergebnisse von Folterverhören nutzen, hieß es auf der Pressekonferenz. Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender der Humanistischen Union, kritisierte die fehlende gesetzliche Regelung, die eine Verwendung solcher Ergebnisse verbietet. Insbesondere in Hinblick auf die Anti-Terror-Datei sei dies gravierend. In der Anti-Terror-Datei werden die von Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden gesammelten Daten und Informationen zusammengeführt und ausgetauscht. So entstehe ein Pool von folterverseuchten Informationen, die bei Ermittlungen eingesetzt werden könnten.
Der Bundestag diskutiert derzeit ein Gesetzentwurf für eine neues BKA-Gesetz.
Der Entwurf strebt eine Ausweitung der Aufgaben und Befugnisse des BKA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus an. Damit würde auch die Zahl internationaler Einsätze des BKA ansteigen. Bemühungen, stärker auf die Einhaltung menschenrechtlicher Standards zu achten, sucht man in dem Entwurf jedoch vergebens. Dieter Schenk und die an der Buchvorstellung beteiligten NGOs fordern deshalb eine parlamentarische Kontrolle für internationale Polizeieinsätze. Es dürfe keine Kooperation mit Folterregimen um jeden Preis geben.