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Abstimmung zum Kampa­gnen­thema 2015/2016

Mitteilungen Nr. 225 (Heft 1/2015), S. 3/4

Seit einem Jahr läuft unsere Kampagne „ausgeschnüffelt: Verfassung schützen – Geheimdienst abschaffen!“. Nach dem ursprünglichen Plan wollten wir Anfang des Jahres mit einer zweiten Kampagne zum Thema Polizeikontrolle starten. Realistisch müssen wir jedoch einschätzen, dass wir nicht zwei Kampagnen gleichzeitig stemmen können. Zudem gäbe es einige Gründe, die Verfassungsschutzkampagne (evtl. in erweiterter Form) fortzuführen. Kurzum: Wir müssen uns entscheiden, welches Thema wir in den nächsten 1½ Jahren in einer von HU-Aktiven getragenen Kampagne verfolgen wollen. Dazu bitten wir alle Mitglieder um ihre Mithilfe. Wir möchten die Frage, auf welche der beiden angedachten Kampagnen wir uns konzentrieren, gemeinsam mit Ihnen treffen. Im Folgenden stellen wir kurz zwei Szenarien vor und bitten Sie dann um eine kurze Rückmeldung.

Variante 1: Geheim­dienst­kam­pagne

Bei einer Fortführung der Verfassungsschutz-Kampagne bietet es sich an, diese thematisch zu erweitern, um die aktuellen politischen Debatten und die anstehenden juristischen Entscheidungen aufzugreifen. Für 2015 ist eine Reform des Bundesverfassungsschutzgesetzes angekündigt, die einzelne Befugnisse (etwa den Einsatz von V-Leuten) neu regeln und zugleich die Zusammenarbeit von Bund- und Länderbehörden straffen soll (sog. Zentralstellenfunktion des Bundesamtes). Derzeit fördert der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ständig neue Details zur Telekommunikationsüberwachung durch BND und Verfassungsschutz sowie deren Datenaustausch mit amerikanischen Diensten an den Tag, bei denen die ohnehin freizügigen gesetzlichen Vorschriften überschritten werden. Deshalb bietet sich eine Fortsetzung der Verfassungsschutz-Kampagne im erweiterten Rahmen an, wobei wir verstärkt auf rechtswidrige Praktiken und das Kontrollvakuum bei den Geheimdiensten hinweisen können. Im Rahmen der Kampagne ließen sich bereits laufende Musterklagen gegen den Datenaustausch zwischen Geheimdiensten und Polizeibehörden in Deutschland begleiten; die zahlreichen jetzt bekannt gewordenen rechtswidrigen Überwachungspraktiken deutscher Dienste bieten auch genügend Material für weitere, eigene Musterklagen der Humanistischen Union.

Wie bisher würde die Kampagne vom Engagement der Mitglieder und Freund/innen der HU leben. Mit einem neuen Kampagnen-Koordinierungskreis wollen wir weitere Ideen entwickeln, wie die Kritik am rechtswidrigen Verhalten der Geheimdienste im Allgemeinen und dem Verfassungsschutz im Besonderen populärer werden kann. Bisher angedacht sind z.B. öffentliche Datenauskunftsanfragen bei den Verfassungsschutzämtern durch möglichst viele Bürger/innen und weitere Stationen für die Wanderausstellung „Versagen mit System“ mit begleitenden Veranstaltungen. Fortgesetzt werden könnte die Zusammenarbeit mit den Überwachungsopfern aus der Videoreihe „Unbescholten überwacht“ und die Berliner Arbeitsgruppe „Schule ohne Geheimdienst“.

Variante 2: Polizei­kam­pagne

Die Forderung nach einer unabhängigen Kontrolle der Polizei wird von der Humanistischen Union schon lange erhoben. Wir wollen diese Forderung stärken, indem wir auf die Probleme beim Nachweis und der Ahndung von Polizeigewalt hinweisen (evtl. auch Racial Profiling) und uns für eine flächendeckende gesetzliche Kennzeichnungspflicht sowie unabhängige Beschwerdestellen der Polizei einsetzen. Bei der Kennzeichnungspflicht, die weitgehend auf der Länderebene umzusetzen ist, stünde die Lobby- und Pressearbeit im Vordergrund, damit die in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen und Thüringen existierenden Koalitionsvereinbarungen auch umgesetzt werden. Regionalgruppen könnten zusätzlich mit Podiumsdiskussionen oder Abgeordnetengesprächen aktiv werden. In fünf weiteren Bundesländern ist die (anonymisierte) Kennzeichnungspflicht auch bei Großeinsätzen inzwischen umgesetzt.

Für weitergehende, unabhängige Kontrollmechanismen der Polizei müssen wir dagegen erst einmal das Problembewusstsein schärfen und Überzeugungsarbeit leisten. Ideen dazu gibt es bereits viele: So existiert ein Konzept für eine Onlineplattform, auf der Betroffene und Beobachter/innen von Polizeigewalt ihre Fälle eingeben können. Mit einer solchen Plattform würde die Sichtbarkeit des (von manchen immer noch bestrittenen) Problems der polizeilichen Übergriffe erhöht, zudem böte ein solches Instrument auch Aufschluss über die Häufigkeit solcher Vorfälle, die Wirksamkeit des Rechtsschutzes oder wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen. Polizei-Beschwerdestellen gibt es in den Bundesländern erst in Ansätzen. Hier könnten wir bei Bürger/innen und Entscheidungsträger/innen das Problembewusstsein schärfen.

Racial Profiling bedeutet, dass die Polizei Menschen ohne weiteren Anlass nach Hautfarbe und Gesichtszügen kontrolliert (sog. „verdachtsunabhängige Kontrollen“). Dagegen wendet sich seit mehreren Jahren ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen mit der Kampagne „Stoppt Racial Profiling“, woran auch die Humanistische Union beteiligt ist. Hier könnten wir uns aktiver einbringen und neue Kampagnenideen umsetzen. Weitere Ideen, wie ein größerer politischer Handlungsdruck bezüglich der Polizeikontrolle erzeugt werden kann, wollen wir im Kampagnen-Koordinationskreis gemeinsam mit den ehrenamtlich Aktiven entwickeln.

Jetzt entscheiden Sie

Wir bitten alle Mitglieder der HU um ihr Votum, welches Kampagnenthema wir für die kommenden 1½ Jahre wählen sollen. Bitte beachten Sie: Wir wollen nicht nur danach entscheiden, welches Thema Ihnen politisch wichtig erscheint (Frage 1). Da wir für eine starke Kampagne auf viele Unterstützer/innen angewiesen sind, ist für unsere Entscheidung die Frage 2 wichtiger: An welcher Kampagne würden Sie sich aktiv beteiligen?

Um den Arbeitsaufwand möglichst niedrig zu halten, starten wir die Abstimmung nicht als Urabstimmung im formalen Sinn, sondern als formlose Umfrage. Sie können daran teilnehmen, indem Sie a) den Fragebogen an die HU-Geschäftsstelle zurücksenden oder b) den Fragebogen online auf unserer Webseite ausfüllen www.humanistische-union.de/shortcuts/k_frage.

Abgabeschluss für Ihr Votum ist Sonntag, der 22. März 2015. Alle Stimmen, die später bei uns eingehen, können leider nicht berücksichtigt werden. Die Ergebnisse werden auf der HU-Webseite, aber auch in den nächsten HU-Mitteilungen veröffentlicht.

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