Trennung von Staat und Kirche statt Kreuzzug gegen den Rechts-Staat
Bernd Michl
Nach dem „Kruzifix-Entscheid“ des Bundesverfassungsgerichts: Podiumsdiskussion am 21.9. 1995, 19 Uhr, Gaststätte Oberanger, München
Nach dem „Kruzifix-Entscheid“ des Bundesverfassungsgerichts: Die Aufforderung der CSU-Regierung zur Mißachtung des Karlsruher Entscheids verhöhnt den Rechtsstaat. – Die Diskussion über die Entflechtung von Staat und Kirche muß jetzt weitergehen! Dazu soll die Veranstaltung einen Beitrag leisten.
TRENNUNG VON STAAT UND KIRCHE STATT KREUZZUG GEGEN DEN RECHTSSTAAT
Auf dem Podium: Menschen mit freigeistig-humanistischer und christlicher Überzeugung
u.a.
Sophie Rieger, HUMANISTISCHE UNION, MdL/DIE GRÜNEN
Gerhard Rampp, Bund für Geistesfreiheit
Inge Ammon, Synodale der ev. Landeskirche
Ernst Seler, Kläger beim Bundesverfassungsgericht
Donnerstag, 21. September 1995, 19.00 Uhr,
Gaststätte im Georg-von-Vollmar-Haus, Oberanger 38, München
Veranstalter (u.a.): Bund für Geistesfreiheit (bfg); Deutscher Freidenker Verband; HUMANISTISCHE UNION, Landesverband Bayern; Initiative Kirche von unten (IKvu) München; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA); Anitifa-Referat des AStA München; Internationaler Bund Konfessionsloser und Atheisten (IBKA), DIE GRÜNEN München; DKP München; PDS München.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die staatliche Vorschrift im bayerischen Volksschulgesetz „In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen“ ist verfassungswidrig.
Es ist Volksverdummung, wenn von CSU-Politikern und Kirchenfunktionären eine medienwirksame Kreuzzugskampagne dagegen vom Zaun gebrochen wird: Dadurch werden Religionsfreiheit und Demokratie gefährdet, nicht durch die Verfassungsrichter und die klageführende Familie Seler.
Das Verfassungsgericht fordert nichts anderes als Neutralität der staatlichen Einrichtungen – was in unserem Staat eigentlich selbstverständlich sein sollte. Allen Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen gleichermaßen wird damit die Freiheit vor staatlicher Einmischung zugesichert.
- Nicht die Glaubensfreiheit, sondern bestehende Privilegien einer Glaubensgemeinschaft werden vom Verfassungsgericht kritisiert.
- In unserem Land, in dem Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen zusammenleben, müßte die Neutralität des Staates gesichert werden – auch und gerade zum Schutz der Freiheit einzelner.
Die Kruzifixkampagne gegen den Entscheid des Bundesverfassungsgerichts stellt die demokratische Rechtsstaatlichkeit in Frage!
Deshalb muß der Spruch der Verfassungsrichter zum Auslöser werden, jetzt das politische Tabuthema in Deutschland endlich anzupacken: Trennung von Staat und Kirchen.
Kardinal Wetter hat die Entscheidung der Richter mit der kirchenfeindlichen Politik der Nazionalsozialisten gleichgesetzt. Was er aber nicht erwähnt: Das Einvernehmen des Vatikans mit Hitler im Reichskonkordat von 1933 ist noch heute bestimmend für die Kirchenprivilegien in Schulen und Universitäten, Kindergärten, Altenheimen und in öffentlich-rechtlichen Medien. Auch die Verbrechen, die im Laufe der Geschichte im Namen des Kreuzes begangen wurden, blieben unerwähnt.
Wir fordern deshalb:
• Die geltenden Konkordate und Kirchenverträge sind zu kündigen
• Der Kirchensteuereinzug durch den Staat ist zu beenden
• Konfessioneller Religionsunterricht ist nicht Aufgabe staatlicher Schulen
• Militärseelsorge als staatliche Einrichtung muß abgeschafft werden.
Die Kirchen müßten, wie alle anderen Gruppierungen in unserem Staat, durch ihre humanen Inhalte überzeugen, statt auf staatliche Privilegien zu bauen.