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Verbandstag 2004 in Lübeck

Mitteilungen18711/2004Seite 12-13

Mitteilungen Nr. 187, S.12-13

Nach der Verleihung des Fritz-Bauer-Preises am Vorabend waren etwa 45 Mitglieder am Samstag Morgen zum Verbandstag der HU erschienen. Als Treffpunkt diente die Neue Rösterei, ein Kultur- und Sozialzentrum in der Lübecker Innenstadt. Das Programm versprach an diesem Tag große Diskussionen. Rosemarie Will eröffnete die Tagung deshalb pünktlich um 10.00 Uhr.

Den Auftakt bildete die Diskussion über die Stellungnahme des Bundesvorstandes zu Kindesmissbrauch und Pädophilie (s. Mitteilungen 186, S.4) sowie die vorausgegangenen Vorwürfe nach der Sendung „Report München“ vom 19. Juli. Einige Mitglieder wünschten in diesem Zusammenhang eine Aufklärung über die Hintergründe des Rücktritts von Fredrik Roggan nach der Sitzung des Bundesvorstands im Mai diesen Jahres. Anschließend widmeten sich die Diskussionsbeiträge dem Für und Wider einer Abgrenzung von der Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität. Nach einer ausführlichen Debatte stimmte die große Mehrzahl der Anwesenden bei 3 Gegenstimmen und 1 Enthaltung für eine nachhaltige Unterstützung der Erklärung des Bundesvorstandes vom 7. August. Mit der klärenden Aussprache verband sich bei vielen die Hoffnung, nun wieder zu konstruktiver Arbeit zurückzukehren.

Nach der Mittagspause stand die Kopftuch-Diskussion auf der Tagesordnung. (s. hierzu den Bericht auf S.14)

Den Abschluss für diesen Tag bildete die Diskussion um das sozialpolitische Engagement der HU. Der Marburger Ortsverband hatte dazu einige Anträge vorgestellt, in denen einerseits die Kritik am sog. Hartz IV-Gesetz als auch eine grundsätzliche Position der HU gegen den Abbau des Sozialstaats vorgeschlagen wurde. Während die grundsätzliche Bedeutung von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Grundrechten innerhalb des Verbandes unumstritten ist, schieden sich die Geister an der Beurteilung der aktuellen Gesetzesinitiativen. Die einen lehnten diese wegen ihrer Verletzung der Menschenwürde der Betroffenen grundsätzlich ab, andere sahen zumindest konzeptionelle Fortschritte bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. In der Diskussion wurde aber deutlich, dass ein Kernproblem der aktuellen Sozialpolitik hausgemacht ist: Die Steuersenkungspolitik der vergangenen Jahre habe wesentlich zur Verarmung des Staates beigetragen, weshalb dieser nicht mehr seinem Sozialstaatsauftrag nachkommen könne. Am Ende einigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einen Beschluss, der auf der nächsten Seite dokumentiert ist.

Vorstellung aktueller HU-Projekte

Am Sonntag stellte zunächst Wolfgang Killinger das Arbeitspapier „Die alltäglichen Daten-Spuren“ des Münchner Arbeitskreises „Gläserner Mensch“ vor. Das Faltblatt weist anhand eines fiktiven Tagesablaufs auf die konkreten Möglichkeiten des Ausspionierens persönlicher Daten hin. Während der Vorstellung des Papiers wurde deutlich, mit welcher rasanten Geschwindigkeit die technischen Möglichkeiten der Datengewinnung derzeit zunehmen: Obwohl der Text erst vor einem Jahr fertig gestellt wurde, fanden sich auf Anhieb zahlreiche neue Gefahrenquellen, etwa durch die anstehende Einführung der RFID-Technik in Supermärkten, der Zugriff auf Schufa-Daten durch Dienstleistungsfirmen oder die Einführung einer elektronischen Krankenkarte. Deshalb wurde vereinbart, den Alltagsbericht gemeinsam zu erweitern und zu aktualisieren. Interessierte können das Papier in der Bundesgeschäftsstelle anfordern und ihre Ergänzungsvorschläge einbringen.

Anschließend berichtete Christoph Bruch vom Stand des Gemeinschaftsprojektes „Informationsfreiheitsgesetz“, an dem die HU mit zahlreichen anderen Initiativen beteiligt ist. Sowohl die Erarbeitung eines eigenen Gesetzentwurfs für ein IFG als auch die durch die Kampagne „Pro Information“ erzeugte Öffentlichkeit für das Thema sprechen für ein Projekt, an dessen Erfolg die HU maßgeblichen Anteil hatte. Dennoch wurde überlegt, wie wir angesichts des vermutlich „lauen“ Gesetzentwurfs, der uns demnächst präsentiert werden wird, als auch angesichts der Kompromisse, die wir in dem Bündnis eingehen mussten, die bürgerrechtlichen Kriterien eines solchen Gesetzes künftig stärker vertreten können. (s. dazu auch S. 7 dieser Ausgabe)

Roland Otte präsentierte schließlich Ergebnisse der AG Öffentlichkeitsarbeit, die in Zusammenarbeit mit einer Grafikerin neues Werbematerial für die HU erstellt hat. Bei dem einheitlich gestalteten Material handelt es sich um einen Flyer mit allgemeinen Informationen über die HU (für die Interessenten- und Mitgliederwerbung), einen Vordruck für Einladungen und Handplakate und eine Vorlage für Informationsmappen der HU. Außerdem wurde ein neuer Aufsteller präsentiert, der als Blickfang für Veranstaltungen und Stände eingesetzt werden kann. Die Druckvorlagen und der Aufsteller können bei Bedarf in der Bundesgeschäftsstelle abgerufen werden.

Neue Initiativen und Arbeits­kreise

In der Diskussion über den derzeit laufenden Abbau des Sozialstaats wurde deutlich, dass es wieder mal an der Zeit ist, in der HU nach alternativen Wirtschaftsformen Ausschau zu halten. Dragan Pavlovic (Marburg) regte dazu die Bildung einer AG „Reform des Genossenschaftsrechts“ an.

In Vorbereitung auf die Delegiertenkonferenz im nächsten Jahr regte Katharina Ahrendts (Berlin) eine Arbeitsgruppe für Satzungsänderungen an.

Bei Interesse an einem der beiden Projekte bitte in der Bundesgeschäftsstelle melden.

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