Publikationen / Mitteilungen / Mitteilungen Nr. 217

Falsch und Falsch ergibt wieder Falsch

Mitteilungen21707/2012Seite 10

HU-Stellungnahme zur geplanten Einführung des „Warnschussarrestes“ für Jugendliche. Mitteilungen Nr. 217 (Heft 2/2012), S. 10

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages führt am 23. Mai 2012 eine Anhörung mit Sachverständigen zum sogenannten Warnschussarrest durch. Zur Debatte steht der „Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten“ (BT-Drs. 17/9389). Mit ihm will die Regierungskoalition im Jugendstrafrecht die Möglichkeit schaffen, neben einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe auch Jugendarrest anordnen zu können.

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Jens Puschke vom Bundesvorstand der HU, fasst die Kritik zusammen: „Schon der ’normale‘ Jugendarrest ist äußerst fragwürdig, als Warnschussarrest würde er erzieherisch wertlos oder gar kontraproduktiv.“ Der Jugendarrest weise eine höhere Rückfallquote auf als Jugendstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Ein Warnschussarrest könne noch weniger erzieherisch wirken – für eine nachhaltige Einflussnahme sei die maximale Arrestdauer von 4 Wochen schlicht zu kurz, so Puschke. „Deshalb wird diese Form des Arrests bei den Jugendlichen eher zu einem Gewöhnungseffekt führen – nach dem Motto: ‚Der Freiheitsentzug war gar nicht so schlimm!‘ Wie eine mäßig erfolgreiche Sanktion (der Arrest) durch die Zugabe einer weiteren, schlechter wirkenden Sanktion (dem Warnschuss) verbessert werden soll, kann niemand vernünftig erklären.“

Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf haben sich offensichtlich die Befürworter einer symbolischen Law-and-Order-Kriminalpolitik in der Koalition durchgesetzt. Seit Jahren verfolgen sie – gegen den Widerstand aus Strafrechtspraxis und Kriminalwissenschaft – die Einführung des sog. Warnschussarrestes. Dagegen sieht die Humanistische Union den Gesetzgeber in Sachen Jugendstrafrecht ganz anders gefordert: „Schon die gegenwärtigen Regelungen zum Jugendarrest sind verfassungsrechtlich fragwürdig. Die mit dem Arrest verbundenen Sanktionen werden im bisherigen Gesetz nicht hinreichend bestimmt, seine erzieherische Konzeption stammt erkennbar noch aus der Zeit des Nationalsozialismus. Bevor der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Jugendarrests ausweitet, wäre er deshalb besser beraten, zunächst einmal dessen rechtsstaatliche Grundlagen und seine erzieherischen Absichten klarzustellen.“ 

Die Stellungnahme der Humanistischen Union finden Sie in der Online-Version dieser Mitteilung auf unserer Webseite unter https://www.humanistische-union.de/presse/2012/.

Dateien

nach oben