Finanzgericht Köln: Erste Entscheidung zur Musterklage der HU gegen die Steuer-ID
Mitteilungen Nr. 218/219 (Heft 3/4 2012), S. 30
(MKU) Mit seinem Urteil vom 19. September 2012 wies das Finanzgerichtes Köln die von der Humanistischen Union unterstützte Musterklage gegen die Steueridentifikationsnummer ab (Aktenzeichen: 2 K 2822/08). Nachdem das Gericht bereits im vergangenen Jahr gleichlautende Urteile in anderen Verfahren getroffene hatte, war diese Entscheidung wenig überraschend. In seiner Begründung stützt sich der Senat weitgehend auf eine mittlerweile ergangenes Urteil des Bundesfinanzhofes vom Januar dieses Jahres (BFH II R 49/10, vgl. die ausführliche Besprechung in den Mitteilungen Nr. 217, Juli 2012, S.14 f.): „Zwar hatte der Senat im Jahre 2010 noch erhebliche Zweifel daran, dass der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Diese bestehen jedoch zwischenzeitlich insbesondere im Hinblick auf das Urteil des BFH vom 18. Januar 2012 […], das sich der Senat zu eigen macht, nicht mehr.“
Die Begründung der Kölner Richter verweist überwiegend auf das BFH-Urteil, eine eigene Auseinandersetzung des Gerichts mit den von „unserem“ Kläger vorgebrachten Ausführungen unterbleibt in weiten Teilen. So verneinte der 2. Senat des Finanzgerichts einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) sowie eine Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Würde des Menschen durch die Zuteilung der Steueridentifikationsnummer und der damit verbundenen Datenspeicherung nach den §§ 139a, 139b Abgabenordnung (AO). Diese Maßnahmen seien geeignet und erforderlich, um bei der Festsetzung und Erhebung von Steuern für Belastungsgleichheit bei den Steuerpflichtigen zu sorgen, sowie ein erleichtertes Steuerverfahren zu gewährleisten.
Bei der Steueridentifikationsnummer handle es sich lediglich um ein behördliches Ordnungsmerkmal, so das Gericht. Deren Zweckbindung an Aufgaben steuerlicher Art sei zwar nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen, jedoch aus dessen Sinn erkennbar. Verfassungsrechtlich unbedenklich sei auch die in § 139b Abs. 3 AO vorgeschriebene Speicherung von Daten, da diese Daten „für sich genommen keine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz“ aufwiesen. Hier verkennt das FG Köln ebenso wie schon der BFH, dass es aufgrund der technischen Verknüpfungsmöglichkeiten keine irrelevanten Daten gibt. Die Sensibilität persönlicher Daten hängt in erster Linie von der jeweiligen Verwendung der Daten ab; dabei können auch vermeintlich ‚belanglose‘ Daten erhebliche Bedeutung für die Persönlichkeitssphäre bekommen. Den Befürchtungen, die Steuer-ID könne zweckentfremdet und letztlich als Instrument zur Sammlung einer Vielzahl von Datensätzen genutzt werden, entgegnet das Gericht lediglich, dass diese Erwägungen erst bei einer Prüfung der einzelnen erweiternden Vorschriften zum Tragen kämen. Das Kölner Gericht ignoriert damit die bereits mit Hilfe der Steuer-ID stattfindende Ausweitung der Datensammlungen beim Bundeszentralamt für Steuern. Nur wenige Jahre nach Einführung der neuen Steuernummern ist für Betroffene kaum noch nachvollziehbar, welche Daten dort inzwischen erfasst werden.
Der Kläger hat angekündigt, dass er nun Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesfinanzhof einlegt. Aufgrund des BFH-Urteils vom Januar 2012 erscheint der Ausgang des Verfahrens beim Bundesfinanzhof vorhersehbar. Bei einem Scheitern wird er das Anliegen mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht fortsetzen. Die Humanistische Union wird dieses Verfahren weiterhin unterstützen, notfalls auch bis zu einer Entscheidung in Karlsruhe.