Eine neue Namensdiskussion? Nicht schon wieder!
Mitteilungen Nr. 218/219 (Heft 3/4 2012), S. 24/25
In der letzten Ausgabe der Mitteilungen (Nr. 217) sind zwei Beiträge von Gerhard Saborowski. veröffentlicht, mit denen er sich für eine Abstimmung über einen neuen Vereinsnamen einsetzt. Dass über diese Frage in einer rechtsgültigen Urabstimmung entschieden worden ist, und zwar mit dem Ergebnis, dass es bei dem Namen Humanistische Union bleibt, weil die vorgeschlagene Namensänderung bei der Urabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit bekommen hat, wird dabei von Gerhard Saborowski allerdings gar nicht erwähnt und scheint in seinen Überlegungen auch keine Rolle zu spielen.
Das Dreier-Gremium, das auf Antrag von Gerhard Saborowski auf der letzten DK eingesetzt wurde, hatte den Auftrag, für einen Zusatz zum Namen Humanistische Union Vorschläge zu machen, nicht aber, Vorschläge für einen neuen Namen zu machen und damit die Namensdiskussion wieder von vorne zu beginnen. Es hat sich im übrigen auch an diesen Auftrag gehalten und, einem Vorschlag von Gerd Pflaumer folgend, zwei Vorschläge einer Namensergänzung vorgelegt. Der Vorschlag, den bestehenden Namen der HU mit einem klärenden Zusatz zu versehen, war ein Vorschlag zur Güte, der darauf abzielte, durch einen klärenden Zusatz zu dem Namen unseres Vereins das Bedenken auszuräumen, dass unser Name uns nicht eindeutig als Bürgerrechtsorganisation erkennen ließe.
Die Bemerkungen, die Gerhard Saborowski an das Ende seiner zweiten längeren Ausführungen gesetzt hat, enthalten in nuce sein Hauptargument. Ich setze sie daher wörtlich hierher und setze mich dann mit seinen Argumenten auseinander:
Abschließend möchte ich zu dem Namensvorschlag des Gremiums („Humanistische Union für Bürgerrechte“) noch folgendes bemerken: In der Präambel und im § 5 des Verschmelzungsvertrags zwischen der Humanistischen Union und der Gustav-Heinemann Initiative (HU-Mitteilungen Nr. 205/206, S. 26) ist nicht davon die Rede, dass der bisherige Vereinsname Humanistische Union um einen Zusatz ergänzt werden sollte. Vielmehr sollten sich die Mitglieder von HU und GHI nach dem Zusammenschluss in einer Urabstimmung auf einen neuen Namen verständigen. Da wir uns als Bürgerrechtsorganisation stets für die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien im staatlichen Bereich einsetzen, sollten wir auch verbandsintern den Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ beachten – Verträge sind einzuhalten.
Ein Außenstehender oder auch ein Vereinsmitglied, das nicht den Vorlauf der jetzigen Beschlusslage kennt, muss bei der Lektüre dieses Textes den Eindruck gewinnen, hier versuche ein ominöses Gremium durch eine von ihm vorgeschlagene Formulierung, die auf eine bloßen Ergänzung des Vereinsnamens hinausläuft, eine Zusage an die GHI zu umgehen, der doch ein neuer Vereinsname in Aussicht gestellt worden sei. Und er muss überdies den Eindruck gewinnen, dass die zugesagte Abstimmung/Entscheidung noch gar nicht stattgefunden hat. Kein Wort davon, dass die Vorschläge dieses Gremiums sich auf die Beschlusslage beziehen, die eben nach erfolgter Urabstimmung eine Beibehaltung des bisherigen Namens Humanistische Union beinhaltet. Eine derartige Darstellung ist auch diesem Gremium gegenüber, das den erteilten Auftrag korrekt ausgeführt hat, einigermaßen unfair. Sie ist aber auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu halten.
Was wurde der GHI zugesagt?
Gerhard Saborowski beruft sich auf den Verschmelzungsvertrag zwischen HU und GHI. Dort heißt es in der Präambel:
„Die Mitglieder von HU und GHI werden sich nach dem Zusammenschluss in einer Urabstimmung auf einen neuen Namen für ihre Organisation verständigen.“
und im § 5
„Bis zu einer Entscheidung über einen neuen Namen fügt die HU ihrem Namen den Untertitel bei ‚Vereinigt mit der Gustav Heinemann-lnitiative‘.“
Gerhard Saborowski möchte diese Formulierungen offenbar so verstehen, dass der GHI hier von unserem Vorstand, der ja die Verhandlungen über den Verschmelzungsvertrag geführt hat, zugesagt worden ist, dass es demnächst einen neuen Namen für die Organisation geben würde. Tatsächlich hat der Vorstand mit der Formulierung der Präambel aber nur eine Urabstimmung über einen neuen Namen zugesagt, nicht aber, dass es dann auch einen neuen Namen geben wird. Hätte der Vorstand darüber eine Zusage gemacht oder müsste die zitierte Formulierung so verstanden werden, dann hätte der Vorstand seine Befugnisse überschritten und rechtswidrig gehandelt. Denn der Vorstand kann verbindliche Zusagen nur zu den Dingen machen, die in seiner Entscheidungskompetenz liegen. Dazu gehört die Entscheidung über eine Satzungsänderung, und die Änderung des Vereinsnamens ist eine Satzungsänderung, nun einmal nicht.
Eine rechtswidrige Überschreitung seiner Kompetenzen sollten wir einem Vorstand, in dem doch einige kompetente JuristInnen sitzen, nicht ohne Not unterstellen. Die Zusage des Vorstandes hinsichtlich des Namens stand damit unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der Mitgliedschaft in einer Urabstimmung. Sowenig wie eine Regierung, die mit einem anderen Staat einen Staatsvertrag schließt, diesem Staat Zusagen machen kann, wenn ein solcher Vertrag einer Ratifizierung durch das Parlament bedarf, sowenig kann ein Vorstand eines Vereins einem anderen Verein eine Zusage in einer Frage machen, deren Entscheidung nicht in seine Kompetenz fällt, sondern in die eines anderen Verbandsorgans, hier der Mitgliedschaft. Der Vorstand war jederzeit befugt, eine Zusage über eine Urabstimmung zu geben, und er hatte auch jedes Recht, im Vorlauf dieser Urabstimmung für die Namensänderung zu werben, nur eine Zusage, dass unsere Organisation sich demnächst einen neuen Namen geben werde, konnte er nicht machen.
Daher sind die Formulierungen im Verschmelzungsvertrag auch so zu verstehen, dass der GHI nicht ein neuer Name des Vereins, sondern nur eine Abstimmung über eine Namensänderung in Aussicht gestellt worden ist. Glücklicherweise ist die Wendung im § 5 des Vertrages selbst da etwas klarer, denn mit dem Begriff der Entscheidung (über einen neuen Namen) ist doch sofort die Vorstellung verbunden, dass sie so oder so ausfallen kann.
Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass der GHI, weil ihr etwas anderes auch gar nicht zugesagt werden konnte, nur eine Zusage über ein Verfahren zur Namensänderung gemacht worden ist, denn das zu beschließen liegt in der Macht des Vorstandes. Da dieses Verfahren, die Urabstimmung, durchgeführt worden ist, mit dem bekannten negativen Ergebnis, ist die der GHI gegebene Zusage eingelöst worden. Der Vorwurf von Gerhard Saborowski, wir würden verbandsintern den Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten – nicht beachten, ist daher unberechtigt und unfair. Eine Zusage, der Vorstand müsse die Mitgliedschaft so lange mit Urabstimmungen zwiebeln, bis das von ihm gewünschte Ergebnis, Tilgung des bisherigen Namens herauskommt, lässt sich aus den Wendungen des Vertrages nicht herauslesen. Eine Wiederholung dieser Abstimmung wäre nur dann geboten und berechtigt, wenn sich geltend machen ließe, dass die stattgehabte Abstimmung aus bestimmten Gründen nicht korrekt durchgeführt worden ist, etwa weil Fristen nicht eingehalten worden sind etc. Das ist aber von niemandem behauptet worden. Der Hinweis auf das knappe Ergebnis ist jedenfalls dazu nicht ausreichend. Knapp daneben, ist eben auch vorbei.
Bürgerrechtsunion – der sichere Weg ins politische Abseits!
Auch wenn ich einem Versuch, die Urabstimmung über die Namensänderung zu wiederholen, nachdrücklich entgegentreten werde, möchte ich doch noch ein Wort zu dem Namen sagen, der von Gerhard Saborowski nunmehr favorisiert wird: Bürgerrechtsunion. Die gleiche Anzahl an Buchstaben, die in den Augen von Gerhard Saborowski für seinen Vorschlag spricht, erscheint mir unwichtig angesichts der Konnotationen, die mit diesem Begriff verbunden werden dürften. In Deutschland ist der Begriff Union (anders als in den angelsächsischen Ländern, in denen die union eine Gewerkschaft ist) durch die Nähe zu den C-Parteien semantisch kontaminiert. Nicht nur, dass diese beiden Parteien den Titel ‚Union‘ statt Partei gewählt haben, da gibt es auch noch eine Junge Union, eine Frauenunion und eine Seniorenunion. In der Zusammensetzung Humanistische Union schützt uns das Adjektiv humanistisch, das einen Gegensatz zu christlich ausdrückt, davor, in die Nähe der Union gerückt zu werden. Aber in der Zusammensetzung mit Bürger(recht) würde ein solcher Name uns schnell in die Nähe der bürgerlichen Parteien bringen. Wir würden damit als „unionsnah“ erscheinen. Es wäre wohl der erste Schritt in die komplette politische Bedeutungslosigkeit!
Theodor Ebert, Erlangen