Publikationen / Mitteilungen / Mitteilungen Nr. 248

Editorial

Liebe Mitglieder,

immer noch wird die bürgerrechtspolitische Szene vom Angriff auf die Ukraine und dessen Folgen überschattet. Es scheint sich dabei abzuzeichnen, dass wir mit einem langen Krieg rechnen müssen. Wir sind solidarisch mit der angegriffenen Ukraine – Angriffe auf andere Staaten dürfen niemals akzeptiert werden. Es muss alles getan werden, um den Krieg zu beenden, ohne dass der Angreifer dadurch belohnt wird. Doch der Schlüssel für das Ende des Angriffs liegt in erster Linie bei der Russischen Föderation und Präsident Putin.

Hohe Wellen schlagen auch die Aktionen der Klimaaktivisten der Letzten Generation. Behörden reagieren mit massiver Repression, Politikerinnen und Politiker stellen die Aktivistinnen und Aktivisten auf eine Stufe mit terroristischen Vereinigungen – ein völlig überzogener Vergleich. Entlarvend ist diese Hetze angesichts der Forderungen der Letzten Generation: Im Kern fordern sie die Umsetzung geltenden Rechts, genannt seien das Pariser Klimaabkommen von 2015, das Deutschland unterzeichnet hat, und die Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2021 (1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20).

Der Klimawandel und seine immer deutlicher sichtbaren Folgen sind auch ein Schwerpunkt des diesjährigen Grundrechte-Reports, den wir gemeinsam mit neun weiteren bürger- und menschenrechtlichen Organisationen herausgeben. Weitere Themen des von der ehemaligen Verfassungsrichterin Susanne Baer der Öffentlichkeit vorgestellten Reports sind die grundrechtlichen Auswirkungen der Maßnahmen anlässlich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die wachsende Armut in Deutschland. Darüber hinaus werden im Report tödliche Polizeigewalt, rassistische Polizeikontrollen und Grundrechtsverletzungen an geflüchteten Menschen thematisiert sowie Einschnitte in die informationelle Selbstbestimmung und Probleme in der deutschen Justiz behandelt.

Eine der Folgen der weltweiten Klimaerwärmung ist die Migration aus Gebieten, die zunehmend unbewohnbar werden und in denen Kriege und politische Verfolgung die Menschen zur Flucht zwingen. Auf dem Mittelmeer spielen sich täglich Tragödien ab – die Katastrophe vom 14. Juni 2023, bei der ein völlig überfüllter Kutter hunderte Menschen in den Tod riss, ist dafür nur ein Beispiel.

Doch wie reagiert die Europäische Union? Durch das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) schottet sie sich weiter gegen Flüchtende ab, indem sie unter Anderem Schnellverfahren in Haftzentren an den europäischen Außengrenzen ermöglicht. Die Humanistische Union beurteilt das GEAS in weiten Teilen als menschenrechtswidrig. Denn der Kompromiss untergräbt das Recht auf Asyl und verstößt damit gegen die UN-Flüchtlingskonvention und gegen Artikel 16a des Grundgesetzes.

Aus unserer Sicht hätte die Bundesregierung niemals zustimmen dürfen – doch sie bejubelt den neuen „Asylkompromiss“ als „historischen Erfolg“, wie Bundesinnen- und Heimatministerin Faeser auf Twitter verlauten ließ. „Historisch“ ist er allerdings tatsächlich, steht er doch in unseliger Tradition des „Asylkompromisses“ von 1993, durch den das vormalige Grundrecht auf Asyl (Artikel 16 GG) geschleift wurde.

Auch mit dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und HessenDATA hat sich die HU abermals befasst, nachdem wir uns zuvor an einer Verfassungsbeschwerde beteiligt hatten. Am Donnerstag, 29. Juli wurde das HSOG in geänderter Fassung verabschiedet. Dabei wurde auch ein erst kurzfristig eingebrachter Änderungsantrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen zu § 25a verabschiedet, der datenschutz- und polizeirechtlich relevant ist. Wir haben im Vorfeld in einem offenen Brief an die Abgeordneten des Hessischen Landtags diese Kurzfristigkeit kritisiert, die jede außerparlamentarische Beteiligung bezüglich des Änderungsantrages verhindert und im Verfahren intransparent ist. Unser Brief wurde sowohl medial als auch von einigen Abgeordneten diskutiert. Gleichwohl wurde der Änderungsantrag ohne Anhörung verabschiedet. Unsere Kritik bleibt dennoch bestehen.

Erfreuliches gibt es aus unserer Bundesgeschäftsstelle zu berichten: Wir begrüßen Dr. Philip Dingeldey, der gemeinsam mit Carola Otte das neue Geschäftsführungs-Team bildet und gleichzeitig die Hauptredaktion unserer Zeitschrift vorgänge übernommen hat. Philip, im Namen des Bundesvorstandes herzlich Willkommen und viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben!

Doch leider gibt es nicht nur gute Nachrichten. Andrea Zielinski, die die Arbeit des Bundesvorstands wesentlich mitgeprägt hat, hat sich entschlossen, ihr Amt ruhen zu lassen. Wir bedauern dies sehr und freuen uns, dass sie die Humanistische Union dennoch weiter durch ihre Arbeit unterstützt, beispielsweise im Landesverband Berlin-Brandenburg.

Schließen will ich mit dem Hinweis auf unsere nächste Mitgliederversammlung: Sie wird am 14./15. Oktober 2023 an historischer Stätte stattfinden: Im Residenzschloss Rastatt, das wir von vielen Veranstaltungen bereits kennen. Im Rahmen der Mitgliederversammlung werden wir den diesjährigen Fritz-Bauer-Preis verleihen. Wir freuen uns, Sie zur Mitgliederversammlung in Rastatt (oder hybrid) begrüßen zu dürfen.

Insgesamt haben zwei Mitglieder des Bundesvorstandes ihre Absicht bekundet, bei der Mitgliederversammlung zurückzutreten – der Bundesvorstand würde dann nur noch aus vier Mitgliedern bestehen. Um die Arbeitsfähigkeit des Bundesvorstandes weiterhin sicherzustellen, sollen bei der Mitgliederversammlung neue Vorstandsmitglieder hinzugewählt werden. Wir rufen interessierte Mitglieder auf, zu kandidieren – nur mit einem arbeitsfähigen Bundesvorstand kann die wichtige Arbeit der Humanistischen Union auch künftig gesichert werden.

Im Namen des Bundesvorstands grüße ich herzlich,

Ihr Stefan Hügel

nach oben