Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 184: Der gläserne Mensch

Wie viel Politik verträgt die Moral?

Der schmale Grat zwischen moralischer Überlegenheit und Hypertrophie der Moral *

Es macht wenig Sinn, das Verhältnis von Moral und Politik abstrakt, gleichsam ahistorisch auszuloten, weil unter Moral und Politik abhängig von ihrer Zeit und ihrem Ort inhaltlich sehr Verschiedenes gedacht wird. Dennoch möchte ich einige allgemeine Überlegungen voranstellen, dann aber auf die Nachkriegszeit, insbesondere auf 1968 bis zur Gegenwart eingehen. Mir geht es darum, aufzuzeigen, dass moralische Positionen genauso wie politische auf dem öffentlichen Feld im Widerstreit, d.h. im Kontext eines Kampfes um kulturelle und politische Hegemonie stehen.

Ein allgemeines Vorurteil besagt, dass Politiker es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen und dass demzufolge Politik weniger mit Wahrheit zu tun habe als vielmehr mit Skrupellosigkeit. Insofern täte es der Politik ganz gut, wenn ihre Akteure grundsätzlich eine moralische Haltung einnehmen, sich damit gleichsam einer Wahrheit moralisch verpflichtet fühlen .

Der Labour-Politiker Denis MacShane hat kürzlich zehn Antworten auf die Frage gegeben, was mit der Sozialdemokratie los sei. Er sagte unter anderem: „Den Linken fehlt es an den richtigen Konzepten, um in diesem 21. Jahrhundert einen verständlichen und vernünftigen Wertekanon zusammenzustellen, den die Wähler mit einer demokratischen, linken Partei in Verbindung bringen können. Albert Camus schrieb einst: ,Die Werte waren für die Griechen jedem Handeln vorgegeben und gaben ihm genau die Grenzen an. Die moderne Philosophie stellt ihre Werte an das Ende der Handlung. Ersetzt man Philosophie durch Politik, bringt Camus‘ Anklage das Dilemma der modernen Linken auf den Punkt. Der New Labour- Ausspruch ,Alles, was funktioniert, ist gut‘, leitet sich vom Dichter und Philosophen Alexander Pope ab, der sagte: ,Was immer ist, ist wahr.‘ Das wiederum war über Jahrhunderte der Leitsatz der britischen Konservativen. Tatsache ist, dass die demokratische Linke Werte braucht, die in einem sinnvollen Zusammenhang stehen.“[1]

Die Politik kann also etwas mehr Moral vertragen im Sinne einer stärkeren Sensibilität für Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt. Solch moralisches Politikverständnis ist politische Moral, „Nloral des politischen Verhaltens, des praktischen Widerstands, der Leistungsverweigerung“ wie Oskar Negt der 68er-Protestbewegung als „Moral im eigentlichen Sinne” zuschreibt.[2] Die Bezeichnung „Moral im eigentlichen Sinne” hat mich bei Oskar Negt allerdings irritiert, weil sie so vage, beinahe spekulativ ist und doch eher dem Jargon entspricht. Deshalb mag ich auch nicht ganz zustimmen. Ich sehe einen wichtigen Unterschied zwischen „Moral im eigentlichen Sinne” und politischer Moral.

„Moral im eigent­li­chen Sinne” und politische Moral

Wie viel Politik verträgt die „Moral im eigentlichen Sinne”, ohne Idiosynkrasie gegen-über ihr zu entwickeln, sie von sich zu weisen und stattdessen den Krieg als Fortsetzung der Politik mit ihren Mitteln zu bevorzugen?

Verselbständigt sich die Moral in der Politik, zerstört sie das Politische. Nur als aufgehobene Einheit im Medium der Politik richtet Moral keinen Schaden an und begründet zugleich emphatische Politik. Das bedeutet aber, dass in der Politik Moral nur vermittelt, niemals unmittelbar in Erscheinung tritt. In diesem Sinne spreche ich von politischer Moral, die ich von einer Politik der Moral, gleichsam einer moralisierenden Moral in der Politik abgrenze.

In den westlichen Demokratien werden, wie Ernst Fraenkel in seinen späteren Vorträgen und Aufsätzen herausarbeitete[3], in der politischen Sphäre auf legitimer rechtlicher Grundlage partikulare Interessen vertreten. Es gelten als allgemeine Prinzipien Pluralismus, Kompromiss und Konsens. Demnach könnte man eine Äußerung wie von Peter Sloterdijk als antidemokratische Entgleisung verstehen, wenn er meint, Konsensualismus fördere die Sehnsucht nach Krawall. Er sagt außerdem: „(…) in erster Linie ist der Konsensualismus schon eine Form von Geisteskrankheit in der Gesellschaft der Vernünftigen, die heftigste Epidemien auslöst. Ich würde gern in Zeiten leben, wo mehr Menschen miteinander kollidieren.“[4] „Moral im eigentlichen Sinne” ist kompromisslos und deshalb Zündstoff im politischen Kampf: Sie hat eine Affinität zum absoluten Denken, fühlt sich der (absoluten) Wahrheit verpflichtet, ist aber selbst auf dieser Ebene partikular, einseitige Parteinahme und subjektiv (Meinung, Vorurteil). Sie ist als Partikulares mit Entgegensetzungen konfrontiert und verträgt deshalb nichts Partikulares oder Ambivalentes. Moral ist ungeduldig.

Demokratie, das Bohren dicker Bretter (Max Weber), aber erfordert Geduld. Wo „Moral im eigentlichen Sinne” auf Politik stößt, kann sehr schnell Verdrossenheit entstehen. Reine Moral hilft, die Welt in gut und böse, in Freund und Feind einzuteilen: jedenfalls in klare Fronten. Darum ist auch immer dort, wo Krieg ist, eine Hypertrophie der Moral am Werk. Hypertrophie der Moral zerstört die Sphäre des Politischen. Sie macht aus Gegnern Feinde und beginnt mit Verfolgung und Krieg.

Ein existentieller Satz zur politischen Moral stammt dagegen von Albert Camus, dessen Buch „Der Mensch in der Revolte” in den späten 60er Jahre massenhaft gelesen wurde: „Ich empöre mich, also bin ich”. Aber Camus ist ein Gegner des absoluten Denkens. Er ist ein Anhänger des so genannten „Mittelmeerischen Denkens”, das der Göttin des Maßes (Nemesis) die Ehre erweist. Das Maß ist denn auch eine politische Kategoriejedenfalls seit Aristoteles. Es geht also darum, eine Hypertrophie oder Entropie, welcher Art auch immer, zu vermeiden.

Nun habe ich einen Satz von Ulrich Kohlmann in seinem Aufsatz „Phantasie und Moral – Wegmarken einer kritischen Theorie der Moral” aus dem Band „Phantasie an die Macht? 1968 – Versuch einer Bilanz“[5] gelesen, den ich aus den bereits erwähnten Gründen sehr problematisch finde: „Moralisch wäre Praxis einzig in ihrer unablässigen Beunruhigung darüber, nicht moralisch genug zu sein. Diesen Praxisbegriff theoretisch aufzuhellen, ist die zeitgemäße Aufgabe einer kritischen Theorie der Moral.”

Hier wird ausgesagt, dass politische Praxis unaufhörlich zu moralisieren habe und dass die Aufgabe einer kritischen Theorie der Moral nicht etwa in der Kritik der herrschenden Moral bestünde, wie es programmatisch Horkheimer und Adorno gesehen haben, sondern eben im Wetteifer quantitativer Moralisierung. Solche Ansichten bringen mich zunehmend auf den Zusammenhang zwischen Moralisierung und Gewalt: Eine allzu sehr moralische Politik führt zur Politik der Moral, die mit politischer Moral nichts mehr zu tun hat, sondern mit eigensinnigem Eigendünkel (Hegel), der ohne versittlichende Filterinstanzen zu sehr von Emotion und Mitleid oder Hass, aber weniger von Vernunft geleitet ist. Führen bestimmte moralische Ansprüche auch zu einer Politik der Moral im Sinne eines dünkelhaften Terrors? Dazu liefern neben Robespiere und der hochmoralischen RAF auch die Kirchengeschichte oder beide Parteien im aktuellen »Krieg gegen den Terror« einen reichen Fundus unerfreulicher Beispiele.

Das moralische Gefühl bestimmte Kant als „Empfänglichkeit der bloßen Achtung für das moralische Gesetz in uns“[6]. Der von ihm sehr abstrakt gehaltene kategorische Imperativ kann zwar als objektiv, das heißt allgemeingültig genommen werden, aber aus ihm auf staatlicher und zwischenstaatlicher Ebene direkte Konsequenzen der Gewaltanwendung abzuleiten, wenn gegen das moralische Gesetz der Menschlichkeit verstoßen wird, ohne dass zwischen Gefühl, Moral und Tat objektivierende, im Hegelschen Sinne Sittlichkeit vermittelnde Rechtsinstanzen wirksam wären, müsste man als nicht kontrollierbare Justiz auf staatlicher Ebene bezeichnen, weil seine Verantwortlichen, die den Staats-, Polizei- oder Militärapparat befehligen, mit dem Verstand nicht mehr weitergekommen sind und sich von moralischen Gefühlen leiten lassen, die den Verstand weiter ausschalten. Oder mit Kant gesagt: „Gefühl (…) hat jeder nur für sich, und kann es andern nicht zumuten, also auch nicht als einen Probierstein der Echtheit einer Offenbarung anpreisen, denn es lehrt schlechterdings nichts, sondern enthält nur die Art, wie das Subjekt in Ansehung seiner Lust oder Unlust affiziert wird, worauf gar keine Erkenntnis gegründet werden kann.“[7]

Kant bestimmt zwar die Moral formal als Gesetzgeber, postuliert aber die Allgemeinheit des kategorischen Imperativs. Insofern gilt das Sittengesetz als „Grundnorm des Moralischen”.

In der Jakobinerherrschaft (1793) hatte sich ein Partikulares zum Allgemeinen erhoben und gab sein besonderes Interesse als absolutes aus. Es war eine höchst zentralisierte Minderheitsregierung gewesen, der zugleich ihrer sozialen Basis verlustig gegangen war.[8] Für Hegel waren ihre Taten die der Tugend und Gesinnung, die alles und jeden verdächtigte, worin sie sich selbst, ihre eigene Gesinnung, nicht erkannte; es war ein Schrecken ohne gerichtliche Formen, der als Bestrafung einzig den Tod kannte.[9] Hegel schreibt: „Die Tugend hat jetzt zu regieren gegen die Vielen, welche mit ihrer Verdorbenheit und mit ihren alten Interessen oder auch durch die Exzesse der Freiheit und Leidenschaften der Tugend ungetreu sind. Die Tugend ist hier ein einfaches Prinzip und unterscheidet nur solche, die in der Gesinnung sind, und solche, die es nicht sind. Die Gesinnung aber kann nur von der Gesinnung erkannt und beurteilt werden. Es herrscht somit der Verdacht; die Tugend aber, sobald sie verdächtigt wird, ist schon verurteilt.“[lo]

Hegel kritisierte, dass der Terror sich in einem bedeutungslosen Sterben erschöpfte, in der Liquidation alles NichtIdentischen, worin die Gesinnung alles Übrige mit sich identisch machte. Die Allgemeinheit, die hier entstand, sei durch die sich terroristisch verhaltene Besonderheit erzwungen worden und deshalb unwahr. Das Schafott – Symbol der Freiheit – wurde zum sichtbarsten Zeichen der neuen Unterdrückung.

Die Gestalt der Freiheit war also nicht abgeschlossen. Für Hegel war es notwendig, dass der Geist vermöge der Reflexion sich seiner selbst gewiss werde und von der Sphäre der Moralität und Legalität, in ein neues Stadium der Freiheit überginge. Die vollendete vernünftige Freiheit sollte schließlich ihre Wirklichkeit in der Gestalt des bürgerlichen Staates finden, der die Einhaltung des für alle geltenden Rechts garantieren konnte.

Nun kann man nach Auschwitz – der „moralischen Katastrophe‘ (Jürgen Habermas) – nicht mehr wie Hegel so unkritisch gegenüber dem bürgerlichen Staat sein und an Hegels System der in den Institutionen sich versittlichenden Moral affirmativ festhalten, gleichsam darauf vertrauen, dass der Staat die Wirklichkeit der sittlichen Idee sei. Gerade im Nationalsozialismus dienten die gleichgeschalteten Institutionen zur Manipulation des Bewusstseins, gleichsam zur Internalisierung einer völkischen Moral. Die kosmopolitische Vernunft hat sich dagegen ins Besondere, ins Subjektive und Einzelne zurück-gezogen und überlebt – insbesondere bei den wenigen, die gegen das Terror-Regime Widerstand geleistet haben und bereit waren, ihr eigenes Leben zu riskieren, um Hitler zu töten.

Wandel­bar­keit der Moral nach Karl Otto Apel – Univer­sa­li­sie­rung der Moral?

Die Befreiung vom Faschismus ermöglichte im Rahmen der reeducation-Programme, so Karl Otto Apel, eine radikale Neuorientierung der Moral: eine Abkehr von der „Law and Order-Moral” und den „preußischen Tugenden” (Fleiß, Gehorsam, Ordnungsliebe, Sorgfalt, Tapferkeit etc.), die auch das reibungslose Betreiben eines Konzentrationslagers ermöglichten, sowie eine Hinwendung zur so genannten „postkonventionellen Moral” (Humanität, Universalismus, Kosmopolitismus), das heißt zu ethischen Leitprinzipien, die sukzessive verrechtlicht werden und den objektiven Geist der gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen bestimmen (Rechts- und Sozialstaat, selbstbeschränkte Friedensmacht).[11] „Nie wieder Krieg!” und „Nie wieder Auschwitz!” konnten als die Grundsäulen der moralischen Neuorientierung der Bundesrepublik gelten,[12] die sich als Rechtsnachfolgerin des „Dritten Reiches” verstand. Für Konservative ist die „postkonventionelle Moral” nicht als neue Normalität zu akzeptieren gewesen; für sie war Normalität verbunden mit einer Rückkehr zur traditionellen, das heißt konventionellen Moral, das sind die preußischen Tugenden, die für den Nationalsozialismus nicht in Anschlag zu bringen seien. Vielmehr sei im Nationalsozialismus eine Abkehr von der konventionellen hin zu einer „völkischen Moral” erfolgt, die Konservative gerne als anormal und in diesem Sinne als postkonventionell bewerteten.[13] Die linksliberale Vorstellung von Normalität zielte dagegen auf das Selbstverständnis Deutschlands als Friedensmacht. Erste Zugeständnisse der Moral an den realpolitischen Zeitgeist fanden aber schon in der Adenauerära, zum Beispiel mit der Wiederbewaffnung, statt, die von links zu verhindern versucht wurde.

Moralische Überle­gen­heit der 68er?

Die Proteste der späten 1960er Jahre waren sehr moralisch motiviert. Im Kontrast dazu standen die Skrupellosigkeit und Korruptheit der herrschenden Eliten. Als Alexander Dubcek im August 1990 auf die Niederschlagung des Prager Frühlings zurückschaute, sprach er von einer „moralischen Überlegenheit” des Widerstands: „Auf lange Sicht waren unser gewaltloses Verhalten und die moralische Überlegenheit des tschechoslowakischen Volkes über den Aggressor von moralischer Bedeutung. Rückblickend könnte man sagen, dass das friedfertige Verhalten zur Auflösung des aggressiven Blocks beige-tragen hat. (…) Meine Überzeugung, dass moralische Überlegungen ihren Platz in der Politik haben, ergibt sich nicht einfach aus der Tatsache, dass kleine Länder moralisch sein müssen, weil sie nicht in der Lage sind, sich gegen größere Mächte zur Wehr zu setzen. Ohne Moral kann man nicht über internationales Recht sprechen. Moralische Prinzipien im Bereich der Politik außer Acht zu lassen, würde einer Rückkehr zu den Gesetzen des Dschungels gleichlcommen.“[14]

Die Demonstration moralischer Überlegenheit verliert aber ihre Authentizität, wenn die Opfer von Gewalt selbst zur Gewalt greifen. Der moralisch-politische Protest der 68er stieß weltweit auf repressive Gewalt. Auch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung (Luther King) verfolgte die Strategie der Gewaltlosigkeit. Man suchte sich allerdings Orte für Proteste aus, von denen man genau wusste, dass die Gegenreaktionen besonders heftig ausfallen würden. Die Erfahrung repressiver Gewalt sowie die mediale Inszenierung als Opfer von Gewalt konstituierten die internationale Protestbewegung wesentlich mit. Hier ging partiell die Eskalationsstrategie auf: die Maske des Staates wurde heruntergerissen und brachte die Fratze zum Vorschein (Ermordung Benno Ohnesorgs, Attentate auf Robert Kennedy, Martin Luther King und Rudi Dutschke).

Am Ende war die Erfahrung extrem repressiver Gewalt kein konstitutives Moment mehr für die Bewegung, sondern ein destruktives (Niederschlagung des Prager Frühlings, Pariser Mai, Massaker in Mexiko, Schwere Zusammenstöße auf dem Konvent der Demokratischen Partei in Chicago (USA)).

Wolfgang Kraushaar kritisiert an Rudi Dutschke, dass er die Fokus-Theorie von Che Guevara übernommen und auf Westdeutschland übertragen und damit eine gezielte Eskalationsstrategie verfolgt habe. Demnach könne der subjektive Faktor mittels punktueller Gewaltaktionen die objektiven Bedingungen für eine Revolution schaffen, indem von einer kleinen Gruppe bewaffneter Revolutionäre und deren Aktionen der Funke auf die Bauern, bzw. Arbeiter überspringe. Zwecks dazu greife man das Herrschaftssystem an seinem schwächsten Glied an. Die Adaption der Guerilla-Strategie in den Metropolen (Stadtguerilla) führte zur „Direkten Aktion” vermöge derer die autoritären Verhältnisse offen gelegt werden. Gegengewalt sei bewusst eingeplant gewesen in der Hoffnung, das führe zur Politisierung der Bevölkerung.

Kraushaar behauptet mit seiner Kritik an Rudi Dutschke, dass die terroristische Gewalt der RAF eben kein Zerfallsprodukt von 68, sondern bereits im Entstehen der Protestbewegung angelegt gewesen sei: Das Konzept der Stadtguerilla, das in der Auseinandersetzung mit dem Befreiungskampf in der Dritten Welt entstanden sei, habe den revolutionären Terrorismus in den Metropolen zur Folge gehabt.

Die Übertragung der Fokus-Theorie (Guerilla-Taktik) auf die Metropolen kann durchaus den bewaffneten Kampf zur Folge haben, wenn man diese Übertragung nicht nur auf symbolische Aktionen bezieht. Insofern liegt dann ein Fehlschluss zu Grunde: dass die Verhältnisse in den Metropolen genauso barbarisch gewesen seien, wie in der Dritten Welt und also der bewaffnete Kampf auch hier moralisch geboten sei.

Dutschke aber verabscheute Gewalt gegen Menschen, wie sein Weggefährte Klaus Meschkat betont hat. Auf die Frage, ob der Zweck die Mittel heilige, hätte Dutschke ganz sicher wie sein Lehrer Ernst Bloch geantwortet: Nicht immer; manche Mittel entheiligen den Zweck!

Tenden­z­wende und geistig-­mo­ra­li­sche Wende

Auf die Protestbewegung der sechziger Jahre folgte Anfang der siebziger Jahre der linksextremistische Terrorismus. Der linke Terrorismus ist ein Zerfallsprodukt der 68er-Bewegung. Hochmoralisch ist die RAF ans Werk gegangen und nahm Menschen nur noch als Träger von Charaktermasken wahr: in der Person verschmolz der Mensch mit der Charaktermaske und wurde moralisch für schuldig befunden.

Die Reaktion des von SPD und FDP regierten Staates folgte der Aufforderung von CDU/CSU, auf den Terrorismus wesentlich härter zu reagieren. Das gesellschaftliche Klima ging über in die so genannte „Tendenzwende“[15], die dem schwarz-gelben Regierungswechsel von 1982 und der von Helmut Kohl verkündeten „geistigen und moralischen Wende” vorausging.

Apel konstatierte eine neopragmatische Abwiegelung der so genannten „postkonventionellen Moral”, die auf einem besonderen Lernerfolg nach Auschwitz beruht habe, und eine Reetablierung der traditionellen Moral. Habermas stellt eine ,semantische Enthemmung von Affekten [fest], die bis dahin unter der Decke eines dezidiert liberalen Meinungsklimas wohltätig geschlummert hatten“[16]. Das betrifft nicht nur Konservative, sondern vor allem solche, die sich selbst als liberal bezeichnet haben und die liberalen Chiffren der öffentlich-symbolischen Sprachregelung eingeübt hatten und nun im Wandel des Meinungsklimas enthemmt zeigen, wessen Geistes sie (geworden) sind. Das Erstarken von neokonservativen Denkweisen werde von Carl Schmitts Kritik an den un-erwünschten Folgen einer Moralisierung der Politik von links, von Arnold Gehlens Kritik an einer vermeintlichen Überforderung der Subjekte durch zuviel Autonomie und Freiheit sowie von Joachim Ritters und Hans Freyers Neuhegelianismus, der in Form einer postmodernen Theorie der Nachaufklärung zurechtgemacht werde, beeinflusst. „Die Neue Rechte warnt vor der diskursiven Verflüssigung der Werte, vor der Erosion naturwüchsiger Traditionen, vor der Entmächtigung automatisch geltender Institutionen, vor Überlastung des Subjekts und überzogener Individuierung; sie möchte die Modernisierung gern aufs kapitalistische Wachstum und den technischen Fortschritt begrenzt sehen und gleichzeitig den kulturellen Wandel, die Identitätsbildung, den Motiv- und Einstellungswechsel anhalten, den Traditionsbestand einfrieren.[17] Die „neukonservativen Erben” misstrauten den Errungenschaften der eigenen bürgerlichen Emanzipation und beschworen die Liberalen, welche jene auch einmal waren, die bürgerlichen Ideale nicht allzu wörtlich zu nehmen.

Als Gegenstrategie schlägt Habermas vor, die „Dimensionen einer unverkürzten Rationalität” in Erinnerung zu rufen, das heißt, eine Kritik an der Einebnung des Aufklärungsbegriffs zur instrumentellen Vernunft vorzunehmen, „auf deutschem (Blut – und) Boden haben wir schon einmal das Experiment einer auf Wirtschaftswachstum und technischen Fortschritt eingeschränkten Modernisierung gemachti[18].

Habermas bringt das Phänomen des Konvertitentums Ende der 1970er Jahre mit Veränderungen in der außenpolitischen Konstellation in Verbindung. Die Neokonservativen in den USA haben die militärische Niederlage in Vietnam, den Rückzug der amerikanischen Truppen und die Entspannungspolitik von Henry Kissinger als eine auch in moralischer Hinsicht bedeutende Niederlage im Kampf gegen den Weltkommunismus empfunden.[19] Diese „moralische Entwaffnung” habe fatale innenpolitische Auswirkungen, da das gesellschaftliche und staatliche Institutionengefiige durch den ausdauernden Protest der Jugendbewegung bedroht werde. Habermas schreibt, die Neokonservativen entdeckten die Krisenursachen in „kulturell bedingten Legitimationsproblemen” sowie insgesamt in einem „gestörten Verhältnis von Demokratie und Kultur”, statt in der Funktionsweise der kapitalistischen Ökonomie und des Staatsapparates. Die Neokonservativen seien davon überzeugt, dass es einen Autoritätsverlust der zentralen gesellschaftlichen und politischen Institutionen gebe, was sie zur Beunruhigung veranlasse.

Verdrehung von Ursache und Wirkung sei die entscheidende theoretische Schwäche der Neokonservativen. „Während Neokonservative in Worten Umwelt, Menschenwürde und Sittlichkeit verteidigen, tragen sie gleichzeitig durch ihre vorbehaltlose Verteidigung des existierenden Wirtschaftssystems und der bestehenden politischen Machtverhältnisse zur Fortsetzung jener zerstörerischen Dynamik bei, für die sie Sündenböcke aus dem Lager der linken Intellektuellen und der Anwälte des Wohlfahrtsstaates verantwortlich zu machen suchen.”

Eine weitere Strategie der Neokonservativen bestehe in der Diskreditierung der Intellektuellen in Form konservativer Kulturpolitik, wodurch eine Desintegration aus der öffentlichen Meinungsbildung erfolgen soll. Dies war auch der versteckte Sinn von Kohls „geistiger und moralischer Wende”, denn „postmaterielle Werte, vor allem die expressiven Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung und die kritischen Urteile einer universalistischen Aufklärungsmoral, gelten als Bedrohung für die motivationalen Grundlagen einer funktionierenden Arbeitsgesellschaft und der entpolitisierten Öffentlichkeit. Auf der anderen Seite soll die traditionale Kultur, sollen die haltenden Mächte der konventionellen Sittlichkeit, der Patriotismus, der bürgerlichen Religion und der Volkskultur gepflegt werden.“[21]

„Kritische Linke wissen, dass Umwelt, Menschenwürde und humane Beziehungen von Mensch zu Mensch nur wiederhergestellt werden können, wenn das bestehende Wirtschaftssystem und die von ihm geprägten Machtverhältnisse radikal verändert wer-
den. [22]

Kritik an Habermas‘ Diskur­sethik

als „moralisch-praktischer Verfahrensrationalität”
An dieser Stelle muss aber auch eine Kritik an Habermas‘ Diskursethik, die mit einer „sühnenden Erinnerung” der „moralischen Katastrophe” (Auschwitz) auf das engste verbunden ist, erfolgen.

Jene Kraft der „sühnenden Erinnerung”, die eine „Dialektik der Normalisierung” ausmache, vermag sich nämlich kaum allein gegen die fortgesetzten Anforderungen einer kapitalistischen Realität durchzusetzen, welche die materielle Basis einer kapitallogisch-systematischen Normalisierung ausmachen. Die politisch-ökonomischen Interessen bilden den Hintergrund für einen angestrengten Kulturkampf um Hegemonie in der Öffentlichkeit (Gramsci), dem deshalb nicht allein mit den moralischen Prinzipien einer zivilen Diskursethik beizukommen ist. Als demokratische Diskursethik fasst Habermas eine „moralisch-praktische Verfahrensrationalität”, die sich an die „Regeln eines fairen Ausgleichs von Interessen”, gleichsam an eine Ethik des Kompromisses hält: „Kompromissbildung bestimmt in Systemen unseres Typs auf weite Strecken die politischen Entscheidungsprozesse (,..). Aber erst wenn diese Kompromisse nach Regeln eines fairen Ausgleiches von Interessen zustande kommen, sind sie auch rational im Sinne einer moralisch praktischen Verfahrensrationalität.“[23]

Die Diskursethik von Habermas scheint der Ungleichheit der Machtverhältnisse, die demokratische Diskurse nicht egalitär ablaufen lässt, Kompromisse allzu oft zu erzwungenen oder gar erpressten Zugeständnissen macht und letztlich das gesamte moderne Zeitalter der Aufklärung als eine Geschichte erscheinen lässt, in der das vernünftige Argument – wenn überhaupt – nur in Zusammenhang vermittelter Autorität und Macht sich durchsetzen konnte, keinen großen Stellenwert einzuräumen. „Autoritas, non veritas facit legem” hatte Thomas Hobbes zum Beginn der Moderne treffend erkannt. Setzt man Habermas‘ Diskursethik in eine praktische Beziehung zu Adornos kategorischen Imperativ, wie er ihn in seiner „Negativen Dialektik” formuliert hat,[24] so müsste man zu dem Ergebnis kommen, dass Habermas Adornos Imperativ von Marx abgeschnitten und auf Kantische Moralphilosophie reduziert hat. Eine zivilgesellschaftliche Moral ist für sich alleine genommen eine stumpfe Waffe, die gegen die politische Ökonomie, von der sie maßgeblich beeinflusst wird, allein nichts wirklich zu verändern vermag.

Kapita­lismus funktio­niert nicht nach den Maßstäben guter Moral

Heinrich Heine schreibt: „Was man erhinken muss, darf man nicht erfliegen wollen.” Und darum muss man der Wurzel auf den Grund gehen, das Phänomen gleichsam radikaler angehen. Adorno schreibt in der „Negativen Dialektik”, dass Moral nur im „ungeschminkt materialistischen Motiv” überlebe. Dem Kapitalismus unmaterialistisch, gleichsam bloß moralisch anzugehen, hieße, ihm den „Schleier der Maja” anzuhängen, unter dem wir dann leben und alles nur noch verschleiert wahrnehmen. Das soll heißen: Der Kapitalismus funktioniert nicht nach den Maßstäben guter Moral, da er wesentlich auf Ausbeutung und Profitmaximierung beruht.

Moral ohne materialistisches Motiv findet sich in Kants kategorischem Imperativ, so zu handeln, dass das individuelle Handeln zur allgemeinen Maxime des Handelns werden könne. Kants allgemeines Sittengesetz führt – konsequent, d.h. „ungeschminkt materialistisch” weitergedacht – zu dem von Marx in seiner Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie formulierten kategorischen Imperativ: „Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.”

Was hat Marx dazu veranlasst, den moralischen Imperativ an das Subjekt in einer praktischen Kritik des Kapitalismus aufzuheben? In seiner Kritik der politischen Ökonomie zeigt er auf, dass die Kapitalisten auf Grund des Konkurrenzprinzips „bei Strafe ihres Untergangs” dazu gezwungen sind, den Menschen als bloßes ökonomisches Mittel (Ware Arbeitskraft) und nicht zugleich auch als Zweck (Menschwerdung des Menschen) zu behandeln. Die Menschen verstoßen im Kapitalismus gezwungenermaßen gegen Kants Sittengesetz.

Man kann daraus folgern, dass der Kapitalismus sittenwidrig ist: Er appelliert an den „inneren Schweinehund”. Sein Prinzip der „Selbstverwertung des Wertes”, die permanente Zirkulation von Ware und Geld, ist die ewige Wiedergeburt des Kapitals – als ein „Schweinesystem”. Dagegen kommt gute Moral, geschweige denn gutes Karrna,[25] nicht an. Adorno hat es in den „Minima Moralia” ganz düster ausgedrückt: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.” Gegen dieses Verdikt mag man einwenden: Es gibt aber ein weniger falsches Leben im falschen. Dieses mag darin bestehen, im Bioladen einzukaufen oder darauf zu achten, keine Produkte zu erwerben, an denen das Blut oder auch nur der Schweiß von Kinderhänden klebt. Oder eine besondere Biersorte zu kaufen, um den Regenwald zu retten.

Aber solche Konsumenten-Moral ist nur etwas für jene, die nicht nur willens, sondern finanziell auch in der Lage sind, faire, d.h. also höhere Preise für Waren zu bezahlen. Geiz ist selbstredend nicht geil. Aber wer auf dem Niveau von Hartz IV lebt – als Arbeitsloser oder Billiglöhner – kann sich von schlechtem Gewissen nicht beeindrucken lassen. Oder anders gesagt: Es gibt einen von Kausalität zumindest beeinflussten Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Verhältnissen (äußeren Umständen) und der Fähigkeit zum Gutsein. Bertolt Brecht hat das in seinem „Lied von der belebenden Wirkung des Geldes” trefflich so ausgedrückt: „So ist’s auch mit allem Guten und Großen / Es verkümmert rasch in dieser Welt. / Denn mit leerem Magen und mit bloßen Füßen / ist man nicht auf Größe eingestellt. / Man will nicht das Gute, sondern Geld / Und man ist von Kleinmut angehaucht. / Aber wenn der Gute etwas Geld hat / Hat er, was er doch zum Gutsein braucht.“

Neoliberale Moral

Die Strategie der Neokonservativen, welche diese zur Lösung der vermeintlichen Probleme anboten, gehört heute zum hegemonialen Programm des weltumspannenden Neoliberalismus, der ein Analogon zum Neokonservativismus ist. Die Entsprechung liegt unter anderem in der Bevorzugung aristokratischer Werte, während aber im Neoliberalismus diese als demokratische Werte verschleiert werden, werden sie im Neokonservativismus offen ausgesprochen. Profiteure sind jedoch stets die Reichen, die allein einen „schlanken Staat” bei gleichzeitigem „Gutmenschentum” sich finanziell leisten, aber ihre egoistischen Interessen gegen das soziale Gewissen und gegen das solidarische Prinzip des Gemeinwesens abdichten können. Die katholische Soziallehre findet darin keine Berücksichtigung mehr. Das Subsidiaritätsprinzip, das einmal in menschenrechtliche Auffassungen eingebunden war und soziale Gerechtigkeit herstellen sollte, wird Schritt für Schritt aufgegeben. „Gäbe es in der Bundesrepublik noch eine wirksame Tradition katholischer Soziallehre, so wäre es kaum denkbar, dass — wie es zurzeit geschieht — der Abbau des Sozialstaats unter Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip schmackhaft gemacht wird.[26]

Die Übel der Welt werden heute morali­sie­rend verarbeitet

Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, ein Gegner der Moral zu sein. Meine ganze Argumentation ist ja selbst moralisch, jedenfalls normativ geprägt. Aber ich verstehe unter einem moralischen Ansatz Kritik: politische Moral als Kritik der herrschenden Moral.

Moralische Sensibilität wird heute — 40 Jahre nach 1968 — wieder durch Sachzwangideologie neutralisiert. Politische Praxis kommt deshalb ohne moralischen Impetus aus, verkümmert deshalb auch zur kalten Technologie (Entropie der Moral). Wo Moral in der Politik dennoch eine Rolle spielt, wird sie belächelt, oder sie steht in einem instrumentellen Verhältnis zur Verschleierung von Herrschaftsinteressen.

Der Germanist Georg Bollenbeck schrieb kürzlich im „Freitag”: „Wie wichtig 68 ist, belegen die Deutungskämpfe. Aber eine neue Studentenbewegung ist nicht in Sicht. Gewiss, die Zumutungen und Konflikte haben zugenommen. Aber sie werden heute durch Mitmach- und Einigkeitsdiskurse geschickter gemanagt. Für die Selbstverwirklichung soll der Markt zuständig sein. Die Autoritäten sind durch Sachzwänge ersetzt, die Übel der Welt werden moralisierend verarbeitet. (…) Wer heute die Welt politisch verändern will, tut dies in einer durch die Vollzugsbeamten der Modernisierung veränderten Welt. Und wer in diesen Folgen keinen Erfolg sieht und gar eine andere Welt will, der braucht das, was die Protestbewegung auszeichnete: den Reichtum der Vorstellungsmacht den langen Atem einer theoriegeleiteten Gesellschaftskritik und eine phantasievolle Widerständigkeit . So gesehen kann 68 für eine sich re-formierende Linke als Lehrstück wirken, von den man weiß, das was es darstellt Vergangenheit ist.[27]

* Der Beitrag basiert auf einem Vortrag, gehalten auf dem Kolloquium »1968 – Fragen der politischen Moral« der ZEWW, Universität Hannover, am 9.7.2008 im Leibniz Haus in Hannover.

[1] Denis McShane: „Die Krise der Sozialdemokratie in Europa”, dokumentiert in: Freitag vom
6.6.2008.
[2 ]Vgl. Oskar Negt 1968 im Kursbuch.
[3] Vgl. Ernst Fraenkel: Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1968.
[4] Peter Sloterdijk: Interview, in: Jochen Gerz: Platz der Grundrechte Karlsruhe, S. 101.
[5] Berlin/Wien 2002, S. 291-309.
[6] Immanuel Kant: „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft”, in: ders.: Werke, Bd.
VIII, Frankfurt am Main 1997, S. 649-879, B 18.
[7] Ebd., B 165 f,
[8] Das Zeitalter der europäischen Revolution 1780-1848, Fischer Weltgeschichte Bd. 26, Hrsg.: Louis
Bergeron, Francois Furet und Reinhart Koselleck, Frankfurt 1969, S. 73.
[9] Vgl. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Frankfurt am Main, S. 532f.
[10] Ebd.
[11] Vgl. Karl Otto Apel: „Zurück zur Normalität? – Oder könnten wir aus der nationalen Katastrophe
etwas Besonderes gelernt haben? Das Problem des (welt-)geschichtlichen Übergangs zur postkon-
ventionellen Moral aus spezifisch deutscher Sicht”, in: ders.: Diskurs und Verantwortung. Das Problem des Übergangs zur postkonventionellen Moral, Frankfurt am Main 1990, S. 370–474; S.
424; vgl. Walter Resse-Schäfer: Karl Otto Apel zur Einführung, mit einem Nachwort von Jürgen
Habermas, Hamburg 1990, S. 27 f.
[12] „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! – das waren Parolen, die die politische Struktur der Gesellschaftsordnung verändern wollten, aber gleichzeitig darauf gerichtet waren, die Grundlagen der
Wirtschaft und des Systems gesellschaftlicher Arbeit so zu korrigieren, dass die Möglichkeit autoritärer Entwicklungen an ihrer Wurzel getroffen wird.” – Oskar Negt: Wozu noch Gewerkschaften? Eine Streitschrift, Göttingen 2004, S. 56.
[13] Vgl. Apel: „Zurück zur Normalität?”, a.a.O., S. 428.
[14] Alexander Dubcek im August 1990, zit, n. Mark Kurlansky: 1968. Das Jahr, das die Welt veränder-
te, Köln 2005, S. 320.
[15] Oskar Negt kritisiert den Begriff als Euphemismus. Genauer benannt wäre die Phase als „Form der
präventiven, vorbeugenden Gegenrevolution”, die man auch als zweite Restaurationsphase (gekennzeichnet durch eine breite Polarisierung der gesellschaftlichen Kräfte) bezeichnen könne. –
Vgl. Negt: „Die Misere der bürgerlichen Demokratie in Deutschland”, in ders.: Keine Demokratie ohne Sozialismus. Über den Zusammenhang von Politik, Geschichte und Moral, Frankfurt am Main 1977, S. 17 f. – „Gegenrevolutionäre Gewalt” (z. B. in Gestalt der Berufsverbote) komme in Deutschland präventiv zum Einsatz; es gebe Restaurationen ohne vorherige Revolutionen. – Vgl.
ebd., S. 35.
[16] Habermas: Stichworte zur geistigen Situation der Zeit, Frankfurt am Main 1979, Vorwort, S. 21.
[17] Ebd., S. 22.
[18] Ebd., S. 23.
[19] Vgl. Peter Glotz, zit. n. Habermas: „Die Kulturkritik der Neokonservativen in den USA und in der
Bundesrepublik”, in ders.: Die Neue Unübersichtlichkeit, Frankfurt am Main 1985, S. 32.
[20] Vgl. ebd., S. 33.
114 vorgänge Heft 4/2008, S. 103-114
[21] Habermas: „Die Krise des Wohlfahrtsstaates und die Erschöpfung utopischer Energien”, in: ders.: Die Neue Unübersichtlichkeit, a.a.O., S. 154.
[22] Iring Fetscher: „Bewahren zur Sicherung der Zukunft. Eine Aufgabe für die Linke”, in: Konservativismus in der Strukturkrise, hrsg. v. Thomas Kreuder und Hanno Loewy, Frankfurt am Main 1987, 5. 205–220; S. 216.
[23] Jürgen Habermas: „Was Theorien leisten können – und was nicht”, in: ders.: Vergangenheit als Zukunft, Zürich 1990, S. 143.
[24] Vgl. Theodor W. Adorno: Negative Dialektik, Frankfurt am Main 1975, S. 358.
[25]Vgl. Marcus Hawel: »Unter dem Schleier der Maja. Eine philosophische Betrachtung eines Verhältnisses zum Konsum, der sich Karma-Kapitalismus nennt«, Internetseite des Goethe-Instituts: http://www.goethe.de/ges/phj/t1llpJdebJde253575
.htm.
[26] Arno Klönne: Zurück zur Nation? Kontroversen zu deutschen Fragen, Köln 1984, S. 127.
[27] Georg Bollenbeck: »Lehrstück mit viel Publikum«, in: Freitag 24 vom 13.6.2008.

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