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Klagen gegen biome­tri­sche Reisepässe

17. April 2008

Mitteilung Nr. 200, S. 25

(SL) Gegen die Abgabe biometrischer Daten für neue Reisepässe sind zwei Musterklagen erhoben worden. Im Januar diesen Jahres reichten die Schriftstellerin Juli Zeh und der Leipziger Rechtsanwalt Dr. Frank Selbmann Verfassungsbeschwerde gegen § 4 Abs. 3 und § 4 Abs. 4 des Passgesetzes in der Fassung vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 537) ein. In ihrer Begründung führen die Beschwerdeführer aus, dass ihnen der verwaltungsgerichtliche Weg zur Erlangung eines biometriefreien Passes nicht zuzumuten sei. Weder sei eine vorfristige Beantragung eines neuen Reisepasses möglich, noch hätten die ausstellenden Behörden für die Abnahme der biometrischen Daten einen Ermessensspielraum. Bei der oft kurzfristig notwendigen Ausstellung eines neuen Passes drohe deshalb eine Einschränkung der Reisefreiheit: „Auslandsreisen müssten dann für die Dauer eines gegebenenfalls langwierigen Verwaltungsgerichtsverfahrens abgesagt werden. Den Beschwerdeführern kann aber nicht zugemutet werden, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht ins Ausland zu reisen. Dies zöge erhebliche berufliche Benachteiligungen nach sich und stellte überdies eine schwerwiegende Einbuße an faktischer Freizügigkeit dar.“ (Beschwerdeschrift, S. 23) Materiell machen die Beschwerdeführer geltend, dass ihre Fingerabdruckdaten mit der Aufnahme in Reisepässe einem potentiell unüberschaubaren Kreis staatlicher Stellen und Personen zugänglich werde. Zudem sei die Erfassung der Fingerabdruckdaten weder für Grenzkontrollen erforderlich noch zur Terrorismusbekämpfung geeignet.

Den verwaltungsgerichtlichen Klageweg gegen biometrische Daten in Reisepässen bestreitet dagegen der Bochumer Rechtsanwalt Michael Schwarz. Er hat am 19.11.2007 vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage erhoben. Die Passbehörde der Stadt Bochum hatte die Ausstellung eines neuen Reisepasses abgelehnt, nachdem der Kläger die Abgabe seiner Fingerabdrücke verweigerte. Mit seiner Beschwerde will der Kläger die Ausstellung eines biometriedatenfreien Reisepass erzwingen. Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, dass die Aufnahme biometrischer Daten in Ausweisen/ Pässen eine Verknüpfbarkeit des Dokuments mit einer natürlichen Person herstelle, die über den eigentlichen Einsatzzweck (die Authentifizierung) hinausgehe und technisch – im Gegensatz zu fälschungssicheren Identifikationskarten, Passwörtern oder PIN’s – auch in anderen Zusammenhängen verwendet werden könne. Der Beschwerdeführer verweist auf das ursprünglich in der Begründung des Passgesetzes enthaltene Verbot der Aufnahme persönlicher Identifikationsmerkmale, das auch dem Schutz vor einer verdeckten Personenkennziffer (PKZ) und der dadurch möglichen Profilbildung vorbeugen sollte. Die Beschwerdeschrift findet sich unter: http://www.datenschutzverein.de/pdf/Klage_RA_Schwarz.pdf.

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