Nach BVerfG-Entscheidung: Auseinandersetzung um Versammlungsfreiheit geht weiter
Auch der am 8. Mail 2012 bekannt gewordene Nichtannahmebeschluss zeigt, wie notwendig die Verfassungsbeschwerde war.
Gegen das Bayerische Versammlungsgesetz vom 22. Juli 2008 erhoben am 16. September 2008 Gewerkschaften, Parteien und gesellschaftliche Gruppen, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Klaus Hahnzog und Hartmut Wächtler, Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht. Namentlich waren dies:
1. DGB Landesbezirk Bayern,
2. ver.di Landesverband Bayern,
3. GEW Bayern,
4. Bundnaturschutz Bayern,
5. Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern,
6. Bayerischer Journalistenverband,
7. Humanistische Union Landesverband Bayern,
8. BayernSPD,
9. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Bayern,
10. FDP, Landesverband Bayern
11. DIE LINKE, Landesverband Bayern,
12. Attac München,
13. AK Vorratsdatenspeicherung.
Das Bundesverfassungsgericht setzte verschiedene Artikel des Bayerischen Versammlungsgesetzes durch einstweilige Anordnung vom 17. Februar 2009 außer Kraft. Daraufhin wurde das Gesetz am 1. Juni 2010 in wichtigen Punkten geändert. Die Verfassungsbeschwerde wurde von den Beschwerdeführern fortgesetzt mit dem Ziel festzustellen, dass bestimmte geänderte Vorschriften ursprünglich verfassungswidrig waren, andere nicht geänderte Vorschriften verfassungswidrig seien.
Auch der am 8. Mai bekanntgewordene Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zeigt, wie wichtig die Verfassungsbeschwerde zur Erhaltung der in Art. 8 des Grundgesetzes geschützten Versammlungsfreiheit gewesen ist. Das geht schon aus der Kostenentscheidung des Beschlusses hervor, in der es ausdrücklich heißt, dass der Gesetzgeber die Änderungen des Bayerischen Versammlungsgesetzes vorgenommen hat, weil er „das Begehren der Beschwerdeführer in diesem Umfang selbst für berechtigt erachtet hat“. Deshalb wurde dem beklagten Freistaat Bayern die Erstattung eines Drittels der Auslagen der Beschwerdeführer des gesamten Verfahrens trotz des Nichtannahmebeschlusses auferlegt.
Im Übrigen weist das Bundesverfassungsgericht auch im Nichtannahmebeschluss darauf hin, dass es darauf ankomme, ob die Vorschriften „im Einzelfall unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Bedeutung der Versammlungsfreiheit ausgelegt und angewendet werden“. Auch insoweit müsste sich ein wichtiger Einfluss der Verfassungsbeschwerde auf die versammlungsrechtliche Praxis ergeben. Das gilt gerade auch für Klein- und Kleinstversammlungen, für die das Bundesverfassungsgericht konstatiert, dass von ihnen wie „die Beschwerdeführer grundsätzlich zutreffend ausgeführt haben (…) regelmäßig weitaus geringere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen als von größeren Versammlungen“.
Es gibt also genügend Anlass, die künftige Handhabung des Versammlungsrechts kritisch zu beobachten.