Themen / Datenschutz

Welche Kritik wird gegen ELENA vorge­bracht?

01. Juli 2010

Die Idee einer papierlosen Sozialverwaltung klingt attraktiv. Aber welche Gefahren lauern in einer zentralen Speicherung aller Arbeitnehmerdaten?

  • Beim ELENA-Verfahren handelt es sich um eine Vorratsdatenspeicherung, ohne dass zum Zeitpunkt der Speicherung tatsächlich ein bestimmter Zweck vorliegt. Der in der Gesetzesbegründung angegebene Zweck, nämlich Kosten für Arbeitgeber zu senken und die Verwaltung effizienter zu gestalten sind lediglich abstrakt formulierte Ziele, die nicht ohne weiteres die Speicherung von Millionen von personenbezogenen Daten rechtfertigen können.
  • Bei den in der ZSS gesammelten Daten handelt es sich um sehr sensible Daten über die Einkommensverhältnisse aller abhängig beschäftigten Menschen, darunter längere Krankheits- und andere Fehlzeiten sowie subjektive Daten wie Abmahnungen und Kündigungsgründe, die als Freitext übermittelt werden.
  • ELENA schafft eine Datensammlung, ohne dass sicher ist, dass die Daten überhaupt benötigt werden. Das Gebot der Datensparsamkeit wird zudem durch den Umfang der erfassten Daten verletzt.
  • Die Übermittlung und Speicherung der Daten ist unverhältnismäßig. Der gemutmaßte Nutzen, nämlich Einsparung von anfangs 86 Millionen Euro bei den Arbeitgebern und Bürokratieabbau in der Verwaltung rechtfertigen nicht die Vorratsspeicherung derart sensibler Daten von Millionen Arbeitnehmer/innen.
  • Die zentrale Speicherung birgt ein großes Missbrauchsrisiko und Gefahren für die Datensicherheit. Angesichts der Datenskandale der letzten Zeit, welche gravierende Schwachstellen bei der Datensicherheit aufzeigten, ist eine solche Datenbank nicht zu verantworten.
  • Eine derartige Datensammlung weckt Begehrlichkeiten. Zwar ist zur Zeit im Gesetz eine Verwendung der Daten zu anderen als den dort genannten Zwecken nach anderen Rechtsvorschriften ebenso wie eine Beschlagnahme ausgeschlossen. Eine Änderung des Gesetzes und damit eine Zweckentfremdung der Daten ist aber bei entsprechenden Mehrheiten möglich.
  • Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Datensammlung zukünftig sogar auf alle Sozialleistungen ausgeweitet werden, u.a. um Missbrauch auszuschließen und die Verwaltungseffizienz weiter zu erhöhen. Das würde bedeuten, dass weitere personenbezogene, zum Teil sehr sensible Daten künftig zentral gespeichert werden könnten. Ein Blick in die von den Sozialbehörden derzeit bereitgehaltenen Formulare für den Antrag auf Leistungen zeigt die Vielfalt der abgefragten Daten.
  • Damit ist eine Ausweitung des Umfangs der gespeicherten Daten und der Zugriffsberechtigten vorprogrammiert: Eine umfassende Datenbank mit Arbeitnehmerdaten und möglicherweise weiteren Daten wird entstehen.
  • Der von der Bundesregierung angegebene Spareffekt für Arbeitgeber ist lächerlich: Es sollen anfangs 85 Millionen Euro sein. Bei 3 Millionen Arbeitgebern wären dies rund 28 Euro pro Arbeitgeber und Jahr. Dagegen gerechnet werden müssen aber die Ausgaben der Arbeitgeber für die Umstellung auf die neue Meldepflicht, die deutlich höher als 28 Euro sein werden – gerade für kleinere Betriebe. Auch für die Arbeitnehmer/innen wird es teurer als gedacht: Die benötigte Signaturkarte wird nicht für 3,30 Euro pro Jahr zu haben sein, wie der Normenkontrollrat berechnet hat. Zur Zeit muss noch mit Kosten von 20 Euro pro Jahr gerechnet werden. Nicht einmal das Kostenargument trägt also. Die bürgerrechtlichen Kosten sind hingegen immens.
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