Deutsche Islam-Konferenz: Widersprüchliche Zielsetzungen, aber Beteiligung unerwünscht
Mitteilungen Nr. 212 (1/2011), S. 20/21
Die Humanistische Union hat in einem Schreiben an den zuständigen Referatsleiter des Bundesinnenministeriums (BMI) vom Januar 2011 ihre Mitarbeit in der Deutschen Islam-Konferenz (DIK) angeboten. Mit ihrem Angebot verband sie zugleich die Kritik an der bisherigen, auf bilaterale Gespräche zwischen Staat und Vertretern vorwiegend muslimischer MigrantInnenverbände ausgerichteten Konferenz. Ein solches Gesprächsmodell müsse zwangsläufig um die Frage kreisen, ob und wie den islamischen Gruppierungen gleiche oder ähnliche staatliche Privilegien verschafft werden können, kritisierte die HU in ihrem Schreiben. Integration ist aus Sicht der Bürgerrechtsorganisation keine Frage einer möglichst kirchenförmigen Verfassung des Islam oder einer Ausweitung der Privilegien auf weitere Religionsgemeinschaften. Strukturell fehle der DIK das Gespräch über Integrationsfragen jenseits der Religion.
Das Angebot der Humanistischen Union zur Mitarbeit in der DIK lehnte das Ministerium in seinem Antwortschreiben vom 16. Februar 2011 rundherum ab. Ziel der Deutschen Islam-Konferenz seien vor allem Fragen der organisatorischen Verfasstheit des Islam und ihrer Kompatibilität mit der deutschen Rechtsordnung, etwa die Frage, ob und wie der Islam (als Religion ohne Kirche) Organisationserfordernissen des deutschen Religionsverfassungsrechts gerecht werden kann und wie die … deutsche Verfassungs- und Rechtsordnung zur Entwicklung eines modernen, deutschen Islam beitragen kann. Die Einbeziehung weiterer, nicht-islamischer zivilgesellschaftlicher Gruppen in die DIK sei daher nicht vorgesehen, so der zuständige Ministerialdirigent.
Ganz anders äußerte sich das BMI jedoch einen Tag zuvor, in einer schriftlichen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 17/4599). Hier wurde die gleiche Veranstaltung als Dialog-Plattform zur Integrationsförderung gepriesen: Die Verbesserung des Zusammenlebens von Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland ist auch das Ziel der Deutschen Islam Konferenz, die im Jahr 2006 zur Förderung des Dialogs und der Behandlung von speziell Muslime betreffenden Fragen eingerichtet wurde (S. 15). In ihren Arbeitsgruppen gehe es etwa darum, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, die die wechselseitige Toleranz fördern und das Entstehen von gesellschaftlicher Polarisierung und Extremismus verhindern (ebd.). Offenbar stören zivilgesellschaftliche Gruppen das Bundesinnenministerium in seinen Bemühungen um mehr Toleranz gegenüber Muslimen in Deutschland, man vertraut wohl lieber auf das Staatskirchenrecht.