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TK-Vor­rats­da­ten­spei­che­rung ist keine Lösung – und zudem verfas­sungs­widrig

01. August 2005

Internationale Petition gegen Vorratsdatenspeicherung

Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Vereins für Datenschutz e.V., des Forums InformatikerInnen für gesellschaftliche Verantwortung und STOP1984

European Digital Rights (EDRi) hat gemeinsam mit dem Internetserviceprovider XS4ALL aus den Niederlanden eine internationale Petition gegen die Pläne einer europäischen Vorratsdatenspeicherung gestartet (http://www.dataretentionisnosolution.com/index.php?lang=de). Internetnutzer aller europäischen Staaten und weltweit sind aufgefordert, ihren Protest zu bekunden indem sie die Petition
an die Europäische Kommission sowie die Mitglieder des Europäischen Parlamentes unterzeichnen.

Der Vorschlag von Justizministern und EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung beinhaltet eine Verpflichtung von Telefongesellschaften und Internetprovidern, die Verbindungsdaten von Telefonaten, SMS, Internet- und E-Mailverkehr ihrer Kunden langfristig zu speichern. Eine solche Vorratsdatenspeicherung würde zeigen, wer mit wem telefoniert, wem er E-Mails oder SMS gesandt, welche Webseiten er besucht und sogar von wo aus er mit seinem Handy telefoniert hat. Dadurch würden die Überwachungsbefugnisse
unverhältnismäßig erweitert, denn zu Überwachungsobjekten würden nicht nur verdächtige Kriminelle bzw. Terroristen sondern alle Internetnutzer/innen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im seinem jüngsten Urteil zur „vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung“ deutlich gemacht, dass eine solche Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu vereinbaren ist (vgl. hierzu auch die Presseerklärung der DVD vom 27.05.2005). DVD- und FIfF-Vorstandsmitglied Werner Hülsmann erklärt hierzu:

„Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Telefonüberwachung zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung die Chance genutzt, dem Fernmeldegeheimnis wieder die ihm zustehende Bedeutung zu geben. In dem Urteil wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass auch die Umstände der Telekommunikation, also ‘ob, wann, wie oft und zwischen welchen Personen Telekommunikation stattgefunden hat oder versucht worden ist‘ dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses unterliegen und ausdrücklich dargestellt, dass jegliche Informationen, die mit Hilfe der Fernmeldetechnik übertragen werden – also auch E-Mails – hierunter fallen. Es ist nicht zu übersehen, dass das Bundesverfassungsgericht in der aktuellen Diskussion einen verfassungsrechtlichen Pflock einschlagen und deutlich machen wollte, dass eine Vorratsdatenspeicherung der Verkehrsdaten verfassungsrechtlich nicht in Frage kommt.“

Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) e.V., das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, STOP1984 und andere Bürgerrechtsorganisationen teilen die Einschätzung der Initiatoren der Petitionskampagne EDRI und XS4ALL:

1. Die Vorratsdatenspeicherung in der geplanten Art stellt eine Maßnahme dar, die in unzulässiger Weise in die Privatsphäre von 450 Mio Menschen allein in der Europäischen Gemeinschaft eingreift.

2. Diese Vorratsdatenspeicherung ist unverhältnismäßig und daher nicht mit dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar – in der Folge also illegal.

3. Die vorgebliche Sicherheit, die durch die Vorratsdatenspeicherung erzielt werden soll, stellt eine Illusion dar: Mit den derzeit verfügbaren technischen Möglichkeiten würden gezielte Suchläufe auf Personen Jahre dauern und die Ergebnisse leicht zu falschen Betroffenen führen.

4. Die Art und Weise, wie die Politiker einiger EU Staaten nun versuchen, die EU zu instrumentalisieren um die in ihren nationalen Parlamenten bereits abgelehnten Speicherungsvorhaben doch
noch durch die Hintertüre durchzusetzen, stellt einen Missbrauch europäischer Gremien dar.

Bettina Winsemann von STOP1984: „Wir stellen uns vehement gegen die Vorratsdatenspeicherung, die ein unverhältnismäßiges Mittel der staatlichen Überwachung darstellt und fordern, dass die Datenspeicherung nur durch geeignete Behörden und nur in Ausnahmefällen nach richterlicher Anordnung genutzt werden darf. Vorratsdatenspeicherung bedeutet auch, das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit einzuschränken, die Unschuldsvermutung nach Artikel 11 der UN-Menschenrechtscharta zu unterwandern und den Schutz des Privatlebens nach Artikel 12 der UN-Menschenrechtscharta fallen zu lassen.“

In den nächsten zwei Monaten hoffen die Initiatoren EDRI und XS4ALL und die unterstützenden Organisationen, eine möglichst beeindruckend Zahl von Unterzeichnern auf der Website
http://www.dataretentionisnosolution.com/index.php?lang=de
sammeln zu können, um die Kommission und das Parlament davon zu überzeugen, dass die angestrebte Vorratsdatenspeicherung keine Lösung ist, um Kriminalität und Terror zu bekämpfen. Unterstützer werden gebeten, die Information über die Petition zu verbreiten. Dies kann durch Platzierung eines Banners auf den eigenen Webseiten oder Homepages geschehen oder indem in Mailinglisten über die Petition informiert wird.

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