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Diskussion um Kopftuch

19. Juni 2015

Johann-Albrecht Haupt

aus: HU-Mitteilungen Nr. 226 (2/2015), S. 5

In einer Pressemitteilung hat die Humanistische Union jüngst bedauerlicher Weise den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 zum fortdauernden Kopftuchstreit ausdrücklich begrüßt – als „Stärkung der Religionsfreiheit“. Innerhalb der HU ist die Haltung zu diesem Thema seit langem umstritten; das ist dem Vorstand bekannt. Nachdem sich der Vorstand im ersten Kopftuchstreit gegenüber dem Bundesverfassungsgericht machtvoll für die Kopftuchfreiheit muslimischer Lehrerinnen eingesetzt hatte, entbrannte auf dem Verbandstag in Lübeck im September 2004 eine kontroverse Diskussion (Mitteilungen Nr. 187 IV/2004): Religionsfreiheit gegen staatliche Neutralität.

Wenn ich es recht sehe, gibt es bis heute innerhalb unseres Verbandes die gegensätzlichen Auffassungen. Mit Rücksicht darauf hat der Vorstand in den letzten Jahren zum Thema Kopftuch keine öffentliche Stellungnahme abgegeben. Es besteht nach meiner Einschätzung keine Veranlassung, davon jetzt ohne erneute verbandsinterne Diskussion abzuweichen.  Bemerkenswerterweise haben zwar die Amtskirchen und die amtlichen muslimischen Verbände ebenso wie die regierenden Politiker in Bund und Ländern das neue BVerfG-Urteil begrüßt; an der Basis gibt es jedoch in den Kirchen, bei den kritischen Muslimen, bei vielen Frauen, in  Lehrergewerkschaften, bei religionsfreien Menschen und auch bei zahlreichen HU-Mitgliedern wenig Verständnis für die Entscheidung des Gerichts, auch wegen der nicht absehbaren Folgen für die Konfliktbearbeitung in den einzelnen Schulen.

Der Vorstand wäre gut beraten gewesen, entweder eine verbandsinterne Diskussion über diese Frage zu eröffnen oder sich einer öffentlichen Äußerung zu enthalten.

Johann-Albrecht Haupt

Kirsten Wiese: Bundesverfassungsgericht stärkt die Religionsfreiheit. Humanistische Union begrüßt den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuch und mahnt zugleich die konsequente Trennung von Staat und Religionsgemeinschaft an. Pressemitteilung vom 16.3.2015

Till Müller-Heidelberg / Humanistische Union: Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde der Frau Fereshta Ludin – BvR 1436/02, abrufbar unter www.humanistische-union.de/themen/srw/symbole/browse/1/.

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