III. Berliner Gespräche zum Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften in Vorbereitung
Fortsetzung der Veranstaltungsreihe am 13. April 2007 in Potsdam
Mitteilungen Nr. 194, S. 22
Für den 13. April 2007 ist die Fortsetzung der Gesprächsreihe „Berliner Gespräche zum Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften“ geplant. Die Veranstaltung findet diesmal – dank der Unterstützung durch die Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg – in Potsdam statt.
Die III. Berliner Gespräche werden sich einem zentralen Problem pluralistischer, multikultureller Gesellschaften widmen: der Bedeutung von Grund- und Menschenrechten für das Verhältnis der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zueinander und ihre Beziehung zur multikulturellen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Das Thema knüpft insofern an die II. Berliner Gespräche (vom Januar 2005) an.
Der Kopftuchkonflikt, der Streit um Sonderrechte für religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften, um Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern, um Ehe- und Familienrechte von homosexuellen Lebensgemeinschaften – alle diese Konflikte zeigen zweierlei: Die Bildung moralisch-allgemeiner Rechte und Pflichten für (und gegenüber) jedermann emanzipiert sich gegenwärtig von bestimmten religiösen und weltanschaulichen Auffassungen. Andererseits zeigt sich die Notwendigkeit einer rechtlichen Anerkennung spezieller ethischer oder religiöser Anschauungen und Lebensformen verschiedener Gruppen, die insoweit zu dulden sind, als sie selbst allen anderen dieselben Ausdrucksformen und Sonderrechte ebenfalls zuerkennen.
Gerät durch diese Pluralisierung der Gesellschaft der zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtete Staat in Bedrängnis? Behalten die Grundrechte ihre Wirksamkeit? Kann der demokratische Verfassungsstaat seine normativen Bestandsvoraussetzungen aus eigenen Ressourcen erneuern oder ist er auf die Vermittlung religiöser und weltanschaulicher Werte angewiesen?
Ernst-Wolfgang Böckenförde hat seine diesbezüglichen Zweifel bereits Mitte der 60er Jahre in sein berühmtes Diktum gekleidet, dass der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen zehrt, die er selbst nicht garantieren kann.
Diese grundsätzlichen Fragen zu diskutieren ist um so nötiger, als sich in postsäkularen Gesellschaften bei Grundrechtsausübungen häufig die Frage stellt, was sich im Umgang zwischen gläubigen und ungläubigen Bürgern wechselseitig zuzumuten ist. Das jüngste Beispiel hierfür lieferte der Karikaturenstreit.
Diese Fragen sollen ausgehen von drei jeweils 45minütigen Referaten diskutiert werden:
I. Christlich-weltanschauliche Traditionen und Verfassungswerte (Hasso Hofmann)
II. Religionen in der pluralistischen Gesellschaft (verschiedene Referenten angefragt)
III. Religionen / Weltanschauungen und die Grundrechte des Grundgesetzes (Bernhard Schlink)
An die Referate soll sich jeweils eine 60-minütige Diskussion anschließen. Den Abschluss der Tagung bildet ein Podium, auf dem Vertreter verschiedener weltanschaulicher und religiöser Gruppen miteinander diskutieren.
Geplant sind die III. Berliner Gespräche als gemeinsame Veranstaltung mit der Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg. Das Konzept für die Tagung wird auf dem Verbandstag ausführlicher diskutiert und konkretisiert werden (insbesondere in der Sitzung des Arbeitskreises Staat, Religionen und Weltanschauungen am Samstag Nachmittag). Schon jetzt sollten sich interessierte Mitglieder den Termin vormerken und für die Veranstaltung werben.
Rosemarie Will
ist Professorin für Öffentliches Recht an der Humboldt-Universität zu Berlin und Bundesvorsitzende der Humanistischen Union
Literatur zum Thema:
E. W. Böckenförde, „Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation“, in: ders., Recht, Staat, Freiheit. Frankfurt/ M. 1991, S. 112