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Lübeck: HU-De­mon­s­tra­ti­ons­be­ob­ach­tung

Mitteilungen20108/2008Seite 29

Mitteilungen Nr. 201, S. 29

(HL/SL) Für Samstag, den 29. März 2008, hatte die NPD in Lübeck einen „Trauermarsch“ angemeldet. Gegen diesen Aufmarsch formierte sich ein breites Bündnis, dass unter dem Motto „Wir können sie stoppen“ zu einer Gegendemonstration aufrief. Angesichts der zu erwartenden Auseinandersetzungen bereitete die Humanistische Union Lübeck eine Demonstrationsbeobachtung vor, an der sich 12 Beobachter/ innen beteiligten.
Der Marsch der NPD verlief nach ihren Berichten – trotz der Vermummung einiger Demonstranten, rechtsradikaler Parolen und Gesten wie dem Hitlergruß – ohne polizeiliche Zwischenfällen. Lediglich ein rechter Demonstrant wurde kurzfristig in Gewahrsam genommen.

Anders dagegen ging die Polizei mit den Gegendemonstranten um: Hier wurden Gruppen willkürlich voneinander getrennt, kleinere Polizeieinheiten stürmten immer wieder in den Demonstrationzug hinein, provozierten mit plötzlichem Losrennen und setzten gar Pfefferspray gegen friedlich abziehende Demonstranten ein. Dabei wurden zahlreiche Personen verletzt. Als ein Teil der Gegendemonstranten kurzfristig eine Sitzblockade begann, wurde diese zunächst professionell und besonnen geräumt. Anschließend kamen jedoch 35 bis 40 Demonstranten (unter ihnen auch Minderjährige)  in Polizeigewahrsam und wurden zum Polizeihochhaus transportiert, wo sie sich auf einem Parkdeck entkleiden mussten. Der angebliche Grund ihres Abtransports, ihre erkennungsdienstliche Behandlung, wurde nicht vollzogen.

Die Demonstrationsbeobachter/innen übten nach den Polizeieinsätzen heftige Kritik an der Einsatzführung: Die Polizei habe keineswegs die versprochene Deeskalationsstrategie umgesetzt. Als besonders unkontrollierbar und gewaltbereit erwiesen sich einmal mehr die Berliner Polizeikräfte, die der Meinung waren, sie müssten „hier erst einmal aufräumen“. Der Berliner Einsatzleiter verweigerte nach Angaben der Beobachter/innen lange Zeit jegliche Absprache mit den Verantwortlichen der Gegendemonstration. Auch sonst sahen sich die Demonstrationsbeobachter/innen zahlreichen Schikanen ausgesetzt: Polizisten weigerten sich auf Nachfrage, ihren Namen oder ihre Dienstnummer mitzuteilen, Beobachter/innen wurden weggestoßen oder mit Gewalt bedroht.

Die Beobachtungsgruppe will die verschiedenen Vorfälle weiter auswerten und hat dafür Zeugen aufgefordert, ihre Erfahrungen zu berichten. Ein ausführlicher Bericht der Demonstrationsbeobachtung findet sich im Internet unter: https://www.humanistische-union.de/regionen/luebeck/.

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