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Wir trauern um Erich Küchenhoff

Mitteilungen20108/2008Seite 22

Mitteilungen Nr. 201, S. 22

Am 23. Mai 2008 verstarb unser langjähriges Mitglied Erich Küchenhoff im Alter von 85 Jahren. Er war bis zu seinem Tod Mitglied des Beirats der Humanistischen Union und Träger des Fritz-Bauer-Preises im Jahre 1983.

Als Prof. Dr. Erich Küchenhoff 1980 in die Humanistische Union eintrat, war er bereits ein profilierter Staatsrechtslehrer. 1956 hatte er sich in Münster mit einer Dissertation zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung promoviert. Seine Habilitationsschrift, die er an der Universität Köln vorlegte, erschien 1967 im renommierten juristischen Fachverlag Duncker & Humblot in Berlin. Die von ihm zusammen mit Günther Küchenhoff herausgegebene Allgemeine Staatslehre erschien bis 1977 in acht Auflagen.

Erich Küchenhoff war aber mehr als ein Staatsrechtslehrer. Seine juristische Kompetenz brachte er in vielfältiger Weise in die Humanistische Union ein, so als Autor in den vorgängen und den Mitteilungen. Alle, die ihn auf Tagungen oder Verbandstreffen der Humanistischen Union erleben durften, lernten ihn als einen durch und durch politischen Menschen kennen. Dabei war die Humanistische Union nur ein Ausschnitt seines politischen Lebens, Erich Küchenhoff engagierte sich darüber hinaus in der Friedensbewegung, bei der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen, der Arnold-Freymuth-Gesellschaft, im Darmstädter Signal und der Gustav Heinemann-Initiative.

Sein Engagement beschränkte sich nicht nur auf politische Schriften. Erich Küchenhoff war auch dabei, wenn es um ganz konkreten Protest ging: So ließ er sich bei den Demonstrationen gegen die Atomenergie von der Polizei aus dem Sitzstreik wegtragen und geißelte anschließend die Rechtsprechung zum passiven Widerstand, die das Bundesverfassungsgericht als Nötigung erkannt hatte. [1] In dieser Verbindung von politischem Engagement und publizistischer Aufarbeitung hat er sich mit vielen aktuellen politischen Themen als Bürgerrechtler auseinandergesetzt. Dazu gehörten die Berichterstattung über Arbeiterstreiks, Publikationen zu Koalitionsfreiheit und Streikrecht, Studien zur Rolle und Funktion der Frau in den Medien sowie zu Fragen der Gleichstellung und Gleichberechtigung von Mann und Frau [2], ebenso wie seine Abhandlungen zur Presse- und Informationsfreiheit sowie deren Unterwanderung durch die Springer-Presse. [3] Das sein politisch-bürgerrechtliches Wirken auch von seinen mächtigen Gegnern verfolgt wurde, bezeugen Publikationen über den „Fall Küchenhoff“. [4]

Erich Küchenhoff zeichnete eine Kombination von staatsrechtlicher Gelehrsamkeit und politischem Engagement aus, die für viele junge und alte Bürgerrechtler in der Humanistischen Union zum Vorbild wurde. Wir haben ihm dafür 1983 in Mainz den Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union verliehen. Seine Dankesrede über den „Zivilen Ungehorsam als Rechtsinstitut“ beschreibt das Lebensmotto Erich Küchenhoffs als Bürger- und Staatsrechtler. [5] Mit seinem Tod hinterlässt er bei uns eine Lücke, die nur schwer zu füllen sein wird.

Rosemarie Will
ist Bundesvorsitzende der Humanistischen Union

[1] Erich Küchenhoff: Inhalt und Folgen des sog. Sitzblockade-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 11.11.1986. In: vorgänge Nr. 86 (Heft 2/1987), S. 126-130

[2] Erich Küchenhoff (Hrsg.), Die Darstellung der Frau und die Behandlung von Frauenfragen im Fernsehen – eine empirische Untersuchung der Universität Münster. Stuttgart (Kohlhammer) 1975

[3] Besondere Schranken der Pressefreiheit von Großverlegern? In: vorgänge Heft 4/1970, S. 134f.

[4] Der Fall Küchenhoff oder Agitation mit falschem Etikett. Wie politische Gegnerschaft zu „Bild“ wissenschaftlich verbrämt werden sollte. Hrsg. von der Axel Springer Verl. AG

[5] Rede aus Anlass des Bauer-Preises der Humanistischen Union. In: vorgänge Nr. 62/63 (Heft 2-3/1983), S. 140-159

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