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Fallda­ten­bank zu unange­mes­senem Gewalt- und Fehlver­halten der Polizei

Amnesty International sammelt und wertet Dokumentationen aus. Aus: Mitteilungen Nr. 207 (Heft 4/2009), S.17

(ai) Die Deutschen vertrauen laut neuester Befragungen ihrer Polizei in hohem Maße. Nur selten werden Darstellungen bekannt, die unangemessenes Gewalt- und Fehlverhalten der Polizeibeamten offenbaren. Entgegen der meisten europäischen Länder und in Übersee führt Deutschland kaum eigenständige Dokumentationen zu Fällen rechtswidriger, unverhältnismäßiger Polizeigewalt oder hat spezielle, unabhängige Untersuchungskommissionen eingerichtet, obwohl UN und Europarat dies von der BRD seit Jahren fordern. Bisher erfassen statistisch nur einzelne Bundesländer rechtswidriges Verhalten der Polizei. Eine Aufarbeitung der Fälle erfolgt durch die Staatsanwaltschaft, die sich der Polizei als Ermittlungshilfe bedient. Daneben gibt es in wenigen Bundesländern polizeiinterne Untersuchungsmechanismen, die nicht unabhängig arbeiten und ihre Ergebnisse nicht veröffentlichen.
Um diesem Umstand Abhilfe zu verschaffen, führt Amnesty International als einzige Nichtregierungsorganisation Deutschlands seit 2004 eine eigene Falldatenbank, in der alle über Online-Recherchen und Zuschriften bekannt gewordenen Berichte und Urteile, in denen rechtswidrige Polizeigewalt eine Rolle spielt, gesammelt, dokumentiert und ausgewertet werden. Ziel dieser Datenbank ist, Überblick über das Ausmaß rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland zu erhalten, Muster polizeilichen Fehlverhaltens zu erkennen und dafür verantwortliche strukturelle Defizite in den Polizeiorganisationen zu analysieren.
Die Auswertungsergebnisse sollen eine Hilfe sein für die politische Überzeugungsarbeit von Parlamentariern, politischen Entscheidungsträgern, Polizeigewerkschaftern und der Polizeiführung zugunsten der Etablierung polizeiunabhängiger Kommissionen zur Untersuchung von mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt. Einzelne herausragende Fälle rechtswidrigen Verhaltens der Polizei werden den zuständigen Organen der Vereinten Nationen (Menschenrechtsrat, Antifolterkommission) und der Antifolterkommission des Europarates (CPT) übersandt, damit diese von der Bundesregierung Aufklärung fordern können.
Zur Fortsetzung der Arbeit an der Falldatenbank ist die Amnesty Sektionskoordinationsgruppe Polizei auf stetige Informationen zu Verdachtsfällen rechtswidrigen Verhaltens der Polizei angewiesen. Die Daten können von uns jedoch nur bei einem Mindestmaß an Objektivität verarbeitet werden. Sie müssen nicht nur plausibel und konkret, sondern auch in sachlicher Schilderung vorliegen.
Personen, die Opfer von polizeilicher Gewalt geworden sind, können anhand eines Merkblattes prüfen, inwieweit ihre Aussagen verwertbar sind und worauf zu achten ist, wenn ein Hinweis zu polizeilicher Gewalt weitergegeben wird. Die Sektionskoordinationsgruppe beantwortet Fragen und nimmt aussagekräftige Informationen zur Speicherung gerne entgegen: 

Amnesty International
Sektionskoordinationsgruppe Polizei
E-Mail: info@amnesty-polizei.de
Internet: www.amnesty-polizei.de

Das Merkblatt mit Hinweisen für Betroffene ist über die angegebene AI-Internetseite oder auf der HU-Seite abrufbar unter
www.humanistische-union.de/shortcuts/polizeikontrolle.

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