Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 175: Sterben und Selbstbestimmung

Das Recht auf einen menschen­wür­digen Tod

Sterbehilfe und Patientenverfügung als grundrechtliche Freiheit zur Selbstbestimmung. Aus: vorgänge Nr.175, (Heft 2/2006), S.43-71

 

A. Das Sterbe­hil­fe-Tabu als Folge fehlender gesetz­li­cher Regelungen

Obwohl Patientenverfügungen immer populärerer werden1 und auch ihre juristische Verbindlichkeit zunehmend weniger bestritten wird, fehlt es bis heute an einer gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber ist blind geblieben gegenüber dem existenziellen Problem des Sterbens. Wegen des Fehlens gesetzlicher Regelungen bleibt das Thema Sterbehilfe nach wie vor tabuisiert. Es müssen sowohl die strafrechtlichen als auch die zivilrechtlichen Aspekte der Sterbehilfe geregelt werden, damit in der Gesellschaft auch jenseits individueller Vorstellungen vom eigenen Tod Klarheit über die Rechte Sterbender entsteht. Die Realisierung von Fürsorge und Hilfe gegenüber dem Sterbenden geschieht nicht im rechtsfreien Raum. Wer dem Sterbenden helfen will, muss immer auch seine Rechtspositionen sichern und stärken2. Die Meinung der Enquete-Kommission des letzten Bundestages „Ethik und Recht der modernen Medizin“, dass kein gesetzlicher Handlungsbedarf bestehe, die Politik sich jedoch eingehend mit den ethischen und rechtlichen Fragen der aktiven Sterbehilfe, der ärztlichen oder pflegerisch assistierten Selbsttötung, der direkten und der passiven Sterbehilfe sowie des Behandlungsabbruches befassen müsse3, geht fehl. Eine politische Befassung ohne gesetzgeberische Konsequenzen verfehlt nicht nur generell ihr Ziel, sondern in einem Fall wie diesem, wo die Politik bisher nur mit den Mitteln des Strafrechts reagiert, setzt sie den eigentlichen Grund für die gesellschaftliche Tabuisierung. Auch hier ist der Gesetzgeber nicht frei von den Vorgaben der Verfassung: er muss insbesondere die grundrechtlich geschützte Freiheit gewährleisten und jedes Verbot als Grundrechtseingriff rechtfertigen, auch das strafrechtliche Verbot der aktiven Sterbehilfe.
Die Legalisierung von Sterbehilfe und die Diskussion um die juristische Verbindlichkeit von Patientenverfügungen sind inhaltlich insoweit miteinander verbunden als in der Patientenverfügung für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit vor verfügt wird, und die Verbindlichkeit der Vorverfügung davon abhängt, welche Art der Sterbehilfe erlaubt bzw. verboten ist. Zu den strafrechtlichen Problemen der verbotenen Sterbehilfe kommen angesichts der Tatsache, dass immer weniger Menschen im familiären Umfeld sterben, zivilrechtliche Probleme der Bindungen von Ärzten, Pflegern und Betreuern an den vom Sterbenden geäußerten bzw. in der Patientenverfügung vorverfügten Willen.
Letztlich kann die Diskussion dieser strafrechtlichen und zivilrechtlichen Probleme in einer pluralistischen Gesellschaft, deren ethische Grundlagen zunehmend heterogener werden, nur dann gelingen wenn ein Verfassungskonsens zum Thema gebildet wird. Zu seiner Bildung ist eine Diskussion der geltenden Verfassungslage unabdingbar. Dabei kann nicht ausschließlich aus der Verfassung deduziert werden, was zum Thema Sterbehilfe und Patientenverfügung geboten ist, aber es muss das bestimmt werden, was aus den Grundrechten für die Zulässigkeit von Sterbehilfe und Patientenverfügung folgt und damit als Freiheitssicherung unhintergehbar auch für den Gesetzgeber ist.

B. Die rechtliche Ausgangs­lage im Verfassung-, Zivil- und Strafrecht

I. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Durchsetzung des individuellen Selbstbestimmungsrechtes
Obwohl in Deutschland über die Selbstbestimmung Sterbewilliger verfassungsrechtlich nach wie vor kontrovers diskutiert wird, kann man folgende Entwicklung festhalten: Die Selbstbestimmung Sterbewilliger wurde in den letzten Jahrzehnten als grundrechtliche Freiheit anerkannt4. Im Spannungsfeld von individueller autonomer Selbstbestimmung und staatlicher Lebensschutzpflicht ist das subjektive Recht des Einzelnen gegenüber objektiven Prinzipien gestärkt worden. Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen findet sowohl in Artikel 2 Abs. 2 S. 1 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit)5 als auch in Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht)6 seine Grundlage.

1. Passive Sterbehilfe
Zum Schutzbereich des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechtes gehört das Recht, autonom über jede ärztliche Behandlung und ihren Abbruch entscheiden zu können.7 Das schließt das Recht ein, selbst zu bestimmen, wie man, wenn man (natürlich) stirbt, behandelt wird. Die Entscheidung, sterben zu wollen und nicht durch ärztliche Eingriffe gerettet oder künstlich am Leben erhalten zu werden, ist eine anerkannte grundrechtlich geschützte Verfügung über das eigene Leben des Grundrechtsträgers.
„In diesem Bereich ist er aus der Sicht des Grundgesetzes frei, seine Maßstäbe zu wählen und nach ihnen zu leben und zu entscheiden.“8
Der Arzt ist zum Behandlungsabbruch verpflichtet, wenn der Patient dies bestimmt, weil jede ärztliche Behandlung ein Eingriff in den Körper des Patienten ist. Auch wenn die Behandlung aus ärztlicher Sicht zum Besten des Patienten erfolgt, bedarf sie des Einverständnisses des Patienten.9 Dieses Verfügungsrecht wird auch als „Recht auf einen menschenwürdigen Tod“10 beschrieben. Bei der Entscheidung über den Behandlungsabbruch oder die Behandlungsfortsetzung spielt es  keine Rolle, ob der Patient sich bereits in der Terminalphase seines Sterbens befindet oder nicht.11

2. Aktive Sterbehilfe
Umstritten geblieben sind aber selbstbestimmte Verfügungen, die eine Lebensverkürzung bewirken sollen.  Ein Recht auf Selbsttötung in Art. 2 Abs. 1 GG meist i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG12 oder in Art. 2 Abs. 2 S. 113 GG verortet, ist umkämpft geblieben und der Schritt, die aktive Sterbehilfe zu legalisieren, wird auch mit verfassungsrechtlichen Argumenten verweigert. So wird eine lebensbeendende Verfügungsbefugnis über das eigene Leben z. T. unter Hinweis auf eine absolute staatliche Lebensschutzpflicht, die dem Recht auf Leben in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG entnommen wird, als begrenzt angesehen.14 Gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass die staatliche Lebensschutzpflicht weder absolut ist, noch sich der Schutz des Menschen vor sich selbst aus objektivem Verfassungsrecht rechtfertigen lässt. Das Verständnis von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG als subjektivem Freiheitsrecht verbietet die Annahme einer Rechtspflicht zum Leben15. Das Grundgesetz steht deshalb auch der Zulassung aktiver Sterbehilfe bei verfahrensrechtlichen Sicherungen gegen Fremdbestimmung nicht entgegen.16 Demzufolge ist es Sache des einfachen Gesetzgebers Beschränkungen des Verfügungsrechtes über das eigene Leben zu regeln und zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er die aktive Sterbehilfe legalisiert. Die Schutz- pflichten für das Leben zwingen ihn nicht, bestimmte Formen der Selbstbestimmung Sterbewilliger ausnahmslos strafrechtlich zu verbieten.
Nicht verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sind gesetzgeberische Begrenzungen der Verfügungsbefugnis über das eigene Leben, die eine staatliche Verpflichtung zum Leben beinhalten. Sie sind verfassungswidrig, weil sie das Grundrecht auf Leben, in seiner Ausprägung als Recht auf selbst bestimmtes Sterben, als Freiheitsrecht beseitigen.

3. Patientenverfügung
Zur Selbstbestimmung gehört auch, Entscheidungen für die Zeit zu treffen, in denen der Patient nicht mehr entscheidungsfähig ist. Patientenverfügungen, in denen für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit vorsorglich Festlegungen zur Durchführung oder Unterlassung bestimmter medizinischer Maßnahmen in bestimmten Situationen getroffen werden, haben als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts zunehmende Bedeutung erlangt. Wegen fehlender gesetzlicher Regelung konnten Verunsicherungen zur Ausgestaltung und Verbindlichkeit einer Patientenverfügung bisher nicht beseitigt werden. Während Befürworter der Patientenverfügung die strikte Beachtung des in der Patientenverfügung niedergelegten Willens fordern, vertreten die Gegner solch vorsorgender Verfügungen die Ansicht, dass eine Patientenverfügung allenfalls als Anhaltspunkt für die Bestimmung des mutmaßlichen Patientenwillens anzusehen sei. Verfassungsrechtlich muss – ist ein in einer Patientenverfügung zum Ausdruck kommender Wille in der Behandlungssituation noch aktuell – das Selbstbestimmungsrecht in gleicher Weise wie bei einer aktuell getroffenen Entscheidung respektiert werden: der Patientenverfügung darf die Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden. Dies gilt nicht nur dann, wenn ein Mensch bereits im Sterben liegt und die vom Patienten abgelehnte Heilbehandlung nur noch den Eintritt des Todes hinauszögern könnte, sondern während seines gesamten Lebens: Der Mensch hat während seines gesamten Lebens Anspruch auf Achtung seines Selbstbestimmungsrechts.
Da sich der nicht mehr einwilligungsfähige Patient nicht mehr äußern kann, muss der Gesetzgeber durch Verfahren die Durchsetzung des zu einem früheren Zeitpunkt geäußerten Patientenwillens sichern. Dies Verfahren muss die sich aus Artikel 2 Abs. 2 GG ergebende Pflicht des Staates, das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Menschen zu schützen, realisieren ohne das Recht auf Selbstbestimmung aufzuheben.

II. Wer entscheidet im zivilrechtlichen Arzt-Patientenverhältnis über einen das Leben beendenden Behandlungsabbruch und wie verbindlich sind Patientenverfügungen?

An die Stelle der lange Zeit ausschließlich strafrechtlichen Perspektive auf das Thema Sterbehilfe/Patientenverfügung ist seit Längerem das Bemühen getreten, zivilrechtliche Lösungen für die Sicherung des Selbstbestimmungsrecht im Verhältnis Arzt – Patient und im Verhältnis Patienten – Betreuer/Bevollmächtigter zu finden und die Verbindlichkeit der Patientenverfügung zu klären. Forderungen nach einer geschlossenen gesetzlichen Regelung der „zivilrechtlichen Absicherung der Selbstbestimmung am Ende des Lebens“17 sind bislang jedoch ohne Resonanz geblieben.18 Wegen der bestehenden, teils grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der großen klinischen Relevanz der Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen werden diese Probleme auch in den kommenden Jahren im Zentrum der Sterbehilfediskussion in Deutschland stehen.

1. Der einwilligungsfähige Patient
Auch im zivilrechtlichen Arzt-Patient-Verhältnis ergibt sich die Verpflichtung zum lebensbeendenden Behandlungsabbruch aus dem in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verankerten Recht des Einzelnen auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Aus ihm folgert die Rechtssprechung die Autonomie des Patienten gegenüber dem Arzt  und ein Recht des Patienten auf selbst bestimmten Behandlungsabbruch.19 Der Arzt muss deshalb auch die Entscheidung desjenigen Patienten respektieren, der es ablehnt, einen lebensrettenden Eingriff zu dulden.20 In der so genannten „Myom“-Entscheidung des BGH wurde dem lebensgefährlich Erkrankten zugebilligt, frei zu entscheiden, ob er sich einer Heilbehandlung unterziehen möchte oder nicht.21 Seither darf gegen den Willen des Patienten kein Eingriff vorgenommen und keine ursprünglich mit seinem Willen begonnene medizinische Maßnahme fortgesetzt werden. Auf die Beweggründe des „einwilligungsfähigen“ Patienten kommt es dabei nicht an, für Dritte muss die Entscheidung nicht nachvollziehbar sein.22 Die Rechtsprechung hat deshalb auch den ärztlichen Eingriff – unbeschadet seines heilsamen Zweckes – tatbestandlich als Körperverletzung gem. den §§ 223 ff. StGB, §§ 823 ff BGB gewertet.23
Zivilrechtlich folgt aus dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht des Menschen, dass weder die Krankheit noch der ärztliche Heilauftrag ein eigenständiges Behandlungsrecht des Arztes begründen24. Für die Rechtmäßigkeit eines ärztlichen Eingriffs ist vielmehr die Einwilligung des Patienten erforderlich.25 Jede ärztlich empfohlene Maßnahme bedarf – da Eingriff in die körperliche Integrität – der Einwilligung des Patienten. Erteilt der Patient seine Einwilligung nicht oder widerruft er seine Einwilligung, ist eine Behandlung oder Weiterbehandlung rechtswidrig und kann als Körperverletzung strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen sowie Schadensersatzansprüche begründen. Die Freiheit des Patienten, über das Ob und das Wie der Behandlung seiner Krankheit selbst zu entscheiden, darf nicht durch das, was aus ärztlicher Sicht erforderlich und sinnvoll wäre, eingeschränkt werden.26

2. Der nicht mehr einwilligungsfähige Patient
Ist der Patient krankheitsbedingt nicht in der Lage, in der aktuellen Situation zu entscheiden, sollte die Rechtsordnung klare Maßstäbe bereithalten, wer in einer solchen Situation eine Entscheidung treffen kann, an welchen Maßstäben sie sich ausrichten muss und wie diese Entscheidung gegebenenfalls umgesetzt werden kann. Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Regelung fehlen auch solch klare Maßstäbe.

a. Die drei Rechtsinstitute
Dennoch gibt zurzeit drei Möglichkeiten, auf das eigene Sterben auch für den Fall Einfluss zu nehmen, dass man zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr entscheidungsfähig ist:  die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung.
Eine Patientenverfügung ist eine individuelle, schriftliche oder mündliche, Form freie Willenserklärung eines entscheidungsfähigen Menschen zur zukünftigen Behandlung im Falle der eigenen Äußerungsunfähigkeit27. Sie enthält Angaben zu Art und Umfang der gewünschten medizinischen Behandlung. Bei einer Änderung des Patientenwillens kann die Patientenverfügung jederzeit widerrufen werden.28 Adressat der Verfügung ist nicht nur der behandelnde Arzt, sondern jeder, der über den Behandlungseinsatz zu „entscheiden“ hat. Der in der Patientenverfügung geäußerter Wille gilt, sofern die Wirksamkeit der Erklärung gegeben ist und keine Anhaltspunkte für eine Veränderung des  Willens vorliegen.
Während bei der Patientenverfügung der Patient selbst die Entscheidung trifft, bevollmächtigt er hierzu in der Vorsorgevollmacht eine von ihm ausgewählte Vertrauensperson. Gem. § 1896 Abs. 2 BGB kann der Betroffene eine oder mehrere Personen bevollmächtigen, Entscheidungen für ihn zu treffen. Seit dem Betreuungsänderungsgesetz von 1999 ist dies auch für medizinische Entscheidungen am Lebensende möglich (Gesundheitsbevollmächtigte/r). Der/die Bevollmächtigte ist an die Weisungen des Vollmachtgebers gebunden.
Möglich ist die Verbindung einer Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht. Da bei einem nicht äußerungsfähigen Patienten stets Außenstehende über den Behandlungsabbruch entscheiden müssen, wird durch die Möglichkeit der Vorsorgevollmacht die Patientenautonomie grundsätzlich gestärkt. Damit verhindert der Patient auch das staatliche Verfahren einer Betreuer Bestellung, da ein Betreuer nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB nur bestellt werden darf, wenn die Angelegenheit nicht durch einen Bevollmächtigten oder andere Hilfen (z.B. bestehende Patientenverfügungen) besorgt werden kann.

Aber auch für eine Betreuung kann mittels Betreuungsverfügung nach § 1901a BGB eine einwilligungsfähige Person die Person des Betreuers/der Betreuerin (§ 1897 Abs. 4 S. 3 GBG) bestimmen und Festlegungen für die Amtsführung dieser Person (§ 1901 Abs. 3 S. 2 BGB) treffen.

b. Wachkoma Patienten und Demenzkranke
Die Verbindlichkeit der Patientenverfügung wird aktuell in zwei Fällen bestritten: für Wachkoma Patienten und für Demenzkranke.
Bei Demenzerkrankungen stellt sich das Problem des Widerrufes der Patientenverfügung. Genügt für den Widerruf ein natürlicher Wille zum Leben im Sinne lebensbejahender Äußerungen oder kann für den Widerruf verlangt werden, dass der Betroffene Einsicht und entscheidungsfähig ist? Ist die Verfügung über einen das Leben beendenden Behandlungsabbruch für den Fall einer späteren Demenz verbindlich, selbst wenn in diesem späteren Stadium ein natürlicher Lebenswille, der dem entgegensteht, gegeben sein sollte? Kann z.B. ein an Alzheimer erkrankter Patient verbindlich verfügen, dass in einem späteren Stadium seiner Krankheit, wenn ihm jede Erinnerung an sein früheres Leben verloren gegangen ist, dieser von ihm als „entwürdigend“ angesehene Zustand beendet wird, indem lebensnotwendige medizinische Behandlungen unterbleiben bzw. abgebrochen werden?
In der Literatur werden zur Verbindlichkeit solchen Verfügung zwei gegenteilige Auffassungen vertreten:
• Eine frühere Entscheidung habe wirksam zu bleiben, wenn sie nicht durch eine Entscheidung auf der Grundlage der Fähigkeit zur Selbstbestimmung aufgehoben werde.29
• Nach anderer Auffassung geht dagegen mit dem Verlust der Autonomiefähigkeit auch die Identitätsbeziehung verloren.30 Der heutige Patient sei mit der früheren Person nicht identisch; in seiner Entscheidung verfüge der frühere Patient deshalb über das Leben eines anderen. Eine entsprechende Patientenverfügung sei nicht durchsetzbar, weil auch unterhalb von Einsicht- und Entscheidungsfähigkeit auf das Leben gerichtete Willensäußerungen umfassend zu schützen seien.
Auch hier wäre es Sache des Gesetzgebers, über die Wirksamkeit solcher Patientenverfügungen Klarheit zu schaffen.
Bei den Wachkomapatienten wird für das Zivilrechtsverhältnis die strafrechtliche Unzulässigkeit des vorverfügten Behandlungsabbruchs behauptet. Da dies ein durchgängiges Thema aktueller Rechtsprechung ist wird es in Teil C insbesondere unter III ausführlich behandelt.

III. Zur strafrechtlichen Zulässigkeit von Sterbehilfe – die erlaubte passive und indirekte Sterbehilfe und die verbotene aktive Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe wird als durch § 216 StGB verbotene „Tötung auf Verlangen“ eingeordnet. Darüber hinaus ist zum Thema Sterbehilfe/Patientenverfügung strafrechtlich nichts geregelt. Nur auf Grund der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze sind die sog. passive und die indirekte Sterbehilfe nicht strafbar31.
So hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes 1991 die Auffassung vertreten:
„Auch bei aussichtsloser Prognose darf Sterbehilfe nicht durch gezieltes Töten, sondern nur entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen durch die Nichteinleitung oder den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen geleistet werden, um dem Sterben – ggf. unter wirksamer Schmerzmedikation – seinen natürlichen, der Würde des Menschen gemäßen Verlauf zu lassen.“32
Danach ist die Sterbehilfe verboten, wenn durch aktives Tun eine Lebensverkürzung bewirkt wird. Passive Sterbehilfe hingegen ist bei entscheidungsfähigen Patienten allgemein und bei entscheidungsunfähigen Patienten im Grundsatz als zulässig anerkannt; allerdings gesetzlich nicht geregelt.

1. Passive Sterbehilfe
a. Der einwilligungsfähige Patienten
Passiv ist die Sterbehilfe dann, wenn mögliche das Leben erhaltene oder lebensverlängernde Maßnahmen unterlassen werden. Weder bei einem Abbruch von bereits eingeleiteten lebenserhaltenden Maßnahmen noch bei einem Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen geht es um so genannte aktive Sterbehilfe im Sinne des § 216 StGB. Die aktive Sterbehilfe betrifft nur die gezielte Tötung eines Menschen. Wird auf Wunsch eines einwilligungsfähigen und ärztlich aufgeklärten Patienten auf eine über eine Magensonde vorgenommene Ernährung, die künstliche Beatmung, die Dialyse oder die Gabe von Herz- und Kreislauf aktiven Medikamenten von vornherein oder erst nach deren Beginn verzichtet, so ist dies keine aktive Sterbehilfe und nicht strafbar.

b. Der nicht einwilligungsfähige Patient
Bei entscheidungsunfähigen Patienten außerhalb der Sterbephase, vor allem bei so genannten Wachkoma Patienten, wird über die Zulässigkeit passiver Sterbehilfe gestritten. Die Strafrechtsprechung und große Teile der Literatur halten auch in diesen Fällen passive Sterbehilfe für rechtlich zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.
In der Praxis besteht jedoch bei Ärzten, Patienten und Patientenvertretern erhebliche Verunsicherung, da die Rechtslage oftmals nicht bekannt ist. So haben bei einer rheinland-pfälzischen Ärztebefragung33 nur 20 % die Beendigung einer Flüssigkeitszufuhr bei einer PEG, nur 39 % die Beendigung einer künstlichen Ernährung und nur 41 % die Beendigung einer künstlichen Beatmung für rechtlich zulässig angesehen. Auch in der Gesundheitsberichterstattung der Bundesregierung wurde festgestellt, dass unter Ärzten die Ansicht weit verbreitet sei, eine lebenserhaltende Maßnahme müsse, wenn mit ihr einmal begonnen worden sei, ohne Rücksicht auf den Willen des Patienten fortgesetzt werden, weil deren Abbruch Tötung durch aktives Tun und damit nach § 216 StGB strafbar sei.342. Indirekte Sterbehilfe
Nach der BGH -Rechtssprechung ist auch die indirekte Sterbehilfe erlaubt, wenn eine ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation bei einem sterbenden Patienten als unbeabsichtigte, aber in Kauf genommene unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann. Der Bundesgerichtshof hat zur indirekten Sterbehilfe 1996 im so genannten Dolantin –Fall ausgeführt:
„Eine ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen wird bei einem Sterbenden nicht dadurch unzulässig, dass sie als unbeabsichtigte, aber in Kauf genommene unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann.“35
Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass die Ermöglichung eines Todes in Würde und Schmerzfreiheit gemäß dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen ein höherwertiges Rechtsgut sei als die Aussicht, unter schwersten, insbesondere sog. Vernichtungsschmerzen noch kurze Zeit länger leben zu müssen.
Die juristische Literatur folgt dem im Ergebnis mehrheitlich. Eine Verfügung, Schmerzen beim Sterben unter Inkaufnahme der Todesbeschleunigung zu lindern, ist deshalb im Rahmen der Patientenverfügung zulässig und verbindlich.
Über die Grenzen der indirekten Sterbehilfe und über die juristisch-dogmatische Begründung für ihre Zulässigkeit hingegen herrscht keine Einigkeit. Anders als bei der passiven Sterbehilfe wird bei der indirekten Sterbehilfe nicht der Behandlungsabbruch, sondern die Vornahme einer weiteren schmerzlindernden Behandlung mit der Folge der Lebensverkürzung verfügt. Es wird verfügt, dass Dritte aktiv lebensverkürzend handeln. Damit stellt sich das Problem der Abgrenzung zur de lege lata unzulässigen aktiven Sterbehilfe. Wenn es verfassungsrechtlich zulässig ist, die aktive Sterbehilfe nach § 216 StGB ausnahmslos zu verbieten, wie kann dann die indirekte Sterbehilfe erlaubt sein?
Bei fast einhelliger Bejahung einer Zulässigkeit der indirekten Sterbehilfe in der Strafrechtswissenschaft36 sind die juristischen Begründungen vielfältig und umstritten geblieben. Die Schwierigkeiten der Strafrechtswissenschaft, die rechtliche Zulässigkeit der indirekten Sterbehilfe zu begründen, sind dem Umstand geschuldet dass es keinen gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, welche Ausnahmen es vom Verbot der aktiven Sterbehilfe bei einer tödlichen Medikation geben soll. Erst wenn dieser geschaffen ist, lässt sich das juristische dogmatische Dilemma, das es bei der Zulässigkeit der indirekten Sterbehilfe gibt, auch wirklich beseitigen.37
Ein Tätigwerden des Gesetzgebers ist umso dringlicher, als die indirekte Sterbehilfe in der Praxis die häufigste Form von Sterbehilfe ist und bestimmte als indirekte Sterbehilfe praktizierte Formen immer wieder für rechtlich unzulässig gehalten werden. Hinzu kommt, dass die Praxis ein Defizit bei der effektiven Schmerzbehandlung beklagt und mit Blick darauf, der Rechtsanspruch des Patienten38 auf effektive Schmerzlinderung und die Strafbarkeit unzureichender Schmerzlinderung39 nach den §§ 223, 13 bzw. 323c StGB betont werden.

3. Aktive Sterbehilfe
a. Das ausnahmslose  Verbot

Das derzeit in Deutschland geltende ausnahmslose Verbot aktiver Sterbehilfe wird nur vereinzelt als verfassungswidrig, weil unverhältnismäßig, angesehen.40 Gleichwohl ist der ethische Konsens bei der Beurteilung des § 216 StGB in den letzten Jahren brüchig geworden. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wurde und wird die ausnahmslose Strafbarkeit aktiver Sterbehilfe kritisiert.41
Eine Reihe von Vorschlägen für eine gesetzliche Änderung des § 216 StGB verfolgten deshalb das Ziel, bestimmte Fälle der aktiven Sterbehilfe rechtlich zu erlauben oder wenigstens Straffreiheit zu ermöglichen.42 Die bisher weitestgehende  gesellschaftliche Wirkung unter den Reformvorschlägen für § 216 StGB erzielte der Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe von 198643, der für Fälle aktiver Sterbehilfe bei extremen Leidenszuständen die Möglichkeit des absehens von Strafe vorsieht. Dieser Vorschlag wurde vom 56. Deutschen Juristentag grundsätzlich gebilligt.44 Im Übrigen wurde und wird weiteren Liberalisierungsversuchen immer wieder eine klare Absage erteilt. So auch dem Anfang Oktober 2005 vom Hamburger Justizsenator Kusch gemachten Vorschlag, die aktive Sterbehilfe durch Einfügung eines neuen § 217 StGB zu legalisieren, wenn bei unaufhaltsamem tödlichem Krankheitsverlauf ein notariell beglaubigter Sterbewille vorläge. Kusch hatte dies mit der Begründung gefordert, dass
„der Rechtsstaat (…) eigenverantwortliche Entscheidungen seiner Bürger und Dispositionen über seine höchstpersönlichen Güter nicht einfach ignorieren (darf)“
und dass
„der Staat (…) den Wunsch eines Todkranken nach Hilfe beim Sterben zu respektieren hat“.45

b. Die Abgrenzung zum straffreien assistierten Selbstmord
Die Auseinandersetzung mit dieser Begründung ist wegen des – strafrechtlich als zulässig46 angesehenen – assistierten Selbstmords schwierig. Zu beantworten ist die Frage, ob es einen qualitativen Unterschied ausmacht,
• ob sich jemand selbst tötet und ihm dabei geholfen wird, oder
• ob jemand – wenn auch auf Grund eines ernstlichen und ausdrücklichen Verlangens eines sterbenskranken Menschen – einen anderen tötet
und ob dieser Unterschied eine unterschiedliche strafrechtliche Behandlung rechtfertigt. Ist das Erlauben der aktiven Sterbehilfe in engen Grenzen mit entsprechenden verfahrensrechtlichen Sicherungen tatsächlich ein Verfügen eines Menschen über das Leben eines anderen Menschen, die grundsätzlich anders als die straffreie Beihilfe zum Suizid zu beurteilen ist?47
Die Diskussion um die Abgrenzung von assistiertem Suizid und aktiver Sterbehilfe hat sich nach der Ankündigung des Vereins Dignitas, im Herbst 2005 in Hannover eine Dependance zu eröffnen, auch öffentlich zugespitzt. Die niedersächsische Justizministerin forderte die Schaffung eines neuen Straftatbestandes zum Verbot der organisierten Beihilfe zum Suizid. Zur entsprechenden Bundesratsinitiative verweigerte der Koalitionspartner FDP jedoch die Zustimmung. Inzwischen gibt es aber einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag der Länder Saarland, Thüringen und Hessen zur Einführung eines neuen § 217 ins StGB der die geschäftsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung verbieten soll.48
An der Diskussion zu diesem Gesetzgebungsvorschlag wird sich der politische Stand ablesen lassen, wie der frei verantwortliche Wille, aus dem Leben zu scheiden, respektiert wird. Sollte bereits die abstrakte Gefahr der Relativierung des Lebensschutzes im gesellschaftlichen Bewusstsein es rechtfertigen, diejenigen zu bestrafen, die Menschen bei der Realisierung ihres freiverantwortlich getroffenen Willens, sich selbst zu töten, in organisierter Art und Weise unterstützen, hätte der Gesetzgeber ein weiteres Mal das Thema Sterbehilfe tabuisiert.

C. Zum aktuellen Stand der politischen und rechtlichen Diskussion

I. Das Richterrecht und die maßgeblichen politischen Vorschläge für eine gesetzliche Regelung
Weil gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe und Patientenverfügung fehlen, erfolgt die Rechtsentwicklung zum Thema Sterbehilfe/Patientenverfügung durch Richterrecht im Wege der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die gesetzgeberischen Reformbemühungen zum Thema Patientenverfügungen und Sterbehilfe reagieren in der Regel nur auf die Ergebnisse der Rechtssprechung und versuchen, diese nachzuvollziehen bzw. zu korrigieren. Beim Pingpongspiel zwischen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Gesetzgeber, ist die Rechtsprechung derzeit in der Vorhand und der Gesetzgeber retourniert im günstigsten Fall.
Derzeit ist es vor allem die Rechtsprechung des 12. Zivilsenates des BGH in den Beschlüssen vom 07.03.2003 und 08.06.2005, die für die juristischen Kontroversen in Sachen Sterbehilfe/Patientenverfügung und gesetzgeberische Korrekturversuche sorgt. Diese Kontroversen prägten die Gesetzgebungsdiskussion der 15. Legislaturperiode des Bundestages. Dabei haben sich die gesetzgeberischen Vorschläge überwiegend mit der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen befasst; die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe wurde ausdrücklich aus den Reformbemühungen ausgeschlossen.
Die maßgeblichen politischen Reformbemühungen im Kontext Patientenverfügung/Sterbehilfe sind zum einen die Ergebnisse der von der Bundesjustizministerin unter Rot/Grün eingesetzten Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ und dem darauf basierenden Referentenentwurf des Justizministeriums, zum anderen die Stellungnahmen der Enquetekommission des letzten Bundestages „Ethik und Recht der modernen Medizin“, die sich mit ihren jeweiligen Vorschlägen z. T. gegeneinander wenden. Die Stellungnahmen des nationalen Ethikrates zu diesen Themen aus der vorherigen49 und der neuen Legislaturperiode50 sind zwar thematisch breit angelegt, bezogen auf einen Gesetzesvorschlag aber weniger konkret als die Vorschläge der Kutzer – Kommission.
Zur Verbindlichkeit der Patientenverfügung hat sich auch die Bundesärztekammer mit ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung geäußert. Diese haben (neben der straf- und zivilrechtlichen Rechtssprechung) in der Praxis der Sterbehilfe für die Haltungen der Ärzte und ihrer Institutionen erhebliche Bedeutung. Die Bundesärztekammer hat 1998 in den „Grundsätzen zur ärztlichen Strebebegleitung“51 Patientenverfügungen als eine wesentliche Hilfe für den Arzt bezeichnet. 1999 hat die Bundesärztekammer in „Handreichungen für Ärzte zum Umgang mit Patientenverfügungen“52 auch zu den möglichen Inhalten Stellung bezogen. In den überarbeiteten „Grundsätzen zur ärztlichen Strebebegleitung“ von 200453 hat sie den in einer Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachten Willen zur Ablehnung einer ärztlichen Behandlung als bindend bezeichnet. Einen Gesetzgebungsvorschlag der Bundesärztekammer gibt es nicht.
Die breit geführte wissenschaftlich-juristische Debatte zum Thema Sterbehilfe/ Patientenverfügung geht fast nahtlos in die politisch-institutionelle Debatte bzw. in die Rechtssprechungsbegründungen ein. Von besonderem Gewicht sind dabei Äußerungen des Deutschen Juristentages und Gesetzgebungsvorschläge. Der Juristentag hat in den letzten zwanzig Jahren dreimal zum Thema debattiert und abgestimmt, auf dem 56.DJT 1986 zum „Recht auf den eigenen Tod“, auf dem 63. DJT 2000 zur Frage „Empfehlen sich zivilrechtliche Regelungen zur Absicherung der Patientenautonomie am Ende des Lebens“ und auf dem 66. DJT 2006 zur „Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung“. Die wichtigsten Gesetzgebungsvorschläge aus der Wissenschaft sind die strafrechtlichen Alternativentwürfe von 1986 zur Sterbehilfe54 und von 2005 zur Sterbebegleitung55 sowie der von Höfling im Auftrag der Hospiz Stiftung erarbeitete Vorschlag für ein „Gesetz zur Sicherung der Autonomie und Integrität von Patienten am Lebensende (Patientenautonomie- und Integritätsschutzgesetz)“.56 
Die große Koalition will laut Koalitionsvereinbarung „die Diskussion über eine gesetzliche Absicherung der Patientenverfügung fortführen und abschließen“.57 Derzeit wurden dazu aber noch keine Gesetzgebungsvorschläge gemacht.

II. Die Entscheidung des 12. Zivilsenates des BGH vom 07.03.2003 (Az. XII ZB 2/03, BGHZ 154, 205 )
1. Die Fragestellung und ihre Antwort
Bis zu dem Beschluss des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2003 war umstritten,
• ob eine Einwilligung des Betreuers erforderlich ist, wenn in einer Patientenverfügung eine auf die Behandlungssituation bezogene Entscheidung des Patienten getroffen wurde, und
• ob eine Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in die Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.
Der XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hat die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung bestätigt und im Wege der Rechtsfortbildung entschieden, dass ein Betreuer in eine Beendigung ärztlich „angebotener“ lebensverlängernder Maßnahmen mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einwilligen könne.
Im Einzelnen hat die Entscheidung des BGH vom 17.03.2003 aber wesentliche Streitfragen noch nicht gelöst und zu neue Unklarheiten Veranlassung gegeben.

2. Der Sachverhalt
In dem der Entscheidung des BGH vom 17.03.2003 zugrunde liegenden Fall erlitt der Betroffene einen Gehirnschaden im Sinne eines apallischen Syndroms. Seitdem wurde er über eine PEG -Sonde ernährt. Das Amtsgericht bestellte den Sohn des Betroffenen zum Betreuer. Dieser beantragte beim Amtsgericht „die Einstellung der Ernährung über die PEG -Sonde“ zu genehmigen, da eine Besserung des Zustandes seines Vaters nicht zu erwarten sei, und die Einstellung dem früher geäußerten Wunsch seines Vaters entspreche. Der Sohn verwies hierzu auf eine einschlägige, unbestrittene Patientenverfügung. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, da eine entsprechende Rechtsgrundlage fehle. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Sohnes wies das Landgericht zurück. Die weitere Beschwerde des Beteiligten wollte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückweisen, da die Einwilligung des Betreuers in einem solchen Fall nicht gerichtlich genehmigungsbedürftig sei. Es sah sich daran aber durch abweichende Rechtsmeinungen in Beschlüssen der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe gehindert und legte die Sache dem BGH vor. Die Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe waren davon ausgegangen, dass die Einwilligung des Betreuers eines selbst nicht mehr entscheidungsfähigen Betroffenen in den Abbruch der Ernährung mittels einer PEG Magensonde analog § 1904 BGB einer vormundschaftlichen Genehmigung bedürfe. Das Schleswig-Holsteinische OLG hielt zwar eine Einwilligung des Betreuers für erforderlich, ging aber davon aus, dass es für eine Vormundschafts gerichtlichen Entscheidung an einer rechtlichen Grundlage fehle.58

3. Die Entscheidung des BGH zur Zuständigkeit der Vormundschaftsgerichte und zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen
a. Der Grundsatz
Der BGH hielt die Beschwerde des Sohnes für begründet. Er stellte fest, dass die Vormundschaftsgerichte auch für Entscheidungen des Betreuers gegen eine weitere künstliche Ernährung des Betroffenen zuständig seien. Inhaltlich wirke allerdings eine frühere Erklärung für eine Behandlungsverweigerung fort, falls der Patient sie nicht widerrufen habe.
„Liegt eine solche Willensäußerung, etwa … in Form einer so genannten ‚Patientenverfügung’ vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts, aber auch der Selbstverantwortung des Betroffenen den Betreuer; denn schon die Würde des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1 GG) verlangt, dass eine von ihm eigenverantwortlich getroffene Entscheidung auch dann respektiert wird, wenn er die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Entscheiden inzwischen verloren hat. Die Willens­bekundung des Betroffenen für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf deshalb vom Betreuer nicht durch einen ‚Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen’  des Betroffenen ‚korrigiert’ werden,…“.59
Was für den Betreuer gelte, soll auch für den Arzt verbindlich sein.

b. unklare Einschränkungen
Trotz dieser klaren Feststellung zur Verbindlichkeit der Patientenverfügung wird die Entscheidung des Zivilsenats des BGH zu Recht aus zwei Gründen heftig kritisiert.
Zum einen gibt es im Beschluss des Zivilsenats vom 17.03.2003 Passagen, die davon auszugehen scheinen, dass der Behandlungsabbruch außerhalb der unmittelbaren Sterbephase trotz des Vorliegens einer Patientenverfügung bei Einwilligungsunfähigen strafrechtlich verboten sei. Wäre dies richtig, würde die Geltung von Patientenverfügungen erheblich eingeschränkt.60
Zum anderen sind die Aussagen des BGH dazu, bei welchen Sachverhalten die Betreuer Entscheidung Vormundschaftsgerichts gerichtlich zu genehmigen ist, z. T. unklar.
Da die Enquetekommission des Bundestages sich eine sehr enge Auslegung des BGH-Beschlusses zu eigen gemacht hat, hat die Auseinandersetzung über diesen Beschluss große politische Bedeutung für den Gesetzgebungsprozess.
 
(1) Das strafrechtliche Verbot des Behandlungsabbruchs in der Rechtsprechung des Zivilsenats
Was hat der BGH im Einzelnen beschlossen? Zur Frage der strafrechtlichen Zulässigkeit der Sterbehilfe außerhalb der unmittelbaren Sterbephase stellt der Zivilsenat des BGH in seinem Beschluss vom 07.03.2003 zunächst auf das Urteil eines Strafsenats des BGH im so genannten Kemptener – Fall aus dem Jahr 1994 ab.
 
aa. Der Kemptner -Fall des Strafsenats
1994  hat ein Strafsenat des BGH entschieden, dass in der Sterbephase ein das Leben beendender Behandlungsabbruch bei Einwilligungsunfähigen grundsätzlich möglich sei.
„Sterbehilfe in diesem Sinne setzt voraus, dass das Grundleiden des Kranken nach ärztlicher Überzeugung unumkehrbar (irreversibel) ist, einen tödlichen Verlauf angenommen hat und der Tod in kurzer Zeit eintreten wird …Ist… insbesondere das Merkmal der unmittelbaren Todesnähe gegeben, so hat der Sterbevorgang bereits eingesetzt. Erst in diesem Stadium ist es deshalb gerechtfertigt, von Hilfe für den Sterbenden und Hilfe beim Sterben, kurz: von Sterbehilfe zu sprechen. Sie erlaubt dem Arzt den Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen wie Beatmung, Blut­transfusion oder künstliche Ernährung …“.
In dem vom Strafsenat des BGH zu entscheidenden Strafrechtsfall hatte der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt. Die Frau war – abgesehen von der Notwendigkeit künstlicher Ernährung – lebensfähig: tatsächlich hat sie noch über neun Monate gelebt. Eine Sterbehilfe im eigentlichen Sinn lag deshalb nicht vor. Es handelte sich vielmehr um den Abbruch einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahme außerhalb der Sterbephase. Der BGH schloss aber auch für diesen Fall einen Behandlungsabbruch schon vor Beginn des Sterbevorgangs nicht aus. Bei einem unheilbar Kranken und entsprechendem Patientenwillen erkannte er eine
„Sterbehilfe im weiteren Sinn (‚Hilfe zum Sterben’) … als Ausdruck seiner allgemeinen Entscheidungsfreiheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) grundsätzlich“61 an.
Damit wurde das Recht einer einwilligungsunfähigen Patientin auf Behandlungsabbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme auch außerhalb einer Sterbephase für das Strafrecht bejaht. Im Kemptener-Fall lag keine Patientenverfügung vor. Daher ging es bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit eines Behandlungsabbruchs im Falle der nicht mehr Einsicht– und urteilsfähigen Frau entscheidend um die Feststellung ihres mutmaßlichen Willens.
Der Strafsenat des BGH definierte den mutmaßlichen Willen der Betroffenen als ihren individuellen hypothetischen Willen, zu dessen Ermittlung bei fehlenden Anhaltspunkten auf „allgemeine Wertvorstellungen“, etwa die Nähe des Todes, die Aussichtslosigkeit der Prognose oder die Chance der „Wiederherstellung eines nach allgemeinen Vorstellungen menschenwürdigen Lebens“ zurückgegriffen werden müsse. Im Zweifel gehe der Schutz des Lebens vor.62

bb. Die Rezeption des Zivilsenats
Wie der XII. Zivilsenat des BGHs in seinem Beschluss vom 17. März 2003 diese Auffassung des Strafsenats rezipiert hat, ist umstritten.
Der Zivilsenat wiederholt unter III 2 c) aa) seines Beschlusses die im Strafrechtsurteil vorgenommene Unterscheidung einer „Hilfe beim Sterben“ und einer „Hilfe zum Sterben“ und bekennt sich damit auch zur Sterbehilfe im weiteren Sinne, wenn er festgestellt:
„Diese objektive Eingrenzung zulässiger Sterbehilfe ist auch für das Zivilrecht verbindlich; denn die Zivilrechtsordnung kann nicht erlauben, was das Strafrecht verbietet.“63
Dann allerdings wird die vom Strafsenat vorgenommene Differenzierung von Sterbehilfe im weiteren und engeren Sinne bzw. innerhalb oder außerhalb der Sterbephase, auf die sich der Zivilsenat bezieht, zweimal nur verkürzt wieder gegeben. Es wird die Zulässigkeit des Behandlungsabbruchs nur für den Fall des irreversiblen (und) tödlichen Verlaufs bejaht. Zugleich wird aber auch ausdrücklich festgestellt:
„Die medizinischen Voraussetzungen, unter denen das Recht eine vom gesetzlichen Vertreter konsentierte Sterbehilfe (auch im weiteren Sinne) gestattet, binden den Arzt ebenso wie den gesetzlichen Vertreter.“64
Da der zu entscheidende Fall nicht die engen Kriterien für Sterbehilfe erfüllte, dennoch die Entscheidung des Zivilsenats davon ausgeht, dass der Betreuer verlangen kann, die Behandlung einzustellen, sind die vorgenommenen Einschränkungen unerklärlich. Die Verkürzung der Zulässigkeit des Behandlungsabbruchs auf den irreversiblen und tödlichen Verlauf mag man für einen unbeabsichtigten handwerklichen Fehler halten, der im Widerspruch zu anderen Aussagen der Entscheidung steht, oder auch für die Überreste einer im Senat geführten Auseinandersetzung. Juristisch verbindlich waren die unklaren Aussagen im entschiedenen Fall ohnehin nicht, weil sie im Beschluss nur ein obiter dictum darstellten.
Im konkreten Fall ist durch den Beschluss vom 17. März 2003  verbindlich nur über die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichtes für den Streit zwischen Arzt und Betreuer und über die Rechtswirksamkeit einer Patientenverfügung zum Behandlungsabbruch entschieden worden, nicht mehr und nicht weniger. Das heißt, dass die unklaren und  umstrittenen Formulierungen im Beschluss vom 17. März 2003 keinen Einfluss auf die strafrechtliche Zulässigkeit von Sterbehilfe haben dürften und die Rechtslage, wie sie seit dem Kemptener Urteil zur der Sterbehilfe gilt, sich nicht verändert haben dürfte. Die Grundsätze des Urteils über die strafrechtliche Zulässigkeit von Sterbehilfe von 1994 gelten fort.

(2) Die Entscheidung des BGH zur Notwendigkeit Vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung
Von großer praktischer Bedeutung für die Wirksamkeit von Patientenverfügungen war der Beschluss des Zivilsenats vom 17.03.2003 aber, weil er darüber zu entscheiden hatte, ob sich der Betreuer oder der Bevollmächtigte die Entscheidung für eine passive Sterbehilfe genehmigen lassen muss.65 Der BGH gelangte im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zur Genehmigungsfähigkeit der Betreuer Entscheidung durch das Vormundschaftsgericht. Für welche Sachverhalte aber nach der BGH-Entscheidung eine Genehmigungspflicht besteht, blieb umstritten. Die Rolle der Vormundschaftsgerichte will der Zivilsenat des BGH insoweit begrenzen, als ein Leben beendender Behandlungsverzicht nicht genehmigungsbedürftig sein soll, wenn ärztlicherseits eine lebenserhaltende oder verlängernde (Weiter-) Behandlung nicht „angeboten“ werde, weil
„sie nach Auffassung der behandelnden Ärzte, von vornherein nicht indiziert, sinnlos geworden oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist“.
Das Vormundschaftsgericht solle nur „in Konfliktlagen“ angerufen werden.
Offen geblieben ist die Frage, warum der Arzt bei eindeutiger Patientenverfügung, an die er gebunden sein soll, auf die medizinische Indikation verwiesen wird. 
• Ist bei Einigkeit zwischen Arzt und Betreuer über die Wirksamkeit der Patientenverfügung, der Behandlungsabbruch genehmigungsfrei und auch für den Arzt verbindlich oder
• ist der Arzt gehalten, dass medizinisch Indizierte anzubieten und dadurch einen genehmigungspflichtigen Konfliktfall zu produzieren?
Darüber wird die Auseinandersetzung noch weiter gehen.

III. Die Entscheidung des  12. Zivilsenates des BGH  vom 08.06.2005 ( Az. XII ZR 177/03 )

In dieser Entscheidung hatte der Senat nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, weil der Kläger während des Rechtsstreites verstorben war. Da nur noch über die Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden war, erfolgte nur eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten, aufgrund der der Senat den Ausgang des Rechtsstreits offen ließ, und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufhob.
Offen gelassen hat der Zivilsenat insbesondere seine Auffassung zu den strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinne („Hilfe zum Sterben“), die der Zivilsenat des BGH „als bislang nicht hinreichend geklärt“ bezeichnet hat. Der Kostenbeschluss des BGH enthält aber klare Entscheidung über die Gründe, aus denen die Einstellung der künstlichen Ernährung im Hinblick aus den Pflegevertrag verweigert wurde, und erteilte diesen Gründen eine klare Absage. Die zivilrechtliche Pflegeverpflichtung stehe einem Unterlassen der künstlichen Ernährung ebenso wenig entgegen wie die „verfassungsmäßigen Rechte“ des Pflegepersonals deren Verweigerungshaltung rechtfertigen könnten.

1. Der Sachverhalt
Der Kläger litt seit einem Suizidversuch an einem apallischen Syndrom im Sinne eines Wachkomas und wurde in einem Pflegeheim versorgt. 2001 ordnete der behandelnde Arzt im Einvernehmen mit dem als Betreuer bestellten Vater an, die künstliche Ernährung einzustellen. Das beklagte Pflegeheim lehnte die Umsetzung der ärztlichen Anordnung ab, weil die Pflegekräfte sich weigerten, der Anordnung nachzukommen. Der Kläger klagte vor den Zivilgerichten gegen das Pflegeheim auf Einstellung seiner künstlichen Ernährung, um ihn sterben zu lassen.

2. Die Entscheidungsgründe des Zivilsenats des BGH
Im Anschluss an seinen Beschluss vom 17. März 2003 stellte der Senat im amtlichen Leitsatz a) seiner Entscheidung vom 08.06.2005 klar:
„Verlangt der Betreuer in Übereinstimmung mit dem behandelnden Arzt, dass die künstliche Ernährung des betreuten einwilligungsunfähigen Patienten eingestellt wird, so kann das Pflegeheim diesem Verlangen jedenfalls nicht den Heimvertrag entgegensetzen. Auch die Gewissensfreiheit des Pflegepersonals rechtfertigen für sich genommen die Fortsetzung der Künstlichen Ernährung in einem solchen Fall nicht.“
Ferner führt das Gericht in den Gründen unter II, 1. c) aus:
„Das vom Betreuer wahrgenommene Recht des Klägers zur Bestimmung über den eigenen Körper ist einem antizipierten Verzicht nicht zugänglich.“
Seine Entscheidung begründet der BGH u. a. damit, dass mit dem Heimvertrag das Recht des Klägers auf Selbstbestimmung nicht so eingeschränkt werden könne, dass eine vereinbarte Leistungspflicht zur künstlichen Ernährung eine Rechtspflicht begründe, die geschuldete Leistung anzunehmen; erst recht schaffe die Leistungspflicht des Pflegeheims keine Befugnis, die Annahme dieser Leistung gegen den Willen des Ernährten zu erzwingen. Dem Pflegepersonal stehe gegenüber dem Unterlassungsbegehren des Klägers auch kein Verweigerungsrecht zu, das sich aus den in den Art. 1, 2 und 4 GG verbürgten Rechten des Pflegepersonals ableiten ließe. Zwar seien die Pflegekräfte Träger der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG, jedoch umfasse der Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG nicht ihre ethischen oder medizinischen Vorstellungen. Mit dem verlangten Unterlassen werde deshalb in ihre Menschenwürde nicht eingegriffen. Das Selbstbestimmungsrecht der Pflegekräfte aus Art. 2 GG finde am entgegenstehenden Willen des Klägers bzw. des für ihn handelnden Betreuers – also an den „Rechten anderer“, wie es Art. 2 Abs. 1 GG bestimme – seine Grenze. Auch die Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG verleihe dem Pflegepersonal kein Recht, sich durch aktives Handeln über das Selbstbestimmungsrecht des durch seinen Betreuer vertretenen Klägers hinwegzusetzen und in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen.66
Darin liege auch der Unterschied zur Normsituation des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz sei niemand verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken; auch diese Vorschrift berechtige darüber hinaus aber auch niemanden, durch positives Tun in die Rechte Dritter einzugreifen, um Abtreibungen zu verhindern.

Die zivilrechtliche Rechtslage für den Behandlungsabbruch bei Wachkoma Patienten scheint mit diesem Teil der Entscheidung geklärt zu sein: Die Pflegekräfte haben aufgrund ihres Pflegevertrages kein Verweigerungsrecht gegenüber ärztlichen Anweisungen, die im Einvernehmen mit dem Betroffenen/Betreuer getroffen werden. Die Verpflichtung zur Pflege aufgrund des Pflegevertrages kann einem zivilrechtlich Anspruch auf Unterlassung der Behandlung bzw. Ernährung nicht entgegengesetzt werden.67 
Der zivilrechtlich Anspruch auf Unterlassung der weiteren künstlichen Ernährung scheint aber, folgt man der Entscheidung weiter, nicht durchsetzbar zu sein, solange man – wie der 12. Zivilsenat – die strafrechtliche Zulässigkeit des Behandlungsabbruches für ungeklärt hält.68 Die tragende Begründung für diesen Teil der Kostenteilung lautet:
die „strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn („Hilfe zum Sterben“, vgl. im einzelnen BGHSt 40, 257), auf die das klägerische Verlangen zielt, …sind bislang nicht hinreichend geklärt..“ 69
Sie seien jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles von Bedeutung;
„denn die Beklagte kann nicht zivilrechtlich zu einem Verhalten verurteilt werden, mit dem die Organe und Beschäftigten der Beklagten Gefahr laufen, sich zu den Geboten des Strafrechts in Widerspruch zu setzen. … Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits war danach letztlich ungewiß.“
Damit ist der 12. Zivilsenat des BGH anders als in seiner Entscheidung von 2003 nicht einfach nur unklar bezüglich seines eigenen Verständnisses der strafrechtlichen Zulässigkeit von Sterbehilfe geblieben, sondern hat offen gelegt, dass er davon ausgeht, dass die strafrechtlichen Grenzen von Sterbehilfe nicht geklärt seien.

3. Kritik an der BGH-Entscheidung
Diese Begründung für die Kostenentscheidung ist zu recht scharf kritisiert worden. So hat Klaus Kutzer, der Vorsitzende im Strafsenats beim Kemptener- Urteil, diese Argumentation als rechtsdogmatisch zweifelhaft charakterisiert.70 Es sei ein Irrtum, anzunehmen, dass der tödliche Behandlungsabbruch strafrechtlich nur zulässig wäre, wenn das Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe.
Wie Kutzer haben auch andere Autoren in ihrer Kritik am 12. Zivilsenat hervorgehoben, dass das Strafrecht unter dem Vorbehalt der Verfassung stehe und zwar bei der Sterbehilfe konkret unter dem Schutz des Grundrecht auf Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts auf die unmittelbare Todesphase bzw. einen irreversiblen Verlauf habe der 1. Strafsenat deshalb nicht vornehmen können. Die Bestimmung darüber, ob und ggfs. welche ärztlichen Maßnahmen vorgenommen werden dürfen, sei vielmehr Ausfluss des verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrechts.71
Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Eingriffe des Strafrechts als Verbote grundrechtlich geschützten Verhaltens bedürfen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Unabhängig von seinem strafrechtlichen Kenntnisstand, hätte der 12 Zivilsenat, nachdem er die Verbindlichkeit der ärztlichen Anweisung gegenüber dem Pflegeheim festgestellt hat, verfassungsrechtlich begründen müssen, warum das Recht des Koma Patienten zum Behandlungsabbruch von dem das Gericht im konkreten Fall ausgegangen ist, anders als beim Einsicht – und äußerungsfähigen Patienten möglicherweise auf die unmittelbare Sterbephase beschränkt sein soll.
So bleibt auch nach dieser Entscheidung der Gesetzgeber aufgerufen, die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in ihrer Doppelfunktion des Schutzes von Autonomie und Integrität am Lebensende klarzustellen und dadurch zu gewährleisten.72

IV. Die Stellungnahme der Enquetekommission des Bundestages „Ethik und Recht der modernen Medizin“73

In ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen zur Reichweite von Patientenverfügungen hat die Kommission empfohlen, im Rahmen einer gesetzlichen Regelung die Gültigkeit von Patientenverfügungen, die einen Behandlungsabbruch- oder Verzicht vorsehen, der zum Tode führen würde, auf Fallkonstellationen zu beschränken, in denen das Grundleiden irreversibel und trotz medizinischer Behandlung nach ärztlicher Erkenntnis zum Tode führen wird.74 Damit wurden ausdrücklich Verfügungen für Wachkoma Patienten und Demenzkranke ausgeschlossen. Maßnahmen der Basisversorgung sollen durch Patientenverfügungen ebenfalls nicht ausgeschlossen werden können.75 Was unter Basisversorgung zu verstehen ist, hat sie dabei nicht gesagt.  Bei der Umsetzung der Patientenverfügung solle ein Betreuer von einem Konzil beraten werden, wenn es um die Verweigerung der Aufnahme oder Fortsetzung einer medizinisch indizierten Behandlung geht. Außerdem solle zur Interpretation einer Verfügung ein Konzil herangezogen werden können.76 Immer solle die Ablehnung einer lebenserhaltenden Behandlung durch einen Betreuer der Genehmigung durch ein Vormundschaftsgericht bedürfen77. Des Weiteren solle eine Regelung eingeführt werden, wonach ein Betreuer nach § 1896 I BGB eingesetzt wird, wenn eine Willenserklärung umgesetzt werden soll, in welcher auf medizinisch indizierte lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet werden soll.78
Angesichts der vorzeitig endenden Legislaturperiode konnte auch die Enquetekommission die Beratungen der Themengruppe „Menschenwürdig leben bis zu letzt“ nicht mehr abschließen. Im Abschlussbericht der Kommission wurde jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass die gegenwärtige Rechtslage zur aktiven  Sterbehilfe Bestand haben solle.79 Angesichts von Forderungen nach einer Zulassung aktiver Sterbehilfe sei es jedoch dringend erforderlich, dass das Thema Sterbehilfe von der Politik aufgegriffen werde. Das Thema Sterbehilfe müsse dabei klar in den Kontext einer Verbesserung der Versorgung und Betreuung sterbender und schwerstkranker Menschen gestellt werden.80

V. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Justiz „Patientenautonomie am Lebensende“
 

Die Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Justiz „Patientenautonomie am Lebensende“ unter Vorsitz des BGH-Richter a. D. Kutzer (im Folgenden Kutzer- Kommission) legte ihre Vorschläge im Juni 2004 vor.81 Darin waren sowohl Vorschläge zur Änderung des Zivilrechtes namentlich des Betreuungsrechtes als auch des Strafrechtes enthalten.

1. Die zivilrechtlichen Vorschläge für das Betreuungsrecht
Die Arbeitsgruppe lehnte zwar ein eigenes Gesetz über Patientenverfügungen ab, schlug aber vor, Regelungen zur Patientenverfügung im Betreuungsrecht durch Einfügung eines neuen § 1901b BGB82  und Ergänzungen des § 1904 BGB83 zu treffen.

a. Vorschläge zum Inhalt der Patientenverfügung
Der vorgeschlagene neue § 1901b BGB sollte das Rechtsinstitut der – nicht formbedürftigen – Patientenverfügung in das bürgerliche Recht einführen. Damit sollte klargestellt werden, dass der Betreuer den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten habe, vom Betreuten in der Patientenverfügungen getroffene Entscheidungen über die Durchführung oder Verweigerung bestimmter ärztlicher Maßnahmen auch nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit des Betreuten fort gelten und vom Betreuer durchzusetzen seien, soweit ihm dies zumutbar sei.
Einer eigenen Entscheidung des Betreuers über eine anstehende ärztliche Behandlung sollte es nicht mehr bedürfen, vielmehr sollte es Aufgabe des Betreuers sein, für die Durchsetzung der vom Betreuten bereits getroffenen Entscheidung Sorge zu tragen. Diesbezüglich wurde ausdrücklich an den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2003 angeschlossen, in dem es heißt, der Betreuer solle dem Willen des Betreuten  „Ausdruck und Geltung zu verschaffen“. Mit ihrem Vorschlag wollte die Kommission dies auch gesetzlich klarstellen, weil Rechtslehre und Rechtsprechung nach wie vor Patientenverfügungen, welche die konkrete Behandlungssituation betreffen, oft nur als ein Indiz bei der Ermittlung des im Zeitpunkt der Behandlung anzunehmenden mutmaßlichen Patientenwillens werten und eine Einwilligung des Betreuers in die ärztliche Behandlung fordern, obwohl der (betreute) Patient diese Entscheidung bereits selbst getroffen hat.
Nach den Vorschlägen der Kutzer -Kommission sollte eine Beachtung und Durchsetzung des Patientenwillens dem Betreuer allerdings dann nicht zugemutet werden, wenn der Durchsetzung örtliche, finanzielle oder versorgungstechnische Hindernisse entgegenstehen sollten, die nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu beseitigen seien oder wenn der Patientenwille auf ein gesetzlich oder arztrechtlich verbotenes Tun gerichtet sein sollte. Dies sei immer dann der Fall, wenn aktive Sterbehilfe oder die Ermöglichung eines Suizids oder ärztliche Maßnahme verfügt werden sollten, die mit dem Berufsethos des Arztes, insbesondere wegen Missachtung der ärztlichen Indikation, nicht vereinbar seien.
In Satz 4 des vorgeschlagenen § 1901b Abs. 1 BGB wurde aber klargestellt, dass die Verpflichtungen des Betreuers unabhängig davon bestehen, ob die Grunderkrankung des Betreuten bereits einen irreversibel tödlichen Verlauf angenommen hat oder nicht. Insoweit wurde der Auffassung des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 17. März 2003 ausdrücklich nicht gefolgt. Für das Verlangen des Betreuers, eine medizinische indizierte Behandlung nicht durchzuführen oder einzustellen, sei auch dann Raum, wenn das Grundleiden des Betroffenen noch keinen irreversibel tödlichen Verlauf angenommen habe und durch die Behandlung das Leben des Betroffenen erhalten oder verlängert werden könnte.
Nach Abs. 2 des § 1901b BGB sollte eine entsprechende Bindung an eine Patientenverfügung auch für den Bevollmächtigten gelten.

b. Vorschläge zur Genehmigungspflicht
Mit den vorgeschlagenen Änderungen von § 1904 BGB wollte die Arbeitsgruppe zudem die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts klar regeln, d.h. die zustimmungspflichtigen Entscheidungen des Betreuers auf Konfliktfälle beschränken und die Stellung des Bevollmächtigten stärken.
Von der grundsätzlich bestehenden Genehmigungspflicht sollten Betreuerentscheidungen zur Nichteinleitung oder zum Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme, dann befreit sein, wenn zwischen Arzt und Betreuer Einvernehmen darüber besteht, dass die Betreuerentscheidung dem Patientenwillen entspricht. Denn der Patientenwille und nicht die medizinische Indikation als solche, sollte maßgebend dafür sein, ob auf lebenserhaltende oder lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden dürfe. Bei Einvernehmen sollte die Durchsetzung des zwischen Betreuern und Arzt unstrittigen Patientenwillens nicht mit einem gerichtlichen Verfahren belastet werden, das die Durchsetzung des Patientenwillens erheblich verzögert und der konsensual erzielten Entscheidungsfindung der Beteiligten nicht überlegen sei, da das Vormundschaftsgericht zur Ermittlung des Patientenwillens ohnehin auf die Befragung der Beteiligten angewiesen wäre. Nach dem vorgeschlagenen Absatz 4 des § 1904 BGB sollte das Vormundschaftsgericht im Genehmigungsverfahren die Entscheidung des Betreuers zum Schutz des Betreuten dahin gehend überprüfen, ob diese Entscheidung tatsächlich dem vom Betreuer ermittelten Patientenwillen entspricht. Deshalb habe das Vormundschaftsgericht nach Auffassung der Arbeitsgruppe die Genehmigung zu erteilen, wenn die Entscheidung des Betreuers dem Patientenwillen entspricht.
Nach dem vorgeschlagen Abs. 5 von § 1904 BGB sollten zudem entsprechende Entscheidungen des Bevollmächtigten nicht genehmigungsbedürftig sein. Die Arbeitsgruppe sah es als gerechtfertigt an, Entscheidungen eines durch staatlichen Akt bestellten Betreuers in existentiellen Angelegenheiten des Betreuten durch Genehmigungserfordernissen strenger zu kontrollieren, als Entscheidungen eines Bevollmächtigten, den der Patient in Ausübung seiner grundrechtlich gewährleisteten Privatautonomie selbst beauftragt hat.
Damit wollte Arbeitsgruppe die Verbreitung der Vorsorgevollmacht fördern und die Stellung des Bevollmächtigten stärken.

2. Die strafrechtlichen Vorschläge zur passiven und indirekten Sterbehilfe
Die Arbeitsgruppe war sich darüber einig, dass die Tötung auf Verlangen – wie in § 216 StGB unter Strafe gestellt – weiterhin strafbar bleiben sollte. Jedoch schlug sie vor, § 216 StGB einen Absatz 3 anzufügen84, in dem geregelt werden sollte, dass die sog. passive und indirekte Sterbehilfe nicht strafbar sind.

a. Vorschlag zur Regelung des straffreien indirekten Sterbehilfe
Mit dem Vorschlag, die indirekten Sterbehilfe aus dem Bereich der Tötungsdelikte ausdrücklich herauszunehmen, wollte Kommission die Furcht vor Strafverfolgung als Hindernis bei der Ausschöpfung aller heute möglichen Verfahren zur Reduzierung schwersten Leidens abbauen und eine effektive Schmerz- und Symptombekämpfung bei Todkranken fördern. Sie sah, dass in dieser Hinsicht noch einen erheblichen Nachholbedarf in Deutschland besteht.85
Straffreiheit sollte nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe nur dann eintreten, wenn die Lebensverkürzung eine vom Arzt nicht beabsichtigte Nebenwirkung ist. Ansonsten würde er die Grenze zu der strafbaren aktiven Sterbehilfe überschreiten. Zwar sollte die lindernde Maßnahme medizinisch indiziert sein, die Arbeitsgruppe sprach sich jedoch nicht – wie der Bundesgerichtshof – nur für Schmerzlinderung aus, sondern wollte auch die Notwendigkeit, andere schwere Symptome und Unruhezustände zu lindern oder zu beseitigen, ausreichen lassen.

b. Vorschlag zur Regelung der straffreien passiven Sterbehilfe
Zudem wollte sie darüber hinaus mit ihrem Vorschlag die Zulässigkeit aller Formen der sog. passiven Sterbehilfe86 durch die Ergänzung des § 216 StGB im Bewusstsein der Bürger, insbesondere der Ärzte, Pflegekräfte und Vormundschaftsgerichte fest verankern. Die unter dem Begriff passive Sterbehilfe zusammengefassten Verhaltensweisen sollten von der nach § 216 StGB strafbar bleibenden aktiven Sterbehilfe (Euthanasie) in einer allgemein verständlichen Weise abgegrenzt werden, um eine notwendige Klarstellung der passiven Sterbehilfe zu erreichen.
Die ausdrückliche Regelung von indirekter und passiver Sterbehilfe richtete sich auch gegen die vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss vom 17. März 2003 behaupteten Eingrenzung zulässiger Sterbehilfe auf den Zeitraum, in dem das Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf genommen hat. Die Arbeitsgruppe begründete ihren Vorschlag auch mit der Fehlinterpretation des strafrechtlich zulässigen Verzichts auf lebenserhaltende Maßnahmen durch den Zivilsenat.

VI. Der Referentenentwurf des BMJ (Entwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts, Stand 01.11.2004 )

Im Anschluss an den Bericht der Kutzer -Kommission legte das BMJ einen entsprechenden Referentenentwurf vor, der sofort scharf öffentlich kritisiert wurde und in der Folge vom Kabinett nicht beschlossen wurde. Dabei beschränkte sich der Entwurf auf Regelungen, die die Berücksichtigung des Behandlungswillens des Betreuten im Verhältnis zu dem Betreuer betreffen, dass heißt er wollte nur das Zivilrecht im BGB und anders als die Kutzer Kommission nicht das Strafrecht ändern.

1. Vorschlag zur Regelung von Patientenverfügungen
Ähnlich dem Kommissionsvorschlag wurde im Artikel 1 des Entwurfs die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschlagen. Nach § 1901 BGB sollte ein neuer § 1901a BGB87 eingefügt werden, der bisherige § 1901a BGB wäre dann § 1901b geworden und § 1904 BGB88 sollte neu gefasst werden. Dadurch sollte – wie im Vorschlag der Kutzer -Kommission – die Patientenverfügung als Rechtsinstitut im Betreuungsrecht verankert werden. Betreuer und Bevollmächtigter hätten danach den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten und vom Betreuten getroffene Entscheidungen durchzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Die Begründung für die Unzumutbarkeit erfolgte wie im Vorschlag der Kutzer-Kommision.89
Es wurde keine Form für die Patientenverfügung vorgeschrieben, weil dies der Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen nicht gerecht werde. Änderungen und der Widerruf einer Patientenverfügung müssten jederzeit möglich sein und dürften nicht durch Formerfordernisse erschwert werden.
Der Entwurf differenzierte für die Beachtlichkeit des in einer Patientenverfügung geäußerten Willens nicht nach dem Stadium einer Erkrankung. Ebenso wie der entscheidungsfähige Patient ohne Rücksicht auf die Schwere und das Stadium seiner Krankheit selbst entscheiden könne, welche ärztlichen Behandlungen an ihm vorgenommen werden dürfen, solle auch in einer Patientenverfügung im Voraus eine solche Entscheidung getroffen werden können. Damit wurde der Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ widersprochen. Auch die von ihr vorgeschlagene konsiliarische Beratung könne bei einem festgelegten Behandlungsverzicht nicht zur Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten führen.
Eine Pflicht zur Beratung mit Dritten wurde im Entwurf nicht vorgesehen.

2. Vorschlag zur Regelung der Genehmigungspflicht
Die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts zur Überprüfung von Entscheidungen des Betreuers wurde so geregelt, dass von der Genehmigungspflicht die Entscheidungen des Betreuers ausgenommen wurden, in denen zwischen Arzt und Betreuer übereinstimmende Auffassungen über den konkret behandlungsbezogenen mutmaßlichen Patientenwillen bestehen.90 Ebenso wie im Vorschlag der Kutzer- Kommission sollte die Stellung eines von dem Betroffenen Bevollmächtigten gestärkt werden, indem von einer Genehmigungsbedürftigkeit seiner Entscheidungen abgesehen werden sollte.
Der Entwurf argumentierte, dass die Vertretungsmacht des Betreuers durch einen staatlichen Akt verliehen werde, die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten aber auf einem privatrechtlichen Vertretungsauftrag beruhe. Entscheidungen eines durch staatlichen Akt bestellten Betreuers in existentiellen Angelegenheiten des Betreuten seien damit durch die Einführung von Genehmigungserfordernissen umfassender zu kontrollieren als Entscheidungen eines Bevollmächtigten, den der Patient in Ausübung seiner grundrechtlich gewährleisteten Privatautonomie selbst beauftragt habe. Insgesamt folgte der Referentenentwurf damit dem zivilrechtlichen Teil der Vorschläge der Kutzer– Kommission.

VII. Die Zukunft der juristischen und politischen Debatte

Wenn unter der Großen Koalition, wie in der Koalitionsvereinbarung angekündigt, die Gesetzgebungsdebatte zu Sterbehilfe und Patientenverfügung tatsächlich beginnen sollte, wird sie wahrscheinlich dort anfangen, wo sie in der letzten Legislaturperiode aufgehört hat. Das heißt, es wird zunächst auf der Grundlage eines Entwurfes des Bundesjustizministeriums zur Patientenverfügung diskutiert werden.
Das Hauptproblem, das zu lösen ist, ist klar: Die zivilrechtlichen Regelungen einer Patientenverfügung müssen zumindest incidenter davon ausgehen, also unterstellen, dass die Sterbehilfe außerhalb der unmittelbaren Sterbephase strafrechtliche zulässig ist. Geschieht dies nicht – bliebe die Verbindlichkeit der Patientenverfügung also auf die unmittelbare Sterbephase begrenzt – wäre dies kein Akt der Anerkennung der Patientenverfügung, sondern ein Akt ihrer Entwertung. Bei einer verfassungsrechtlichen Über- prüfung hätte das Gesetz gute Chancen, aufgehoben zu werden.
Angesicht der inneren Logik einer Regelung zur Verbindlichkeit der Patientenverfügung wäre es sinnvoll, zunächst doch das zu regeln, was das BMJ in der letzten Legislaturperiode nicht regeln wollte, nämlich die strafrechtliche Zulässigkeit der Sterbehilfe im Strafgesetzbuch durch Ergänzung des § 216 StGB.
Auch wenn man auf die Logik gesetzgeberischen Handelns nicht vertrauen kann, gibt es zwei Anlässe, die doch noch zu einer systematischen Regelung des Themas Sterbehilfe/ Patientenverfügung führen könnten:
• Der eine Anlass ist der Gesetzesantrag der Länder Saarland, Thüringen und Hessen zum Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung.
• Der zweite Anlass könnte mit dem 2005 von Professoren vorgestellten neuen Entwurf eines Sterbebergleitungsgesetzes gegeben sein. Dieser Entwurf will umfassend Sterbebegleitung regeln und dabei vom Strafrecht ausgehen. Einer der Mitautoren des Entwurfes, Torsten Verrel, hat auch das strafrechtliche Gutachten für den diesjährigen Juristentag zum Thema Sterbehilfe erstellt. In diesem Gutachten folgt Verrel im Wesentlichen den Intentionen des Entwurfes.
Kern des Entwurfes und des strafrechtlichen Gutachtens für den Juristentag sind die Regelung der passiven und indirekten Sterbehilfe bei Beibehaltung des Verbotes der aktiven Sterbehilfe. In der Streifrage, ob passive Sterbehilfe außerhalb der unmittelbaren Sterbephase zulässig ist oder nicht, bekennen sich Entwurf und Gutachten klar:
„Ebenso abzulehnen ist eine Beschränkung vorausverfügter Behandlungsbegrenzungen auf Erkrankungen, die bereits einen irreversiblen tödlichen Verlauf genommen haben. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten beinhaltet die Rechtsmacht, auf jede mit einem körperlichen Eingriff verbundene medizinische Maßnahme zu verzichten….“91
Auf die Abstimmungsergebnisse des Juristentages kann sich die Politik zur Legitimierung ihrer eigenen Vorschläge berufen.
Dazu wird spätestens mit der Beratung des Ländergesetzentwurfes ein erhöhter Bedarf bestehen, weil dieser Vorschlag beim gegenwärtigen Stand der Debatte nicht ohne weiteres kompromissfähig ist. Von daher könnte die Debatte – entgegen den Vorstellungen der Länder – zur Erörterung des grundsätzlichen Problems einer umfassenden Regelung der strafrechtlichen Zulässigkeit von Sterbehilfe führen. Das wäre ein Akt, der mit einem jahrzehntelangen Tabu bricht.
 
1   Eine Emnid-Umfrage aus dem Jahr 2000 (Emnidhttp://www.hozpize.de/texte/emnid2000.htm.) ergab, dass 81% der Befragten für den Fall ihrer Entscheidungsunfähigkeit vorsorgen wollen. Nach einer Schätzung der Deutschen Hospiz Stiftung aus dem Jahr 2003 haben bereits ca. 7 Mio. Menschen eine Patientenverfügung verfasst.
2   A.A. Oliver Tolmein, Keiner stirbt für sich allein. Sterbehilfe, Pflegenotstand und das Recht auf Selbstbestimmung, München 2006
3    BTDrs. 15/5980
4   Vgl. Antoine, Jörg, Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung, Berlin 2004; Kämpfer, Ulf, Die Selbstbestimmung im deutschen und amerikanischen Verfassungsrecht, Berlin 2005.
5   Minderheitsmeinung in BVerfGE 131,168; so auch Pieroth/ Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rn.392, 21. Aufl. 2005; Nationaler  Ethikrat, Patientenverfügung – Ein Instrument zur Selbstbestimmung, unter http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_patientenverfügung. pdf; S. 9
6  Mehrheitsmeinung in der verfassungsgerichtlichen Entscheidung BVerfGE 131,168; so auch Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst,1992, S.84; Hufen, Friedhelm, In dubio pro dignitate. Selbstbestimmungsrecht und Grundrechtsschutz am Ende des Lebens, NJW 2001, 851.
7   Hufen, a.a.O. S. 851 m.w.N.; Taupitz, Jochen, Verhandlungen des 63. DJT 2000 Gutachten A 19ff m.w.N; Tag, Brigitte, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis, S. 43ff m.w.N, Berlin u.a. 2000.
8    BVerfGE 52, 131, 175
9    BVerfGE 52, 131,170; BGHSt 45, 219, 221.
10 Lorenz, Dieter, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Isensee/Kirchhof (Hrsg.) HStR VI, § 128, Rn. 66, Heidelberg 1992; Murswiek, in Sachs (Hrsg.), Art.2 Rn.212, Grundgesetzkommentar, 3. Aufl., München 2002.
11  Otto, Harro, Jura 1999, S. 434, 437f.;
      a. A. bezüglich der Einstellung der Basisversorgung Tolmein, Oliver, Tödliches Mitleid. Kritische Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichtshofes im „Kemptener Fall“, KJ 1996, S 510, 517f.
12  Jarass, Hans D. in: Jarass/ Pieroth, GG für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Aufl. 2006, Art. 2 Abs.1 Rn. 50; Dreier, in ders., Grundgesetz. Kommentar. Bd I. 2.Aufl. 2004; Art 1 Abs. 1 Rn 157; Murswiek, in Sachs, Grundgesetz Kommentar, 3. Auflage 2003, Art 2 Abs. 1 Rn  211; aA Fischer in Tröndle/Fischer, Beck`sche Kurzkommentare, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Band 10, 53. Auflage 2006, Vor §§ 211 bis 216, Rn 10a; Kunig in von Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage 2000, Art 2 Rn. 50.
13 Pieroth/ Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rn.392, 21. Aufl., Heidelberg 2005; Di Fabio in Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd I München 2004, Art 2 Abs. 2 S.1, Rn 47;; VG Karlsruhe vom 11.12.1987 in NJW 1988, S.1537f; Kühl in Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch Kommentar, 15.Aufl. 2004, § 216 Rn 1; Herzog, Roman, Selbstmord. Verfassungsrechtlich, in Herzog, Roman u. a.. (Hg.), Evangelisches Staatslexikon Sp. 3112f., Stuttgart 1987; Hufen, Friedhelm,  NJW 2001,849, 851;.
14  So vertritt z. B. Leisner einen absoluten Lebensschutz, der jede Form von Sterbehilfe ablehnt, die Lebens verkürzend  ist, d.h. so wohl die passive als auch die aktive Sterbehilfe ablehnt. Leisner, Walter, Das Lebensrecht, in: Helmut Goerlich, Das Recht auf Leben. Untersuchungen zu Art.2 II des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Hannover 1976, S5ff
15 Lorenz, Dieter, Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Issensee/Kirchhoff (Hg), Handbuch des Staatsrechts VI., 2001 § 128, S.3ff; Hufen, Friedhelm, NJW 2001, S. 849, 856;  Geilen, Gerd, Euthanasie und Selbstbestimmung. Juristische Betrachtungen zum Recht auf den eigenen Tod, Tübingen 1975, S.8
16  Hufen, Friedhelm, aaO, NJW 2001,849, 855; Schulze-Fielitz, in. H. Dreier, GG, Art.2 II Rn.43,50; Pieroth/ Schlink, aaO, Grundrechte, Rn.394; Häberle, Peter, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, Issensee/Kirchhof (Hg.), Handbuch des Staatsrechts I, § 20, Rn.97; Zippelius, in Bonner Kommentar (BK), Stand: 96. Lfg., Art. 1 I u. II Rn. 96; ders. Forum: An den Grenzen des Rechts auf Leben, JuS 1983,659, 661; Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art.2 Rn.76,81; Podlech, in Alternativkommentar zum GG, Art.1 I, Rn.54; v. Münch, Ingo, Staatsrecht II, Rn.331, 5. Auflage, Stuttgart u.a. 2002.
17  So der Titel der zivilrechtlichen Abteilung auf dem 63. Deutschen Juristentag in Leipzig 2000. Für eine gesetzliche Regelung plädiert ebenfalls BGH, NJW 2003, 1588, 1592; in der Literatur z.B. Hessler, MedR 2003, 13, 18; Kintzi, DriZ 2002, 256, 259; konkrete Regelungsvorschläge bei Strätling et al., MedR 2001, 385, 389 ff.
18  2002 wurde für die Bundesregierung ein Gutachten bezüglich zivilrechtlicher Absicherung der Patientenautonomie erstattet und sich für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen, vgl. Meran et al., Möglichkeiten einer standardisierten Patientenverfügung, S. 103 f.
19  Grundlegend BGHSt 11, 111, 113f. u. BGHSt 32, 367, 378, dabei hatte bereits RGSt 25, 375, 381 das Selbstbestimmungsrecht anerkannt. Zunächst war noch strittig, ob dieses Recht im Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes oder von Art. 2 II 1 GG enthalten ist.
20  BGHSt 32, 367
21  BGHSt 11, 111, 113f.; vgl. auch BGHSt 32, 367, 378.
22  Merkel, Reinhard, Tödlicher Behandlungsabbruch und mutmaßliche Einwilligung bei Patienten im apallischen Syndrom, ZStW 107 (1995), S. 545, 557.
23  Übersicht zur Diskussion bei Tag,  Brigitte,  Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis. Eine arztstrafrechtliche Untersuchung, Berlin 2000, S. 13ff.
24  Wagenitz, Finale Selbstbestimmung?  Zu Möglichkeiten und Grenzen der Patientenverfügung im geltenden und künftigen Recht, FamRZ 2005, 669, 670 (m.w.N.)
25  BVerfGE 52, 131,170; BGHSt 45, 219, 221.
26  BGHZ 90, 103, 111.
27 Baumann/Hartmann, DNotZ 2000, S. 594,611; Berger, JZ 2000, S. 797,802; Bundesärztekammer, BtPrax 2000 S. 10(11 – Ziff. 4); Dodegge/Fritsche, NJ 2001, S. 176,182.
28 Taupitz, Jochen, Empfehlen sich zivilrechtliche Regelungen zur Absicherung der Patientenautonomie am  Ende des Lebens ?, Gutachten A zum 63. DJT, Leipzig  2000, A 115 ff.
29  Dworkin, Ronald, Die Grenzen des Lebens, Reinbek b. Hamburg 1994, S. 316f.; „Das Recht eines geistig zurechnungsfähigen Menschen auf Selbstbestimmung verlangt, dass seine früheren Entscheidungen über Art und Weise seiner Behandlung im Fall der Demenz auch dann respektiert werden, wenn sie seinen Wünschen in dieser späteren Situation widersprechen“. Siehe auch Hoerster, Norbert, Sterbehilfe im säkularen Staat, Frankfurt a. M. 1998, S. 81 f.
30  Merkel, Reinhard, JZ 1999, S. 502, 507 f.; ders. ZStW (1995), S. 545, 567 f.
31  Einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der strafrechtlichen Kasuistik und das Fehlen strafrechtlicher Regelungen gibt Torsten Verrel in seinem Gutachten zum 66. Deutschen Juristentag. Verrel, Torsten, Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung, Gutachten C, zum 66. DJT, Stutgart 2006
32  BGHSt 37, 376
33  DÄrzteBl. 2001, S. S. B31-2697 ff.
34  Vollmann in Robert-Koch-Institut, Hrsg., 2001, Sterbebegleitung, Gesundheitsberichterstattung des
      Bundes Heft 01/01 S. 3 f.; Erneut bestätigt durch eine Interview-Studie im Rahmen des Verbundprojekts “Ethische Probleme der passiven Sterbehilfe“, Reiter-Theil, S. u.a.: „Sterben und Sterbehilfe“, in: Der Onkologe 2003, Heft 9 S. 153-161, sowie durch Befragung von Chefärzten der Neurologie: Borasio u.a.: „Einstellungen zur Patientenbetreuung in der letzten Lebensphase“ in: Der Nervenarzt 2004,
35  BGHSt 42, 301, 305; bestätigt in BGHSt 46, 279, 284
36  a. A. allein Gössel, Karl Heinz, Strafrecht. Besonderer Teil. Bd. 1; Heidelberg 1987, § 2 Rn. 30ff.
37  Vgl. Jörg Antoine, Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung, Berlin 2004, S. 46ff, der die indirekte Sterbehilfe als Unterfall der aktiven Sterbehilfe ausführlich behandelt.
38  Kutzer, Klaus, Sterbehilfeproblematik in Deutschland, MedR 2001, S. 77, 78; ders., in: FS Salger, S. 663, 667ff; Uhlenbruck, Wilhelm, Die Rechtspflicht des Arztes zu ausreichender postoperativer Schmerztheorie, MedR 1993, S.296ff.
39  Roxin, Claus , In Ulrich (Hg.): Medizinstrafrecht. Im Spannungsfeld von Medizin, Ethik und Demokratie, S.93, 95, Stuttgart u.a. 2000.
40  Vgl. Jörg Antoine, a.a.O., Viertes Kapitel, §19 insgesamt, Ergebnis S. 394.
41  Hoerster, a.a. O. S. 25 ff.; Krack, KJ 1995, 60, 70 ff.
42 Überblick bei H.G. Koch, in: Das medizinisch assistierte Sterben, S. 297, 300 ff. und Weigand/Künschner, in: Materialien zur Sterbehilfe, S. 58 ff.; 158 ff.; ausführlich Muschke, Gesetzliche Regelung der Sterbehilfe? S. 146 ff.
43  Jürgen Baumann u. a.( Hg )., Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe, Stuttgart/ New York 1986 S. 34 ff.
44  Vgl. Beschlüsse des 56. Deutschen Juristentages, in: 56. DJT (1986), Bd. II, S. M. 191 ff.
45  Kusch NJW 2006, 261 ff
46  Roxin, in: Roxin/ Schroth ( Hg. ) Medizinstrafrecht, 2. Auflage 2001, S.111
47 Vgl. Birkner, Stefan Assistierter Suizid und aktive Sterbehilfe – Gesetzgeberischer Handlungsbedarf? ZRP 2006, 52 u. Werner Heun „The Right to Die – Terri Schiavo, Assissted Suicide und ihre Hintergründe in den USA.“JZ 2006, 425.
48  BR-Drs. 230/06
49  Siehe dazu insgesamt www.nationalerethikrat.de, für die vergannene Legislaturperiode: Nationaler Ethikrat, Wortprotokoll des Forum Bioethik vom 11. Juni 2003, Nationaler Ethikrat, Wortprotokoll der Öffentlichen Tagung vom 31.03.2004 in Augsburg Nationaler Ethikrat, Wortprotokoll der Öffentlichen Tagung vom 24.11.2004 in Münster.
50  Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, Stellungnahme vom 13. Juli 2006
51  Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung, NJW,1998, S. 3406
52  Handreichung für Ärzte zum Umgang mit Patientenverfügungen, in: BtPrax, 2000,S.10f
53 Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung, Deutsches Ärzteblatt vom 7.5.2004.
54  Baumann u. a.  Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe, Stuttgard, New York 1986.
55  Schöch/Verrell, Alternativ- Entwurf Sterbebegleitung, GA 2005,553ff
56  Höfling, MedR 2006,25ff.
57  Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit, Koalitionsvertrag zwischen CDU,CSU und SPD,11.11.2005, Rdnr.6030-6032
58  BGH, Beschluss vom 17. März  2003, XII ZB 2/03, S. 4 ff. unter http://www.bundesgerichtshof.de
59  BGH, Beschluss vom 17. März 2003, III 2 c) bb); wieder unter Berufung auf Taupitz, Jochen Verhandlungen des 63. DJT 2000 Gutachten, A 41 und A 106 ff. unter http://www.bundesgerichtshof.de S. 7 f.
60  Siehe z. B. die Stellungnahme von Neumann, G. im Forum Bioethik des Nationalen Ethikrates am 11. Juni 2003, Wortprotokoll, S. 13 f.
61  BGHSt. 40, 257, 260 f.; vgl. auch BGHSt 32, 367, 379; 35, 246, 249; 37, 376, 378 .
62  BGHSt 40, 257, 263.
63  BGH, Beschluss vom 17. März 2003, III 2 c) aa)
64  Ebenda
65  Zur Kontroverse: Bejahend OLG Frankfurt a.M., NJW 1998, S. 2747; bekräftigt durch OLG Frankfurt a.M., NJW 2002, 689; zustimmend OLG Karlsruhe, NJW 2002, 685; LG Duisburg, NJW 1999, 2744; ablehnend OLG Schleswig, FamRZ 2003, 554; LG Augsburg, NJW 2000, 2363; A G Garmisch-Partenkirchen, FamRZ 2000, 319; LG München I, NJW 1999, 1788, AG Ratzeburg, SchlHA 1999, 50; AG Hanau, BtPrax 1997, 82; offen gelassen von OLG Düsseldorf, NJW 2001, 2807. Zur Nichtabwendbarkeit des § 1904 Abs. 1 BGB auf die Heilbehandlung Minderjähriger OLB Brandenburg, NJW 2000, 2361.
66  So schon Hufen NJW 2001, 849 , 853 und Wagenitz, FamRZ 2005, 669, 671
67  Vgl. Weimer, PKR 2005, 85, 86 und Putz/ Steldinger, PKR 2005, 60
68  Vgl. Weimer, PKR 2005, 85.
69 Dazu beruft sich der Senat auf den Meinungsstand wie er im Zwischenbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags, Ethik und Recht der modernen Medizin. Patientenverfügungen, BT-Drucks. 15/3700 S. 37 ff., 45 niedergelegt ist. Zu diesen Meinungsstand hatte der Senat durch seinen Beschluss von 2003 aber selbst wesentlich beigetragen.
70  Höfling, JZ 2006, 145, 146 (m.w,N.).
71  Weimer, PKR 2005, 85, 86 (m.w.N.), Höfling, JZ 2006, 145, 146
72  Vgl. Höfling, JZ 2006, 145, 147.
73  BTDrucks. 15/3700 und 15/5980.
74  Zwischenbericht der Enquete- Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin,    BT- Drs. 15/3700, S. 37 ff ,
75  Ebenda, S. 45 § 1901b 1) Satz 3
76  Ebenda S. 43
77  Ebenda S. 44f
78  Ebenda S.45
79 Bericht der Enquete – Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin , BT-Drucksache 15/5980 S. 67.
80  Ebenda
81  Bericht der Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ vom 10.6.2004.
82  „§ 1901b Patientenverfügungen
       Der Betreuer hat den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten. Liegt eine Patientenverfügung über die Einwilligung oder die Verweigerung der Einwilligung in bestimmte ärztliche oder pflegerische Maßnahmen vor, die auf die konkrete Entscheidungssituation zutrifft oder auf sie übertragen werden kann, so gilt die Entscheidung des Betreuten nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit fort. Dem Betreuer obliegt es, diese Entscheidung durchzusetzen, soweit ihm dies zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat.
       Absatz 1 gilt auch für Bevollmächtigte, soweit der Vollmachtgeber nichts anderes bestimmt hat.“
83  „§ 1904 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen
                   (1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
                   (2) Die Verweigerung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt und anzunehmen ist, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt. Bis zur Entscheidung über die Genehmigung hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Betreuten erforderlichen Maßregeln zu treffen.
                   (3) Eine Genehmigung nach Absatz 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Verweigerung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Patienten entspricht.
                    (4) Die Genehmigung nach Absatz 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Erteilung, die Verweigerung oder der Widerruf der Einwilligung dem mutmaßlichen Willen des Betreuten entspricht. Hierfür bedarf es konkreter Anhaltspunkte. Fehlen diese, ist das Wohl des Betreuten maßgebend. Dabei ist im Zweifelsfall dem Lebensschutz des Betreuten Vorrang einzuräumen. Liegt eine ausdrückliche, auf die Entscheidung bezogene Erklärung des Patienten nach § 1901b Abs. 1 Satz 2 vor, so hat das Vormundschaftsgericht festzustellen, dass es seiner Genehmigung nicht bedarf.
                   (5) Ein Bevollmächtigter kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Maßnahmen nur einwilligen, sie verweigern oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich.“
84  „(3) Nicht strafbar ist
            1. die Anwendung einer medizinisch angezeigten leidmindernden Maßnahme, die das Leben als    nicht beabsichtigte Nebenwirkung verkürzt,
            2. das Unterlassen oder Beenden einer lebenserhaltenden medizinischen Maßnahme, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht.“
85  Sie berief sich dazu auf den Bericht der Arbeitsgruppe „Würdevolles Sterben“ an die 75. Konferenz der Gesundheitsminister am 20./21. Juni 2002, der feststellte, dass Deutschland in der Schmerzbekämpfung weiter hinter dem Standard zurückbleibe, der in anderen europäischen Staaten schon seit Jahren erreicht ist.
86  In Übereinstimmung mit den Empfehlungen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe in der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. und der Bioethik-Kommission des Landes Rheinland-Pfalz
87  „§ 1901a Patientenverfügungen
(1) Eine Patientenverfügung, in der der Betreute seinen Willen zu Untersuchungenseines Gesundheitszustandes, Heil­behandlungen oder ärztlichen Eingriffen für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit geäußert hat, gilt bei Einwilligungs­unfähigkeit fort, falls keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betreute die Patientenverfügung wider­rufen hat.
(2) Der Betreuer hat den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten und die darin vom Betreuten getroffenen Entscheidungen durchzusetzen, soweit ihm dies zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn eine Er­krankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat. Eine vom Betreuten getroffene Entscheidung liegt vor, wenn die Patientenverfügung eine Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte Untersuchungen des Gesundheitszustan­des, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe enthält, die auf die konkrete Situation zutrifft.
(3 ) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Bevollmächtigte.“
88  „§ 1904 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen
(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr ver­bunden ist.
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszu­stands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unter­bleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Scha­den erleidet.
(3) Eine Genehmigung nach Absatz 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und Arzt Einvernehmen dar­über besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.
(4) Ein Bevollmächtigter kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, sie verweigern oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich.“
89 Wenn sich der Betreuer durch seine persönlichen, ethischen oder religiösen Auffassungen an der Beachtung und Durchsetzung des Willens des Betreuten gehindert sehe, sollte dies aber nicht zur Unzumutbarkeit der Beachtung und Durchsetzung des Patientenwillens führen, sondern es sollte, beim Vormundschaftsgericht die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers angeregt werden (§ 1899 BGB ) oder gegebenenfalls seine Entlassung verlangt (§ 1908b Abs. 2 BGB) werden.
90  Die Pflicht, dieses Einvernehmen zu dokumentieren, ergibt sich aus dem ärztlichen Berufsrecht vgl. unter anderem in § 10 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte.
91  Torsten Verrel, a.a.O.S.85.
 
 
grundrechtliche Freiheit zur Selbstbestimmung

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