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Die Kapelle in Emmen­din­gen-Ten­nen­ba­cher Kapelle

Mitteilungen24105/2020Seite 21-23

Das Land überlässt das Verfügungsrecht über ein landeseigenes Baudenkmal einer katholischen Kirchengemeinde.

In: Mitteilungen 241 (1/2020), S. 21-23

„ … es giebt wenig Stellen im Schwarzwald, welche derartig mit einem Gefühl der Vergänglichkeit irdischer Dinge berühren, als dieser sonderbar stille, weltabgelegene Rest des Klosters Thennenbach, um den ringshin die Natur sich ihr ältestes Recht zurückerobert hat.“

Der Schriftsteller Wilhelm Jensen (in: Der Schwarzwald; Leipzig 1901; Re-print Frankfurt 1980; S.225) hat Ende des 19.Jahrhunderts das Tal in seiner stillsten Phase gesehen: Die Fundamente des abgerissenen barocken Klosters waren unter einer Wiese verschwunden. Nur die Kapelle und das Gasthaus standen noch. Die heutige Straße war ein gerade erst angelegter Feldweg. Die Motorisierung hatte noch nicht eingesetzt. Seit 1936 (!) ist das gesamte Tal ein Landschaftsschutzgebiet. Der westliche Teil mit dem ältesten Gebäude der Region ist Wasserschutzgebiet. Der Bau, die Fundamente und die Reste der Klosterummauerung stehen unter Denkmalschutz. Große Teile der Talsohle sind geschützte Biotope.

Dennoch hat der Kreistag 2011, 850 Jahre nach der Klostergründung von 1158 bis 1161, beschlossen, die Straße zu begradigen, zu verbreitern, noch dichter an die Kapelle heran zu

bauen, mit Leitplanken zu versehen, die kleine Gewölbebrücke durch ein Betonbauwerk zu ersetzen usw. Und all das, obwohl es eine uralte Alterna-tivtrasse außerhalb aller Schutzgebiete gibt.

Eine Gruppe von „Freund*innen des Tales“ hat versucht, den besonderen Ort zu schützen, aber erst eine Klage des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) vor dem Verwaltungsgericht Freiburg und eine Bestätigung von dessen Beschluss durch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim konnten erreichen, dass nun endlich, 14 Jahre nach Planungsbeginn, eine vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Auf die Veröffentlichung der Ergebnisse wird zurzeit gewartet.

Die Humanistische Union hat sich gemäß ihrer Aufgaben aber eines anderen Themas angenommen: Die Lan-desverwaltung (hier das Amt Vermögen und Bau Freiburg) überlässt einer katholischen Kirchengemeinde das alleinige Verfügungsrecht über den wunderschönen Raum der landeseigenen Kapelle – oder sogar über den gesamten Bau. Grundlage ist eine Vereinbarung des Großherzogtums Baden von 1897, womit der Gemeinde allerdings nur das jederzeitig kündbare, kostenfreie Recht eingeräumt wurde, die Kapelle „zur Vornahme von kirchlichen Handlungen“ zu benutzen, was die Gemeinde bis heute einige Male im Jahr tut.

In der übrigen Zeit hat die Kirche versucht, den Raum zu vermieten, allerdings nur an Gruppen, die ihr weltanschaulich genehm sind. Das trifft u. a. nicht auf den Arbeitskreis Tennenbach des Kulturkreise Emmendingen zu – und auch nicht auf die Humanistische Union, die im Oktober 2018 beantragt hatte, dort eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung durchführen zu dürfen. Nach Auffassung der HU wi-derspricht das Verhalten der Landes-verwaltung dem Verfassungsauftrag zur weltanschaulichen Neutralität des Staates. Es ist überdies inkonsistent: in vergleichbaren Fällen handelt sie an-ders, so zum Beispiel bei der ebenfalls landeseigenen ehemaligen Klosterkirche St. Ägidius in Schwäbisch Hall. Dort gewährt das Land sowohl der Stadt als auch der benachbarten Kirchengemeinde die Verfügungsrechte.

Entsprechend ihrem satzungsgemäßen Auftrag, sich für die strikte Trennung von Staat und Kirche einzusetzen, hat die HU eine Klage gegen das Land BW eingereicht mit dem Ziel, allen interessierten Bürgergruppen zu ermöglichen, den Raum ohne kirchliche Zensur für Veranstaltungen zu nutzen, die dem besonderen Ort angemessen sind.

Die Klage kostet Geld. Daher bittet die HU um zweckgebundene Spenden auf das Konto

Humanistische Union e. V.

DE65 6001 0070 0966 0747 02

Kennwort „Kapelle Tennenbach“.

Ulrich Niemann, Emmendingen

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