Digitalpakt Schule
Umsetzung in Coronazeiten
In: Mitteilungen 241 (1/2020), S. 10 – 11
Anfang Februar warnte die Humanistische Union Baden-Württemberg in einer Presseerklärung vor den daten-schutzrechtlichen Mängeln des zwischen der Bundesregierung und den Landesregierungen geschlossenen Digitalpakt Schule. Weder der Digitalpakt Schule, noch die vom Kultus-ministerium Stuttgart hierzu heraus-gegebenen Anwendungshinweise, verlören ein Wort zu der einzusetzen-den Software. Bei den Anschaffungsempfehlungen in Baden-Württemberg würde jedoch aus Kostengründen Microsoft präferiert. Dies führe u.a. dazu, dass seit dem 14.01.2020 Schülerdaten über eine Cloud außer-halb des deutschen Rechtsraumes verwaltet werden würden.
Die HU kritisierte den Einsatz von Office 365 Education im Rahmen des Digitalpakt Schule u.a., weil damit der Schutz der Daten von Schülerin-nen und Schülern, ebenso wie der von Lehrenden, nicht hinreichend gesichert werden kann. Die Kritikpunkte der HU, die unter maßgeblicher Mit-wirkung der Informatikerin Britta Schinzel erarbeitet worden sind, sind im Einzelnen in der Presseerklärung auf der Website der HU nachzulesen (http://www.humanistische-uni-on.de/nc/presse/2020/pressedetail_2020/back/presse-2020/article/mit-dem-digitalpakt-schulen-sehenden-auges-in-den-datenschutzrechtlichen-abgrund/.
Am 28. Februar antwortet die Ministerin und räumt namentlich in der Favo-risierung von Microsoft einen redaktionellen Fehler ein, und betonte, dass auch ihr persönlich der Schutz der personenbezogenen Daten der Schüler und Schülerinnen sowie der Lehrpersonen sehr wichtig sei. Die wenig erhellende Antwort der Kultusministerin hat erneute Fragen aufgeworfen. Mit Schreiben vom 26.03. warnte die HU davor, die mit der Corona-Pandemie einhergehende Digitalisierung des Schulbetriebes zum Anlass von Notlösungen zu nehmen, die später nicht zu korrigieren sind. Denn einmal beschlossen, werden in der Krise in Kauf genommene Lockerungen des Datenschutzes und damit verbundene Eingriffe in die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte erfahrungsgemäß allein schon aus Kostengründen kaum mehr zurückgenommen.
Die HU hakt insbesondere nach bei der faktisch favorisierten Verwendung von Microsoft Azure Active Directory, die die Ministerin in ihrem Schreiben in Abrede stellte: Denn Azure Active Directory würde bisher mit der billigen aber datenschutzrechtlich völlig unzureichenden Lizenz A1 betrieben, deren Daten über die Cloud von Microsoft verwaltet werden. Die Aussage der Ministerin, es bestünde keine Gefahr, dass Schülerdaten nach dem 14. Januar 2020 über eine Cloud außerhalb des deutschen Rechtsraumes verwaltet würden, will die HU schon genau bestätigt sehen und fragt nach: Dürfen wir Ihre Antwort so interpretieren, dass in Abkehr von früheren Planungen nicht mehr die für Microsoft Office 365 Education datenschutzrechtlich völlig ungenügende Lizenz A1 verwendet werden soll, sondern Ihr Haus jetzt die Anwendung der Lizenzen A3 oder A5, und ggf. welche der beiden, aus-gewählt hat?
Als ob Microsoft die Ministerin Lügen strafen will, bietet Microsoft in einer Situation, in der die Landesregierungen durch die Schließung der Schulen unter größtem Druck sind, als Retter in der Not den Einsatz von Microsoft Teams an, die kostenlos bei der Installierung aushelfen sollen. Dieses Angebot beinhaltet den Einsatz von Office 365 unter der Lizenz A1. Damit ist wiederum die Datenverwaltung in der Microsoft-Cloud verbunden und die Anwendung von Microsoft Outlook als E-Mail-System grundlegend. Die HU kommt zu dem Schluss: Gerade diese uralte Systemkomponente ist bei der gegebenen rasanten Entwicklung von IT-Infrastrukturen völlig ungeeignet, um den Anforderungen eines zeitgemäßen Datenschutzes auch nur annähernd zu genügen. Sie dennoch einzusetzen, um weitere Dienste wie MicrosoftTeams aus Microsoft Office 365 zu integrieren, ist sowohl für die IT-Sicherheit, wie auch den Daten-schutz, höchst gefährlich und geradezu fahrlässig.
Die Antwort der Kultusministerien wird mit Spannung erwartet: Abschließend fordert die HU die Ministerin auf, wenn schon mit Microsoft gearbeitet werden soll, den Hersteller zu veranlassen, die Softwarequalität seiner Dienste in Office 365, insbesondere der empfohlenen zentralen Systemkomponente Outlook, deutlich zu verbessern. Und gemäß dem baden-württembergische Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) die Ent-scheidungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Digitalpaktes Schulen und den zugrunde zu legenden datenschutzrechtlichen Anforderungen zeitnah öffentlich zur Diskussion zu stellen.
Udo Kauß, Freiburg