Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 210/211: Suizidbeihilfe - bald nur noch beschränkt?

"Wir wollen nicht in der Schweiz oder sonst wo sterben, sondern zu Hause."

Die Forderung nach einem neuen Sterbepass. In: vorgänge Nr. 210/211 (2-3/2015), S. 217-224

Demenz als Alterskrankheit endet in den meisten Fällen mit stärkster Hilflosigkeit. Um zu verhindern, im letzten Stadium „dahinzusiechen“, ist es hilfreich, sich vorher mit dem Verlauf der Krankheit auseinanderzusetzen. Wer dabei nicht in der letzten Phase „zu Tode gepflegt“ werden möchte, braucht eine Willensbekundung, die beispielsweise die Form eines „Sterbepasses“ hat. Dieser kann, ähnlich wie die Patient_innenverfügung, regeln, wie man sich eine freiwillige Beendigung seines Lebens wünscht.

Ein Freund im Allgäu hat Alzheimer. Er ist 84 Jahre alt und merkt, dass seine Kräfte schwinden. So will er nicht weiterleben, er stürzt sich vom Balkon. Er fällt in ein Gebüsch und überlebt. Später versucht er es noch einmal, er geht zu einer hohen Brücke. Weil er aber in seiner Verwirrung barfuß unterwegs ist und im Schlafanzug, rufen Passanten die Polizei, er wird wieder nach Hause transportiert. Zuletzt kommt er ins Pflegeheim, wo er bis zu seinem Tod vor sich hin dämmert. Warum konnte er nicht seinen Arzt um Hilfe zum Sterben bitten?
Wir wollen uns nicht von der Brücke stürzen müssen und nicht vom Balkon. Wir stellen uns vor, dass man in Zukunft parallel zur Patient_innenverfügung einen Sterbepass haben kann, in dem man festlegt, wie man, ohne körperlich todkrank zu sein, seinen Tod im Falle z.B. einer Demenz geregelt haben will. Wir reden hier von Demenz, weil viele von ihr ereilt werden: laut Alzheimer-Gesellschaft ist sie eine der häufigsten Alterskrankheiten. Die Auseinandersetzung über die Sterbehilfe in Deutschland wird solange ein Thema sein, bis endlich über die von den Menschen gewünschte Hilfe beim Sterben positiv entschieden ist.
„Grund für Sterbehilfe sind aber nicht nur unerträglich Schmerzen, sondern auch der andauernde Verlust der persönlich empfundenen Würde und des Lebenssinns oder die fehlende Aussicht auf eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation. (…) Viele Menschen können sich für die eigenen Person eine aktive Sterbehilfe oder einen assistierten Suizid vorstellen, wenn sie Verrichtungen wie Essen, Atmen und zur Toilette gehen nicht mehr selbstständig durchführen können. Nach einer neueren Spiegel-Umfrage (7.4.2007) beantworten 76% der befragten Deutschen die Frage „Sollten unheilbar Erkrankte mit begrenzter Lebenserwartung ihr Leben mit ärztlicher Hilfe selbst beenden dürfen?“ mit ‚Ja‘.“ (Walter Jens/ Hans Küng: „Menschenwürdig Sterben“, S. 217f.)
Von Ärzt_innen wird zwar immer wieder beteuert, bei richtiger Behandlung – sprich Antidepressiva – würden die Dementen ihren Sterbewunsch vergessen. Aber was ist mit denen, die sich nicht beruhigen lassen?
„In vereinzelten Fällen wird es jedoch Demenzkranke geben, die sich ohne zusätzliche Gesundheitsprobleme, frei von akuten Belastungen und unabhängig von anderen äußeren Faktoren sowie unter Abwägung von Gründen und Gegengründen für eine vorzeitige Beendigung ihres Lebens entscheiden. Nach gewissenhafter Prüfung der persönlichen Motive und nach Ausschöpfung aller Hilfsmöglichkeiten werden Angehörige und Ärzte auch eine solche Entscheidung hinnehmen müssen.“ (Prof. Dr. Alexander Kurz, Dr. Julia Hartmann, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar, TU München, in: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Alzheimer Info, 1/2010)
Ja, werden sie die Entscheidung nicht nur hinnehmen, sondern auch helfen?
Euthanasie
Ist aktive Sterbehilfe Euthanasie? Euthanasie heißt im Griechischen leichter Tod. Medizinisch wird der Ausdruck genutzt für ‚Erleichterung des Sterbens oder Herbeiführung des Todes bei unheilbar Kranken‘. Jede Verwendung des Wortes Euthanasie in diesem Zusammenhang trifft genau den Tatbestand – das ist leichtes Sterben. Jeder Vergleich mit der Ermordung Behinderter im Nationalsozialismus ist schlicht böswillig. Das, was wir wollen – eine Verwirklichung des freien Willens – wurde damals mit Füßen getreten. Das Euthanasieprogramm der Nazis war nicht Sterbehilfe, sondern staatlich angeordneter und staatlich organisierter Mord. Andere Länder, Belgien z.B. benutzen dieses Wort im richtigen Wortsinn für Sterbehilfe. Die eigentliche Begründung für unsere Initiative ist das im Grundgesetz festgelegte Recht auf Selbstbestimmung.
Medien und Demenz
Die öffentliche Diskussion in den letzten Jahren hat auf das Problem des Dahinsiechens bei fortschreitender Alzheimer-Erkrankung mehr und mehr aufmerksam gemacht. Walter Jens und Hans Küng haben im Jahre 1994 eine Diskussion darüber eröffnet, wie sie selbstbestimmt sterben möchten, vorausgesetzt aktive Sterbehilfe würde endlich auch in Deutschland legalisiert. 
Die Medien scheinen fasziniert von dieser Krankheit: Vom Film „Liebe“ über das medial begleitete Sterben von Walter Jens bis zu unzähligen Talkshows und Büchern. Gern wurde empfohlen, das Buch „Der alte König in seinem Reich“ zu lesen: Liebevoll und mit Humor beschreibt ein Sohn darin seinen kranken Vater. Demenz ist gar nicht so schlimm? Fast eine Idylle?
Eigentlich wissen wir alle, dass diese Krankheit nicht so nett und freundlich ist. Der Verlauf ist ein ständiges Weniger, das Ende im Dämmerzustand ist sicher, kein Medikament kann diese Krankheit besiegen. Das Buch über Walter Jens von seinem Sohn Tilman Jens („Demenz“) ist da realistischer. Der Charakter seines Vaters verändert sich bis hin zur Gewalttätigkeit. Seinen ursprünglichen Vorsatz, bei drohendem Verlust seines Selbst lieber sterben zu wollen, hat er aus dem Gedächtnis verloren. Warum konnte ihm niemand helfen?
Die Krankheit
Alzheimer ist nur eine Form der Demenz. Früher da waren alte Leute halt senil, vergesslich, tüddelig – einen Namen gab es damals noch nicht. Es gehörte meist einfach zum Altsein dazu wie die Falten, es wurde nicht eigentlich als Krankheit gesehen.
Heute ist Demenz als Krankheit anerkannt und wird in vielen Unterformen diagnostiziert. Einige davon kann man eventuell sogar heilen. Es gibt verschiedene Ursachen – einige beruhen auf Alkoholmissbrauch oder Medikamentenvergiftung. Man spricht hierbei von sekundärer Demenz. Dies sind aber nur 10% aller Demenzen – 90% entfallen auf die primären und in der Regel irreversibel verlaufenden Demenzen.
Die Demenz vom Alzheimer-Typ ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, wobei die Nervenzellen im Gehirn unwiederbringlich zerstört werden. Die Mediziner_innen unterscheiden drei Stadien des Verlaufs, die fließend ineinander übergehen. Von den ersten erkennbaren Zeichen bis zum Tod dauert die Krankheit durchschnittlich sieben Jahre. Sie beginnt mit Gedächtnislücken, Sprachschwierigkeiten und Orientierungsstörungen. In diesem Stadium registrieren die Kranken meistens selbst ihre Veränderung und reagieren mit Angst und Zorn.
In der zweiten Phase verlieren sie ihre alltäglichen Fähigkeiten, beim Waschen und Essen sind sie auf die Unterstützung anderer Menschen angewiesen. Jetzt können die Patienten Verwandte nicht mehr beim Namen nennen, das Gefühl für Ort und Zeit geht verloren. Aggression und Depression treten häufig auf. In der dritten Phase sind die Kranken ganz auf fremde Hilfe angewiesen, sie brauchen Pflege rund um die Uhr. Sie verlieren die Kontrolle über Darm und Blase. Sie werden bettlägerig und sterben häufig an Lungenentzündung. Die Ursache der Erkrankung ist, wie wir auch früher wussten, schlicht das Alter. Im Alter von 80 Jahren erkrankt etwa jede fünfte Person, mit 90 Jahren ist jede_r Dritte betroffen.
Die Diagnose
Der Freitod von Gunter Sachs hat auf das Problem der Diagnose von Demenz aufmerksam gemacht. Diese Frage wird Jedermann und jede Frau für sich selbst entscheiden müssen: will ich mich frühzeitig um eine Diagnose bemühen, um dann selbst den Zeitpunkt meines Sterbens zu bestimmen? Will ich es lieber gar nicht wissen?
Gibt es einen richtigen Zeitpunkt für eine Diagnose? Soll ich bei meinen ersten Zweifeln zum Arzt gehen, peinliche Situationen erleben, weil ich einfache Fragen nicht beantworten kann und von nun an mit der Gewissheit leben muss, es geht bergab? Oder lebe ich weiter drauflos, entscheide mich, mein Restleben zu genießen und den Abbau zu riskieren? Diese Diskussion wurde bisher nicht geführt und scheint uns immens wichtig.
Ärzte/Ärztinnen, die Alzheimer Gesellschaft und auch das Gesundheitsministerium raten streng zur frühzeitigen Diagnose.
„Bei Alzheimer ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen den Betroffenen sich mit der Krankheit und ihren Folgen auseinanderzusetzen, bevor sie die Fähigkeit dazu verlieren“ (Bundesministerium für Gesundheit).
Wenn ich bestimme, dass ich nicht am Lebensende dement dahinsiechen will, muss ich mich also entscheiden. Bei einer rechtzeitigen Diagnose kann ich assistierten Freitod wählen. Riskiere ich den Verlust meiner Entscheidungsfähigkeit, bleibt Sterben auf Verlangen mit Hilfe meines Sterbepasses.
Wenn ich nicht mehr entscheiden kann
Für diesen endgültigen Zustand haben die Amerikaner die drastische und wenig respektvolle Bezeichnung des „living vegetable“ – also lebendige Pflanze. Als living vegetable möchte ich nicht weiter leben. Eine Körperhülle, die nur noch von anderen versorgt, gefüttert, gesäubert und entleert wird – das entspricht nicht meiner Vorstellung von Menschenwürde.
Wenn es passieren sollte, dass mein Wille, jetzt zu sterben, nicht mehr deutlich erkennbar ist, dann muss doch mein gesunder Wille von vorher gelten und nicht mein jetziger getrübter Zustand. Auch für diesen Fall möchte ich vorsorgen. Falls ich den richtigen Zeitpunkt verpasse, meine Liebsten schon nicht mehr erkenne und bereits wegdämmere, dann möchte ich, dass meine Familie und mein Arzt mir helfen, einzuschlafen. Ich möchte mich von meiner Familie verabschieden können und zu Hause im eigenen Bett sterben. Das will ich vorher im gesunden Zustand verfügen. Ich kann nur hoffen, dass mein Wille dann auch respektiert wird. Diesen allerletzten „Liebesdienst“ erbitte ich von meiner Umwelt.
„Indem wir seinen Willen respektieren, erweisen wir dem Patienten die letzte Ehre, weil wir Gedanken berücksichtigen, die sich der Patient über das Leben machte, und nicht das menschliche Wesen in Betracht ziehen, das nicht mal mehr um seine Existent weiß“. (Ein holländischer Arzt in der Zeitung de Volkskrant, 16. 5. 2013)
Die Person stirbt, bevor der Körper sterben kann – Koma
Wenn mich mein Verstand verlässt, soll ich dazu gezwungen sein, bis ans bittere Ende am Leben zu bleiben? In der Patient_innenverfügung können wir Vergleichbares zum Koma verfügen. Dort kann ich im Voraus festlegen, dass ich nicht länger gepflegt werden will, wenn klar ist, dass mein Ich, mein Geist, nicht wieder zurückkehren wird. Demenz heiß genau dieses: Meine geistigen Fähigkeiten verlassen mich und werden nicht mehr zurückkehren. Die Person stirbt, bevor der Körper sterben kann.
Wohin bei Demenz?
Ins Heim?
Wer sich einmal den Schock zumuten will, geht in ein Pflegeheim zu den Demenzkranken und erlebt Menschen, deren Körper noch anwesend ist, deren Geist sich aber davon geschlichen hat. Auch die beste Pflege kann die Grausamkeit der Krankheit nicht lindern.

Aus persönlichen Aufzeichnungen vom Besuch bei einer Demenzkranken im Heim:
2012 : Sie will fliehen und fleht, sie mitzunehmen
2012 : Sie spricht nicht mehr, nur noch Laute
2012 : Sie ist angeschnallt
2013 : Sie erkennt mich nicht mehr und schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an
2013 : große Unruhe, unkontrollierte  Bewegungen
2014 : der Kopf ist kahl geschoren, sie hat sich die Haare ausgerissen…

Fast immer besteht Personalmangel, sodass die Patient_innen hauptsächlich allein gelassen werden. Eine Palliativversorgung für Sterbende kann hier nicht geleistet werden, dafür ist das Personal nicht ausgebildet. Auch ein Wechsel für die letzten Lebenswochen in ein Hospiz oder zu einer Palliativstation ist nicht möglich, daran wird auch das neue Palliativgesetz nichts ändern.
In Wohngemeinschaften?
Die menschlichere Alternative versprechen seit Neuestem Wohngemeinschaften von Dementen und deren Pflegepersonal. Hier leben sie familienähnlich zusammen und sollen sich am Alltag in der Gruppe beteiligen. Jede_r kann da seine Fähigkeiten einbringen? Verzeihung, aber das zögerliche Schnippeln von Karotten soll zum sinnvollen Lebensinhalt hochstilisiert werden? Und wir wissen leider, auch mit der Küchenarbeit wird bald Schluss sein…
Ins Hospiz oder auf die Palliativstation?
Hospize sind eigene Einrichtungen, die Patient_innen nur zum Zweck des möglichst schmerzfreien Sterbens begleiten. Palliativstationen hingegen sind Sonderabteilungen, die einzelne Krankenhäuser eingerichtet haben. Die Aufnahme in beide Institutionen setzt voraus, dass offiziell das Therapieziel geändert wird: Das Ziel ist nicht mehr das Heilen der Krankheit oder die Lebensverlängerung, sondern die Begleitung beim Sterben. 90% dieser Patient_innen haben Krebs im Endstadium. Die Pflege ist intensiv und teuer und von den Kassen deshalb zeitlich begrenzt. Für Demenzkranke im Endstadium fühlen sich weder Hospiz noch Palliativstationen zuständig, aktive Sterbehilfe wird dort abgelehnt, Assistenz beim Freitod ebenso.
Andere Länder
Das erste Land, das Euthanasie entkriminalisierte, war 1942 die Schweiz. Dann kamen 2001 Niederlande, 2002 Belgien, 2009 Luxemburg, 2015 Kanada und Kolumbien dazu. Nachdem in den USA der Supreme Court 1997 entschieden hat, dass der Tod kein von der Verfassung geschütztes Rechtsgut ist, stellte er es den einzelnen Staaten frei, wie sie assistierten Suizid regeln wollen. Kurz darauf wurde in Oregon ein Gesetz erlassen, das Ärzt_innen erlaubt, tödliche Medikamente zu verschreiben für Patient_innen, die weniger als 6 Monate leben werden. 2008 folgte Washington mit einem ähnlichen Gesetz, schließlich 2009 Montana und 2013 Vermont.
Das belgische Gesetz ist heute das liberalste. Es erlaubt Euthanasie bei Patient_innen, die an Krankheiten leiden, die ihnen unerträgliches körperliches oder mentales (!) Leiden verursachen. Einer der Mitinitiatoren des Gesetzes, Prof. Wim Distelmans von der freien Universität Brüssel, sagt: „Wer bin ich denn, um Patienten davon zu überzeugen, dass sie länger leiden müssen, als sie wollen? “ Distelmans gründete die Organisation LEIF (Life End Information Forum), die Sterbewillige über die medizinischen und rechtlichen Möglichkeiten berät. Die meisten Patient_innen, die Sterbehilfe bekamen, hatten Krebs, aber es gab auch Fälle von Autismus, Borderline, Lähmung und Taub-Blindheit.
Bei Todgeweihten müssen in Belgien zwei Ärzt_innen entscheiden, bei Nicht-Todgeweihten drei. In die Richtung unserer Initiative für einen Sterbepass geht in Belgien Prof. Etienne Vermeersch. Er arbeitet momentan daran, dass das belgische Gesetz erweitert wird: auch Demenzkranken soll dann Euthanasie gewährt werden, wenn sie diesen Wunsch vorher artikuliert haben1.
Hilfe zum Freitod auch bei Demenz erlauben
Eine Idee der Humanistischen Union hat sich durchgesetzt: wer heute eine Patient_innenverfügung haben will, findet sie überall, es gibt ein vielfältiges Angebot von Vordrucken. Alle regeln, was im Ernstfall zur Linderung angewendet werden soll und was zu einer Lebensverlängerung zu unterlassen ist – in unterschiedlicher Konsequenz, je nach Herausgeber. Demenz wird hier und da erwähnt. Aber auch dabei geht es nur um Unterlassen von lebenserhaltenden Maßnahmen im Endstadium, d.h. wenn keine Nahrung mehr aufgenommen werden kann. Keine Patient_innenverfügung befasst sich mit dem Freitod. Die Humanistische Union hat sich bisher dafür eingesetzt, dass der „Schweiz-Tourismus“ überflüssig wird, indem Ärzt_innen erlaubt wird, auch in Deutschland Hilfe zum Suizid zu leisten.
Die öffentliche Diskussion der letzten Jahre hat auf das Problem des Dahinsiechens bei fortschreitender Demenz oder Alzheimer aufmerksam gemacht. Eine Regelung für einen würdigen Tod, wenn uns der Verstand verlässt oder verlassen hat, gibt es nicht.
Wir fordern deshalb die Humanistische Union auf, sich für die Möglichkeit und Straffreiheit eines assistierten Freitods in Deutschland einzusetzen – sowohl bei körperlichem als auch bei geistigem Verfall.
Sterbepass
In einem Sterbepass wollen wir 2 unterschiedliche Ausgangslagen regeln:

A) Ich entscheide (evtl. aufgrund einer Diagnose), dass ich meinem Leben ein Ende setzen will. Ich bitte einen Arzt, mir das nötige Medikament für einen sanften Tod zu verschreiben. Ich bin noch selber in der Lage, das Medikament einzunehmen.
Für diesen Fall muss Folgendes geändert werden:

1. es darf keine gesetzliche Einschränkung der Assistenz zum Suizid geben
2. das berufsrechtliche Verbot der Assistenz zum Suizid in 10 Landes–Ärztekammern muss aufgehoben werden
3. das Betäubungsmittelrecht (BTMG) muss geändert werden: das Verbot der Verschreibung todbringender Mittel muss beseitigt werden.
 
B) Wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann, dann wünsche ich aktive Sterbehilfe, auch im Falle von Demenz. Für diesen Fall müssen ebenso die Bedingungen 1-3  geändert werden und zusätzlich
4. muss der § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) ergänzt werden, so wie es die HU schon lange fordert.2

HEIDE HERING   Jahrgang 1938, Gymnasiallehrerin für Kunstgeschichte und Politik, gehörte von 1975-1981 dem Bundesvorstand der Humanistischen Union an. Vielseitiges Engagement zu Gleichstellungsfragen, § 218, Initiierung des Kongresses „Emanzipation der Männer“ (1975), Erarbeitung von Forderungen für ein Antidiskriminierungsgesetz für die Bundesrepublik (1978). Vorschläge zur Erweiterung der Frauenrechte im Grundgesetz (Frauen in bester Verfassung) führten maßgeblich zu einer Ergänzung des Art. 3(2) GG: seit 1994 ist Frauenförderung ein Staatsziel. Hering ist seit 1997 Mitglied des Vorstand der Petra-Kelly-Stiftung, engagiert sich dort u.a. für Geschlechterdemokratie und „Gender politics“.
HELGA KILLINGER   Jahrgang 1938, ist Mitglied der Humanistischen Union seit den 1960er Jahren. Von 1975 bis 1997 war sie Bundesgeschäftsführerin der HU in München. Aktuelles Interesse: Aktive Sterbehilfe.

Anmerkungen:

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