Reporter ohne Grenzen: Klage gegen BND-Überwachung
in: vorgänge 210/211 (2+3/2015), S. 241
Die Reporter ohne Grenzen (ROG) haben am 30. Juni 2015 eine Klage gegen die Überwachung ihrer Kommunikation durch den Bundesnachrichtendienst (BND) eingereicht. Die Organisation ist Ansprechpartner für viele ausländische Journalisten, die sich mit schutzwürdigen Anliegen oder vertraulichen Informationen an sie wenden. Die Überwachung durch den BND gefährde den Informantenschutz für Journalisten und bedrohe die freie Berichterstattung hierzulande. Die Klage wird vom Berliner Rechtsanwalt Prof. Niko Härting vertreten.
Ausgangspunkt der Klage sind die zu Beginn des Jahres vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags veröffentlichten Angaben zum Ausmaß der strategischen Fernmeldeüberwachung des BND auf der Grundlage des G 10-Gesetzes im Jahre 2013 (BT-Drs. 18/3709 v. 8.1.2015). Demzufolge wurden 2013 über 15.000 Kommunikationsvorgänge (also Sprachnachrichten, SMS, Faxe oder E-Mails) aus dem überwachten grenzüberschreitenden Datenverkehr herausgefiltert und ausgewertet. Da die Mitarbeiter_innen von ROG zahlreiche Kontakte zu ausländischen Kollegen unterhalten, sei die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommunikation der Journalisten ins Visier des BND gerate, sehr hoch.
Desweiteren stützt sich die Klage auf Berichte über ein vom BND genutztes System zur Analyse von Verkehrsdaten („VerAS“), mit dem der Auslandsgeheimdienst nach Zeugenberichten aus dem NSA-Untersuchungsausschuss zufolge auch innerdeutsche Kommunikationsbeziehungen auswerte (wer, wann, mit wem, in welcher Form und wie lange kommuniziert). Mit dem Programm können den Berichten zufolge Beziehungen zwischen den Kommunikationsteilnehmern bis auf die 5. Ebene hin ausgewertet werden – was die Gefahr, als Kontaktperson in den Fokus entsprechender Ermittlungen zu geraten, drastisch erhöht. Bei der Auswertung dieser Kommunikations-Metadaten halte sich der BND, so die Kläger, nicht an die gesetzlichen Vorgaben zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 GG).
Die Klage lautet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der konkret benannten Überwachungsmaßnahmen. Dem Verfahren werden jedoch – zumindest in der ersten Instanz – keine guten Aussichten auf Erfolg eingeräumt, nachdem Härting im vergangenen Jahr bereits mit einer vergleichbar aufgebauten Beschwerde gegen die strategische Fernmeldeüberwachung vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert war (Urteil vom 28.5.2014 – BVerwG 6 A 1.13; s. dazu das Streitgespräch Kutscha/ Graulich in vorgänge 206/207, S. 22 ff.). Möglicherweise soll die Beschwerde aber diesmal über die erste Instanz hinaus geführt werden. ROG jedenfalls bittet um Spenden zur Unterstützung des Vorhabens, mittlerweile unterstützen mehr als 3.800 Personen die Klage durch eine Petition.
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