Publikationen / Mitteilungen / Mitteilungen Nr. 245

Nachruf Helga Killinger

Nachruf Helga Killinger

Anmerkung der Redaktion zum folgenden Beitrag:Die Wirklichkeit hat uns leider traurig überholt: Nach Helga Killingers Tod hatte Petra Müller-Sturm für die Mitteilungen diesen Nachruf geschrieben. Inzwischen ist auch Wolfgang Killinger verstorben. An beide gemeinsam erinnert ein weiterer Beitrag.

 

Als Mitte September auf dem Display des Telefons „Helga & Woga Killinger“ angezeigt wurde, wurde ich schon stutzig. Ich hatte Helga ca. 3 Wochen vorher in ihrem Haus in Gauting besucht und fand sie dort sehr entkräftet vor, selbständig konnte sie nicht mehr anrufen und für ihren Ehemann Wolfgang, selbst schwer erkrankt, war dies auch nicht mehr möglich. Es meldete sich dann ihr Sohn Michael, der sich Ende August um die Organisation Ihrer häuslichen Pflege kümmern wollte, und meldete die traurige Nachricht.

Ich lernte Helga Killinger im Frühjahr 1981 kennen, als sie eine Mitarbeiterin für die Bundesgeschäftsstelle der HU in München suchte. Ich komplettierte die „3-Mädel-Geschäftsstelle“ und sollte alle Manuskripte in eine lesbare Form bringen, Info-Material erstellen, den Verein organisatorisch verwalten, später auch den Vertrieb der „vorgänge“ organisieren. Die Dritte im Bunde war die Buchhalterin Angelika Stegmann. Es gab noch keinen Computer. Einfachste Arbeitsmittel wie eine IBM-Kugelkopfschreibmaschine, eine Matrizen-Abzugsmaschine und eine elektromechanische Buchungsmaschine mussten damals genügen, die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesvorstandes der HU und die Verwaltung des Vereins zu bewerkstelligen – und vor allem das Telefon, das wichtigste Arbeitsmittel von Helga, damals noch mit nach Sekunden getaktetem Gebührenzähler!

Es war die Zeit des Bundesvorsitzenden Prof. Dr. Ulrich Klug, später dann Prof. Dr. Jürgen Seifert. Damals reagierte Helga als Geschäftsführerin der HU-Bundesgeschäftsstelle auf Rundfunk- und Zeitungsmeldungen, rief die HU-Fachleute zu den spezifischen Themen an, sprach sich mit den Bundesvorstandsmitgliedern ab, um Pressemitteilungen und HU-Verlautbarungen vorzubereiten und herauszugeben. Ich denke, es war Helgas größter Vorzug, dass sie sich nie in den Vordergrund stellte, immer die teilweise kapriziösen Bundesvorstandsmitglieder zielgerecht lenkte und bestärkte. Mir fällt absolut keine Person ein, mit der sie überhaupt nicht klarkam. Sie stand vollständig hinter allen Positionen der HU und stellte ihr ganzes Handeln und Tun in den Dienst der Bürgerrechte. Dabei waren ihr Eitelkeiten und Äußerlichkeiten absolut fremd. Bei allen Versandaktionen haben wir zu Dritt das Material eingetütet, die Kuverts versandfertig gemacht. Sie war sich auch nicht zu schade mitzuhelfen, die ganzen Druckwerke in den 3. Stock zu schleppen und wieder hinunter und dann die 500 m zum Postamt!

Papier war überhaupt Helgas Ding. Auf ihrem großen Schreibtisch stapelten sich rundum die Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Infoblätter und ließen nur wenig Platz für das Schreiben der Manuskripte, die ich dann abgetippt habe. Auch links neben dem Schreibtisch wuchs stetig ein Turm mit Papieren bis auf Arbeitsplattenhöhe. Dabei wusste sie immer ganz genau, wo sie suchen musste, wenn sie eine Information brauchte. In einem Urlaub von Helga entschloss ich mich mit Angelika, die Geschäftsstelle mit Pinsel und Farbe zu renovieren – es war schon alles arg grau. Dabei mussten wir auch an Helgas Papiertürme Hand anlegen und ich habe vieles weggeworfen und mich auf ein Donnerwetter gefasst gemacht – es blieb aus und Helga hat auch nichts davon vermisst.

Jetzt werde ich sie aber vermissen und viele andere bestimmt auch!

Petra Müller-Sturm im September 2021


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