Publikationen / Mitteilungen / Mitteilungen Nr. 245

Nordrhein-West­falen

Das Bildungs­werk der HU NRW beendet seine Arbeit

Das Bildungswerk der Humanistischen Union NRW wurde 1971 von aktiven Frauen und Männern der nordrhein-westfälischen HU erfunden. Diese gründeten, nachdem der HU-Bundesvorstand eine Trägerschaft der HU abgelehnt hatte, einen eigenständigen Trägerverein, der bald auch eine staatliche Anerkennung als Einrichtung der politischen Weiterbildung und öffentliche Förderung erhielt. Seit 1978 hauptberuflich geleitet und in Kooperation mit vielen Initiativen gelang eine Expansion und professionelle Konsolidierung. In den 80er-Jahren gab es zudem eine intensive Zusammenarbeit mit den damals noch aktiven HU-Ortsverbänden in Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, Essen und Dortmund – danach nur noch gelegentlich gemeinsame Projekte. Das Thema der Bürger*innen-Rechte erwies sich allerdings als eines, das quantitativ nicht ausreichend Resonanz erfuhr, und so ergaben sich neue Spezialisierungen und Kooperationen u.a. mit Neuen Sozialen Bewegungen, in der Frauenbildungsarbeit und der Arbeitnehmerweiterbildung (Bildungsurlaub). In den letzten 20 Jahren konzentrierte sich das BW vor allem auf die Themenbereiche Zeitgeschichte, Migration und Medien und baute die politische Jugendbildung zu einem wichtigen Schwerpunkt aus. Eine wissenschaftlich-pädagogische Arbeitsstelle des Vereins sorgte zusätzlich für Ansehen und finanzielle Stabilisierung in den Zeiten, als die öffentlichen Förderungen heftig gekürzt wurden. Eine lange Reihe von Veröffentlichungen zeugt von diesen besonderen Aktivitäten.

Nach monatelangen Debatten hat der Vorstand des Trägervereins gemeinsam mit den aktiven Mitgliedern entschieden, die Bildungsarbeit zum Jahresende zu beenden. Dies geht auf eine Häufung von Problemen zurück, ein 2018 eingeleiteter Generationenwechsel muss nun als nicht gelungen bewertet werden. In diesem Jahr sind drei Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Gründen ausgeschieden, die letzte folgt bald durch Übergang in den Ruhestand. Diese Zusammenballung von Herausforderungen wurde durch das Corona-Regiment noch verstärkt, das dem Bildungswerk seit März 2020 nur begrenzt die Durchführung von Veranstaltungen erlaubte – ein Zustand, der sicherlich noch bis ins nächste Jahr hinein anhalten wird. Außerdem mussten wir auch der Tatsache ins Auge sehen, dass unser Trägerverein mit seinen theoretisch 29 Mitgliedern nicht mehr der allerdynamischste ist.

Das ist keine Situation, in der wir uns eine komplette Neuaufstellung eines ganzen Bildungswerk-Teams vorstellen können! Wir sind daher zu dem Schluss gekommen, dass eine Fusion mit einer anderen Einrichtung der politischen Weiterbildung sinnvoll ist. Damit bleiben unsere Förderansprüche immerhin für die politische Bildungsarbeit erhalten, und es besteht zudem die Chance, dass wenigstens einige unserer Arbeitsfelder eine Fortsetzung finden. Die Mitgliederversammlung des Bildungswerk-Trägervereins ist den Empfehlungen des Vorstands gefolgt und hat im September diese Fusion beschlossen.

Die aufnehmende Institution ist das aktuelle forum (Gelsenkirchen), dessen Kolleg*innen und dessen Arbeit wir seit vielen Jahren, auch durch Kooperationen und aus der Verbandsarbeit, kennen und schätzen. Eine provisorische Stellenbesetzung für einige Monate unterstützt den Vorstand darin, das 2. Halbjahr 2021 zu managen und die Auflösung unserer Geschäftsstelle vorzubereiten. Unser Verein wird als rechtliche Hülle noch etwas länger bestehen bleiben, da wir im nächsten Jahr diverse Nachweispflichten zu erfüllen haben.

Dass damit – bei aller Selbstständigkeit des Bildungswerks – ein wenigstens symbolisches Schaufenster der HU in NRW wegfällt, ist eine weitere bittere Pille. Dieser Entschluss ist allen Beteiligten schwergefallen, zumal es derzeit keine finanziellen Sorgen gibt und das Bildungswerk ausgerechnet im Jubiläumsjahr – 50 Jahre! – seine Arbeit beendet, war aber unvermeidlich.

Norbert Reichling


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