Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 178: Vom Rechtsstaat zur Sicherheitsgesellschaft

Abschied vom Recht

Das nach-präventive Strafrecht*,

aus: vorgänge Nr. 178 Heft 2/2007, S. 27-43

Die enttäuschten Hoffnungen über den krisengeschüttelten Wohlfahrtsstaat geben der Rechtsentwicklung zum Ende des 20. Jahrhunderts eine neue Richtung. Die unberechenbaren Risiken der Industriegesellschaften und die sich daraus entwickelnden ökonomischen, fiskalischen und kulturellen Krisen, die durch staatliche Steuerungsmechanismen, insbesondere durch vernünftige oder zweckorientierte Rechtssteuerung nicht mehr zu bewältigen sind, schlagen sich in symbolischer Gesetzgebung nieder. Das symbolische Risikostrafrecht hat nicht mehr den Täterbezug des präventiven Strafrechts eines Franz von Liszt oder – moderner – des grundgesetzlichen Sozialstaats im Blick. Mit dem empirisch nicht überprüfbaren Modell so genannter Integrationsprävention, das heißt mit der Ausrichtung am normenstabilisierenden Bewusstsein der Allgemeinheit, führt dieses Rechtsmodell – wiederum idealtypisch – einen rigorosen Systembezug ein.

Der Abschied von der Allgemeinheit und der Gleichheit der Rechtsanwendung leitet die Informalisierung des Rechts ein. Der Rechtsanwender kann das Recht anwenden, wenn er will, er kann es aber auch lassen. Diese Rechtsopportunität führt zu einem gehaltlosen Rechtsbegriff, der sich im Ergebnis gleichheitsverletzend und willkürlich darstellt. Begleitet wird dieser Rechtsentwicklungsprozess durch ein zunehmendes Desinteresse an einer täterorientierten Kriminologie, weil die Ausrichtung am Systemschutz zu einer Endindividualisierung führen muss. Individualisierung führt nur noch bei selektiver Sanktionierung zu einem politischen Gebrauchsvorteil: Sie dient der Zurückweisung struktureller Verantwortlichkeit für das versagende politische System. Freilich ist damit die Rechtsentwicklung noch nicht zum Stillstand gekommen.

A. Die Entwicklung vom Bürger­straf­recht zum Feind­s­traf­recht oder: „Die Freiheit stirbt mit Sicherheit“

Die Erosion des Rechts setzt sich in der Wende zum 21. Jahrhundert immer mehr durch. Ein nach-präventives Sicherheitsstrafrecht, getragen von globalen Sicherheitsorientierungen als Herausforderungen gegenüber ungezügelten Gewaltformen (je nach Perspektive als Terrorismus bezeichnet), strebt deutlich globale Herrschaftssicherung an. Der Begriff Sicherheit erfährt eindeutige Priorität vor dem Schutz und dem Respekt vor der Freiheit. Mit einem verdachtsunabhängigen Sicherungszugriff greift das nach präventive Sicherheitsstrafrecht sogar zu Mitteln der Militarisierung innerer Sicherheit (Einsatz der Armee zur internationalen Strafverfolgung, zur Verfolgung innerer Sicherheitszwecke). Idealtypisch ist für diese globale Sicherheitsorientierung der Abruf von Sonderopfern als allgemeine Bürgerpflicht zugunsten totaler Sicherheit, die keine mehr ist. An kriminologischen Orientierungen ist das nach-präventive Sicherheitsstrafrecht nicht mehr im Entferntesten interessiert. Es geht nur noch um die Vervielfältigung reiner Sicherungsmaßregeln, die von der Mehrheit der Bevölkerung sogar begrüßt werden. In dieser Entwicklung liegt freilich ein Modell klarer Rechtsnegation bis hin zur Rechtsvernichtung.

Die Erfindung des symbolischen Risikostrafrechts durch die Politik der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts stellt also nicht die letzte Entwicklungsstufe einer Erosion des rechtsstaatlichen Strafrechts dar. Wir sind auf dem Weg zu einer globalen Sicherung von Herrschaftsansprüchen ohne Recht. Der Steuerungsanspruch von (Straf-)Recht kollabiert – mit der Folge einer globalen Negation oder Vernichtung von Recht.

I. Vom präven­ti­v-­ge­stal­tenden Steue­rungs­mo­dell zur globalen Sicherung ohne Recht

Ursachen für globale Steuerungsausfälle des Rechts sind Prozesse weltgesellschaftlicher Desintegration, denen mit Hilfe rechtlicher Steuerung kaum begegnet werden kann. Die im Kern ökonomische Globalisierung ist letztlich kein friedlicher Prozess des Zusammenwachsens einer Weltgesellschaft in Frieden und Wohlstand, sondern Ausdruck antagonistischer Spannungen ökonomischer, kultureller und religiöser Art.

Die bisherige Entwicklung der Menschheit gibt indes nur eine Möglichkeit vor, globale Katastrophen der Herrschaftspositionierung zu verhindern: Die uneingeschränkte Herrschaft des Rechts, für die es eines Organisationsrahmens der uneingeschränkten Herrschaft der Vereinten Nationen bedürfte, ist die einzig legitime Alternative zur Regulierung bzw. Zurückweisung gewaltsamer Herrschaftsansprüche des Starken gegenüber dem Schwachen. Es gilt ansonsten nicht mehr die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren.[1]

Gelingt es nicht, die antagonistischen Strömungen interkultureller Makrokonflikte, die man auch als Krieg der Weltanschauungen, Gesellschaftsentwürfe und Religionen bezeichnen kann, durch Recht einzudämmen und zu regulieren, eliminiert sich die Menschheit selbst. Zurzeit befindet sich das Recht jedenfalls auf einem weltweiten Rückzug, macht uneingeschränkter Herrschaft Platz und befindet sich partiell in Selbstauflösung. Das trifft insbesondere auf das Strafrecht zu, das gerade bei „staatsverstärkter Kriminalität“ durch das Völkerstrafrecht auf einem hoffnungsvollen Weg war. Die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs ist ein viel versprechender Ansatz, der zurzeit durch den amerikanischen Unilateralismus konterkariert wird.

II. Von der Recht­s­e­ro­sion zur Rechts­ver­nich­tung

1. Legislative Sicherheitsoptimierung

Die verniedlichend als „Sicherheitspakete“ bezeichneten Eingriffe in bürgerliche Freiheitsrechte durch sog. „Terrorismusbekämpfungsgesetze“ belegen die Gefahr, dass der Staat die Macht seines Instrumentariums ausbaut – auf Kosten der Freiheit. Der weltweiten Bedrohung durch den internationalen Terrorismus will auch der deutsche Gesetzgeber durch Gesetzesverschärfungen begegnen. Das Erste (2001) und Zweite (2002) Terrorismusbekämpfungsgesetz veränderten vierzehn Gesetze. Das Dritte Gesetzespaket hat das Bundeskabinett am 12.07.2006 in typisch deutscher Sprachweise als „Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz“ (TBEG) verabschiedet. Durch dieses Gesetz werden nicht nur die befristeten Regelungen der ersten Pakete verlängert, sondern zugleich „weitere Verbesserungen“ und sonstige „Änderungen“ eingeführt, „für die ein spezielles Gesetzesvorhaben nicht angemessen ist, die aber gleichwohl nicht bis zu einer umfassenden Änderung ihrer Stammgesetzes zurückgestellt werden können“.[2]

Der Bürger, um dessentwillen Sicherheit produziert werden soll, kann die Nuancen dieser Verschärfungen und die mit ihnen verbundenen schweren Folgen für eine demokratische Rechtsstaatlichkeit – wenn überhaupt – nur erahnen. In der Dichte der sich rasant aneinanderreihenden Verschärfungen offenbart sich eine besorgniserregende rechtsstaatliche Zerstörungswucht des Gesetzgebers, die unter dem Etikett der innenpolitischen Floskel „Freiheit setze Sicherheit voraus“ verborgen bleibt.

Man muss sich dieser Details näher vergewissern. Durchgesetzt oder in dauernder rechtspolitischer Diskussion sind:

  • verdachtsunabhängige Eingriffsbefugnisse des Bundeskriminalamts,

  • präventives Einsperren von Ausländern, die als Sicherheitsrisiken eingestuft werden,

  • Sympathieverdacht mit Extremisten als Einreisehinderung oder Ausweisungsgrund, also Gesinnungsdiffamierung als staatliche Eingriffsgrundlage,

  • eigenständiges Auskunftsrecht des Verfassungsschutzes gegenüber Banken bezüglich Konten und Kontenbewegungen der Bankkunden, ohne richterliche Kontrolle sowie eine Evidenzzentrale für Konten und Depots bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,

  • Konten-Screening zur Herstellung von Kontenprofilen, wodurch eine weitgehend grenzenlose Kontrolle privater Freiräume möglich ist,

  • Nutzung von im Ausland unter Foltereinsatz gewonnenen Informationen zu Zwecken innerer Sicherheit (Innenminister Schäuble)

  • und nunmehr durch das TBEG eine Ausweitung der Kompetenzen der Geheimdienste – insbesondere durch die Einführung des § 8a in das Bundesverfassungsschutzgesetz sowie

  • die ausnahmslose Verlängerung aller durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz (2002) befristet eingeführten Regelungen um weitere fünf Jahre, wobei es insbesondere um Kompetenzen der Geheimdienste und die Vereinfachung der Datenerhebung durch das Bundeskriminalamt (BKA) als Zentralstelle für Informationsbeschaffung geht.

In der Sicherheitsdebatte, die nach dem 11. September 2001 einen neuen Aufschwung nahm, gehen Maß und Ziel staatlichen Handelns verloren. Das Datum selbst ist Mittel zum Zweck. Die Vorstellung von mehr staatlicher Sicherheit gab es bereits vor dem 11. September. Die Innenpolitik packte die Gelegenheit beim Schopfe und setzte das politische Konzept des Sicherheitsstaates um. Der ehemalige Generalbundesanwalt Nehm gab dieses unumwunden und öffentlich zu Protokoll: Sollte es – so Nehm auf einer Veranstaltung des Deutschen Anwaltsvereins[3] – in Deutschland einen Terroranschlag geben, „werden wir eine Hysterie erleben, die bisher ohne Beispiel ist. Dann werden Schubladen geöffnet (…)“, sagte der Generalbundesanwalt im Hinblick auf neue Gesetze. Wenn sich die Justiz verweigere, werde die Politik „in die Bresche springen“, am Ende werde es womöglich einen „diffusen Tatbestand der Verschwörung“ geben.

2. Der Prozess einer konti­nu­ier­li­chen Erosion des Rechts

a) Zur Legitimation des Begriffs Feindstrafrecht

Die Auflösung des rechtsstaatlichen Strafrechts in ein Bürgerstrafrecht einerseits und ein Feindstrafrecht andererseits ist der ständige Wegbegleiter des rechtsstaatlichen Strafrechts, der stets und immer wieder dessen Erosion betreibt.[4] Der Rechtswissenschaftler Günther Jakobs hat diesen Prozess der rechtsstaatlichen Erosionen beschrieben und bezeichnet das trefflich als gefährliche „Durchmischung allen Strafrechts mit Einsprengseln feindstrafrechtlicher Regelungen“[5].

Die Erosion des Strafrechts lässt sich in dem Bemühen des deutschen Gesetzgebers, stets einer angeblichen Sicherheit den Vorrang vor der Freiheit zu geben, ablesen. Der nunmehr kaum noch zu überbietende Niedergang rechtsstaatlicher Grundprinzipien ist mit der nachträglich anzuordnenden Sicherungsverwahrung erreicht (vgl. § 66 b StGB und dazu die abweichende Meinung von drei Mitgliedern des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts[6]). All das ist ein Ausdruck der Erosion und des Niedergangs rechtsstaatlicher Strafrechts-Standards. Diese Entwicklungen, die schon 1995 im 50. Band der Frankfurter kriminalwissenschaftlichen Studien als „unmöglicher Zustand des Strafrechts“[7] und später – 1999 – als „Irrwege der Strafgesetzgebung“ (Band 69)[8] bezeichnet wurden, können nur noch mit Kapitelüberschriften wie Übergriffe, Versäumnisse, Verschärfungen, Verformungen und Zerstörungen rechtsstaatlicher Grundlagen beschrieben werden. Der jüngste, 100. Band trägt den Endzeit-Titel „Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts“, was sogar den Beifall des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts findet. Anstatt aber Unabwägbarkeiten und Unverfügbarkeiten – so wie er es noch als Wissenschaftler tat – anzumahnen, fordert der Richter Hassemer
nunmehr ein „rechtsstaatliches Sicherheitsstrafrecht“, welches auf die „normative Desorientierung, Verbrechensfurcht und Kontrollbedürfnisse einer Risikogesellschaft“ antworten soll. Nicht mehr der Schutz des Bürgers vor dem machtvollen Zugriff des Staates wird als Aufgabe der Grundrechte gesehen, sondern „die ‚gefühlte’ Bedrohung, die Verbrechensfurcht der Wählerinnen und Wähler wird am Ende über die reale Kriminalpolitik entscheiden – und das, im demokratischen Staat, zu Recht“[9], so der Richter Hassemer. Eine derartige Position des ambivalenten Abwägens von Vor -und Nachteilen des Präventions- und Sicherheitsstaates ohne Ankoppelung an einen absoluten Schutz der Menschenwürde und andere verfassungsrechtliche Unabwägbarkeiten führt direkt hinein in das Jakobssche Bild einer dichotomisierten Gesellschaft von Wählern und Feinden. Bei einem Innenminister würde einen eine derartige Positionierung kaum noch verwundern. Aus der Feder eines Hüters der Verfassung ist die Position indes schon selbst Beleg für die fortschreitende Erosion des Rechtsstaates.

Jakobs bezeichnet diesen Prozess der Rechtserosion im materiellen und Verfahrensrecht als Weg des Gesetzgebers, gefährlichen Straftätern den Bürgerstatus abzusprechen und diesen nicht als Bürger zu behandeln, sondern als „Feind“ zu „bekriegen“. Legitimation hierfür sei das Recht der Bürger auf Sicherheit, davor müsse jeder Feind in die Knie gehen, habe damit auch nicht mehr das Recht auf eine strafrechtliche Behandlung als Person. Derartige Nichtpersonen seien nicht durch das Recht zu behandeln, „vielmehr ist der Feind exkludiert“. Der Prozess der Erosionen des rechtsstaatlichen Strafrechts wird von Jakobs so skizziert: „Der Staat hebt in rechtlich geordneter Weise Rechte auf“.[10] Das Modell hierfür sind die Notverordnungen der späten Weimarer Republik.

b) Zur Delegitimation des Konzepts Feindstrafrecht

Diese Analyse mag gesetzgebungstechnisch – oder besser: positivistisch – zutreffen. Freilich ist die Zustimmung zu dieser Entwicklung, die Jakobs formuliert, unvertretbar. Die Zustimmung zur Dichotomisierung von Feind und Freund löst das Problem der rechtsstaatlichen Erosionen nicht, sie verschärft es bis zur Unerträglichkeit. Die Aufhebung von Grundrechten in rechtlich geordneter, d. h. legaler Weise, führt zu gesetzlichem Unrecht. Das Konzept des Feindstrafrechts will dieses Unrecht legalisieren und geht damit hinter den Stand der Rechtstheorie zurück, der nach dem Fall pervertierter Rechtssysteme der Neuzeit erreicht worden ist. Diesem Weg ist eine klare – auch verfassungsrechtlich gebotene – Absage zu erteilen.

Dieser Weg der Entrechtung bestimmter Personengruppen, den der deutsche Gesetzgeber seit langem einschlägt, ist keineswegs ein Phänomen der jüngsten Zeit, keineswegs erst eine Reaktion auf terroristische Gewaltszenarien, die strafrechtlich – von wem und wo auch immer – als Tötungsdelikte konsequent zu verfolgen und zu sanktionieren sind. Das Phänomen der Rechtsvernichtung ist ein prinzipielles Dilemma im gewaltengeteilten Staat, der immer mehr von der Dominanz der Exekutive geprägt und vom Bemühen der Judikative, Grenzen gegen diese Dominanz aufzuzeigen, nur noch mühsam ausbalanciert wird. Die Exekutive nutzt im modernen Verfassungsstaat das Strafrecht weitgehend als Instrument der Innenpolitik, was schon im Ansatz verfehlt ist. Das Strafrecht ist kein gesellschaftliches Steuerungsinstrument, dient der Politik freilich als Kommunikationsmedium für Wählbarkeit: Ohne Zustimmung zum starken Sicherheitsstaat vermag keine Volkspartei Wahlen zu gewinnen, ähnlich wie kein US-Präsident ohne Bekenntnis zur Todesstrafe ins Amt kommt. Den Zugriffen der Innenpolitik setzt die Verfassungsgerichtsbarkeit von Zeit zu Zeit moderate bis ausgewogene Grenzen. Von hochrangigen Praktikern wird die Judikative allerdings schon als „Beute der Exekutive“[11] charakterisiert.

c) Philosophie der Aufklärung: Keine Legitimation für die Erosion des Rechts

Freilich ist die Freund-Feind-Dichotomie weniger auf Hobbes und schon gar nicht auf Kant zurückzuführen, eher findet sie ihre modernen rechtstheoretisch überlieferten Rechtfertigungsversuche im NS-Strafrecht eines Carl Schmitt, für den der Krieg Höhepunkt der großen Politik war. Kants Rechtslehre ist demgegenüber durch die Begründung eines ausnahmelosen Rechtszustandes gekennzeichnet, in dem sich jedes Subjekt als Bürger in freier und gleicher Weise wiederfindet. Dies gilt gerade für denjenigen, der das Recht verletzt. Dieser wird mitnichten ausgeschlossen, sondern mit den Mitteln des Rechts in streng formalisierter Weise sanktioniert. Ob dem so behandelten Bürger eine spätere Zustimmung abverlangt werden kann, danach fragt Kant freilich nicht. Er fragt ausschließlich nach der äußerlichen Wiederherstellung des Rechtszustandes, gerade im Interesse des Rechts und seiner Geltung für jedermann. Eine Zweiteilung in Rechts- und Nichtrechtssphäre gibt es für Kant nicht.

Was Jakobs für seine Unterscheidung von Bürger und Feind aus Kant herausliest, gilt bei Kant allein für den Naturzustand, nicht für den rechtlichen Zustand. Im rechtlichen Zustand, den zu erreichen nach Kant Pflicht ist, gibt es ausschließlich ein Bürgerstrafrecht. Tatsächlich mag es neben dem Bürgerstrafrecht die Macht zur Vernichtung von Feinden geben. Aber in Kantischen Kategorien wäre das niemals Strafrecht. Der Ausdruck Feindstrafrecht ist ein Missbrauch des Begriffs „Recht“. Es gibt nur Strafrecht, das den Menschenrechten entspricht, Krieg zwischen Feinden nach menschenrechtlichen Regeln oder rechtlose Feindvernichtung.

III. Der politische Gebrauchs­wert des Freiheits­ver­zehrs: Akzep­tierter Ausnah­me­zu­stand einer Gesell­schaft ohne Recht

1. Der Rückwandel vom Rechts- zum Naturzustand: Ende der Aufklärung

Ein europäisches Strafrecht, das seine Legitimation in der Zustimmung europäischer Bürger finden muss, hat vom Prinzip universell geltender Menschenwürde auszugehen und ist vor diesem Hintergrund in demokratischer Diskussion zu entwickeln. Die europäische Rechtsentwicklung darf nicht zwischen rechts unterworfenen Personen und rechtlosen Feinden unter scheiden. Das wäre – die Argumentation von Jakobs bestätigt das – die Rückkehr in den Naturzustand, der durch die in Europa begründeten Prinzipien des Rechts gerade überwunden wurde. Es kann nur einen Raum des Rechts für alle europäischen Bürger geben. In Europa gilt überwiegend und in Deutschland deutlich: Wir sind aufgrund demokratischer Grundentscheidungen nicht im Krieg, brauchen auch keine Notstandsgesetzgebung. Europa setzt im Völkerrecht weitgehend auf Konsens. Unilateralismus, eine Hauptursache für Kriege andernorts, ist für Europa Vergangenheit. Der Opfer waren hier genug.

Die Überwindung der Rechtlosigkeit muss durch das Recht selbst und nicht durch dessen Abschaffung für so genannte „Feinde“ erfolgen. Das Recht muss – eine Aufgabe, die sich immer wieder von neuem stellt – gegen die Politik in Stellung gebracht wer-
den. Bestimmte Prinzipien europäischer Freiheitsmanifestation sind auch für den Gesetzgeber nicht mehr hinterfragbar. Das bestätigt eindrucksvoll die Ewigkeitsgarantie in Art. 79 Abs. 3 GG, wonach der Würdeschutz und der Rechtsstaat durch keine politische Mehrheit abgeschafft werden können.

2. Politischer Verzehr zentraler Rechts­prin­zi­pien im nach-prä­ven­tiven Sicher­heits­s­taat

Terroristische Ereignisse oder auch Aufsehen erregende Gewalttaten stellen nicht das Ende eines rechtsstaatlichen Strafrechts dar, sondern sind eine herausfordernde Bewährungsprobe für ein prinzipiengeleitetes Strafrecht, das seine historischen Grundlagen in der europäischen Aufklärung hat. Zentraler Topos hierfür ist die Menschenwürde, die universell und prinzipiell unteilbar ist. Die Unteilbarkeit der Menschenwürde ist ein globales Rechtsprinzip. Darüber besteht – nahezu unverfügbar – Konsens zwischen den meisten zivilisierten Staaten. Der zivilisatorische Stand der Menschenrechtsentwicklung wird jedenfalls gekennzeichnet von der weltumspannenden Akzeptanz ihrer Universalität. In dem zu beobachtenden Prozess der Erosion des Rechts werden indes schleichend bis offenkundig die Regeln des Rechts verändert, damit es angeblich besser mit (globalen) Risiken verfahren kann. Dabei werden auch elementare Rechtsprinzipien in ihrem Kern angegangen.

a) Renaissance der strafrechtlichen Maßregel als präventives Instrument der Innenpolitik

Hierzu gehört nicht zuletzt die kriminalpolitische Renaissance der Maßregel im Kontext des nach-präventiven Sicherheitsstaates. Mittels verschiedener Gesetzgebungsschritte (§§ 66a und 66b StGB) und Rechtsbrechungsentscheidungen[12] einschließlich der Legitimationsversuche praxisorientierter Leitfäden[13] wird die Axt an die Wurzeln des Rechtsstaats angesetzt. Nachträglich im Strafvollzug erkannte Gefährlichkeit soll Anlass sein, formelle und materielle Rechtskraft zwecks scheinbaren Sicherheitsgewinns zu durchbrechen. Das ist ein kompletter Bruch mit bisheriger rechtsstaatlicher Tradition im deutschen Strafrecht. Eine wie auch immer geartete Feststellung von Gefährlichkeit außerhalb der materiellen Rechtskraft der Entscheidungsfindung vermag aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Grund für Freiheitsentzug zu sein. Allein die Erkenntnismöglichkeiten des Tatrichters nach Zulassung der Anklage eröffnen und begrenzen im rechtsstaatlichen Strafverfahren die rechtliche Legitimation für Freiheitsentzug. Rückwirkend lässt sich alles Mögliche erkennen, die ausschließlich tatrichterliche Legitimation für Freiheitsentzug darf im Rechtsstaat durch nichts ersetzt werden, denn ein nachträglicher Erkenntnisgewinn zu Lasten eines rechtskräftig Verurteilten widerspricht nach Eintritt materieller Rechtskraft dem Prinzip der Vorhersehbarkeit von Strafe (Art. 103 Abs. 2 GG) sowie dem Prinzip des Verbots einer Doppelbestrafung (ne bis in idem, Art. 103 Abs. 3 GG). Allein § 362 StPO erlaubt verfassungsmäßig scharf konturierte Ausnahmen der Durchbrechung materieller Rechtskraft zuungunsten des ehemals Angeklagten.

b) Folterdebatte, Luftsicherheit und Menschenwürde

Weitere aktuelle und herausragende Beispiele für den Verzehr zentraler Rechtsprinzipien, deren Geltung bisher durch nichts und niemanden in Frage gestellt wurde, sind in Deutschland die rechtspolitische Folterdebatte und das so genannte Luftsicherheitsgesetz zur Terrorbekämpfung, das die vorsätzliche Tötung Unschuldiger im Rahmen von Güterabwägungen ermöglichen soll.

In verschiedenen Terror – Szenarien (z. B. Ticking – bomb) wird die Unantastbarkeit der Menschenwürde durch Abwägung in Frage gestellt. Selbst von Juristen wird die Würde des Terroristen mit der Würde unschuldiger Bürger abgewogen. Dabei wird offen geschlussfolgert, dass in Anbetracht globaler Hochrisikolagen die Würde des Menschen eben nicht mehr ganz unantastbar ist, wenn es der Politik darum geht, zur Abwendung der globalen Gefahr (und der Gefahr der politischen Abwahl) um fast jeden Preis handeln zu müssen. Die Erosion der Menschenwürde spiegelt sich selbst in neueren Kommentierungen des Grundgesetzes wieder.[14] Indes, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet das. Das unverbiegbare Argument lautet: Absoluter Würdeschutz!

Ähnliches bietet die Diskussion zum so genannten Luftsicherheitsgesetz.[15] Verkannt wird selbst vom Gesetzgeber, dass der Schutz der Menschenwürde jedweder Politik die Opferung von Menschen zu Gunsten anderer Menschen verbietet, mögen die Abwägungsprozesse auf der Bilanzseite quantitativ noch so ins Gewicht fallen (für im Übrigen nie vorhersehbare Lebenssachverhalte). So wie sich die Medizin vor letalen Krankheitsbildern letztendlich zu beugen hat, muss die Politik die Absolutheit menschlicher Würde als unübersteigbare Handlungsschranke akzeptieren.

c) Eindeutigkeit der Rechtslage zugunsten des Würdeschutzes

Der rechtspolitischen Akrobatik, welche auf das Folterverbot und die damit verknüpfte Menschenwürde relativierend einzuwirken versucht, ist die Eindeutigkeit der Rechtslage entgegenzuhalten, die hier exemplarisch am Beispiel der Folter dargelegt werden soll. Das Landgericht in Frankfurt am Main hat die Absolutheit des Würdeschutzes im Folterverfahren gegen den stellvertretenden Polizeipräsidenten überzeugend abgeleitet und judiziert[16]

Deutschland ist in internationales Recht eingebunden. Art. 1 der UN-Folterkonvention, Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie Art. 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte setzen bezüglich jedweder Relativierung absolute Schranken. Keine noch so außergewöhnlichen Umstände und auch kein öffentlicher Notstand könnten Folter rechtfertigen (Art. 2 Abs. 2 UN-
Folterkonvention). Auch angesichts großer Gefahren darf davon nicht abgewichen werden (Art. 15 Abs. 2 EMRK). Der Verstoß gegen das Folterverbot fällt unter den Katalog qualifizierter Menschenrechtsverletzungen, die zwingend eine Anwendung des Völkerstrafrechts nach sich ziehen.

Auch polizeirechtliche Ermächtigungsgrundlagen gibt es nicht, in keinem deutschen Bundesland. Darüber hinaus sind auch die strafrechtlichen Rechtfertigungs – und Entschuldigungsdogmatiken kein Einstieg in die Relativierung des Folterverbots. Strafrecht bietet in diesen Bereichen allein Legitimationen in inter-personalen Rechtsverhältnissen zwischen Privaten. Es verbietet sich jeder staatstheoretisch und verfassungsrechtlich unreflektierte Zugriff auf das positive Nothilferecht. Staatliche Nothilfe darf sich nie in expliziten Widerspruch zu einem öffentlich-rechtlichen Verbot setzen. Aus der Nothilfe resultiert auch kein Widerstandsrecht für staatliche Amtsträger gegen die Rechtsordnung, der sie verpflichtet sind. Das wäre eine mittelbare Missachtung internationalen Rechts durch den Staat. Das Nothilferecht erweitert die Freiheitsräume des Bürgers, wenn formalisierte staatliche Reaktion nicht rechtzeitig zu erwarten ist. Es erlaubt dem Staat selbst aber nicht, sich der Formalisierung seiner Zwangsbefugnisse punktuell zu entledigen. Der Staat darf und kann bei der Ausübung seiner einmal begründeten Zwangsbefugnisse nicht in den Naturzustand zurückkehren, wo seine Macht unkontrolliert und dem Verdacht der Willkür ausgesetzt ist.[17]

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich das nationale Strafrecht seinen internationalen Rechtsverpflichtungen nicht entziehen kann. Es würde damit seine Überlegenheit, die aus der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gegenüber der Willkür individueller Gewaltausübung resultiert, verlieren. Der im Einzelfall gerechtfertigte Bruch des Folterverbotes würde unweigerlich in den Staatsterror durch Gesetz münden. Um wirksam zu sein, bedarf das Strafrecht transparenter Grundlagen, die vertrauensbildend sind und die seine Mechanismen für den Bürger berechenbar und nachvollziehbar machen. Folter erzeugt immer ein Klima der Angst, das auch die Polizei ergreifen würde. In diesem Klima würde der Rechtsstaat zerstört, der seine Überlegenheit aus der unüberwindbaren Schranke der Achtung menschlicher Würde schöpft.

3. Zwei Einwände gegen die Relati­vie­rung von Menschen­rechten

In der historisch belegten Relativierung von Menschenrechten spiegeln sich zwei bekannte Einwände. Die Gefahr partikularer Anwendung von Menschenrechten, man kann es auch anders sagen: Rechtlosstellung von Menschen zur Abwehr vermeintlicher Gefahren für vermeintliche Mehrheiten, liegt in der Beliebigkeit ihrer Anknüpfungspunkte und damit in ihrer nicht zu zügelnden Willkür.

Der Bezug auf Willkür ist ein instrumentelles Argument, weil dieser Ansatz von prinzipiell möglicher Verfügbarkeit des eigentlich Unverfügbaren ausgeht, was an sich falsch ist. Die instrumentelle Kritik am Verlust von Unverfügbarkeiten ist gleichwohl wichtig, weil sie die von Mehrheiten abhängige Bestimmbarkeit von Menschenwürde und damit ihre Relativierungsmöglichkeit als politisch gewollt und damit als gefährlich und illegitim erweist. Von Mehrheiten getragene Einschränkungen und Konturierungen der Menschenwürde und damit die Manifestation von staatlich getragenem Unrecht sind historisch gesehen Legion: Menschenfeinde, Religionsfeinde, Gesellschaftsfeinde, Erbfeinde, Rassenfeinde, all das sind die Manifestationen mehrheitlich erzeugter Menschenrechtsverletzung. Immer dann, wenn man die Universalität der Geltungsgrundlage verlassen hat, war das der Beginn von Staatsterror, der sich – wie zum Beispiel der Nationalsozialismus – nur selbst nivellieren und delegitimieren konnte.

Es gibt darüber hinaus – und dies ist der zweite Einwand – zahlreiche materielle Legitimationen für die universelle und absolute Geltung von Menschenrechten: die Religionen, die Philosophien der Aufklärung, politische Programme an Gleichheit orientierter Humanität, sie alle könnte man gegen eine partikulare Anwendung der Menschenrechte ins Feld führen. Für uns Europäer, insbesondere für uns Deutsche, ist die Lehre aus der europäischen Geschichte nationalistischer Verblendungen die Hauptmahnung, um jeden Preis an der universellen Geltung eines von Menschenwürde getragenen Rechts festzuhalten. Das ist keine Wertemetaphysik, sondern eine aus der Qualität des Subjekts als Bürger abgeleitete Kategorie der Freiheit. Zumindest das gilt seit Kant als wichtige Erkenntnis: „Freiheit (…) ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen, kraft seiner Menschheit, zustehende Recht“.18 Das mag man als Naturrecht oder als Metaphysik verstehen, aber eine absolute Fixierung an vorrechtlichen Gegebenheiten des Menschseins ist der einzige Schutz vor den positiv rechtlichen Beliebigkeiten einer stets schwankenden Mehrheitsdemokratie. Zwar gibt es für letztere keine ersichtliche oder gar verfügbare Alternative. Notwendig ist indes ein Maßstab für die Richtigkeit dessen, was mehrheitlich entschieden wird und dessen strikte Kontrolle. Recht allein ist leerer Positivismus, es geht um das richtige Recht, was sich der Mehrheit nicht immer erschließt. Diese Position der macht begrenzenden Funktion von Recht, die den Vätern des Bonner Grundgesetzes noch in den zitternden Knochen steckte, ist heute Vergessen und dusseligem Machtvertrauen anheim gegeben.

IV. „Der Rubikon des Rechts­s­taats ist überschritten“ (Fritz Sack)

Der Verzehr zentraler Rechtsprinzipien im nach-präventiven Strafrecht schreitet – trotz menschenrechtlicher und fundamentaler verfassungsrechtlicher Einwände – nahezu ungehindert voran. Erkennt aufgrund von Verfassungsbeschwerden zivilcouragierter Einzelkämpfer[19] das Bundesverfassungsgericht – um ein aktuelles Beispiel anzuführen – dem Bürger einen „absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung“[20]zu, kontert die Regierungspolitik – stets um Sicherheitsoptimierung bemüht – mit der Aufhebung des Zeugnisverweigerungsrechts für Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwälte, Pfarrer, Therapeuten u. a.).[21] Verwirft derselbe Senat die niedersächsische flächendeckende verdachtsunabhängige Abhörbefugnis für polizeipräventive Zwecke als „nichtige Gesetzgebung“,[22] kontert der dortige Innenminister, der just die nichtige Gesetzgebung in Gang gebracht hat, mit dem Vorschlag polizeipräventiven Abhörens „nur“ zum Zwecke der Terrorabwehr – natürlich auch ohne jeden Tatverdacht.[23] Diese Reaktionen aus der Mehrheitspolitik offenbaren in nicht nachvollziehbarer Weise deutlichen Rechtsungehorsam gegenüber der Verfassung und ihren richterlichen Festlegungen und Konkretisierungen. Anstelle des angezeigten politischen Rücktritts der Verfassungsbrechenden Funktionsträger, bieten diese der Verfassung erneut offen die Stirn, natürlich immer im wohlgemeinten Bemühen um scheinbare Optimierung der öffentlichen Sicherheit. Die Freiheit wird vorsätzlich untergepflügt. Und was zeigen diese aktuellen Beispiele? Die Schills, Schilys und Schäubles kommen und gehen, der angerichtete rechtsstaatliche Schaden hingegen bleibt – zumeist irreparabel – bestehen. Bisher ist noch niemand auf den Gedanken gekommen, in diesen Reaktionen der Mehrheitspolitiken manifeste Verfassungsfeindlichkeit dingfest zu machen.

Die sich abzeichnende rechtsstaatliche Zerstörungsmacht regierungsamtlicher Politiken – welcher politischen Richtung auch immer – lässt daher den Kriminalsoziologen Fritz Sack die Frage aufwerfen, „ob sich nach mehr als dreißigjährigem Schleifen und Abbau des Rechtsstaats und der Entwicklung hin zum Sicherheitsstaat noch sinnvoll von einem Rechtsstaat reden lässt“.[24] Nicht nur für den Rechtssoziologen Sack ist der Rubikon des Rechtsstaats überschritten. Hierfür gibt es verschiedene Erklärungsversuche.

1. Zunehmende Punitivität der Gesell­schaft: Erster Erklä­rungs­ver­such

Die breite Rückkehr eines repressiven Strafrechts wird in der kriminalwissenschaftlichen Debatte intensiv erörtert und beklagt.[25] Sack moniert sogar, „dass die Anzahl derjenigen, die in dieses Lied einstimmen, schwindet und ihr Alter zulegt. (…) Die Tendenz zu einer Art Seminar-Bürgerrechtler drängt sich zweifellos gelegentlich auf.“[26] Im Ergebnis sieht Sack aber die „zentrale Pointe“ aller Analysen in der „Konvergenz feindstrafrechtlicher Thematisierungen über nationale und geographische Grenzen hinweg“.[27] Dem kann man in der Tendenz durchaus zustimmen, aber ist diese kriminalpolitische Dauererscheinung des Pendelschlages zwischen einem due process und der Effektivität des Kriminaljustizsystems als Erklärung für die rechtsstaatliche Grenzüberschreitung hinreichend?

2. Interessen neo-liberal organi­sierter Markt­ge­sell­schaf­ten: Zweiter Erklä­rungs­ver­such

Allein bei der Feststellung zunehmender Punitivität westlicher Gesellschaften kann die rechtssoziologische Analyse nicht stehen bleiben. Als causa wird die These des Funktionsverlustes von Recht und Strafrecht unter den Bedingungen spät moderner Gesellschaften aufgeworfen. Sack zitiert als Kronzeugen Jakobs: „Wenn die Strafrechtswissenschaft die Notwendigkeit des Feindbekämpfungsrechts nicht anerkennen will, wird sie von der wirtschaftlich dominierten Gesellschaft mangels Effektivität marginalisiert werden“.[28] Strafrecht werde nur dann anerkannt, wenn es einigermaßen kurzfristig die Lage der Gütersicherheit verbessert oder doch hält (Effektivität des Strafrechts).

Für die Entwicklung zum Feindstrafrecht macht Sack die strukturellen Veränderungen verantwortlich, „denen moderne Gesellschaften insbesondere durch die Dynamik ökonomischer Prozesse ausgesetzt sind, neo-liberal organisierte Marktgesellschaften als Prototyp dieser Entwicklung“.[29] Sack will sich der Bedingungen vergewissern, „die dazu beitragen und dafür verantwortlich sind, dass die rechtsstaatlichen und freiheitlichen Errungenschaften für viele Mitglieder in den modernen neo-liberalen Gesellschaften an Gebrauchs- und Tauschwert in einer Weise eingebüßt haben, die zunehmend ihrem Verzicht gleichkommt“.[30] Der Autor fühlt sich in dieser Interpretation durch Jakobs bestätigt: „Bekanntlich basiert ja Jakobs’ rechtssoziologische Analyse auf der Prämisse der ’Ökonomisierung’ der Gesellschaft“.[31]

Die Tendenz zu höherer Kontrolldichte ausgegrenzter Gesellschaftssegmente, die bereits mit der Entwicklung zum Präventionsstaat einhergeht, ist keine neue Entdeckung. Die Zunahme ökonomischer und kultureller Krisen im Zuge des Abbaus wohlfahrtsstaatlicher Modelle[32] hat im Hinblick auf das Strafrecht bereits zu einem schwindelerregenden Prozess der Entindividualisierung und der Hinwendung zu exklusivem Systemschutz geführt. Der Straftäter als Individuum gerät aus dem wissenschaftlichen Wahrnehmungsfokus. Höchstens das „Opfer“ hat noch literarische und kriminalpolitische Konjunktur.[33] Die strikte Informalisierung des Rechts war die Folge, mit anderen Worten: Dem Rechtsanwender ist der Rechtsgehorsam ins Belieben gestellt. Über die Ausweitung eines gehaltlosen Rechtsbegriffs, über die Verletzung des Gleichheitsanspruchs und über die Willkürlichkeit der Rechtsanwendung hat die Informalisierung gegenüber ausgegrenzten Gesellschaftssegmenten zu höherer Repressivität geführt (Drogenabhängige, Ausländer und andere zum randständigen „letzten Drittel“ der Gesellschaft Zugehörige).

3. Unila­te­ra­lismus als kulturelle und religiöse globale Herrschafts­si­che­rung: Dritter Erklä­rungs­ver­such

Zwar zeigen sich in dieser Entwicklung ganz offensichtlich ökonomische Wirkungs- und Prägekräfte, was schon durch den Niedergang des Sozial- und Wohlfahrtsstaats belegbar ist. Das qualitativ Neue an der derzeitigen Entwicklung, die man als nachpräventive Phase bezeichnen kann, ist die hemmungslose Durchsetzung einer Sicherheitsorientierung innerhalb der westlichen Gesellschaften, die aber ganz eindeutig durch den Unilateralismus der zur Zeit herrschenden Administration der USA weltweit durchgesetzt wird. Auch hier mögen ökonomische Machtinteressen, die in der Globalisierung wirtschaftlicher Dominanz ihren Niederschlag finden, eine große Rolle spielen, vielleicht sogar die größte. Nicht weniger bedeutsam dürften aber kulturelle und religiöse Mechanismen der Herrschaftssicherung [34]sein, die die elementaren rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistungen weltweit in Frage stellen und vernichten. „Genauso wie in den Vereinigten Staaten Moralvorstellungen direkt in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einfließen, geschieht dies auch mit religiösen Wertvorstellungen. Dadurch erhält auch die Religion den Stellenwert einer öffentlichen Ordnungsstruktur, wofür jenseits des Atlantiks durchaus ein Bedürfnis besteht, da die öffentliche Ordnungsstruktur nicht wie in Europa eine primär staatliche, sondern eine gemeinschaftliche ist, …“[35] Und Gret Haller weiter: „Jenseits des Atlantiks spielen die Erweckungsreligionen eine in Europa unbekannte und bedeutsame Rolle.“[36] Gerade diese Verankerung von Erweckungsreligionen im US-amerikanischen Selbstverständnis von Politik erweist sich für das Verständnis verschiedener Reaktionen und Entwicklungen seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 – insbesondere in der Konfrontation mit dem Islam – als hoch bedeutsam.

Zusammenfassend: Globale unilaterale Herrschaftssicherung zielt auf die Dominanz von Sicherheit vor Freiheit, anders ist sie offensichtlich nicht herstellbar. Das Strafrecht ist dabei nicht mehr Garant eines bürgerlichen Freiheitsraums, sondern das Sicherheitsrecht reklamiert den Verzicht auf Freiheit und Leben als Sonderopfer im Sinne einer allgemeinen Bürgerpflicht (vgl. paradigmatisch die Debatte zum Luftsicherheitsgesetz[37]).

B. Kann man etwas tun?

Ein transstaatliches Kernstrafrecht der Strafgesetzlichkeit, eingebettet in eine europäische Verfassung, wäre die Hoffnung für ein rechtsstaatliches Strafrecht. Angesichts der beschriebenen Prozesse unilateraler Herrschaftssicherung, die weltweit Unterwerfung fordert oder Vernichtung praktiziert, mag ein Rekurs auf traditionelle Rechtsprinzipien fast blauäugig erscheinen. Will man indes von der seit der Aufklärung weltweit tragenden Idee, dass nur das Recht und nicht der Mensch herrschen solle, nicht abrücken, bleibt nur eines: Man muss nach wie vor dafür werben, dass die Akzeptanz und die Sicherung rechtsstaatlicher Prinzipien und der unverzichtbare und konsequente Schutz der Menschenwürde in nationaler und internationaler Hinsicht zentrale Aufgabe aufgeklärter internationaler Rechtspolitik ist und bleiben muss. Es ist die Stunde des politischen, aber auch wissenschaftlichen Widerstandes gegen Unilateralismus, komme er nun im ökonomischen, kulturellen, religiösen oder sonst welchem Gewand einher.

Der weltweiten dominanten Sicherheitsfixierung, die das rechtsstaatliche Strafrecht bis zur Unkenntlichkeit schleift, ist entgegenzuhalten, dass 

  • übersteigerte Systemschutzanforderungen das rechtsstaatliche Strafrecht zerbrechen

  • symbolische Strafrechtsanforderungen das rechtsstaatliche Strafrecht missbrauchen und

  • daraus sich ergebende Überforderungen das rechtsstaatliche Kriminaljustizsystem zerstören.

1. Was helfen sollte…

… ist eine wissenschaftliche Aufklärung über die Tradition eines europäischen Strafrechts,

  • das auf freiheitlichen Prinzipien basiert,

  • das aufgrund seiner anspruchsvollen rechtsstaatlichen Orientierung nur auf Kernunrecht rechtsstaatlich sauber reagieren kann,

  • das von seinen überzogenen Steuerungsansprüchen in systemischer Hinsicht befreit wird und

  • das von einer starken unabhängigen Judikative gegenüber den beiden anderen Staatsgewalten durchgesetzt wird.

Dem Schutz und dem Erstarken eines derartigen prinzipienorientierten Strafrechts muss die Aufmerksamkeit einer aufgeklärten europäischen Öffentlichkeit dienen. Dass dies die Kontinuität der Erosion des Rechts aufhalten kann, ist die Hoffnung einer rechtsstaatlichen Strafrechtswissenschaft. Weitere Erwartungen an ein freiheitliches Kriminaljustizsystem der Strafgesetzlichkeit sind die Garantien eines fairen Verfahrens (fair trial) und rechtsstaatliche Vorbildlichkeit. Das sind keine juristischen Formalia, sondern die Essentials, die das Selbstverständnis einer freiheitlichen und sozialen Gesellschaft ausmachen. Wird darauf im Interesse scheinbarer Sicherheitsgewähr verzichtet, ist das die Auflösung von Freiheit und Sicherheit gleichermaßen. Kurz: Diese Essentials sind für die Politik nicht verfügbar.

Die Hoffnung ist wohl nur auf einen neu zu entfachenden europäischen Diskurs der Bürgerinnen und Bürger zu richten. Europäische Integration heißt auch, die Botschaft der europäischen Aufklärung als gemeinsames Erbe konstruktiv umzusetzen. Das Strafrecht kann – wenn überhaupt – nur einen kleinen Teil zu diesen Bemühungen beitragen. Es gründet auf wenigen, aber unverzichtbaren und abwägungsfesten Prinzipien, die es zu sichern gilt. Europa braucht vor dem Hintergrund seiner deprimierenden Erfahrungen, für die gerade Deutschland historische Verantwortung trägt, ein Strafrecht der Strafgesetzlichkeit, auf das die europäische Aufklärung hinauswollte: eng, präzise, Gesetzes gebunden, Freiheitsichernd und – vor allem – als Bestandteil europäischer Verfassung. Die Aufgabe der Strafrechtswissenschaft kann keine geringere sein, als vernachlässigte oder vergessene europäische Strafrechtsprinzipien wieder lebendig und praktisch handhabbar zu machen.

2. Was nicht helfen kann…

…ist das derzeitige, gegenwärtig ohne breites theoretisches Fundament praktizierte europäische Sanktionenrecht, das als Zwangs- und Steuerungsinstrument für die ökonomischen Interessen der Europäischen Union entworfen wurde. Von einem Strafrecht der Strafgesetzlichkeit muss dieses Sanktionenrecht klar abgegrenzt werden.[38] Sanktionen-
recht im technischen Sinne zur Regelung ökonomischer Krisen vermag durchaus als rechtsstaatlich geregeltes Instrument der Intervention Anerkennung finden. Mit einem Strafrecht der Strafgesetzlichkeit hat dies nichts zu tun. Man muss sich sogar davor hüten, das europäische Sanktionenrecht als Vorbild für ein rechtsstaatliches europäisches Strafrecht anzusehen. Leider ist derzeit das Gegenteil zu beobachten. Aktuelle Rechtspolitik arbeitet gerade an der Einebnung dieser Grenzlinie zwischen administrativem Sanktionrecht und dem Strafrecht der Strafgesetzlichkeit.

Diesem Produktionsprozess eines europäischen Verwaltungsstrafrechts fehlt nicht nur inhaltliche, sondern auch formelle, das heißt demokratische Legitimation. Es gibt keine Ermächtigungsgrundlage für europäische Institutionen zur Schaffung von Strafrecht. Es gibt aber den leider sehr erfolgreichen Versuch, über andere Ermächtigungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes stehen, also einer rein wirtschaftsbezogenen Ermächtigungsgrundlage, sich die strafrechtliche Legitimation zu verschaffen, die man nicht hat. Bislang hat ein durch das Volk legitimierter parlamentarischer Gesetzgeber keine Kompetenz für Strafgesetzgebung der EU geschaffen. Das hindert die Brüsseler Administration indes nicht, vollendete Teilsysteme strafrechtlichen Zugriffs zu schaffen und die Inhalte eines europäisierten Strafrechts maßgeblich zu bestimmen. Ein entkriminalisiertes europäisches Interventionsrecht, das durchaus die finanziellen Interessen der EU schützen soll, kann höchstens neben ein transstaatliches Strafrecht der Strafgesetzlichkeit treten. Diese Trennung kann sogar Modell für nationale Rechtsentwicklungen sein: Freiheitsschützendes Strafrecht der Strafgesetzlichkeit als einzig legitimes Strafrecht auf der einen Seite und Sanktionenrecht im technischen Sinne als Instrument der Krisenintervention auf der anderen Seite. So verstanden könnte eine derartige europäische Rechtsentwicklung Anlass für eine grundsätzliche Neubestimmung der Grenzen und der Wirksamkeit des Strafrechts insgesamt sein. Eine derartige Diskussion, die heute leider noch nicht einmal in Ansätzen stattfindet, muss sowohl die traditionsreichen europäischen Strafrechtsprinzipien als auch praktische Konsequenzen für eine Entwicklung der Kriminaljustizsysteme in Europa unerschrocken in den Blick nehmen.

3. Was derzeit fehlt…

… ist die demokratische Verständigung auf ein gemeinsames, für Europa verallgemeinerungsfähiges Niveau aufgeklärter Strafrechtsprinzipien[39]. Eingebettet in das Prinzip der Freiheit als Erbe europäischer Aufklärung geht es um das Prinzip der Strafgesetzlichkeit als Fundament der verfassten Freiheit, um das Schuldprinzip als Begrenzung für die Strafmacht, um das Prinzip der Verhältnismäßigkeit als rechtliche Schranke von Gewaltanwendung, um das Legalitätsprinzip als Willkürschranke, um das Offizialprinzip als Garant des öffentlichen Strafrechts und um das Prinzip des fairen Verfahrens als Fundament des Strafprozesses im freiheitlichen Rechtsstaat. Werden freiheitliche Strafrechtsprinzipien in Zukunft dem nationalen Gesetzgeber qua Mehrheitsbeschluss von EU-Gremien entzogen und den Beliebigkeiten und zwangsläufigen Minima der Mehrheitsbeschlüsse ausgesetzt, wird ein Strafrecht und Strafprozessrecht herauskommen,
das vom Bürgerstrafrecht kaum noch etwas übrig lässt, vom Feindstrafrecht dagegen weitgehend geprägt sein dürfte. Dieses verallgemeinerungsfähige Niveau durch bloße Harmonisierung herstellen zu wollen erscheint verfehlt, weil der kleinste gemeinsame Nenner für den Schutz der Freiheit und des Rechts nicht ausreicht. Verallgemeinerung setzt einen öffentlichen europaweiten Diskurs über Prinzipien voraus. Sie verlangt nach der Reflexion historischer Erfahrungen und nach der Grundlegung eines neuen Gesellschaftsvertrages, das heißt nach einer Verfassung, die diesen Namen auch verdient.

* Der Beitrag ist eine aktualisierte Fassung aus dem 100. Band des Institutes für Kriminalwissenschaften Frankfurt am Main (Hg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2007, S. 3 ff. Er entstand vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zum Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar 2006 (1 BvR 357/05) NJW 2006, 751 ff. Die Entscheidung und die sich damit auseinandersetzende Literatur konnte daher für diesen Beitrag nicht berücksichtigt werden (vgl. u.a. Mit Recht für Menschenwürde und Verfassungsstaat – Festgabe für Dr. Burkhard Hirsch, 2006 (Roggan/Hrsg.); Kritische Viertelsjahrszeitschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Heft 4, 2006).

[1] Vgl. hierzu weiterführend Gret Haller, Die Grenzen der Solidarität, 3. Auflage, 2003, S. 195ff.

[2] So die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, S. 21 f. (unter www.bmi.bund.de).

[3] Vgl. FAZ vom 21.05.2005.

[4] Vgl. P.-A. Albrecht, „Krieg gegen den Terror“ – Konsequenzen für ein rechtsstaatliches Strafrecht, ZStW 117 (2005), 852, 855 ff. und ders., Kriminologie – Eine Grundlegung zum Strafrecht, 3. Auflage, 2005, §§ 6 und 10.

[5] Jakobs, Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht, HRRS 2004, 88, 95. Vgl. anfänglich Jakobs, Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung, ZStW 97 (1985), 751 ff.; anschließend ders., in: Eser/Hassemer/Burkhardt (Hrsg.), Die deutsche Strafrechtswisse nschaft vor der Jahrtausendwende, 2000, S. 47 ff. und jüngst ders., Terroristen als Personen im Recht?, ZStW 117 (2005), 839 ff. sowie ders., Feindstrafrecht? – Eine Untersuchung zu den Bedingungen von Rechtlichkeit, HRRS 2006, 289 ff.

[6] BVerfGE 109, 244 ff.

[7] Vgl. Institut für Kriminalwissenschaften Frankfurt am Main (Hrsg.), Vom unmöglichen Zustand des Strafrechts, 1995.

[8] Vgl. Institut für Kriminalwissenschaften Frankfurt am Main (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung, 1999.

[9] Hassemer, StV 2006, 332 (= Institut für Kriminalwissenschaften Frankfurt am Main [Hrsg.], Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2007 , S. 99 ff.).

[10] Jakobs, Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht, HRRS 2004, 88, 93.

[11] Macke , Die Dritte Gewalt als Beute der Exekutive, DRiZ 1999, 481 ff

[12] BVerfGE 109, 133 ff. und 190 ff.

[13] Baltzer, Die Sicherung des gefährlichen Gewalttäters – eine Herausforderung an den Gesetzgeber, 2005.

[14] Vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, 2005, Art. 1 Rn. 45 f.; ähnlich Brugger, JZ 2000, 165 ff.; eindeutig ablehnend dagegen Neumann, in: NK-StGB, 1. Band, 2. Auflage, 2005, § 34 Rn. 118; Tröndle/Fischer , vor § 32 Rn. 6; kritisch Narr, CILIP 2005, 69 ff. Vgl. hierzu auch den Beitrag von Sander, Menschenwürde und »Exklusion«, in: Institut für Kriminalwissenschaften Frankfurt am Main (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2007, S. 253 ff.

[15] Sinn, NStZ 2004, 585 ff.; Pawlik, JZ 2004, 1045 ff. und unten Fn. 37.

[16] LG Frankfurt am Main, NJW 2005, 692 ff.

[17] Braum, KritV 2005, 283 ff.

[18] Kant, AA VI, 237.

[19] Vgl. hierzu die Dokumentation bei Vormbaum (Hrsg.), Der große Lauschangriff vor dem Bundesverfassungsgericht – Verfahren, Nachspiel und Presse-Echo, 2005.

[20] BVerfGE 109, 279 ff.
[21] Vgl. zu den ursprünglichen Plänen der Bundesjustizministerin Zypries, Berufsgeheimnisträger in den Anwendungsbereich miteinzubeziehen, den Referentenentwurf des BMJ zur Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung vom 24.06.2004 (Pressemitteilung unter www.bmj.bund.de).

[22] BVerfGE 113, 348 ff.

[23] Vgl. zu diesem Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Schünemann, FAZ vom 16.09. 05, S. 2.

[24] Sack, Feindstrafrecht, Informationsbrief RAV 95 (2005), 15, 24.

[25] Vgl. KrimJ, 8. Beiheft, 2004.

[26] Sack, (Fn. 24 ), 2005, 17.

[27] Ebenda.

[28] Jakobs, (Fn. 5), 2000, S. 54.

[29] Sack, (Fn. 24), 2005, 31.

[30] Ebenda

[31] Sack, (Fn. 24 ), 2005, 32.

[32] Vgl. P.-A. Albrecht, Prävention als problematische Zielbestimmung im Kriminaljustizsystem, KritV 1986, 54 ff. und Mayerhofer, Das Strafrecht und seine administrative Rationalisierung: Kritik der informalen Justiz, 1998.

[33] Paradigmatisch Hassemer/Reemtsma, Verbrechensopfer: Gesetz und Gerechtigkeit, 2002.

[34] Haller, Die Grenzen der Solidarität, S. 132ff.

[35] Haller, S. 134.

[36] Haller, S. 138.

[37] BGBl. 2005 I, 78 ff. Dazu Hirsch, Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben – Bemühungen zur Abwehr des finalen Rettungstotschlags –, KritV 2006, 3 ff. Anderer Ansicht, aber schon verfassungsrechtlich nicht akzeptabel, die spieltheoretischen Chaos -Szenarien zur ticking-bomb z.B. bei Neumann, in: NK-StGB, (Fn.13), § 34, Rn. 76 f., die jenseits ihrer konstruierten Realitätseinschätzungen die Ankopplung an den Würdeschutz des Art. 1 GG und dessen politischer Unverfügbarkeit vermissen lassen.

[38] Braum, Europäische Strafgesetzlichkeit, 2003.

[39] Vgl. hierzu weiterführend P.-A. Albrecht, Die vergessene Freiheit, 2. Aufl., 2006.

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