Publikationen / vorgänge / vorgänge 195: Was ist heute Fortschritt?

An der Schwelle zur Postwach­sturms­ge­sell­schaft

aus: Vorgänge 195 ( Heft 3/2011), S-42-53

1. Einleitung

Die Idee des Fortschritts in der europäischen Moderne ermöglichte der Menschheit einen großen Sprung nach vorne, sie war aber zugleich verbunden mit Naturvergessenheit, einer steigenden Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Wachstum und einer Ökonomisierung des Denkens. Diese „andere Seite” des Fortschritts fällt heute wie ein Bumerang auf die unvollendete Moderne zurück.

Kapitalistische Marktwirtschaften waren in der Verwirklichung von Wachstum und Wohlstand bisher besonders „effizient”. Das bedeutet jedoch nicht, dass die kommunistischen Planwirtschaften oder diverse „Dritte Wege” weniger wachstumsorientiert waren oder sind. Natürlich gab es unterschiedliche Ausprägungen und Sichtweisen von Wachstum, Wohlstand und Fortschritt. Sie unterlagen immer einem Wandel, wobei die Dominanz der Ökonomie in der Entwicklung der Gesellschaft von zentraler Bedeutung war. Karl Polanyi kritisierte die „Entbettung” der Ökonomie als „Marktgesellschaft”. Sie wurde in der Zeit des Wohlfahrtsstaates im westlichen Teil der Welt halbwegs in Grenzen gehalten bis es zum neoliberalen Finanzkapitalismus kam. Mit ihm einher ging in den letzten vier Jahrzehnten eine Schwäche der europäischen Moderne, in der die ökologischen, sozialen und auch ökonomischen Grenzen des Wachstums immer sichtbarer wurden. Spätestens nach dem Zusammenbruch der zweigeteilten Welt wurde der finanzmarktgetriebene Kapitalismus zum Weltmodell und zugleich dessen selbst- und umweltzerstörende Kehrseite immer offensichtlicher. Um ihn zu überwinden, sind Strukturreformen notwendig, die den Weg in eine „Postwachstumsgesellschaft” weisen.

II. Die Janus­köp­fig­keit der Moderne

Im Zentrum der europäischen Moderne steht die Idee der Aufklärung mit der darin enthaltenen Lichtmetaphorik (Erleuchtung!). Die Lichtmetaphorik stellte dem „finsteren Mittelalter” ein neues „helleres Zeitalter” entgegen. Historisch kommt ihr eine stark religiöse Bedeutung zu, ursprünglich verstanden als Läuterung des Menschen auf dem Weg zu Gott. Beispielhaft steht dafür Pilgrim’s Progress von John Bunyan aus dem Jahr 1678, der „Weg der Christenmenschen zu Gott”. Die Auseinandersetzung zwischen dem „Anciens et Modernes”, der Streit zwischen der alten und neuen Zeit, war zwischen 1680 und 1720 ein tiefer Einschnitt in der Herausbildung der europäischen Moderne. Nach den dunklen Erfahrungen der Religionskriege verbanden sich mit der Aufklärung progressive wirtschaftliche, wissenschaftliche und politische Entwicklungen, deren Errungenschaften im 18. Jahrhundert epochal wurden. Die französische Revolution schuf die Voraussetzungen für die bürgerliche Gesellschaft und die Herausbildung des Nationalstaates. In Frankreich war es das Siecle des Lumieres. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich auch der englische Begriff Enlightenment durch.

Für Immanuel Kant ist Aufklärung der „Ausgang des Menschen aus seiner selbst-verschuldeten Unmündigkeit”. Die Annäherung an Freiheit und eine vernunftorientierte Gesellschaft wurden, wie Max Weber sie charakterisierte, zur „europäischen Rationalität mit Weltbeherrschung”. Sie wurde zum Sinn der Zivilisationsgeschichte, vorangetrieben durch die Enträtselung und Beherrschung der Materie und die Nutzung technischer Rationalität. Zur wichtigsten Aufgabe wurde die Emanzipation und Befreiung des Menschen von Kräften und Mächten, Lehren und Dogmen, die unterdrückten und abhängig machten. Zu den Mitteln ihrer Verwirklichung wurden Vernunft als universelle Urteilsinstanz, die Hinwendung zu den Naturwissenschaften in der Erkenntnistheorie, Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen und die Orientierung am Naturrecht.

Grundlagen der Emanzipation waren eine allgemeine Pädagogik, die Presse- und Meinungsfreiheit, ein modernes Staatswesen und die Garantie der Bürger- und Menschenrechte. Seitdem gilt Vernunft als das wichtigste Prinzip, das der Wirklichkeit Sinn, Struktur und Ordnung verleiht. Gemeint ist das Vermögen, aus eigenen Grundsätzen zu urteilen (theoretische Vernunft) und/oder zu handeln (praktische Vernunft).

Der theoretische Vernunftbegriff sieht das menschliche und/oder göttliche Erkenntnisvermögen als Voraussetzung, um allgemeine Schlüsse zu ziehen und regulative Prinzipien entwickeln zu können. Im engeren Sinne begründet Immanuel Kant Vernunft als die Fähigkeit, nach dem Unbedingten zu suchen, nach der objektivierenden Erkenntnis. Während die klassischen Rationalisten wie Rene Descartes, Gottfried Wilhelm Leibniz oder Benedictus Spinoza alle Wissenschaft und Philosophie ohne Sinnlichkeit als „reine Vernunft” verstehen, machte es sich Kant in seiner Kritik an den Rationalisten und Empiristen zur Aufgabe, den Gebrauch der reinen Vernunft zu relativieren und sie genauer in Umfang und Grenzen zu bestimmen.

Unter praktischer Vernunft verstand Kant das Vermögen, Handlungen an ethischen Prinzipien auszurichten. Sie haben bei ihm nicht nur einen von der Theorie abgeleiteten, sondern auch einen selbstständigen Status. Es sei nämlich nicht möglich, alles mit Hilfe theoretischer Vernunft zu begründen, so könne auch die Intensität der Intuition oder die Sinnlichkeit eine wichtige Rolle spielen.

Die dunklen Seiten einer kalten Rationalität arbeiteten später Max Horkheimer und Theodor Adorno heraus. Für sie war in der „instrumentellen Vernunft” auch ein Scheitern der Aufklärung angelegt. In dem Versuch, die Natur zu beherrschen, entfalte sich eine Form technischer Rationalität, die in einer verwalteten Welt als „Herrschaft” zurückschlage und durch ökonomische Macht sogar vollends annulliert werden könne.Mit dieser zugespitzten These reagierten Adorno und Horkheimer auf den „Zusammenbruch der bürgerlichen Zivilisation” und ihr Versinken in der Barbarei des Faschismus.

Auch Jürgen Habermas beschrieb eine Janusköpfigkeit der europäischen Moderne, zu der leider auch die menschenverachtende Pervertierung der technischen Rationalität gehört, deren schlimmste Auswirkungen die Menschheit im 20. Jahrhundert, dem „Jahrhundert der Extreme” (Eric Hobsbawm), erfahren musste.

Gegen diese „dunkle Seite” behauptete sich ein Begriff der Aufklärung, dessen Ziel die Emanzipation des Menschen und der gesellschaftliche Fortschritt war. Ihnen lag die aus der Antike stammende Vorstellung einer „Stufenleiter des Seins” (Scala naturae) zu Grunde, die die Lebewesen bis hin zu den komplexesten Erscheinungen hierarchisch ordnet und fortschreibt. Die europäische Moderne orientierte auf ein lineares Zeitverständnis und verband es mit einer Wendung der heilsgeschichtlichen Erwartungen ins Säkulare. Das ist die Folie, auf die sich die modernen Fortschrittsvorstellungen beziehen: fortschreitende Naturbeherrschung, wachsender Wohlstand, Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sowie die Vervollkommnung des Menschen, bei Philosophen der frühen Aufklärung auch die Ächtung von Spiel, Sinnlichkeit und Eros. Liebe habe sich, so beispielsweise der Naturphilosoph Francis Bacon, auf die Fortpflanzung zu beschränken und sei als Freundschaft gerade noch akzeptabel.

Die Theorie des Fortschritts ist die Verzeitlichung der Seinspyramide, eng verknüpft mit der Entwicklung der modernen Naturwissenschaft. In dieser scheinbar selbstläufigen Fortschrittswelt ist die Naturvergessenheit (Günter Altner) in Erkenntnismustern und Handlungsgewohnheiten ebenso angelegt wie die im 19. Jahrhundert immer stärker werdende Wachstumsorientierung, die mit einer selbstgewiss demonstrierten Weltanschauung keine Rücksicht auf die „begrenzte Kugelfläche” der Erde (Immanuel Kant) nimmt und die vier Hauptsätze der Thermodynamik (der Wärmelehre) ignoriert.

Die ökologischen Krisen der Gegenwart – Klimawandel, Rohstoffknappheit und die Ausrottung der Biodiversität – sind ein Ergebnis dieses Zerstörungskrieges. Der ökologische Fußabdruck der Menschen ist bereits so groß, dass’schon im August eines Jahres die biologische Jahreskapazität verbraucht ist. Und in Deutschland nutzen allein die Menschen in den drei größten Städten Berlin, Hamburg und München natürliche Ressourcen in einem Umfang, die erst die gesamte Fläche unseres Landes hergibt. Der eindrucksvolle Aufruf „Friede mit der Natur” von Klaus Michael Meyer-Abich, Günter Altner und Udo Simonis nannte dieses Naturverständnis eine unausgesprochene Kriegserklärung.

Die Alternative ist nicht die romantische Vorstellung eines idyllischen Friedens zwischen dem Menschen und der nichtmenschlichen Natur. Die Menschen kommen gar nicht darum herum, die Natur für unsere Zwecke zu nutzen. Doch es geht um die Frage, wie das geschieht. Notwendig ist die Einsicht, dass wir uns selbst schädigen, wenn wir meinen, uns über die Natur erheben zu können. Als Teil der Natur können wir nur mit der Natur und nicht gegen sie überleben und in Würde leben.

Genau besehen war und ist das Verhältnis der Moderne zur Natur und zur Körperlichkeit des Menschen ambivalent. Neben dem beschriebenen kriegerischen Verhältnis gab und gibt es eine von Epikur herrührende positive Sicht des Materiellen und des Körperlichen, die eine gelassene und partnerschaftliche Art des Umgangs mit der Naturnahelegt. Freilich ist diese Strömung im Zuge des wissenschaftlich-technischen und ökonomischen Fortschritts an den Rand gedrängt worden.

Die Ambivalenz im Verhältnis zur Natur ergab sich auch aus der konkreten Realität, denn mit der Pest erreichte die Sterblichkeit am Beginn der Neuzeit eine neue Dimension. Weil der Tod in der Natur angelegt ist, konnte sie nicht nur als Feind gesehen, sondern musste auch als Hilfsobjekt genutzt werden, um mit ihrer Hilfe Krankheiten zu bekämpfen und Leben zu schützen. Der Tod konnte nicht verdrängt werden. Sowohl in der religiösen als auch in der weltlichen Deutung des Fortschritts spielt zudem die Polarität der Geschlechter eine nicht unwichtige Rolle, ebenso in der Bewertung der Natur. Das Männliche steht gemeinhin für den Geist, das Weibliche für den Körper. Entsprechend wurde bei John Bunyan die Versuchung und Sünde symbolisiert durch die Körperlichkeit der Frau, der der Fortschrittspilger kraft seiner männlichen Geistigkeit zu widerstehen hatte.

Als Basis des innerweltlich verstandenen Fortschrittsprozesses galt spätestens seit dem 18. Jahrhundert die wissenschaftlich-technische und ökonomische Entwicklung. Sie wurde – nicht nur für Marxisten, sondern auch für Liberale – der feste Unterbau des Fortschritts, alles andere galt als abgeleitete Möglichkeit, Folgeerscheinung oder Über-bau. Entsprechend wurde Fortschrittspolitik ganz wesentlich zur Förderung des wissenschaftlich-technischen und ökonomischen Fortschritts, für den frühen politischen Liberalismus und die sozialdemokratische Arbeiterbewegung immer auch, aber eben in Abhängigkeit von diesem Basisprozess, soziale, politische und kulturelle Emanzipation.

Hierin zeigt sich in ausgeprägter Weise, dass die Geschichte des Fortschritts in der europäischen Moderne sowohl janusköpfig als auch unvollendet geblieben ist. Dennoch ist sie nicht so falsch, wie sie manchmal in einer meist postmodern inspirierten Deutung hingestellt wird. Immanuel Kant und auch der angeblich so naive Aufklärer Ephraim Lessing teilten die ihnen häufig unterstellte totale Wissenschaftsgläubigkeit nicht.

Entscheidend für die Schwachstellen ist, dass der technische Fortschritt ursprünglich als Hebel zur Befreiung und Emanzipation der Menschen verstanden wurde, aber die Vordenker der europäischen Moderne vor 200 und mehr Jahren sich die Herausforderungen der heutigen „überbevölkerten, verschmutzten, störanfälligen und ungleichen Welt”, wie sie der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen beschreiben hat, einfach nicht vorstellen konnten. Das traditionelle Fortschrittsdenken ging von einem fehlenden, zumindest einem falschen Naturverständnis aus. Die Natur wurde nicht als Mitwelt verstanden, sondern als etwas „Weibliches” gedacht, das beherrscht werden müsse. Es wurde ignoriert, dass Wertvermehrung immer auch Wertvernichtung ist. Alle ökonomischen Prozesse haben den „doppelten Charakter”, weil monetär bemessene Werte produziert und gleichzeitig unvermeidlich Stoffe und Energie verbraucht werden. So wer-den zwar gewünschte Gebrauchswerte produziert, aber auch Abfälle, Abgase und Abwasser, die in den Schadstoffsenken der Erde entsorgt werden. Daher gibt es einen Kipppunkt, an dem Vorteile in Gefahren umschlagen.

Die moderne Steigerungsprogrammatik mit ihrer Beschleunigungsdynamik und der falschen Gleichsetzung des Wachstums mit Fortschritt verdrängt die Grenzen, die sich aus der Endlichkeit der Erde ergeben, heute zugespitzt durch die nachholende Industrialisierung und das Bevölkerungswachstum. Die „Entbettung” der Wirtschaft aus der Gesellschaft durch die ökonomische Dynamik führt zur „Marktgesellschaft”. Karl Polanyi sah hierin die Ursache für die großen Katastrophen des letzten Jahrhunderts. Tatsächlich blieb die politische Modernisierung immer wieder hinter den wirtschaftlichen Prozessen zurück, was massive Erschütterungen und tiefe Krisen auslöste. Das ist auch heute der Fall, wo der Wachstumszwang Gesellschaft und Wirtschaft in Geiselhaft genommen hat und den Menschen zunehmend die Freiheit nimmt.

Dabei gab es in der ldeengeschichte der Moderne immer auch eine kritische Sicht auf den Fortschrittsgedanken. Jean-Jacques Rousseau sprach beispielsweise von der modernen Zivilisationsentwicklung als Verfallsgeschichte, Walter Benjamin deutete den Fortschritt als Prozess der Zerstörung, Novalis nannte die Moderne einen „langsamen, wohldurchdachten Zerstörungskrieg gegen die Natur”. Doch in erster Linie lieferte die Geschichte der europäischen Moderne eindrucksvolle Beispiele von Fortschrittlichkeit: Die fortschreitende Nutzung von Natur und Technik, die Verbesserung von Gesundheit und Nahrungsversorgung, ein längeres Leben, globale Mobilität oder die Steigerung des Wohlstands und verfügbarer Informationen. Über längere Zeiträume ist auch, wie Dieter Senghaas am Beispiel der europäischen Geschichte herausgearbeitet hat, eine Zivilisierung und Steigerung der Sittlichkeit festzustellen.

Natürlich war die Emanzipation des Menschen, die zur französischen Revolution, den großen Menschenrechtsbewegungen und der Entfaltung der Demokratie geführt hat, eine wertvolle Errungenschaft. Auf der anderen Seite gab es aber eben auch dunkle Perioden menschlicher Barbarei, die Eric Dunning, Schüler von Norbert Elias, als „dezivilisatorischen Downswing” bezeichnet hat und dessen schlimmstes Beispiel der Holocaust im letzten Jahrhundert war.

Das Wachstums- und Fortschrittsdenken ist also ambivalent: Ohne die „Grenzenlosigkeit” bis hin zur „Maßlosigkeit” wäre die okzidentale Dynamik des Fortschritts nicht vorstellbar gewesen. Kreativität, Innovationen oder Originalität sind mit dem Drang verbunden, Grenzen zu überschreiten. Die andere Seite sind jedoch Gier und Machstreben, Ausgrenzung der Natur und ein permanenter Verwertungszwang, die ohne institutionelle Arrangements, die von der Politik und der Zivilgesellschaft zu organisieren sind, in ökonomische Krisen, soziale Ungleichheiten und in ökologische Katastrophen führen.

Die Idee des Forts­chritts

Im 19, und beginnenden 20. Jahrhundert verengte sich das Fortschrittsdenken immer stärker auf das Wachstum von Wirtschaft und Technik, nicht aus Selbstzweck, sondern in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. In dieser Vorstellung waren dem menschlichen Verstand und seiner Gestaltungskraft keine Grenzen gesetzt und der Mensch konnte – in alle Zeiten hinein – umgestalten, verbessern und sich vorwärts bewegen. Fort-schritt wurde zur Entdeckung und Enträtselung und damit zur Beherrschung von Natur und Technik.
Der Mensch kann schon auf Erden sein Glück finden, durch die „Selbstproduktion von Gesellschaft” (Alain Touraine), also der Gestaltung von Wirtschaft und Gesell-schaft nach sozialen und politischen Zielen. Darin liegt die Idee des Fortschritts: der Glaube, dass sich die Gesellschaft vorwärts bewegt – und zwar in die erwünschte Richtung. Allein die Akkumulation der Errungenschaften muss einen Wissensfortschritt mit sich bringen, der eine höhere Qualität des Lebens möglich macht. Die große Hoffnung auf eine rational begründete, sichere und fortschreitende Welt, wie sie Gottfried Wilhelm Leibniz Ende des 17. Jahrhunderts definierte, hat sich tief im modernen Menschen- und Gesellschaftsbild eingenistet. Danach läuft alles im Sinne einer „perfectibilite” ab. Eine Vervollkommenbarkeit, ohne dass dieser Prozess zu Ende geht, wenn sich – aufklärerisch gesprochen – die Menschheit Tag für Tag für mehr „Befreiung” einsetzt
und sie verwirklicht.

Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Vernunft, bedeutete die Idee der Vervollkommnung die Entfaltung der Humanität, so beispielsweise beschrieben von Johann Gottfried Herder oder Ephraim Lessing. Auch die Enzyklopädisten der Französischen Revolution waren von dem Gedanken überzeugt, dass sich die Menschheit durch eine fortschreitende Weltkenntnis von den Grundübeln des Lebens befreien könne – von Leid und Schmerz, von Elend und Krankheit.

Als entscheidende Basis des innerweltlich verstandenen Fortschrittsprozesses galt spätestens seit dem 18. Jahrhundert die wissenschaftlich-technische und ökonomische Entwicklung. Sie wurde nicht nur für Marxisten, sondern auch für Liberale der feste Unterbau des Fortschritts, alles andere abgeleitete Möglichkeit, Folgeerscheinung und Überbau. Entsprechend hieß Fortschrittspolitik im Wesentlichen die Förderung der ökonomisch-technischen Entwicklung. In Abhängigkeit von diesem Basisprozess stand für den frühen politischen Liberalismus und große Teile der Arbeiterbewegung immer auch die soziale, politische und kulturelle Emanzipation der Menschen.

Die Unterstellung, dass die Entwicklung der Produktivkräfte unter allen Umständen positiv sei, weil sie prinzipiell den Fortschritt fördert, hat die Arbeiterbewegung nach den Anfängen der Maschinenstürmerei zum Vorreiter der modernen Industriegesellschaft gemacht. Selbstbewusst hieß es: „Mit uns zieht die neue Zeit.” Dabei wurde die auch vorhandene Gewalttätigkeit des Fortschrittsprozesses lange Zeit übersehen.

Naturvergessenheit

Instrumentelle Vernunft und technische Rationalität gehören zum modernen Fortschritts- und Freiheitsdenken, um von den Naturgewalten unabhängiger zu werden. Die europäische Moderne radikalisierte einen Gegensatz Mensch – Natur. John Locke, Ideengeber der „Bill of Rights” vertrat schon Ende des 17. Jahrhunderts die Auffassung: „Die Negation der Natur (ist) der Weg zum Glück”. Kurz: Die Menschen müssten sich vollständig von der Natur befreien. Der französische Aufklärer Rene Descartes forderte, dass der Mensch „Maitre et possesseur de la nature” – „Herr und Besitzer der Natur” – mittels der methodischen Anwendung von Wissenschaft und Rationalität werden müsse. Geist/Denken und Natur wurden als Gegensätze verstanden. In dieser Gedankenwelt gab es einerseits das Immaterielle, das allein dem Menschen gehört, und andererseits das Materielle, die Natur, die uns umgibt und von Descartes in das Bild einer Maschine gefasst wurde. Dahinter steht die Unterscheidung von immateriellem Denken im Menschen und materieller, unbeseelter Maschinenkörperlichkeit.

Der Geist (res cogitans) und die Materie (res extensa) sind nach Descartes radikal getrennte Sphären, zwischen denen es keinerlei Wechselbeziehung gibt. Die Materie ist die bloße Verfügungsmasse für den Geist. Ein Eigenrecht, eine eigene Würde des Körpers und der Natur ist in diesem Weltbild nicht vorgesehen. Hier schließt Descartes an eine Denktradition an, die im Christentum unter dem Einfluss des hellenistischen Philosophen Plotin erhebliche Bedeutung bekam: Das Natürliche als Ort der Sünde und Gegenstand asketischer Disziplinierung. Die Entgegensetzung zwischen intelligentem Menschen und nicht denkfähiger Natur war bereits im späten Mittelalter zu finden. So in den Forderungen nach Experimenten, in denen der Mensch die Natur auf die Erforschbarkeit hin zurichtet. Damals war das sogar ein kühner Gedanke, denn im jüdisch-christlichen Monotheismus herrschte die Vorstellung vor, in der Natur trete das Böse zu Tage. Schöpfer und Schöpfung seien voneinander getrennt. Der Mensch habe sich, um seines Heils willen, auf den nicht naturhaften Gott auszurichten. Von daher sei die Natur das dem Menschen Gegenüberstehende. Vor diesem Hintergrund kann man zu dem Ergebnis kommen, dass die Wissenschaft mit ihrem Objektivitätsanspruch gegenüber der Natur nur in einer monotheistischen Denktradition entstehen konnte, nicht als partnerschaftliche Mitwelt, sondern als eine zubereitete, isolierte, selektive Natur, die nicht wirklich wahrgenommen wird, schon gar nicht als partnerschaftliche Mitwelt.

In dem Geist der frühen Aufklärung war die Wissenschaft (samt Technik) nur als entfremdete und entfremdende denkbar. Die Natur wurde nicht als Miteinander verstanden und erfahrbar, sondern als gefügiger Gegenstand für menschliches Handeln. Francis Bacon dachte den Gedanken radikal: Die Natur zu beherrschen heißt, sie exakt zu er-kennen. Das steht hinter seinem berühmten Satz: „Wissen jedoch ist Macht”. Diese Macht war das Mittel, kein Ziel. Das Ziel war der Konsum. Die Erde wurde als Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstand gedacht, ganz so wie Francis Bacon dies in seiner Utopie „Neu-Atlantis” beschrieb. Die Bewohner müssten nutzen, was überhaupt aus der Natur herauszuholen sei. Dafür müsse die Natur auf die „Folterbank” der Experimente gespannt werden. Nur so könne man ihr — wie einer Hexe — die Geheimnisse und Gesetze entreißen. Mit ökologischer Verantwortung und einem partnerschaftlichen Verhältnis zur natürlichen Mitwelt hatte das nichts zu tun. Friedrich Nietzsche, mit seiner zersetzenden Kritik an der Moderne, ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht zu werden, beschrieb diese Fragwürdigkeit in der „Morgenröte”: Dem „Don Juan der Erkenntnis” fehle die „Liebe zu den Dingen, die er erkennt”, aber er hat „Kitzel und Genuss an Jagd und Intrigen der Erkenntnis, bis an die höchsten und fernsten Sterne hinaus” — so lange, bis er sich im Zustand des „süchtigen Trinkers” befinde.

In der Nachfolge Descartes führt ein Hauptstrang der europäischen Moderne einen permanenten „Krieg” mit der Natur. Die Entgegensetzung setzt sich bis heute fort, denn wir sprechen fälschlicherweise von der „Umwelt”, als sei nicht auch der Mensch ein Teil der Natur. Von daher ist richtig, sie als natürliche Mitwelt zu verstehen.

Fixierung auf Wachstum

Mit instrumenteller Vernunft und technischer Rationalität wurde zumindest in einem Teil der Welt gesellschaftlicher Fortschritt und die Emanzipation der Menschen möglich. Darin lagen allerdings auch erste Ursachen für die uns heute belastende Wachstumsabhängigkeit, die sich seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet hat, wobei die Wurzeln sehr viel tiefer reichen. Gleichheit und Freiheit erforderten schon nach John Locke nicht nur die Loslösung von der Natur, sondern auch ein vermehrtes Nutzen, Benutzen und Vernutzen, also den Gebrauch und Verbrauch von Materie. Locke leitete das Ziel der Freiheit von der Gleichheit ab. Sie erst verbürge Demokratie und Freiheit. Zu den unabdingbaren Grundlagen gehöre das Recht auf Besitz, vor allem auf Mehrung des Besitzes. Diese Vorstellung von menschlicher Freiheit kann man auch als Besitz ergreifende Vernunft bezeichnen. Von daher kann die Wachstumsfrage nicht losgelöst von der jeweiligen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung gesehen werden.

Neben der Naturbeherrschung war Besitz (auch der Natur) ein zentrales Thema der europäischen Moderne. Bereits in der Entstehungszeit zeigt sich auch hier eine tiefgehende Ambivalenz: Zum einen steht das Streben nach Besitz in einem engen Zusammenhang mit dem europäischen Kolonialismus, zum anderen bezieht es sich auf den neu entdeckten Gedanken der Freiheit der Menschen. In der puritanischen Gewinnsucht des frühen Kapitalismus zeigte sich bereits eine „Eigentumsbessenheit” (Eric Voegelin), Sie war eine wichtige Vorstellung schon in der damaligen Zeit, denn Besitzergreifung und Besitzvermehrung wurden als Zeichen für die Erwähltheit des Menschen durch Gott verstanden. Diese freiheitliche Besitzmehrung führte zum Streben nach „Immer mehr” und vor allem nach einem „Immer mehr Haben”. Wachstum wurde zu einer zentralen Leitidee für Fortschritt. Fortschritt war zuerst das Wachstum der äußeren Dinge, während die moralische Befreiung des Menschen, die Humanität verwirklichen sollte, an Bedeutung verlor. Fortschritt wurde zu einem „Immer mehr”, „Immer weiter” und „Immer schneller”. Ins Zentrum rückten die notwendigen Maschinen — von der Dampfmaschine bis zu Computerzeitalter — zur Ausweitung und Beschleunigung aller Prozesse. Wachstum wurde zu einer Ersatzreligion, die Niklas Luhmann als „Suggestion” bezeichnete.

Das macht deutlich, wie sehr die Fixierung auf Wachstum die Maßstäbe verschoben hat. Deshalb konnte sich nach dem Zusammenbruch der staatswirtschaftlichen Gesellschaftsexperimente fast überall auf der Welt die irrige Vorstellung durchsetzen, dass hohe Wachstumsraten am ehesten durch die Entfesselung des Kapitals und die Radikalisierung der Marktbeziehungen zu erzielen seien.

Doch die Beschleunigung hat nicht, wie die große Hoffnung war, überall mehr Freiheit und Wohlstand gebracht. Das Ergebnis ist auch Ungleichheit und Unsicherheit, Zeitdruck, Zeitnotstand und Entleerung der sozialen und kulturellen Beziehungen.Die Moderne ist immer tiefer in Abhängigkeit vom Wachstum geraten. Mehr noch: Heute stellt sich die Frage, ob der Kapitalismus ohne Akkumulation überlebensfähig ist? Wachstumsentschleunigung ist das Gebot der Stunde. Dafür müsste im Hinblick vor allem der „Zeitverbrauch” reduziert werden. Bereits im 18. Jahrhundert gab es Ideen für eine zeitsparende Effizienz, bis 1765 James Watt mit der Dampfmaschine die Voraussetzung für eine allumfassende Beschleunigung erfunden hat. Weitere Maschinen folgten: das Auto, das Flugzeug, sogar die Rakete. Die Grenzen in Zeit und Raum wurden radikal überwunden.

Hinzu kommt, dass der Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung trotz einer steigenden technischen Effizienz explosionsartig zunehmen, seit der industriellen Revolution eine exponentielle Kurve angenommen haben. Und der Trend ist ungebrochen. Beim Klimaschutz haben in den letzten zehn Jahren die Wärme stauenden CO2-Emissionen trotz des UN-Kyoto-Vertrages zum Klimaschutz um ein weiteres Drittel zugenommen. Der Trend ist ungebrochen. Auch die Steigerung der Energie- und Ressourcenproduktivität bleibt deutlich hinter der Steigerung der Arbeitsproduktivität zu-rück, obwohl technisch auch eine andere Entwicklung möglich wäre. Doch bis heute gibt es keine konsequente Strategie der Entkoppelung und Reduktion des Naturverbrauchs vom Wirtschaftswachstum. Vor allem die großen, marktbeherrschenden Konzerne sind parasitäre Unternehmen, die die Zukunft auszehren. So besteht die Gefahr der ökologischen Selbstzerstörung (Siegfried Lenz).

Die große Trans­for­ma­tion 2.0

Natürlich waren die großen Ideen der Aufklärung – vor allem Emanzipation und Freiheit, Pluralismus, Toleranz und Demokratie – wertvolle Errungenschaften. Sie sind das große europäische Erbe, das wir verteidigen, aber auch neu fundieren müssen. Doch die „durchforschte Welt” erweist sich als immer komplizierter, ökonomischer und undurchschaubarer, immer weniger verstehbar und gestaltbar – die Funktionsfähigkeit ihrer Systeme wurde abhängig vom Wachstum. Deshalb muss das europäische Erbe auf neuen Wegen bewahrt werden, die sich nicht länger den Zwängen der Beschleunigungs- und Expansionsmaschine unterordnen müssen.

Mit einem Paukenschlag, der düsteren Weltprognose von Denis Meadows für den Club of Rome am Beginn der siebziger Jahre, wurden die Limits of Growths zu einem öffentlichen Thema. Zwar hatte zehn Jahre vorher Rachel Carson im stummen Frühling die weltweite Vergiftung der Natur beschrieben und vier Jahre zuvor auch der Richta-Report aus Prag mehr Lebensqualität gefordert. Doch erst mit der Botschaft aus den Rechenmaschinen des amerikanischen MIT wurde die alte Idee des Fortschritts erschüttert.Nicht allein die ökologischen Grenzen sondern auch die ökonomischen Krisen des Wachstums wurden sichtbar. 1973 kam das Ende der Bretton-Woods-Ära. Die alte Weltwirtschaftsordnung brach zusammen, weil die USA, um die Kosten des Vietnam-Krieges zu bezahlen, die Vorrangstellung des Dollars nutzten um dies auf andere Länder abzuwälzen.

Um den sinkenden Wachstumsraten ihrer Volkswirtschaften entgegenzuwirken, setzten die USA und Großbritannien in den letzten drei Jahrzehnten auf Neoliberalismus und Finanzkapitalismus. Vorbei war die Epoche, in der ein hohes wirtschaftliches Wachstum mit einem Ausbau des Sozialstaates verbunden wurde. Auch kam es nicht zu der überfälligen sozialökologischen Wende.

Dabei gab es zahlreiche Arbeiten, in denen das Wechselverhältnis zwischen Mensch und Natur neu bestimmt wurde, zum Beispiel Mesarovic/Pestel 1974; Tinbergen 1974; Pestel 1988; Global 2000; von Weizsäcker 1997 und 2010. Sie belegen, dass es sehr wohl Möglichkeiten für ein entschlossenes Umsteuern gibt. Doch eine solche Politik der „Rückkehr zu einem menschlichen Maß” wurde bisher nicht in Gang gesetzt. Im Gegenteil: Nach den siebziger Jahren, in denen klar wurde, dass ungebremstes Wachstum nicht nur die Chancen der Kinder aufzehrt, sondern schon den Wohlstand der Eltern, kam es erst einmal zu einer Verdrängung der Herausforderungen.

Heute, wo das Thema Grenzen des Wachstums in einer neuen und zugespitzten Form auf der Tagesordnung gekommen ist, ist die Gefahr noch immer groß, dass in der Abhängigkeit von dem „überwältigenden Zwang” des Wachstums, dem mächtigen „Triebwerks der modernen Wirtschaftsordnung” (Max Weber), dem sich „niemand entziehen kann”, Immanuel Kants programmatische Vorstellung, die Überwindung der Unmündigkeit; zu einer uneinlösbaren Utopie wird.

Okono­mi­sie­rung im Denken und Handeln

Der finanzmarktgetriebene Kapitalismus ist nicht vereinbar mit Null-Wachstum oder Degrowth. Seine Software stürzt ab, wenn das Wachstum stockt. In den letzten zwei-hundert Jahren ist es zu einer immer stärkeren Ökonomisierung im Denken und Handeln gekommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Maßzahl, mit der nicht nur Produkte und Dienstleistungen bewertet werden, sondern auch Wohlstand, Leistungskraft und Zukunftsstärke einer Gesellschaft. Es entscheidet über Ansehen, Zahlungsfähigkeit und Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft. Wenn das Wachstum sinkt, schrillen die Alarmglocken. Weil nur das zählt, was einen Preis hat, drohen alle jene Produkte und Stoffe aus dem Gesichtskreis zu verschwinden, die keinen Preis und damit keinen Gebrauchswert haben. Und der Gebrauchswert ist der Träger von Wert. Werte, die keine Gebrauchswerte sind, werden aus dem monetären Kalkül möglichst externalisiert. Folglich findet, wie Elmar Altvater herausgearbeitet hat, beides zugleich statt: die qualitative Entwicklung der Gebrauchswertproduktion und das quantitative Wachstum im Verwertungsprozess des Kapitals. Darüber vollzieht sich auch die erweiterte Reproduktion des Kapitalverhältnisses und damit die vorherrschende Regulation in der Entwicklung der Gesellschaft. Das schließt das Nicht-Verhältnis zur Natur ein.

Von daher ist Wachstum die entscheidende Größe zur Stabilisierung der hergebrachten wirtschaftlichen Ordnung. Eine Wachstumsschwäche geht weit über eine ökonomische Herausforderung hinaus, sie wird zum Notfall der Gesellschaft und zur Frage, ob Strukturreformen möglich werden, die im Konflikt mit der heutigen Wirtschaftsordnung stehen. In diesem alten Denken ist Wachstum auch der Grund, warum dem Finanzsektor so viel Freiheit eingeräumt wurde und warum alles getan wird, die Finanzmärkte zu stützen. Diese Abhängigkeiten sind im System begründet.

Vor diesem Hintergrund sind Ängste und Warnungen vor einer Degrowth-Strategie zu sehen. Aber wir kommen an der Tatsache tendenziell abnehmender Wachstumsraten nicht vorbei. Die Debatte über eine Postwachstumsgesellschaft ist keine modische Frage, die sich nur besser verdienende Mittelschichten leisten können. Sie ist zur harten Realität geworden. Deshalb geht es darum, sich .dieser Wirklichkeit zu stellen und zu einem neuen Modell des Fortschritts und zu neuen Maßstäben des Wohlstands zu kommen. Die Ökonomie muss wieder „eingebettet” werden — in feste soziale und ökologische Bindungen. Das muss sowohl programmatisch als auch beispielgebend in wichtigen Einzelfeldern geschehen. Und dabei müssen auch die Systemfragen aufgezeigt werden. Für eine solche ökologische Wende sind acht Wegmarken zentral:

  1. Die Jahrhundertidee der Nachhaltigkeit muss aus ihrer inzwischen fast beliebigen Interpretation herausgeholt und als regulatives Prinzip konkretisiert werden. Grundlage ist die „Fernstenliebe” (Hans Jonas) als Maßstab politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen. Eine „verbürgte Nachhaltigkeit” ist eine zeitgemäße Ethik des Bewahrens und der Vermeidung sozialer und ökologischer Schäden, ohne die technisch-ökonomische Dynamik der Gestaltung aufzugeben, die Demokratie und Gerechtigkeit brauchen.
  2. Wir brauchen ein Naturverständnis, das nicht anthropozentrisch ist und die Natur nur als Umwelt versteht, sondern sie als natürliche Mitwelt begreift.
  3.  Eine drastisch erhöhte Stoff- und Energieeffizienz ist die Brückentechnologie in
    die Solar- und Kreislaufwirtschaft. Wir brauchen nicht nur eine solare Wirtschaft, sondern auch die 2.000-Watt-Gesellschaft.
  4. Unverzichtbar ist ein kultureller Wandel, der neue Formen von Demokratie, Wohlstand und Lebensqualität begründet. Dazu zählen ein Zeitwohlstand und ein qualitativ besseres Leben, statt immer mehr haben zu wollen.
  5.  Wir brauchen neue Formen von Verteilungsgerechtigkeit, gute Arbeit und armutsfeste Sozialsysteme, die nicht abhängig sind von einem hohen Wachstum. Ein neuer
    Fortschritt stellt unbedingt die Frage nach einem neuen Typus der Reichtumsverteilung in einer Kultur der Freiheit.

  • Die Ausweitung von Demokratie, Mitbestimmung und Teilhabe vor allem in der Wirtschaft, um die Kreativität und Mitverantwortung der Menschen für den sozialökologischen Umbauprozess zu fördern.
  • Eine Sicherung und Stärkung der öffentlichen Güter und des Staates, insbesondere von Bildung, sozialer Sicherheit und Kultur, um die Zivilgesellschaft zu aktivieren.
  • Eine Europäische Union der Nachhaltigkeit, damit Europa in der Globalisierung eine gestaltende Rolle spielt und das Erbe der europäischen Kultur bewahrt.
  • Literatur

    Adorno, Theodor W. (1997): Gesammelte Schriften.
    Adorno, Theodor W./Max Horkheimer (1944): Dialektik der Aufklärung. Altner, Günter (1991): Naturvergessenheit.
    Altvater, Elmar (2011): Nullwachstum und (oder) die Welt geht unter. Bacon, Francis (1597): Meditationes sacres.
    Bacon, Francis (1627): Nova Atlantis.
    Benjamin, Walter (1977): Über den B egriff der Geschichte.
    Bunyan, John (1678): Pilgrim’s Progress.
    Carson, Rachel (1962) Der stumme Frühling.
    Cark, William (2001): Learing to manage global environmental risks. Daly, Herman (1977): Steady-State Economics.
    Descartes, Rene (1637) Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs.
    Diamond, Jared (2005): Kollaps.
    Elias, Norbert (1939): Über den Prozess der Zivilisation.
    Epikur (2005): Wege zum Glück.
    Foster, John Bellamy.(2010): Capitalism and Degrowth.
    Foucault, Michel (1993): Wahnsinn und Gesellschaft.
    Gadamer, Hans-Georg (1976): Vernunft im Zeitalter der Wissenschaft.
    Global 2000 (1998): Bericht an den Präsidenten.
    Habermas, Jürgen (1962): Strukturwandel und Öffentlichkeit.
    Hauff, Volker(1987) Unsere Gemeinsame Zukunft.
    Hegel, Georg Friedrich Wilhelm (1970): Phänomenologie des Geistes.
    Hirsch, Fred (1980); Die sozialen Grenzen des Wachstums. Hobsbam, Eric (1994): Das Jahrhundert der Extreme.
    Hoeck, Wilhelm (1997): Die Entdeckung des Ich. Horkheimer, Max (1991): Gesammelte Schriften.
    Hume, David (1748): Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand.
    Kant, Immanuel (1784): Was ist Aufklärung?
    Locke, John (1690) An Essay concerning Humane Understanding.
    Luhmann, Niklas (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft.
    Meadows, Dennis (1972): Die Grenzen des Wachstums.
    Mihajlo Mesarovic/Eduard Pestel (1974): Menschheit am Wendepunkt.
    Meyer-Abich, Klaus Michael (1990): Aufstand für die Natur.
    Nietzsche, Friedrich (1884): Nachlass.
    Polanyi, Karl (1978) Die große Transformation.
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