Unabhängige Kontrolle der Polizei – Unabhängige Polizeibeauftragte: Der Anfang der Debatte
Nach einem heute wie damals bemühten staatsrechtlichen Glaubenssatz gilt die das Gewaltmonopol ausübende staatliche Exekutive als umfassend und ausreichend kontrolliert. In der Tat beeindruckt die Vielfalt der Kontrollmechanismen – in theoretischer Hinsicht: strafrechtliche, verwaltungsrechtliche, dienstrechtliche, zivilrechtliche, parlamentarische oder mediale Kontrolle. In der Praxis jedoch nutzt die Polizei vielfältige Schlupflöcher, um sich Kontrollverfahren zu entziehen (Ehrhardt/ Pauer 1988: 190f.; Sack 1982: 242). Beispiele dafür lassen sich historisch bis in die Frühphase der Bundesrepublik zurückverfolgen (vgl. Bartels/SDAJ 1977). Ende der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre gerieten Fälle dieser Art („Polizeiübergriffe“) stärker in den Fokus öffentlicher Wahrnehmung. Nicht mehr nur marginalisierte linke Gruppen klagten über ungesühnten Machtmissbrauch, sondern – wenn auch noch etwas zaghaft – auch zunehmend bürgerliche Kreise, vor allem aber die „Bürgerrechtsbewegung“. Im März 1975 forderte die Delegiertenkonferenz der Berliner Humanistischen Union die „Bestellung von Ombudsmännern (Volksanwälten)“ in „allen Ländern und im Bund“ (Humanistische Union, Landesverband Berlin 1975: 80).
Martin Herrnkind, geb. 1962, ist Diplomkriminologe, Diplomverwaltungswirt (FH). Er war hauptamtlicher Dozent und ist nebenamtlicher Lehrbeauftragter für Kriminologie, Politikwissenschaft und Berufsethik an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung (FHVD), Fachbereich Polizei, Altenholz (Schleswig-Holstein). Zuvor war er 38 Jahre lang Polizeivollzugsbeamter. 1990-2000 war Herrnkind Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V., 1996-2000 deren Sprecher.
Seit 1992 ist er ehrenamtlich in der Themenkoordinationsgruppe Polizei von Amnesty International engagiert und wurde 2004 bis 2011 vom Vorstand der deutschen Sektion in die Fachkommission Polizeirecherche berufen. 1996 anlässlich der (ersten) Rot-Grünen Koalitionsverhandlungen war er in Schleswig-Holstein als Mitglied in der grünen Verhandlungsarbeitsgruppe Innenpolitik unter anderem mit der Forderung nach Polizeibeauftragten gescheitert.
Orcid-ID: https://orcid.org/0000-0002-2541-6884.
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